Happy Birthday, George Lucas... aber...

14.05.2009 - 15:26 Uhr
Geburtstagsfeier im Hause Lucas - George ist der dritte von links
Lucasfilm
Geburtstagsfeier im Hause Lucas - George ist der dritte von links
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Zum 65. Geburtstag: Ein offener Brief an den Erfinder von Star Wars

Lieber George Lucas,

zunächst einmal herzlichen Glückwunsch und – um mal mit dem konkurrierenden Franchise zu sprechen – “live long and prosper”. Und, als jemand für den Star Wars zu seinen frühen und prägenden Kindheitserfahrungen gehört, auch ein Danke.

Ich bin erst spät zum Krieg der Sterne (wie das Ganze hierzulande ja damals noch hieß) gekommen. Ich rollte die Sahnetorte von hinten auf. Der erste Streifen den ich im Kino sah war Die Rückkehr der Jedi-Ritter, dann erst Monate später in Wiederaufführungen Krieg der Sterne und Das Imperium schlägt zurück. Oder wie wir damals noch sagten: Teil 1 und 2.

Es war egal, dass ich nicht sofort alles kapierte. Die Novelisationen haben mir die Zusammenhänge erklärt, die ich brauchte um Jedi zu verstehen, selbst ohne die Vorgänger gesehen zu haben.

Ich verdanke Ihnen sehr viel George. Star Wars hat mich zum Filmfan gemacht, auch wenn ich zunächst nur Sachen sehen wollte, die mit Science-Fiction zu tun hatten: Es war der Zündfunke für mein Interesse am Film. Damals waren Filme noch nicht ständig und überall verfügbar. Es gab keine Privatsender, wir hatten keinen Videorecorder und mein erster Computer war ein ZX81 von Sinclair.

Wenn ich nicht grade mit meinen Freunden auf dem Spielplatz herumtollte und Szenen aus Krieg der Sterne nachspielte (wobei ich immer C3PO sein wollte – aber das ist eine andere Geschichte), verschlang ich alles was mit SF zu tun hatte – was damals zumeist Bücher waren. Die Begleitromane und Abenteuer von Han Solo und Lando Calrissian, aber auch viele Filmlexika und Abhandlungen über das Genre. Mein Grundwisse über Film, filmtheoretische Ansätze und alle wichtigen Klassiker habe ich mir damals angeeignet.

Viele großartige Filme habe ich entdeckt und mich wie ein Schneekönig gefreut, wenn sie einmal zufällig im TV liefen. Von Alarm im Weltall bis Der Tag, an dem die Erde stillstand und natürlich alles von Jack Arnold. Von SF-Film wanderte ich zu Horror, dem Fantasy-Film, Krimis, Thrillern, Dramen, Arthaus und vielen anderen Genres. Aus der Liebe zu Star Wars wurde die Liebe zu Kino allgemein, zu packenden Erzählungen, großen Bildern, starken Dialogen und großartigen Schauspielern.

Doch alles begann letztlich mit Die Rückkehr der Jedi-Ritter. Mit Ihnen George und mit den Filmen ihres Freundes Steven Spielberg. Mit Filmen die den Kopf öffneten und neue Welten entstehen ließen. Mit Filmen die – auch wenn sie simple Geschichten erzählten – ganz genau verstanden worauf es ankam. Filme die Herz hatten und die Phantasie beflügelten, die Figuren zeigten mit denen sich mitzufiebern lohnte, die archetypisch und dennoch nicht unnahbar erschienen.

Über Jahre hinweg galt für mich alles was von Ihnen produziert wurde und alles was aus Ihrer Trickschmiede ILM stammte als absolutes Muss. Als Grund zur Vorfreude und zum draufhinfiebern. Das änderte sich auch wenig, durch die fortschreitende Erfahrung, die unzähligen Filme die ich seit Anfang der 80er gesehen habe und das angehäufte Wissen um die Mechanismen der Filmsprache, die Technik hinter den Filmen.

Auch heute gilt noch: Ein gut gemachter Film schafft es mich für zwei Stunden in andere Welten zu versetzen, mich Staunen, Lachen und Weinen zu machen. Ich bin ein sarkastischer Bastard, aber dennoch: Film kann mich immer noch berühren. Auch nach all den Jahren.

Und damit sind wir beim oben angesprochenen “aber”, lieber George. Denn auch wenn ich selbst den von Kritikern und Publikum verschmähten Howard, ein tierischer Held als Guilty-Pleasure ziemlich gerne sehe (und sogar auf DVD besitze), es ist verdammt lange her, seit mich etwas von Ihnen wirklich begeistern oder auch nur gut unterhalten konnte.

Irgendwann in den 80ern war Ihnen das Gespür abhanden gekommen, für das was Star Wars zum Erfolg machte. Und irgendwie, haben Sie leider nicht gemerkt, dass Regie und Drehbuch nie ihre große Stärke war. Gut THX 1138 ist ganz ordentlich und American Graffiti leidlich unterhaltsam, aber wirklich gezündet haben Ihre Ideen immer dann, wenn sie von guten Autoren und anderen Regisseuren umgesetzt wurden.

Und seien wir ehrlich: Ihr Sinn fürs Geschäft war immer ausgeprägter, als Ihre kreative Ader. Wie anders waren die vielen billigen Star-Wars-Ableger zu erklären, vom legendär-schlechten “Holiday-Special”, über die furchtbaren Ewok-Filme, die billige Droids-Zeichentrick-Serie, den unzähligen, oft nicht grade liebevoll gestalteten Merchandising-Artikeln bis hin zu heutigen Cash-Ins wie den Clone Wars.

Ich will auch nicht die alte Diskussion um die Prequels wieder ausgraben. Ich habe Star Wars: Episode I – Die dunkle Bedrohung, Star Wars: Episode II – Angriff der Klonkrieger und Star Wars: Episode III – Die Rache der Sith wirklich gehasst, weil ihnen all der Zauber, die naive Unschuld und schlicht auch das Herz der Originale fehlte. Der Promille-Test um die Macht nachzuweisen, die halbgaren politischen Anspielungen und der Overkill an ziemlich käsig-aussehenden CGI-Bildern – all das war so gar nicht meine Welt und wird es wohl auch nicht mehr sein. Dazu die unnützen und größenwahnsinnigen, selbstgerechten Änderungen an den alten Filmen und schließlich die grundlose Demontage einer weiteren Ikone: Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels. Es hat leider schon lange den Anschein, als würde ein George Lucas einzig und alleine um sich selbst kreisen und immer weniger auf die Ratschläge anderer hören. Selbst Spielberg stieß mit den Bedenken gegenüber des letzten Indiana Jones-Plots ja auf taube Ohren bei Ihnen. Das ist schade, aber wohl nicht zu ändern. Ich fürchte die Zukunft des Kinos werden deswegen wohl auch andere prägen. Menschen mit Leidenschaft, Regisseure die für den Film leben und nicht nur technische Machbarkeit und Vermarktbarkeit im Blick haben.

Dennoch: Sie haben viel bewegt. Im Guten wie im Schlechten. Sie waren die treibende Kraft hinter besserem Kinosound, Ihnen verdanken wir aber auch die Fixierung Hollywoods auf seelenlose Sommer-Blockbuster, Sie haben bis Anfang der 90er die Effektindustrie zu neuen Höhen geführt (heute arbeiten bei ILM oft genug aber leider nur Renderbeamte, die mit wenig Herzblut zugange sind) und letztlich eine ganze Generation junger Menschen dazu gebracht Film zu lieben.

Auch wenn ich wohl kein Lucas-Fan mehr werde heutzutage – so bleibt dennoch ein großer Respekt und letztlich auch Dankbarkeit. Denn ohne Star Wars hätte ich viele Filme wohl niemals entdeckt. Grade auch die, die besser sind als Ihre.

In diesem Sinne, alles Liebe und Danke,

Oliver

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