Mit Schabowskis Zettel fing alles an

02.11.2009 - 08:50 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
ARD
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Der Mauerfall hatte einen Plot wie ein guter Krimi. Neben dem Willen des Volkes halfen viele glückliche Zufälle der unblutigen Revolution zum Erfolg. Regisseur und Drehbuchautor der ARD-Doku “Schabowskis Zettel” erzählen von DDR-Gefühl und dem verwirrten Schabowski.

Marc Brasse schrieb schon das Drehbuch für die Dokumentation Westflug. Für die neue ARD-Doku Schabowskis Zettel zeichnete er auch für die Regie verantwortlich. Bei Regie und Drehbuch war Florian Huber sein Partner, der seine Erfahrungen aus den Dokumentationen wie “Duell in den Wolken – Der letzte Flug des kleinen Prinzen” und “Die Machtergreifung” mit einbringen konnte. Im Interview sprechen sie darüber, wie sie die Welt der DDR in optisch und gefühlsmäßig haben wiederauferstehen lassen. Dabei jagten sie dem Original-Zettel von Schabowski ebenso nach, wie einem Stempel vom Grenzübergang Bornholmer Straße.

Warum haben Sie sich ausgerechnet für das bereits mehrfach bearbeitete Thema „Fall derMauer“ entschieden?

Für uns ist eine – sagen wir – „Schlüsselfrage“ zum Mauerfall nie befriedigend beantwortet worden. Nämlich: Was hatte es eigentlich mit diesem ominösen Zettel auf sich, mit dem Günter Schabowski in der berühmtesten Pressekonferenz der deutschen Geschichte auftrat. Schnell entdeckten wir, dass sich an diesem Fetzen Papier, den Schabowski so verzweifelt zu entziffern versucht, das ganze Drama des Mauerfalls erzählen lässt. Das hat so noch einer im Fernsehen getan. Daher war es nur konsequent, den Zettel sozusagen zur Hauptfigur unseres Filmes zumachen.

Was gibt es zum 9. November noch Neues zu berichten?

Mehr als alle glauben. Den wenigsten Deutschen ist vermutlich klar, welche Akteure in den letzten 24 Stunden vor dem Mauerfall handelten bzw. welche Aktionen abliefen und wie viele Zufälle und Pannen dazu beitrugen, dass die Mauer so fiel, wie sie fiel. Das versuchen wirmöglichst spannend darzustellen. Darüber hinaus haben wir – man will es eigentlich kaum glauben – noch ungesendetes Originalmaterial vom 9. November gefunden, das einen authentischen Eindruck von der Stimmung in Berlin am Tag der Tage vermittelt. Und wir haben ein englisches Interview mit Günter Schabowski vom 9. November ausgegraben, in dem er nach der Pressekonferenz noch einmal und unmissverständlich radebrecht, dass die Mauer nun offen sei. Wir haben also wieder einen neuen Anlass, darüber zu diskutieren, ob Schabowski nun wusste, was er tat, oder nicht.

Warum haben Sie sich stilistisch für eine 24-Stunden-Chronologie entschieden?

Nur die Dramaturgie einer 24-stündigen Chronik kann die parallelen Handlungsstränge darstellen. Bildlich unterstützen wir diese Parallelität durch die Verwendung eines „Split-Screen“, also die gleichzeitige Anordnung mehrerer Bildfenster auf dem Schirm. Zudem ist es eine filmische Darstellungsform, die im Krimi sehr gut funktioniert, und für uns ist der Mauerfall auch eine Art historischer Krimi.

Ihr Film heißt Schabowskis Zettel. Wie sind Sie an den Original-Zettel gekommen?

Das war gar nicht so einfach.Wir haben Schabowski und alle anderen Hauptpersonen des Films gefragt. Keiner hatte mehr das Original. Eine Abschrift vo mselben Tag fanden wir dann in der Birthler-Behörde.

Wo bzw.wie haben Sie die passenden,DDR-typischen Drehorte gefunden?

Wir sind mehrere Tage und Nächte mit Berlinkennern durch die Stadt gezogen, auf der Suche nach den Überresten der DDR. So fanden wir eine baugleiche Kopie der Bornholmer Brücke, ein echtes Grenzpostenhäuschen. Unübertroffen ist das ehemalige Stasi-Hauptquartier, in dem wir viele Drehorte fanden, die wir für unseren Filmnutzen konnten.

Sie haben die Nachinszenierungen Ihres Filmes sehr liebevoll ausgestattet. Die Flure und Zimmer riechen förmlich nach Holzkohle und Wofasept.Welche Szene war in dieser Hinsicht die größte Herausforderung?

Die Szene, in der eine Arbeitsgruppe im DDR–Innenministerium de nspäteren „Schabowski- Zettel“ verfasst. Hier musste alles stimmen: vom Teppich über Spitzenvorhänge, Stuhlbezüge, Stempelkissen – bis zur Krawattennadel des Stasi–Offiziers. Als Vorlage diente uns ein Originalfoto des Raums, auf dem all diese Details zu erkennen waren.

Welche DDR-Requisite war am schwersten zu organisieren?

Am schwierigsten war es, den Originalstempel der Grenzübergangsstelle Bornholmer Straße zu organisieren.

Mit Material von ARD

Die Dokumentation Schabowskis Zettel läuft am 02. November 2009 um 21.00 Uhr auf ARD. Für mehr Informationen, schaut doch in unser Fernsehprogramm.

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