Auch beim Oscar 2018 treten wieder fünf Werke in der Kategorie Bester fremdsprachiger Film an. Im Gegensatz zu 2017 ist Deutschland nicht unter den Nominierten vertreten, Fatih Akins Aus dem Nichts schaffte den Sprung von der Shortlist nicht. Es erwarten uns die aber andere interessante Kandidaten:
Die Oscar-Nominierungen für die Kategorie Bester fremdsprachiger Film im Überblick
Libanon ist mit dem Drama The Insult erstmals im Oscar-Rennen vertreten, Ungarn schickt Körper und Seele ins Rennen, Schweden die Dramödie The Square, Russland tritt mit dem Drama Loveless an und für Chile stellt das Drama Eine fantastische Frau die zweite Oscarnominierung dar. Es geht also ziemlich dramatisch zu.
Geht Libanons The Insult als Oscar-Gewinner nach Hause?
In The Insult wächst sich die titelgebende Beleidigung zu einem nationalen Konflikt aus: Als der palästinensische Flüchtling Yasser Reparaturen am Appartement des libanesischen Christen Tony durchführen soll, führt ein Missgeschick zu Beleidigungen, körperlichen Auseinandersetzungen und schließlich einem Gerichtsverfahren, während das ganze Land in Aufruhr gerät.
Beim Filmfestival in Venedig wurde The Insult gewann den Preis für den Besten Hauptdarsteller. Abgesehen davon wurde er bei anderen Festival und Preisvergaben aber wenig nominiert und ausgezeichnet. Wie Gold Derby anmerkt, dürfte er den Abstimmenden noch recht frisch im Gedächtnis sein, da er in den USA erst im Januar startete, begleitet von vielen Hintergrundartikeln und sehr positiven Kritiken. Sein Verleih Cohen Media Group hatte auch den letztjährigen Gewinner im Programm. Allerdings könnte The Insult auch ungesehen als reines Gerichtsdrama abgetan werden, das er nicht ist. Bei den bei Gold Derby versammelten Experten steht er meist auf dem vorletzten Platz.
Bekommt Ungarn einen Oscar für Körper und Seele?
Körper und Seele vereint Träume, Liebe und Schlachthaus: Dessen Finanzdirektor Endre hat es die neue Fleischkontrolleurin Mária angetan, doch erst die Feststellung, dass beide Nacht für Nacht denselben Traum träumen, indem sie sich als Hirsch und Hirschkuh begegnen, führt sie auch in der wachen Welt zusammen, natürlich nicht ohne Hindernisse, die es zu überwinden gilt.
Bei der Berlinale 2017 wurde Körper und Seele als Bester Film ausgezeichnet, er gewann zudem den FIPRESCI-Preis der internationalen Filmkritiker- und Filmjournalisten-Vereinigung, den Preis der Ökumenischen Jury sowie den Preis der Leserjury der Berliner Morgenpost. Beim Europäischem Filmpreis war er als Bester Film, für die Regie und das Drehbuch nominiert, gewonnen hat er in der Kategorie Beste Darstellerin. Seit Anfang Februar ist er zudem, wie Gold Derby anmerkt, in den USA bei Netflix verfügbar, hat also die größte potentielle Zuschauerschaft. Trotzdem landet er bei allen Experten auf dem letzten Platz. Könnte der Grund dafür sein, dass Körper und Seele nicht nur eine Liebesgeschichte ist, sondern auch eine Häutungsszene im Schlachthaus zeigt, die empfindlichen Oscar-Wählern auf den Magen schlagen dürfte, wie Gold Derby vermutet?
Wird Schwedens The Square mit dem Oscar ausgezeichnet?
Im Mittelpunkt von The Square steht der Kurator des Stockholmer Museums für zeitgenössische Kunst, Christian, dessen Alltag durch einige Ereignisse aus der Bahn geworfen wird: Handy und Portemonnaie werden ihm gestohlen, er beginnt eine Affäre mit einer Journalistin, und eine PR-Aktion für das titelgebende neueste Kunstwerk verläuft anders als erwartet.
The Square war der große Gewinner des Europäischen Filmpreises mit Auszeichnungen in den Kategorien Bester Film, Komödie, Regie, Hauptdarsteller, Drehbuch und Production Design. Bei den Golden Globes war er nominiert als Bester Film, in Cannes gewann er für die Beste Regie. Auch sonst war er viel nominiert und hat auch manchmal gewonnen. Er kann mit der bekanntesten Besetzung (Elisabeth Moss, Dominic West) aufwarten, büßt diese Zuschauerfreundlichkeit aber durch seine Länge von 151 Minuten vielleicht wieder ein. Außerdem könnte er wie Toni Erdmann im letzten Jahr auch zu satirisch sein, wie Gold Derby anmerkt. Sein Kinostart lag zudem schon im Oktober 2017. Die Experten sehen ihn meist auf dem zweiten Platz, einige auf dem ersten, einige auf dem dritten. Ausgeschlossen ist ein Sieg also nicht.
Wird Loveless aus Russland der Oscar-Gewinner?
Wie der Titel andeutet, geht es in Loveless recht lieblos zu, denn von den in Scheidung lebenden Zhenya und Boris will keiner ihren zwölfjährigen Sohn Alexey zu sich nehmen. Eines Tages verschwindet er jedoch, wodurch seine Eltern gezwungen sind, nicht mehr nur ihr eigenes Süppchen zu kochen.
Bei den Golden Globes und den BAFTAS war Loveless nominiert als Bester fremdsprachiger Film, beim Europäischen Filmpreis unter anderem als Bester Film, in Cannes gewann er den Preis der Jury. Auch in seinem Heimatland Russland konnte er einige Nominierungen einfahren, zudem einige internationale Preise. Sein Regisseur Andrey Zvyagintsev war schon 2015 für Leviathan für den Oscar nominiert, Loveless ist der zugänglichere Film. Doch bietet er vielleicht zu unangenehme Charaktere, um die Wähler begeistern zu können, auch wenn seine Kampagne von den erfahrenen Sony Pictures Classics geführt wird, so Gold Derby. Bei den dort versammelten Experten liegt er meist auf dem dritten Rang, mal einen darüber, mal einen darunter.
Geht der Oscar an Eine fantastische Frau aus Chile?
In Eine fantastische Frau bricht für die Kellnerin und Sängerin Marina eine Welt zusammen, als ihr älterer Partner Orlando unerwartet stirbt. Weder Orlandos Familie noch die Bürokratie wollen der Transgender-Frau eine Rolle im Trauerprozess zugestehen, sondern diskriminieren sie, wo sie nur können.
Eine fantastische Frau liegt bei der Mehrheit der Experten auf dem ersten Platz, bei einigen auf Rang zwei oder drei. Zwar war er bei den Golden Globes als Bester Film nominiert und gewann bei der Berlinale fürs Drehbuch sowie den Teddy Award, konnte aber keine Nominierungen für weitere große Preise einheimsen. Wie Loveless wird er von den Kampagnen-erfahrenen Sony Pictures Classics verliehen. Als Knackpunkt könnte sich laut Gold Derby erweisen, ob die Mehrheit der Wähler offen genug für einen Film ist, in dem in fast jeder Szene die Transgender-Hauptdarstellerin zu sehen ist. Indie Wire macht sich da keine Sorgen: Die inklusive Botschaft des Films könnte viele Abstimmende ansprechen.
Stimmt ab: Welcher Film gewinnt eurer Meinung nach den Oscar für den Besten fremdsprachigen Film?
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