Auf House of Cards wurde ich aufmerksam, als ich einfach alle Serien schaute, die mir in den Sinn kamen. Außerdem war David Fincher Produzent, was ja nichts Schlechtes bedeuten konnte. Es handelt sich hier um ein US-Remake der BBC-Fernsehreihe House of Cards - Ein Kartenhaus, die auf der Vorlage von Michael Dobbs gleichnamigem Roman entstand. Michael Dobbs ist ein britischer Politiker der konservativen Partei und seines Zeichens politischer Drahtzieher von der besten Sorte. Für House of Cards aus dem Hause Netflix wurde aus Frank Urquhart Frank Underwood und das Kamerateam zog vom britischen Parlament ins Weiße Haus nach Washington DC.
Kevin Spacey spielt Frank Underwood, einen Kongressabgeordneten, der entgegen dem Versprechen des Präsidenten nicht zum Außenminister ernannt wurde. So schmiedet er gemeinsam mit seiner Frau Claire, dargestellt von Robin Wright, einen Racheplan gegen den Präsidenten, um ganz nach oben zu kommen. Frank Underwood spinnt Intrigen, die ihn zwingen, bis zum Äußersten zu gehen.
Das kühle Bild vom Weißen Haus
Die Atmosphäre ist fast immer unterkühlt und das Bild sehr klar und kontrastreich. Der Stil von David Fincher fließt hier offensichtlich stark mit ein und verleiht dem Drama im Weißen Haus eine erhabene Note, obwohl Underwoods Verhalten das absolute Kontrastprogramm dazu ist. Die Klarheit der Bilder steht dem Schmutz der Taten gegenüber. Die Intro-Sequenz von House of Cards ist wahrlich nur der Vorgeschmack auf das, was folgt, denn hier wird Washington DC noch von seiner schönen und sauberen Seite gezeigt.
Von Beziehungskrisen bis hin zu außenpolitischen Katastrophen
Ohne zu viel verraten zu wollen: Frank Underwood ist wie ein Geschwür, das sich vom tiefen Herzen der USA bis nach China und Russland ausbreitet. Der Werdegang des Majority Whips aus South Carolina ist mehr als fraglich, aber deshalb auch umso beeindruckender. Kevin Spacey verleiht seinem Charakter eine enorme Glaubwürdigkeit. Immer scheint er alles in der Hand zu haben. Der einzige, der weiß, was Underwood plant, ist der Zuschauer. In der ersten Staffel spielt sich noch ziemlich viel im Weißen Haus ab und der Antiheld versät fleißig Zwietracht. Nur, um sich politisch einen Vorteil zu verschaffen, beginnt er eine Affäre mit einer jungen Journalistin - mit dem Einverständnis seiner Ehefrau, versteht sich. Wenn Underwood sein Ziel erreicht hat, werden meistens alle Störfaktoren links liegen gelassen und nicht weiter beachtet.
Bill Clinton, ehemaliger Präsident der Vereinigten Staaten und guter Freund von Kevin Spacey, sagt, dass House of Cards zu 99 % real ist. Das macht die politischen Geflechte noch interessanter und lässt so manche Befürchtungen um die Sicherheit hochkommen. Doch es ist großartig, wie hier die nationalen und internationalen Beziehungen fiktiv aufgearbeitet und so in einen Kontext gesetzt werden, der etwas greifbarer ist als die täglichen Nachrichten in der Zeitung.
Die großartigen Charaktere
Es gibt von Staffel zu Staffel relativ starke Variationen der auftretenden Akteure, wobei Frank und Claire Underwood immer im Zentrum stehen. Zusätzlich gibt es noch Doug Stamper, die rechte Hand von Underwood und den Leibwächter Meechum. Jeder einzelne Politiker, Richter und auch Restaurant-Besitzer ist exakt gezeichnet. Dadurch wirkt auch fast jeder einschätzbar, was aber ein Trugschluss ist. Die Akteure werden in diesem Polit-Thriller als psychopathische Keimzellen der Intrige dargestellt und keiner kann abschätzen, was der andere als nächstes vorhat. Diesem Feld der unbegrenzten Möglichkeiten schaue ich seit Beginn gerne zu und lasse mich jedes Mal aufs Neue überraschen.
Die großartigen Schauspieler
Die bereits erwähnte Robin Wright als die Frau an der Seite des machthungrigen Frank Underwood gibt eine großartig kühle und distanzierte Darstellung ab. Sie spielt die einzige Figur, die der Hauptperson wirklich Paroli bieten kann. Und das gelingt ihr auch schauspielerisch, denn sie geht nicht neben Kevin Spaceys großartiger Leistung unter. Dieser ist aber eigentlich doch eine Liga für sich, denn wenn er die vierte Wand durchbricht und mich als Zuschauer persönlich anspricht, belehrt oder gar beschimpft, rutsche ich ganz unruhig auf der Couch hin und her. Wer die Show auf Englisch genießt, kann sich noch doppelt freuen, denn Kevin Spaceys Südstaaten-Akzent geht wunderbar ins Ohr. Die astreinen Formulierungen schneiden sich fast hörbar in das Fleisch seiner Gegner. Aber auch beispielsweise Kate Mara und Kim Dickens sind wunderbare Schauspielerinnen, die je nach Gesinnung verzücken, verärgern oder verblüffen.
Wie ihr sehen könnt, finde ich House of Cards großartig und freue mich somit schon auf die vierte Staffel, wenn ich Frank Underwood wieder dabei zusehen darf, wie er sein Umfeld unter Kontrolle hält - oder vielleicht doch nicht? Der Cliffhanger am Ende der dritten Staffel war übrigens immens. Zum Abschluss noch ein wunderbarer Auftritt (ab Minute 5:45 wird es besonders interessant) von Frank Underwood/Kevin Spacey bei der Emmy-Verleihung 2013:
Wie findet ihr die Polit-Serie House of Cards?