Nach den Golden Globes ist vor dem Oscar und so finden sich diverse Bilanzen der Golden Globe-Preisverleihung in der heutigen Presse. Für die Journale ist nach dem gestrigen Gewinn von Avatar – Aufbruch nach Pandora sicher: Der 3D-Öko-Thriller von James Cameron ist nun der große Oscar-Favorit. Dass der Film bei den Oscars nicht leer ausgehen dürfte, ist auch uns relativ klar: In den Kategorien Kamera, Ton, Ton-Schnitt, Special Effects usw. wird Avatar – Aufbruch nach Pandora nicht zu schlagen sein. Aber nachdem der Film den Golden Globe als Bester Film gewonnen hat, gilt er auch in dieser Kategorie als haushoher Favorit. Einige Kritiker glauben gar, dass Avatar – Aufbruch nach Pandora wie damals 1998 die Titanic gleich 11 Oscars mit nach Hause nehmen dürfte.
Warum nur – fragen wir uns – hat die Hollywood Foreign Press Association, die Vereinigung internationaler Journalisten, Avatar – Aufbruch nach Pandora als Besten Film erkoren? Denn seien wir mal ehrlich: Die Geschichte ist mehr als dürftig, voller Klischees und derartig Mainstream, dass dem Zuschauer bei klarer Sicht nur ein Kopfschütteln bliebe, wenn ihn nicht die Bilder derart in den Kinosessel drücken würden. Hanns-Georg Rodek in der Welt erklärt sich das wie folgt: Es gibt Filme, für die ein Preis der Schlüssel zum Welterfolg ist (wie die Palme fürs Das weiße Band – Eine deutsche Kindergeschichte oder der Oscar für Slumdog Millionär) – und es gibt Filme, die sich durch das permanente Klingeln der Kinokasse für Preise aufdrängen, obwohl sie nicht “natürliches” Oscar-Material sind. Titanic war solch ein Film, und die Avatar – Aufbruch nach Pandora -Strategie lief wieder darauf hinaus." Der Starttermin ist zum Beispiel von höchster Wichtigkeit. Wenn die US-Kritiker im Herbst beginnen, sich ihre ersten Kandidaten für den kommenden Oscar auszuwählen, sind es die Arthouse-Produktionen, die in Cannes und Venedig gelaufen sind und zu diesem Zeitpunkt in die Kinos kommen. Produktionen, die Ende des Jahres starten, um gerade noch so in die Oscar-Auswahl zu gelangen, haben die regionalen Kritiker gar nicht auf ihrem Plan.
Erst im Januar schlägt dann bei entsprechendem Kassenergebnis die Stimmung um, auf einmal ist es nicht mehr Up in the Air oder Tödliches Kommando – The Hurt Locker, die schon Monate vorher als große Favoriten in den Oscar-Prognosen vorne lagen, sondern Avatar – Aufbruch nach Pandora, der in aller Munde ist. Das liegt nicht unbedingt an der Qualität des Films, eher an seiner überbordenden medialen Allmacht und seinen Kassenergebnis. 1,6 Milliarden Dollar können die Kritiker und die American Academy nicht einfach so übergehen. Wenn dann auch noch kurz vor den Oscar-Entscheidungen der einzelnen Academy Mitglieder Avatar – Aufbruch nach Pandora den ewig Besten Titanic vom Box Office-Thron stößt, dann ist eine weitere Hürde genommen und ein Kreuz bei dem Film fast unausweichlich.
Dass 2010 beim Oscar wieder 10 Filme ins Rennen um den Besten Film gehen werden, dürfte Avatar – Aufbruch nach Pandora zu Gute kommen. Vor einem Jahr wurde seitens der Fans noch stark kritisiert, dass The Dark Knight gar nicht in die Auswahl für die Kategorie Bester Film gekommen ist. Das wird mit der Regeländerung jetzt anders sein. Millionen Fans werden nun vor dem Bildschirm ausharren, um zu sehen, ob Avatar – Aufbruch nach Pandora, ihr Film des Jahres, gewinnen wird; ein Druck, um welchen die Academy Mitglieder ebenfalls wissen.
Ich sag es hier unumwunden: Den Oscar als Bester Film hat Avatar – Aufbruch nach Pandora nicht verdient. Falls er gewinnen sollte, habe ich eine Flasche Sekt verloren und trauere nicht nur um sie, sondern auch um die Filmkunst, die frei von Kasse und Kalkül sein sollte.
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