Lasst euch von den Netflix Originals nicht täuschen

20.04.2018 - 09:50 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
The Alienist - Die EinkreisungNetflix
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Wann qualifiziert sich eine Serie als "Netflix Original" und was sagt dieser Titel letztendlich über die Qualität aus? Erfahrt hier alles, was ihr über Netflix Originals wissen müsst.

Anfang dieses Jahres strahlte der amerikanische Sender TNT zum ersten Mal seine neue Serie The Alienist - Die Einkreisung aus und brachte so Daniel Brühl, Luke Evans und Dakota Fanning auf ihrer Jagd nach einem Serienmörder auf die Bildschirme. Am 19.04.2018 startete die 1. Staffel der Serie dann auch in Deutschland, doch nicht als TNT-Serie, sondern als brandneues Netflix Original. Doch wie original kann eine Serie aus praktisch zweiter Hand schon sein? The Alienist ist natürlich kein Einzelfall. Insgesamt 700 Originals plant Netflix dieses Jahr noch zu veröffentlichen, darunter Serien, Filme, Dokumentationen und Comedy Specials. Bei solchen Zahlen liegt die Frage nah, wie eine einzige Firma gleich so viele "originalen" Beiträge auftreibt und was es mit den Originals eigentlich auf sich hat. Wir geben euch hier nun einen Überblick, was der angesehene Netflix-Stempel eigentlich bedeutet und inwiefern diese Bezeichnung nur mit Vorsicht zu genießen ist.

Wann kann eine Serie oder ein Film den Namen Netflix Original tragen?

Nicht immer steckt drin, was drauf steht. Um dieser Tatsache bei Netflix auf den Grund zu gehen, lohnt es sich einen Blick auf die verschiedenen Angebote an Serien und Filmen zu werfen. In einem Versuch einen Überblick über die unterschiedlichen Arten an Netflix-Beiträgen zu schaffen, stellt Cnet  drei Kategorien auf, in die sich die Online Bibliothek des Streaming-Titanen gliedern lässt. Zum einen gibt es "Original-Originals", also Serien, die von Netflix finanziert und in Auftrag gegeben wurden. Dazu gehören zum Beispiel die allererste Netflix Original-Serie House of Cards sowie Marvel's Daredevil.

The Alienist - Die Einkreisung mit Daniel Brühl

Danach gibt es auch noch das, was als "Continuation Properties", also fortgeführtes Eigentum, beschrieben wird. Dabei handelt es sich um TV-Projekte anderer Firmen und Sender, welche von Netflix aufgekauft und mit weiteren Staffeln vervollständigt wurden. Als Beispiel hierfür dient Arrested Development - die gesamte Serie ist allein auf Netflix zu sehen, obwohl nur die 4. Staffel auch von dem Streaming-Dienst finanziert wurde. Ähnliches gilt für Black Mirror. Zu guter Letzt gibt es noch die "Exclusive Shows", wie die FX-Serie Fargo oder AMCs Better Call Saul, für die Netflix nur als Vertreiber in bestimmten Territorien fungiert. Obwohl es diese drei, doch sehr unterschiedlichen, Kategorien gibt, tragen alle den gleichen, begehrten Namen eines Netflix Originals.

Letztendlich ist die einzige Eigenschaft, welche die unterschiedlichen Arten von Netflix Originals verbindet, die Tatsache, dass Netflix die Vertriebsrechte besitzt und deshalb auch der einzige Flatrate-Anbieter und -Vertreiber ist, entweder auf der ganzen Welt oder in bestimmten Ländern. Dass dieses System leicht ins Kontroversen abrutschen kann, beweisen die Diskussionen rund um den fehlenden internationalen Kinostart von Auslöschung. Da Netflix außerhalb der USA der einzige Vertreiber dieses "Originals" ist, kann der Streaming-Dienst auch darüber verfügen, wo und wann er zu sehen ist. Doch nur weil Auslöschung bei Netflix als Original bezeichnet wird, bedeutet dies noch lange nicht, dass Netflix irgendetwas mit der Produktion oder Finanzierung zu tun hatte. Um diese beiden Eigenschaften nicht zu verwechseln, ist Vorsicht geboten.

Auslöschung mit Natalie Portman

Was wäre die Alternative?

Es geht freilich auch anders. Dies beweist zum Beispiel der Streaming-Dienst von Amazon, welcher neben seinen "Amazon Originals" wie Transparent, auch "Amazon Exclusives" anbietet. Letzteres gilt für all die Serien, die Amazon Prime nur vertreibt, nicht aber finanziert hat. Dazu gehören in Deutschland beispielsweise The Terror und Fear the Walking Dead. Durch diese einfache, verbale Unterscheidung weiß der Zuschauer genau, worauf er sich einlässt. Durch das Unterlassen dieser Kenntlichmachung geht Netflix bewusst das Risiko der Verwirrung des Zuschauers ein. Und das aus gutem Grund. Sobald das Stempel mit "Netflix Original" auf einem Film oder einer Serie haftet, ist ein gewisses Qualitätsniveau implizit garantiert - zumindest in den Augen der meisten User. Hierbei gilt es sich zu fragen: Wieso ist dieser Titel, trotz seiner fragwürdigen Akkuratesse und Willkürlichkeit, so effektiv?

Transparent

Warum bedeutet uns der Netflix Orginal-Stempel so viel?

Viele der frühen Originals - und damit sind jetzt originale Originals gemeint - ernteten sehr gute Kritiken und etablierten Netflix als ernstzunehmende Größe in der Welt der Streaming-Dienste. Ob House of Cards oder Orange Is the New Black - die Qualität, welche hier mit dem Original-Stempel Hand in Hand geht ist nicht zu leugnen. Ausgehend von diesen anfänglichen Erfolgen, wurden die darauffolgenden Serien und Filme, welche Netflix unter seinen Flügel brachte, ebenfalls mit diesem wohlwollenden Blick betrachtet, vor allem, weil wieder der Name Netflix Original im Spiel war - auch wenn es sich nicht mehr um originale Originals handelte. Doch davon auszugehen, dass Netflix seine Zuschauer auf diese Weise zum blinden Akzeptieren von Serien konditioniert, wäre natürlich etwas paranoid. Egal, ob echtes oder unechtes Original: Viele der Netflix Originals sind einfach gut. Doch wieso?

Das genaue Erfolgsrezept Netflix' auszumachen, ist natürlich unmöglich, doch kann man zumindest darüber spekulieren. Glaubt man New On Netflix , so sorgen zwei Faktoren für die überdurchschnittliche Treffsicherheit und Qualität der Netflix Originals. Zum einen arbeiten bei Netflix Experten der Filmwelt, welche zudem noch Zugang zu einer großen Datenbank über die Vorlieben der Zuschauer haben. Zum anderen ist es die großzügige Freiheit, welche Netflix den kreativen Köpfen hinter den "Original Originals" und "Continuation Properties" lässt. Obwohl Netflix einen Großteil der Produktion finanziert, mischt sich der Streaming-Dienst nicht allzu sehr in das kreative Schaffen ein. In dieser Hinsicht scheint ein solches Vertrauen in die Entscheidungen der Beteiligten in der Industrie fast ungewohnt zu sein - macht sich aber offensichtlich bezahlt und wertet die Qualität, welche mit dem Namen "Original" verbunden wird, stetig auf.

Orange Is the New Black

Wann ist demnach also Vorsicht geboten?

Ihr solltet euch über die drei unterschiedlichen Kategorien an Netflix Originals im klaren sein und die undurchsichtigen Benennungsmethoden des Streaming-Dienstes zu durchschauen wissen. Dies ist vor allem bei Neuzugängen wie The Alienist, Collateral oder Troja - Untergang einer Stadt zu beachten, um die mit dem Namen Netflix' verbundene Qualität nicht unbeabsichtigt auf eine Serie zu übertragen, die zwar Netflix Original heißt, dies aber nur in Hinsicht auf den Vertreiber, nicht aber den Macher, ist. Wir sagen nicht, dass dies mit der letztendlichen Qualität der Serie zusammenhängt, sondern lediglich, dass man sich über dieser Unterscheidung im Klaren sein sollte. Letztendlich ist orginal nämlich nicht immer gleich originell.

Was ist eure Meinung zu der fehlleitenden Bezeichnung der Netflix Originals?

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