Ein Typ, der auf dem New Yorker Time Square steht und mit einem winzigen Gerät die gigantischen Videoflächen an den Hochhäusern steuern kann: Das war eine YouTube-Sensation im März diesen Jahres, die innerhalb kürzester Zeit eine Million Views sammelte und zum am meisten getweeteten Video aufstieg. Dass dieses Video kurz vor dem amerikanischen Kinostart von Ohne Limit auftauchte, war kein Zufall. Wenig später wurde bekannt: Es war Teil der viralen Werbekampagne des Films, was in einer zweiten modifizierten Version des Clips offensichtlich wurde. Denn in der gab besagter Typ auf dem Time Square zu, wie er dieses Gerät bauen konnte: mit Hilfe der fiktionalen Droge NZT, die Bradley Cooper im Film nimmt, um superintelligent und wahnsinnig erfolgreich zu werden. Die New York Times berichtete über den Marketing-Coup, ebenso wie der Hollywood Reporter und einige andere große News-Portale. Bis heute wurde dieses erste Video 3 Millionen mal angeklickt.
Virales Marketing als Wunderwaffe
Das Internet bietet unendliche Möglichkeiten, um neue Marketing-Strategien auszuhecken und dann an den Mann/Konsument zu bringen. Virales Marketing ist die bekannteste Variante, die spätestens dank der angeblich wirklich verschwundenen Filmemacher von Blair Witch Project ihren Eingang ins Mainstream-Kino gefunden hat. Virales Marketing baut auf der Mund-zu-Mund-Propaganda auf und beschränkt sich, anders als klassische Werbung, nicht darauf, einfach die Vorzüge des Produkts der jeweiligen Zielgruppe schmackhaft zu machen. Stattdessen steht das eigentliche Produkt, in diesem Fall der Film, eher im Hintergrund. Lustig soll diese Form der Werbung sein oder schockierend. Hauptsache, die Nutzer setzen sich damit auseinander und geben es an ihre Freunde, Friends und Follower weiter. Das ist in Zeiten der Social Media-Plattformen wie Facebook und Twitter natürlich noch schneller möglich und genau dieser Effekt ist bei dem Video für Ohne Limit eingetreten.
I believe in Harvey Dent!
Christopher Nolan tut es und J.J. Abrams ist schon aus Lost-Zeiten ein Experte darin. Virale Marketing-Kampagnen pushten The Dark Knight ins Blickfeld vieler potenzieller Zuschauer. Internetseiten und Banner warben für den von Aaron Eckhart verkörperten Staatsanwalt Harvey Dent. Diese wurden dann schließlich sogar vom Joker “gehackt”, der sie mit seinen Sprüchen zukritzelte und Dents Gesicht verschandelte. Auch Inception griff auf solche Methoden zurück. So schickte Warner ein Handbuch für die professionelle Durchführung einer Inception heraus. Filmseiten berichten darüber, User geben sie weiter, nicht unbedingt in dieser Reihenfolge. Das ist das Prinzip, welches auf folgender Weisheit aufbaut:
“Inzwischen hat man erkannt, dass beispielsweise 30 Mio. der Zuschauer eines erfolgreichen Films von gerade mal 3 Mio. Menschen beeinflusst werden, die wiederum auf die Empfehlung von lediglich 3.000 Menschen hören. Viral Marketing gilt als ein effizientes Mittel, um genau diese 3.000 Menschen oder zumindest einen wesentlichen Teil dieser besonderen Nutzer für die Verbreitung der eigenen Werbebotschaft zu gewinnen.” (Guerilla Marketing)
Marketing ohne Limit
Ob das Marketing am Box Office-Erfolg von Ohne Limit beteiligt ist oder nicht, bleibt der Empirie überlassen. Fakt ist, dass die Kampagne dem Film wohl kaum geschadet hat. Zwar kann Bradley Cooper mit Hangover einen Hit vorweisen, doch in Zeiten, in denen das Box Office-Potenzial von Superstars wie Will Smith oder Tom Cruise nicht mehr sonderlich verlässlich ist, kann kein Studio darauf bauen, dass die Schauspieler allein einen Film “verkaufen”. Diese Zeiten sind längst vorbei. Ohne Limit arbeitete daher gekonnt mit dem langfristigen viralen Marketing. Schon Ende letzten Jahres startete die offizielle Werbeseite der Wunderdroge NZT, die auf dem ersten Blick einem echten Pharmakonzern gehören könnte. Die Besucher können Tests durchführen, um herauszufinden, ob NZT für sie geeignet ist und vieles mehr.
So ähnlich wie die Website funktioniert auch der Werbeclip mit Bradley Cooper, den ihr in unserer Playlist unten anschauen könnt. Darin wirbt der Star für die Vorteile von NZT und das Ganze ist genauso gehalten, wie wir es bei einem beschönigenden Medikamentenspot erwarten würden. Wären da nicht die Nebenwirkungen, die ganz nebenbei erwähnt werden, wie z.B. gewalttätige Gedanken, Gehirnschäden, extreme Paranoia und sogar der Tod. Hier kippt das Video, wird zugleich Satire auf normale Werbestrategien von Pharmakonzernen und viraler Spot für einen kommenden Film. Ob es nun erfolgreich ist oder übers Ziel hinaus schießt, wie es bei 2012 der Fall war, virales Marketing macht Werbung unterhaltsam. So jung wie das Internet und das Social Media-Phänomen noch sind, können wir davon ausgehen, dass das Potenzial dieser Werbeform noch nicht mal ansatzweise ausgeschöpft wurde.
Kann virales Marketing euch beeindrucken oder ist das alles Humbug?