Koreas Langsamkeit: This Charming Girl

16.04.2009 - 08:45 Uhr
This Charming Girl
Arsenal
This Charming Girl
Regisseur Lee Yoon-ki zeichnet das stille Portrait einer Post-Angestellten in Seoul

Das koreanische Kino hat in den letzten Jahren durch einige sehr ungewöhliche und eindringliche Geschichten weltweit Aufmerksamkeit erregt, allerdings weniger beim großen Publikum, als bei der Kritik und einigen Fans des asiatischen Films. Das wird sich wohl auch mit dem Film des koreanischen Regisseurs Lee Yoon-ki kaum ändern.

Der Filmemacher nimmt sich viel Zeit, den ereignisarmen Alltag der jungen Post-Angestellten Jeong-hae zu folgen. Sie ist Ende Zwanzig und wohnt allein, ab und an geht sie mit Kolleginnen essen. Sie wiegt Briefe, geht nach Hause, wäscht Salat, schläft vor dem Fernseher ein, bis der Wecker klingelt, sie sich fertig macht und erneut zur Arbeit geht. Doch unerwartete Dinge treten langsam in ihr Leben: ein kleines Kätzchen, ein Kunde, zu dem sie schüchtern Zuneigung entwickelt, ein Betrunkener, den sie aus Mitleid nach Hause mitnimmt und die Nachricht von der Hochzeit ihres ehemaligen Mannes. Mit den Ereignissen schleicht sich in den Alltag mehr und mehr ihre Vergangenheit, die sie nicht loszulassen scheint. In Rückblenden beginnt der Zuschauer allmählich mehr über die Geschichte dieser Frau und die Gründe ihrer zurückhaltenden Art zu erfahren.

Die Kritik lobt an This Charming Girl, der bereits 2005 im Forum der Berlinale zu sehen war, vor allem die hervorragende Kameraarbeit und das ausgeglichene Spiel der Hauptdarstellerin Kim Ji-soo, die nach jahrelanger Arbeit in koreanischen Seifenopern das erste Mal im Kino zu sehen ist. Für Felicitas Kleiner von film-dienst liegt die Größe dieses Films in der Beobachtung kleiner Gesten, die den Zuschauer zum geduldigen Hinsehen herausfordert. Thomas Vorwerk auf satt.org bezeichnet die Charakterstudie als besten Langfilm der Berlinale 2005, als “ein Werk, das weit über den asiatischen Raum hinweg Bedeutung hat.” Er fühlt sich bei diesem stillen Drama an so unterschiedliche Klassiker wie Ekel von Roman Polanski und Frühstück bei Tiffany von Blake Edwards erinnert. “Die Hauptdarstellerin ist zwar eine Spur unscheinbarer als Catherine Deneuve oder gar Audrey Hepburn, aber mitunter genauso abgründig und zugleich verletzlich. I’m thoroughly charmed!”

Wer mehr an asiatischer Action oder Popkorn-Kino interessiert ist, sollte diesen Film meiden. Wer sich jedoch auf eine ruhige Charakterstudie einlassen kann und will, erhält nebenbei einen Einblick in das alltägliche Leben dieses fernen Landes, woran koreanische Kult-Filme wie Oldboy oder Lady Vengeance von Chan-wook Park weniger interessiert sind.

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