Die klassischen Fernsehsender sehen sich im Moment einer großen Herausforderung entgegen. Immer mehr Menschen, auch hier in Deutschland, verabschieden sich vom alten klassischen Fernsehen und switchen zu anderen Formaten.
StreamingStreaming? Das sind doch die blöden Streifen am Fenster, oder? So wurde es uns letztens in einer Werbung erklärt. Dies zeigt, dass das Konzept des Videostreamings gerade in Deutschland noch nicht so sehr verbreitet ist. Mittlerweile wissen jedoch viele junge Leute darüber Bescheid und nutzen es bereits.
Das Streamen von Video-on-Demand (VoD) Inhalten bedeutet hierbei, dass man über einen bestimmten Anbieter Filme oder Serien per Internetverbindung abspielt. Die Nutzer können dabei zwischen Einzelabruf oder Abonnement entscheiden. Im Einzelabruf zahlt man für jeden Titel einzeln, im Abo kann man Inhalte gegen eine Grundgebühr beliebig oft anschauen. Generell lassen sich zu Streaming auch Videoportale wie YouTube oder die Mediatheken der TV-Sender zählen. Was früher der Gang zur Videothek war, ist nun das Einschalten des Streamingdiensts.
Anbieter wie Amazon mit seinem Instant Video Angebot, Netflix oder Maxdome sind auf dem Vormarsch und verändern dabei die klassische Fernsehkultur.
Amazon
Der Versandriese erweiterte sein Geschäftskonzept mit der Bereitstellung von filmischen Inhalten. Mit einer Prime-Mitgliedschaft erhält man automatisch Zugang zum Streamingangebot des Unternehmens. Dabei ist ein gewisses Portfolio für ebenjene Prime-Kunden kostenlos im Abo mit inbegriffen. Darüber hinaus sind weitere Inhalte im Einzelabruf verfügbar, die aber pro Film oder pro Serienstaffel dazugekauft werden müssen. So sind bereits neueste Formate, wie Game of Thrones kurz nach US-Ausstrahlung auch in Deutschland verfügbar. Um sich von Konkurrenten abzuheben, produziert Amazon darüber hinaus noch eigene Formate. Diese Amazon Originals gibt es dann eben auch nur auf dieser Plattform zu sehen. Darunter konnten Formate wie Mr. Robot oder The Man in the High Castle sogar bereits angesehene Preise gewinnen und gute Kritiken einheimsen. Bei Amazon ist es darüber hinaus für den Kunden möglich darüber abzustimmen, welche Serie als nächstes in Produktion gehen soll.
Netflix
Der Streamingriese aus den USA hat die neue Kultur wohl am meisten geprägt. Anders als bei Amazon oder Maxdome sind alle Inhalte, die im Bestand von Netflix auftauchen, für die Nutzer kostenlos. Es gibt keine Formate, für die man extra bezahlen müsste. Es ist also ein reines Abonnement-Angebot. Darüber hinaus bleiben die Inhalte auch in der eigenen Bibliothek. Netflix bestach vor allem damit durch groß angelegtes Tracking des Sehverhaltens Empfehlungen für jeden Nutzer unterbreiten zu können. So werden dem Kunden stetig neue Formate vorgeschlagen, die tendenziell interessant für ihn oder sie sein könnten. Der große Pluspunkt für Netflix sind aber die enorm guten Eigenproduktionen. Das Flaggschiff stellt dabei sicherlich House of Cards dar. Mit dieser Serie startete der Streamingdienst in den USA so richtig durch. Andere Formate wie Orange is the new Black, Penny Dreadful oder Narcos gesellen sich zu den famosen Eigenproduktionen von Netflix. Mittlerweile operiert man weltweit und das mit großem Erfolg.
Maxdome
Maxdome besticht vor allem bei deutschen Produktionen. Das Geschäftsmodell ist dabei ähnlich wie das von Amazon. Es gibt eine Flatrate mit dazugehörigem Pool an Inhalten, das im Preis inbegriffen ist. Darüber hinaus kann man im Einzelabruf für Bezahlung auch andere Serien oder Filme schauen.
Weitere Anbieter sind iTunes, Videoload, snap by sky oder Watchever um nur ein paar zu nennen.
Vorteile der
Streamingdienste
Erster Vorteil der Streamingdienste ist, dass man unabhängig von der klassischen 20.15 Uhr-vor-dem-Fernseher-sein-Attitüde ist. Man klickt einfach, wann man gerade Zeit hat, auf die gewünschten Inhalte und schon geht es los. Kommt doch einmal etwas mittendrin dazwischen, drückt man einfach auf Pause und startet später an genau der gleichen Stelle wieder. So ist man flexibler im Alltag und kann seinen Tagesablauf besser planen.
Ein weiterer Vorteil ist die Portabilität. Egal, ob zu Hause auf dem Smart TV, über eine Spielekonsole oder auf dem Laptop. Alles, was man braucht, ist eine Internetverbindung und schon kann man sich die Inhalte anschauen. Teilweise ist sogar die Offline-Nutzung verfügbar, wodurch man nicht mal mehr die Internetverbindung benötigt. Selbst auf dem Smartphone ist es möglich, wobei hier das Fernseherlebnis meines Erachtens etwas zu kurz kommt.
Die Fernsehsender müssen für jeden Sendeplatz entscheiden, was sie aussenden möchten. Da die Sendezeit nun mal begrenzt ist, kommen so nicht alle Inhalte ins Fernsehprogramm. Da die Geschmäcker nun bekanntlich verschieden sind, kann es vorkommen, dass Programme für einen bestimmten Geschmack zu kurz kommen. Das passiert bei den Streamingdiensten weniger. Sie packen einfach all ihre Inhalte zusammen und dann kann jeder sich das raussuchen, was er will.
Es laufen viele Formate teils viel früher in den Bibliotheken der Anbieter als im Free TV. Zudem wird man nicht mit nervigen Werbeunterbrechungen konfrontiert.
Vorteile Video-on-Demand
· Zeitliche Flexibilität & Unabhängigkeit
· Örtliche Flexibilität
· Größere Vielfalt der Inhalte
· Schneller als Free-TV (teils kurz nach US-Start)
· Keine Werbeunterbrechungen
Wir sehen also, dass vieles für die Nutzung von Video-on-Demand spricht. Doch wie sehr wird dieses Angebot bereits genutzt?
Situation in Deutschland und der WeltDie Situation der Video-on-Demand-Dienste verhält sich in Deutschland ein wenig anders als zum Beispiel in den USA. Die Menschen in Deutschland sind nicht gewöhnt extra für Fernsehen zu bezahlen (also über die normale Gebühr hinaus). Es besteht bereits ein eigentlich gutes Free-TV Programm. In den USA allerdings ist das Basis-Kabelprogramm stark limitiert. Um große Formate, wie z.B. Game of Thrones zu sehen, das hier (zwar verspätet, aber trotzdem) im frei empfangbaren Fernsehen zu sehen ist, müssen Amerikaner den Bezahlsender HBO abonnieren. Die Amerikaner sind es daher gewohnt für Serien- oder Filminhalte Geld zu bezahlen. In dieser Konstellation konnte z.B. Netflix mit einem günstigeren Angebot als die Pay-TV Anbieter einen großen Marktanteil erreichen. Somit war es am Anfang für die VoD-Anbieter schwierig in Deutschland Fuß zu fassen. Doch wie sieht die Situation im Moment aus?
Das Statistik-Portal Statista zeigt eine Wachstumsrate von 29 Prozent von 2014 zu 2015. Seit 2007 ist ein stetiges und rasantes Wachstum zu beobachten (siehe Abbildung). Der Hauptgeschäftsführer des Netzwerkverbands Bitkom Dr. Bernhard Rohleder zieht folgenden Schluss daraus:
„Das Fernsehen der Zukunft ist unabhängig von festen Einschaltzeiten oder TV-Kanälen mobil im Web abrufbar.“
Laut einer Bitkom-Umfrage nutzten bereits 2015 in etwa 10 Millionen Nutzer die Angebote der Streamingdienste. Das ist in etwa jeder fünfte Bundesbürger. Eine Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PriceWaterhouse Coopers differenzierte dies noch weiter und erhielt einen Anteil von 26% der 14- bis 29-jährigen, die regelmäßig Streamingdienste nutzen. Laut dieser Studie sind bereits 42% des Videoleihmarktes digital. 68% der Befragten sind bereit für Video-on-Demand Dienste zu bezahlen. Allerdings gaben nur 38% an weniger klassisches Fernsehen zu schauen seit sie Streamingdienste nutzen. Somit stellt VoD im Moment eher eine Ergänzung zum TV dar. Die Befragten der Studie gaben unter anderem diese Gründe gegen die Nutzung von Video-on-Demand an:
· Filme und Serien lieber im Fernsehen anschauen (46,4%)
· Kein passendes Endgerät (33,3%)
· Preise zu teuer (32,6%)
· Filme lieber physisch als DVD oder Bluray (19,5%)
· Keine ausreichende Internetgeschwindigkeit (14,7%)
FazitNoch dominiert das klassische Fernsehen gegenüber Video-on-Demand Diensten. Auch der Anteil an DVDs und Blurays am Videokaufmarkt ist weiter beträchtlich. Die großen (aber sinkenden) Wachstumsraten für Streamingangebote lassen jedoch den Schluss zu, dass diese neue Form des Fernsehens zusehends an Bedeutung gewinnt. Vor allem die jüngere Kundengruppe ist schon vertraut mit den Angeboten und wird auf Dauer weiter zunehmen. Im Moment scheint VoD eher eine Ergänzung zum linearen TV darzustellen. Doch wer weiß wie es in 10 Jahren aussehen wird.
Wie seht ihr das? Wird Video-on-Demand auf Dauer das klassische Fernsehen ersetzen?