RoboCop - Der vulgäre Heiland des 20. Jahrhunderts

10.07.2018 - 09:00 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
RoboCop20th Century Fox
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Nachdem er zwei Jahre zuvor mit Flesh and Blood sein Hollywood-Debüt gab, etablierte sich der Holländer Paul Verhoeven 1987 mit dem Science-Fiction-Klassiker RoboCop als Meister des hintersinnigen Actionfilms.

RoboCop ist nicht nur ein perfekter Film, er ist gleich mehrere perfekte Filme in einem. Der Klassiker von 1987 funktioniert nicht nur als geradliniger, ultrabrutaler 80er-Jahre-Actionfilm, sondern auch ganz hervorragend als zynische Politsatire, pechschwarze Komödie, Cop-Drama und düstere Zukunftsvision.

Im Zentrum der Handlung von RoboCop steht die Privatisierung der Polizei von Detroit und deren Übernahme durch das riesige Firmen-Konglomerat Omni Consumer Products (OCP). Weil Verbrechen in der Stadt grassiert und das Risiko, im Dienst angeschossen zu werden, stetig steigt, sind die Kosten für medizinische Behandlung und Ausrüstung für die Beamten astronomisch. OCP will diese Probleme mit neuer Technologie zur Verbrechensbekämpfung aus dem Weg räumen.

Auftritt: RoboCop

In Zukunft sollen statt Menschen Roboter die Straßen patrouillieren und die gesamte Stadt Detroit nach und nach in ein utopisches Industrie- und Wohngebiet namens Delta City verwandelt werden. Nachdem ein erster Testlauf mit den von Firmenurgestein Dick Jones (Ronny Cox) entwickelten vollautomatischen Gesetzeshütern gehörig in die Hose geht, bekommt Emporkömmling Bob Morton (Miguel Ferrer) mit seiner Idee des Mensch-Maschine-Hybriden RoboCop die Finanzierung von OCP zugesichert. Alles, was er für die Fertigstellung des Projektes noch benötigt, ist ein menschliches Gehirn. Schon bald landet der auf Streife regelrecht hingerichtete Superbulle Alex Murphy (Peter Weller) auf seinem Operationstisch.

RoboCop - Der amerikanische Jesus

Im Grunde ist RoboCop die Geschichte eines ehrlichen Mannes, dessen moralischer Kodex pervertiert wird und der nach und nach seine Menschlichkeit wiedererlangen muss. Durch die in sein Gehirn implementierten Direktiven hat Murphy als RoboCop nämlich nur einen sehr eingeschränkten freien Willen. Seine Seele, die zu seinem Dienstantritt als mechanischer Gendarm nicht mehr vorhanden zu sein scheint, kehrt mit der Zeit zu ihm zurück und gibt ihm letztendlich die Kraft, sich gegen seine Erschaffer aufzulehnen und der Korruption in Detroit auf eigene Faust den Kampf anzusagen. Wie Jesus in der Bibel wird er gefoltert und getötet, erlebt dann seine glorreiche Auferstehung und kehrt als Erlöser zurück auf die Erde, um Leute durch Glasscheiben zu schmeißen und Vergewaltigern in den Schritt zu schießen.

Genau wie in der Heiligen Schrift

RoboCop - Die wilden 80er

Die RoboCop-Figur funktioniert in erster Linie, weil Peter Weller als der namensgebende Cyborg nie wirkt wie ein Mensch in einem Kostüm. Stattdessen sind seine Bewegungen, Gestik und Mimik zu jeder Sekunde glaubwürdig roboterhaft und sein Spiel trägt immens dazu bei, dass sich der Film qualitativ meilenweit über seine B-Movie-Prämisse erhebt.

Nancy Allen ist als Murphys resolute Kollegin Lewis die stärkste und über weite Strecken sogar einzige Identifikationsfigur im Film, den Löwenanteil an Szenen haben jedoch ihre Gegenspieler: Der geniale Miguel Ferrer macht aus dem schmierigen Partylöwen Bob Morten eine Figur, die man ebenso verachten wie sympathisch finden kann, sein späterer Twin-Peaks-Kollege Ray Wise hat einen kleinen, aber schmackigen Part als durchgeknallt-diabolischer Gangster und Kurtwood Smith (heute vor allem bekannt durch seine Rolle des Red Forman aus Die wilden 70er) brilliert als sadistischer Bandenchef Clarence Boddicker. Der optisch an Obernazi Heinrich Himmler angelehnte Wahnsinnige ist eine Figur, die stets die ungeteilte Aufmerksamkeit und weißglühende Hassliebe des Publikums auf sich zieht und ich frage mich bis heute, wieso der Schauspieler in seiner weiteren Karriere nicht öfter als Bösewicht gecastet wurde.

Miguel Ferrer und Kurtwood Smith in RoboCop

RoboCop - Rage Against The Machine

Passend zu den Charakteren, die sie bevölkern, ist auch die Welt von RoboCop dreckig und vulgär. Auf den Straßen tollt sich ungehemmt der Abschaum und im Fernsehen laufen den ganzen Tag nur Propaganda und eine penetrante Sitcom, die ungefähr so geistreich ist wie die Büttenreden beim Karneval im Ersten. Hier zieht Regisseur Paul Verhoeven alle Register und zeigt ein dystopisches Bild der Zukunft, das auf den ersten Blick gnadenlos überzeichnet wirkt, von unserer Realität aber damals wie heute nicht so weit entfernt ist, wie wir das möglicherweise glauben.

Die niederträchtige Fratze des Kapitalismus

Darüber hinaus ist RoboCop auch einfach ein überragend-kompromissloser Action-Blockbuster. Wer kein Problem mit Blutfontänen und herumfliegender Hirnmasse hat, bekommt hier die beste Unterhaltung geboten, die 1987 zu bieten hat: Menschen stürzen aus Fenstern, Tankstellen explodieren auf spektakuläre Weise, Bazookas werden abgefeuert und Schurken durch Gipswände gekloppt. Autos prallen derweil in halsbrecherischen Stunts mit voller Geschwindigkeit aneinander, Gliedmaßen werden abgeschossen, Gangster fliegen mit vollem Karacho durch Windschutzscheiben und werden in Säure aufgelöst, während im Hintergrund die epische Musik von Basil Poledouris (Conan der Barbar) ertönt. Was will das Herz mehr?

Was haltet ihr von RoboCop?

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