Wir schauen Hannibal - Staffel 2, Folge 13

25.05.2014 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Mizumono
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Kinnlade hochschieben, zurücklehnen, weinen, ein Jahr warten – mehr bleibt den Fannibals rund um den Globus zur Zeit nicht übrig. Vielleicht ist das aber auch besser so, denn dieses Finale muss der ein oder andere sicherlich zwölf Monate lang verdauen.

Bryan Fuller hat es also ernst gemeint, als er sagte, wir sollten uns für das Staffelfinale von Hannibal einen Regenmantel besorgen, “because the blood is going to flow.” Hier blutet tatsächlich alles was geht, vor allem aber die Fanherzen, die sich jetzt eine ganze Weile bis zur dritten Staffel gedulden müssen. Bis dahin können wir uns aber auch noch ein paar Mal Mizumono anschauen.

Aufgrund der zu radikalen Arbeitsmethoden, wird Jack (Laurence Fishburne) alles entzogen, was ihn zu einem FBI-Mann gemacht hat. Das hindert ihn jedoch natürlich nicht daran, seinen Plan, Hannibal (Mads Mikkelsen) in Gewahrsam zu bringen, weiter zu verfolgen. Genau so wie Dr. Lecter geht auch Jack davon aus, Will (Hugh Dancy) auf seiner Seite zu haben. Wer da letztendlich in wessen Team ist, spielt allerdings keine allzu große Rolle mehr, denn Hannibal schlitzt alles auf, was sich in seinem Haus befindet. So kann der Kannibale mit seiner geheimen Verbündeten Bedelia (Gillian Anderson) entspannt in die Ferne fliegen, während Will, Jack, Alana (Caroline Dhavernas) und die doch noch lebendige Abigail (Kacey Rohl) um ihr Überleben kämpfen.

So hat wohl ein ordentliches Staffelfinale auszusehen. Mizumono startet überraschend ruhig und bereitet das Unausweichliche mit solch einer Behutsamkeit vor, dass diese exzessiv blutigen finalen 15 Minuten – ich nenne sie mal Red Dinner – eigentlich schon eine Erlösung sind. Dieses Red Dinner ist an sich natürlich das reinste Spektakel: blutig, überraschend, herz- und nervenzerreißend und vor allem wunderschön anzusehen. Bedauerlicherweise spielte jedoch die spannende Prämisse, die zu Beginn der Folge auch noch erstklassig in den Vordergrund gerückt wurde, kaum eine Rolle mehr. Auf wessen Seite steht Will? Für Hannibal erübrigte sich diese Frage ohnehin mit der Erkenntnis, dass Freddie Lounds (Lara Jean Chorostecki) noch am Leben ist und dann schafft es Will auch noch nur gerade so zum Dessert, sodass er bei den Vorkommnissen kein schwerwiegender Faktor mehr ist. Das wirkt in Anbetracht dessen, dass genau diese Unklarheit stets ein wichtiges Thema in dieser zweiten Staffel war, etwas befremdlich.

Genug gemeckert. Kommen wir zu den Stärken, da gibt es ohnehin sehr viel mehr, worüber gesprochen werden kann. Dass Abigail noch am Leben ist und sich ähnlich wie Miriam in Hannibals Gefangenschaft befindet, war bereits seit jeher fester Teil sämtlicher Fan-Spekulationen und somit dürfte ihr plötzliches Auftreten nicht gerade die allergrößte Überraschung gewesen sein. Glücklicherweise reiten die Autoren aber keineswegs auf diesem vermeintlichen WTF-Moment herum, sondern nutzen Abigail sogleich als Beitrag zur zentralen Thematik rund um Männerfreundschaft. Daraus resultiert die wohl ergreifendste Szene in Hannibals Seriengeschichte: Hannibal ist den Tränen nahe, entrüstet von Wills Verrat, da er ihn bis zum Schluss tatsächlich für einen Freund gehalten hat. In diesen Momenten wird besonders deutlich, was Bryan Fuller, sein Team und speziell Mads Mikkelsen vollbringen können. Hier steht ein Kannibale, der gerade die wichtigsten Figuren der Serie reihenweise aufgeschlitzt hat und das einzige was ich fühle, ist Mitleid mit diesem Psychopathen. Wenn er Will sanft in den Arm nimmt, ihm den Kopf tätschelt und ihn schlachtet, ist das ganz großes Emotionskino. Dieser Mann, der schon immer ein Außenseiter war, muss mit ansehen, wie der einzige Mensch, in dem er einen Freund erkennen konnte, ihn verraten wollte. “You would deny me my life” stellt Hannibal sichtlich enttäuscht fest, während er seinen vermeintlichen Freund blutend auf dem Boden sieht.

Die Zerstörung seiner Illusion einer Freundschaft ist jedoch nicht das einzige, was Hannibal Schmerzen bereitet – “I gave you a rare gift but you didn’t want it” wirft er Will an einer Stelle vor und meint damit nicht nur die Freundschaft, die es jetzt nicht mehr geben kann. Nachdem er um Freddie Lounds Bescheid wusste, offeriert er Will beim Essen ein viel größeres, bedeutenderes Geschenk: Vergebung. Er war bereit, über Wills Zusammenarbeit mit dem FBI hinwegzusehen und mit ihm und Abigail ein neues Leben zu beginnen, doch Will lehnte indirekt ab und ließ damit jegliche Hoffnung auf eine Freundschaft platzen. Der bloße Gedanke an dieses romantische Szenario von Will, Hannibal und Abigail, die irgendwo in der Ferne gemeinsam ein idyllisches Leben führen, unterstreicht mit seiner Abstrusität, wie verzweifelt Hannibal hinter seiner unterkühlten Maske wirklich ist. Wenn er Will vorschlägt, sofort durchzubrennen, hat das nichts mit dem alles kalkulierenden, vorausschauenden Dr. Lecter zu tun, den wir kennengelernt haben. Dieser Mann sehnt sich nach einem Menschen, der in der Lage ist, ihn aus seiner Einsamkeit zu befreien und klammert sich infolgedessen an jeden Strohhalm, der ihm genau das verspricht.

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