Ideologiekritik leicht gemacht
Filme sind Träger von Ideologien. Meistens eigentlich. Fast immer. Schließlich sind ja auch Menschen Träger von Ideologien und Filme sind Kunst, was bedeutet sie reflektieren bis zu einem gewissen Punkt auch immer das Innenleben ihres Schöpfers. Das macht die Ideologien, die sie in sich tragen aber auch immer zu einer etwas ambivalenten Sache. Denn Menschen hängen ja auch sehr oft, um nicht zu sagen immer, Ideologien nach die nicht unbedingt eindeutig sind. Im Gegenteil würde ich sogar so weit gehen, dass jede ideologische Strömung die es ja gab irgendwo auch innere Widersprüche in sich trug, und genauso wird wohl auch jeder Mensch und damit jeder Künstler und damit wiederum jedes Kunstwerk ideologische Widersprüche in sich tragen.
Filme (auch) ideologisch zu lesen ist wiederum etwas beinahe unvermeidbares. Einen Film deshalb zu mögen, weil er mit den eigenen ideologischen Vorstellungen mehr oder weniger übereinstimmt oder es schafft diese mehr oder weniger fordernd auf den Kopf zu stellen ist natürlich nicht nur nachvollziehbar sondern auch schlicht unvermeidbar. Die Ideologie, die ein Film vertritt anhand einer Szene erkennen zu wollen erscheint mir hingegen sinnlos, oberflächlich, ja sogar Kunstfeindlich. Und auch so unfassbar redundant: Was interessiert es mich ob die Endszene von Whiplash jetzt die faschistische Ideologie des Lehrers bestätigt oder nicht wenn der Film dessen Auffassung von guter Kunst als rein technische Herausforderung mit jedem einzelnen Frame bestätigt? Sehr engstirnig und nervenzehrend sind solche Diskussionen. Nicht nur ignorieren sie, dass Ideologie im Film auch bzw. vor allem durch die Form -also die Bilder- vermittelt werden kann und nicht nur durch Inhalt, nein sie reduzieren auch das inhaltliche noch auf einen Bruchteil seines Ganzen. Auf zwei oder drei Einzelszenen.
Wenn man den Worten Bilder gegenübersetzt
Es ist traurig wie solche Diskussionen dem Medium Film auch so viel seiner Komplexität absprechen. "Der Film ist eben frauenfeindlich, rassistisch, homophob". Ja man tritt ganz schnell in diese Falle und ignoriert eben, dass Filme selten so eindeutig sind. Und ja, auch ich trete auch heute noch viel zu häufig in diese Falle. Case study, Spiel mir das Lied vom Tod: Als ich mir diesen Film das letzte Mal ansah, stand der Film kurz davor, seine 10 Punkte von mir zu bekommen. Letztendlich kam es dann leider doch nicht dazu, in erster Linie da ich Zweifel hatte ob dieser Film seine Hauptfigur Jill nicht doch mit einem gewissen männlichen Chauvinismus betrachtet. Gerade die Figur Cheyenne geht mit ihren Machosprüchen nicht gerade sparsam um:
"You know what? If I was you, I'd go down there and give those boys a drink. Can't imagine how happy it makes a man to see a woman like you, just to look at her. And if one of them should, uh, pat your behind, just make believe it's nothing. They earned it."
Wirklich schön oder poetisch sind solche Aussage auf keinem Fall, aber wir sollten uns hüten einem Film wegen solcher Sätze vorschnell den bequemen Stempel des ideologisch Verwerflichem aufzudrücken. Denn es gibt in diesem Film schöne und poetische Elemente. Zum Beispiel das da:
Zu Cheyennes Aussagen kann man stehen wie man will, ob der Film sie bestätigt kann man an Einzelszenen nachweisen wollen wie man will. Was man aber nicht von der Hand weisen kann: Der elegische Score Morricones, Claudia Cardinales würdevolles Schauspiel und Leones pathosgeladene Close-Ups sind alle ganz klar dazu bestimmt der Figur Jill zu Größe und Tragik zu verhelfen. Was sie auch tun: Jill ist die, die es geschafft hat, von ganz unten nach ganz oben. Ein Sieg am Ende, der so sehr nicht materiell, sondern emotional und spirituell, eben tragisch ist. Und das soll dann frauenfeindlich sein. Go figure!