moviepilot - Refined Obsession since 2007

19.10.2011 - 08:50 Uhr
Amélie alias Audrey Tautou liebt das Kino auch
Prokino Filmverleih
Amélie alias Audrey Tautou liebt das Kino auch
20
43
Die Uni ruft – und so streicht Katrin nach knappen drei Monaten in der moviepilot-Redaktion die Segel und verlässt ihren komfortablen Schreibtischstuhl. Nicht jedoch ohne vorher noch einmal ihre Liebe zu dem auszudrücken, was uns alle hergeführt hat.

Bei moviepilot gibt es eine schöne Tradition. Wann immer neue Gesichter im Team auftauchen – und das ist nicht selten der Fall – muss der Neue im Bunde sich nicht nur vorstellen, sondern der breiten Öffentlichkeit auch seine drei Lieblingsfilme kundtun. Mich hat das vor knappen drei Monaten in tiefe Verzweiflung gestürzt, denn wie bitteschön hätte ich mich auf nur drei Filme beschränken sollen?

Die Tradition steht aber exemplarisch für das Menschen- und Weltbild des gemeinen moviepiloten und ist keinesfalls infrage zu stellen. Ob Geschäftsführer, introvertierter Programmierer, angehender Journalist, verkappter Künstler oder charismatischer Verkäufertyp: sie alle eint die Liebe zum Medium Film. Was bietet sich da eher zur ersten Kontaktaufnahme mit einem Unbekannten an, als das Austauschen der Lieblingsfilme? Die visuellen Vorlieben des Einzelnen werden hier als Indikator seiner jeweiligen Persönlichkeit gewertet, geschickt gebraucht zum Abschätzen des Menschenschlags, um vorzutreten und freimütig zu bekennen: Hier stehe ich, ich kann nicht anders.

Die moviepilot’sche Berufskrankheit
Wer sich bei moviepilot nicht für Filme interessiert, muss sich wohl schnell langweilen, das wird spätestens in der Mittagspause klar. Die unterschiedlichsten Menschentypen treffen hier aufeinander, und wenn gesprächsthementechnisch gar nichts mehr geht – Film geht immer. So zieht also Tag für Tag zur selben Stunde die Redaktion durch die mehr oder weniger guten Kreuzberger Restaurants aller erdenklichen Nationen und fachsimpelt hochgradig engagiert über geplante Verfilmungen, missratene Remakes, verrisswürdige Kinostarts oder erfindet gleich ganz neue Formate wie das sogenannte ‘Preboot’.

Auch vor Ausflügen in bisher weitgehend ignorierte Genres ist kein wahrer moviepilot gefeit. Ohne die fast schon ausufernden Trash-Kenntnisse geschätzter Kollegen wie Nils und Oliver wäre ich sonst wohl nie auf Perlen der B-Movie-Kunst wie Schlock – Das Bananenmonster oder – noch einen Zacken schärfer – Gayniggers from Outer Space gestoßen. Meine sympathisch verrückte Schreibtischnachbarin Rae hingegen hat mein Interesse an Superhelden-Comicverfilmungen geweckt und von der gestrengen Chefin Ines wurde ich nach und nach zur DEFA-Expertin befördert. Nur mit Twilight kann ich nach wie vor nichts anfangen – tut mir leid, Sophie.

Obsession in kultivierter Reinform
Die Liebe zum Film steckt durchgehend in allen Menschen, die verteilt über die zweistöckige, goldgewandete Zentrale von moviepilot sitzen und unter Hochdruck daran schrauben, dem Filmfreak in uns Futter zu geben. Aber wieso eigentlich Film? Wieso nicht Literatur, Briefmarkensammlungen, wieso nicht Baumstammwerfen?

Auf meine ganz persönliche Liebe zum Bewegtbild stieß ich leider sehr spät. Von Fotografie kam ich über den Job der Ton- und Kamerafrau einer Gruppe von selbsternannten Kurzfilmern hin zum Filmwissenschaftsstudium. Eine Wahl, die ich nicht bereue, ermöglicht sie mir doch auch nach dem absolvierten Praktikum noch die Beschäftigung mit Neoformalistischer Filmanalyse, Hays-Code und 24 Frames pro Sekunde. Apropos: „Film ist Wahrheit – 24 mal pro Sekunde“, sagte einst der französische Nouvelle Vague-Regisseur Jean-Luc Godard. Über die Richtigkeit dieser Aussage lässt sich ganz sicher streiten. Fest steht jedoch, dass jedes Einzelne der zwei Dutzend Frames in der Sekunde es verdient hat, geliebt zu werden. Und das wird es. Aus verschiedensten, manchmal völlig absurden, jedoch allesamt berechtigten Gründen. Und das nicht nur von den Verrückten in diesem Büro.

Es gibt bei moviepilot noch eine weitere Tradition. Von dannen Ziehende – und derer gibt es leider ebenfalls nicht Wenige – bringen an ihrem letzten Tag etwas Süßes für alle mit. Auch heute steht wieder ein Kuchen auf der Theke, und er wird wahrscheinlich nicht lange stehen. Mein Praktikum ist vorbei und ich schaue zurück auf knappe drei Monate des unanständig frühen Aufstehens. Das ist aber auch schon das größte Manko an diesem Job. Schreiben über Filme – wer könnte das nicht wollen? Die Redaktion jedenfalls will es, und so bedanke ich mich für die tolle Zeit nicht nur bei den bereits erwähnten Kollegen, sondern auch bei Jenny und Mattes, die ich gerade erst die Ehre hatte kennenzulernen, sowie dem ganzen großartigen Rest dieser filmverrückten Bande. Und jetzt gehe ich Kuchen essen.

Das könnte dich auch interessieren

Kommentare

Aktuelle News