Fantasy als literarische und filmische Gattung hat nur ein Ziel: die Leser in eine andere, fremde Welt zu entführen und ihn in längst vergangene Zeitalter eintauchen zu lassen. Fantasy ist eine Möglichkeit, drögem Alltagsstress und quälender Langeweile zu entfliehen. Falsch! Fantasy ist nichts weiter als eine Abstraktion gegenwärtiger Probleme vor exotischer Kulisse und hat nichts mit Eskapismus zu tun. Sie gestaltet eine überschaubare Welt, die klar strukturiert, überschaubar und dadurch deutbar wird – ganz im Gegensatz zu unserer eigenen. Die Leistungen neuerer Fantasyliteratur-Adaptionen dagegen konzentrieren sich allein auf CGI-basierte Visualisierungen pittoresker Landschaften und schauriger Gestalten, wobei sich der Gehalt dieser Fantasywelten auf ein banales Storygerüst beschränkt, das die ewige Leier vom unbeugsamen Guten und unsagbar Bösen wieder und wieder erzählt. Den Zuschauern bleibt nichts anderes als sich dem ohnmächtig zu ergeben.
Peter Jacksons Hobbit oder der Tod der Fantasie
Mit der Herr der Ringe-Trilogie (Der Herr der Ringe: Die Gefährten, Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs und Der Herr der Ringe: Die zwei Türme) setzte Peter Jackson ein Herzensprojekt um. Die traumhafte Landschaft seines Heimtlandes Neuseeland wurde zur idealen Kulisse für die magische Welt Mittelerdes und seine Bilder der Dämonen und Kreaturen aus dem fiktiven Zauberreich begeisterten Millionen. Und sollten doch der Anfang vom kreativen Ende des Fantasygenres sein. Bei der derzeit laufenden Hobbit-Trilogie, für die Peter Jackson ein knapp 300 Seiten dickes Buch zu einer 9 Stunden langen Kinofassung aufblähte (bisher Der Hobbit: Eine unerwartete Reise und Der Hobbit: Smaugs Einöde) kommen technische Verfahren zum Einsatz, die durch immer größeren Detailreichtum und einer nie zuvor möglichen Tiefenschärfe das menschliche Auge vor Informationsüberschuss lähmen. Wirkt nämlich die Simulation so echt als wäre sie real, setzt der Filmemacher das Fantasy-Konzept außer Kraft. Es gibt nichts mehr, was der Vorstellung überlassen bleibt in einer Welt, die aus unverrückbaren Bildpunkten besteht.
Literatur und Film
Peter Jacksons Filme basieren bekanntlich auf den Vorlagen von J.R.R. Tolkien, der seine Romane unter dem Eindruck der beiden Weltkriege schrieb. Die Völker, die er uns vorstellt und die gegen das Böse schlechthin, Sauron, gemeinsamen ziehen, sind unschwer dem Krieg zwischen freier, westlicher Welt und den großen ideologischen, das Individuum verachtenden Systemen, zu erkennen. Schließlich wird Sauron, eine Art Hitler-Stalin Figur, von einem losen Bund eigensinniger, aber selbstbewusster oder dies werdender Helden zur Strecke gebracht. Auch wenn sich Tolkien selbst gegen solche Analogieschlüsse wehrte und stets behauptete, einfach eine große Geschichte erzählen zu wollen, ändert das sich nichts an seiner Leistung, eine alternative Welt mit Konflikten geschaffen zu haben, die der unseren entstammen. All das, was Tolkien in einer detailreichen und eindringlichen Sprache zum Leben erweckte, aber es der Vorstellungskraft der Leser überließ, Bilder dafür zu finden, übergab Peter Jackson der Special-Effects-Abteilung. Die Zuschauer müssen nicht mehr ihre Fantasie bemühen, um die Welt zu imaginieren, die Tolkien mit Sprache erschuf, sie brauchen nur stundenlang auf die Kinoleinwand zu starren. Die Fantasie der Zuschauer, sich selbst in diese Geschichte kraft der eigenen Fantasie einzubringen, ist hier unerwünscht.