Til Schweigers Kritikfähigkeit, Twitter & der Tatort

21.02.2015 - 08:50 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Til Schweiger macht auch im Internet eine gute Figur.
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Til Schweiger macht auch im Internet eine gute Figur.
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Til Schweiger regt mich auf - schon wieder/noch immer. Dabei fand ich Manta, Manta, Der Eisbär, Knockin' on Heaven's Door und Männerpension eigentlich mal gut. Die Filme habe ich aber auch mindestens fünfzehn Jahre lang nicht mehr gesehen.

Til Schweiger polarisiert: Viele lieben ihn, viele finden ihn nicht so toll. Dazwischen gibt es oft nur wenig. Seine Filme erfreuen sich jedoch in den meisten Fällen einer sehr großen Beliebtheit. Das sagt aber herzlich wenig über die Qualität derselben aus. Schließlich war der finanziell erfolgreichste Film des Jahres 2014 Transformers 4: Ära des Untergangs. Und der verzeichnet bei 31 Kritiker-Bewertungen hier auf moviepilot einen Wertungs-Durchschnitt von gerade mal 3,8. Qualität setzt sich also nicht unbedingt auch immer durch. Schlechte Kritiken halten die breite Masse leider nicht davon ab, eine Kinokarte zu lösen. Marketing ist alles.

Bei Til Schweiger sieht die Sachlage aber nochmal anders aus. Denn wie mittlerweile fast alle wissen dürften, lässt sich Herr Schweiger nicht mehr dazu herab, fiesen (aka unabhängigen) Filmkritikern seine Werke vor Kinostart zu zeigen. Denn Filmkritiker sind in Til Schweigers Sicht der Dinge scheinbar niedere Geschöpfe beziehungsweise unqualifiziert, denn Filmkritik kann in Deutschland nicht studiert werden - so seine Argumentation. Er scheint dabei zu vergessen, dass er selbst auch kein Regie-Studium abgeschlossen hat. Es hält ihn trotzdem niemand davon ab, diesen Beruf auszuüben.

Er tut im Umkehrschluss allerdings genau das und zeigt seine vor Product Placement strotzenden und von der deutschen Filmförderung subventionierten Werke (allein 750.000 Euro für Honig im Kopf von der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein) nur ausgewählten "Kritikern" im privaten Rahmen. Alle anderen würden seine Filme ja eh nur zerreißen - womit er auch Recht hat. Warum das so ist, interessiert ihn offensichtlich nicht. Beziehungsweise scheint er zu glauben, alle hätten sich gegen ihn verschworen. Schließlich erhält Til Schweiger ja auch keine Filmpreise, weswegen er schon mal seinen eigenen aus dem Boden stampfen wollte.

Til Schweiger, der Internetnerd

Was Til Schweiger außer zu Polarisieren noch super kann, ist, sich volksnah zu zeigen. Dabei schwingt gern eine gewisse Intellektuellenfeindlichkeit mit. Seit Neuestem  scheint er auch etwas gegen "Internetnerds" zu haben. Zumindest, wenn die sich über den neuesten Tatort via Twitter ereifern und das Ganze dann auf Spiegel Online  zu lesen ist. Er meint das wohl tatsächlich als eine Beleidigung. Willkommen im Jahr 2015, lieber Til Schweiger. Nerds sind seit mindestens 5 Jahren standardmäßig im Mainstream angekommen. Ich kenne persönlich auch nur sehr, sehr wenige Menschen, die beleidigt sind, wenn sie als Nerds bezeichnet werden. Mir fällt tatsächlich nur einer ein (Hallo Christoph! Sieh' es ein: Du bist ein Nerd. Ich bin auch ein Nerd, aber das ist nichts Schlechtes, sondern etwas Gutes!).

Bei einem anderen Wort, das Til Schweiger im Zusammenhang mit seinem Tatort-Beef mit Spiegel Online benutzt hat, sehe ich das hingegen ganz anders. Das Wort Spacko stammt "wahrscheinlich von Spastiker sowie den davon früher abgeleiteten Schimpfwörtern 'Spasti' und 'Spackel'." (siehe: Wiktionary ) Wer gerade eben (vergeblich ) versucht hat, einen einfühlsamen Film über eine Krankheit zu drehen, sollte eventuell etwas mehr Vorsicht in seiner Schimpfwortwahl walten lassen. Sonst könnte irgendwer noch auf die Idee kommen, Til Schweiger mache so etwas nur aus monetären Absichten, und nicht um ein größeres Bewusstsein für Krankheiten zu schaffen. "Spastiker" sollte genauso wenig als Schimpfwort funktionieren wie "schwul", "behindert" oder "Gutmensch".

Til Schweiger beleidigt so ja auch seine eigene Zuschauerschaft, und das auch noch im Internet. Twitter scheint frei nach Til Schweiger nur was für irgendwelche Internetnerds zu sein, Facebook hingegen nutzt er selbst äußerst enthusiastisch. Aber das ist eben auch so schön volksnah, das versteht auch jeder. Ganz im Gegensatz zu dem, was Til Schweiger so in seinen Filmen vor sich hin nuschelt. Schade eigentlich. Mit der Rechtschreibung, insbesondere Groß- und Kleinschreibung sowie Zeichensetzung (...) scheint er auch eher auf Kriegsfuß zu stehen. Aber damit ist er wahrscheinlich ebenso nah dran an seinem Publikum. Das reicht ja auch, es versteht doch eh jeder, was er meint. Selbst, wenn er ganz weltmännisch auch mal etwas Englisch einfließen lässt. Ein Pfundskerl!

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