Andre Jonas - Kommentare
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Alle Kommentare von Andre Jonas
Unterhaltsamer Quatsch dank hochmotivierter Hauptdarstellerin, netten Action-Ideen, guten Effekten und Design und tollem Score, auch wenn man nach den tollen ersten 20 Minuten das Gefühl hat, nur noch aneinandergereihte Versatzstücke vorgesetzt zu bekommen, durch die die Hauptcharakterin gescheucht wird, während sich keine Logik einstellen will. Erst zum Ende hin versucht der Film dann noch, mit dem emotionalen Holzhammer, alles etwas zusammenzubinden, was einen eher fahlen Nachgeschmack hinterlässt. Inhaltlich bleibt der Film skizzenhaft und fragmentarisch, und zwar nicht auf eine gute Weise. Aber egal, die handwerkliche Ebene macht bei „No One Will Save You“ (was ist das eigentlich für ein inhaltsleerer Titel?) einiges wieder wett und neben Kaitlyn Dever scheinen auch so ziemlich alle Beteiligten Spaß an ihrer Arbeit gehabt zu haben, was von der ersten Sekunde an auf den Zuschauer überspringt. Kann man in jedem Fall mal schauen!
Äußerst effektiver, kleiner, früher Found-Footage-Thriller in Form einer ultra-realistischen Live-TV-Berichterstattung zur eskalierenden Bedrohung einer US-amerikanischen Großstadt durch Terroristen mit einer Atombombe. Stilistisch macht der Film keine Kompromisse, es gibt keinerlei hinzugefügte Musik oder andere externe Elemente, die die Immersion brechen würden. Das zahlt sich vor allem im zunehmend schockierenden letzten Drittel des Films aus, das trotz sichtbar geringem Budget spürbarere Nachwirkungen hinterlässt, als es viele Hollywood-Katastrophen-Blockbuster hinbekommen. Das liegt sicher auch an den engagierten Schauspielern, deren Mimik und Ansprachen (von Dialogen kann selten die Rede sein) immerhin einen Großteil der emotionalen Wirkung des Films ausmacht. Hinzukommt eine eingewobene Ebene der Kritik an Politik und Medien, die auch heute noch Relevanz hat und die zugleich nie moralisierend wirkt.
Eine gewisse Herausforderung stellt der zeitliche und regionale bzw. kulturelle Abstand inzwischen zwar dar, aber wenn man sich darauf eingelassen hat, erweist sich „Special Bulletin“ als packender Genre-Geheimtipp.
Ein wirklich schwierig zu bewertender Film. Bei „The Beast“ funktioniert vom Start weg einiges sehr gut: gute Darsteller, ein sicherer Stil, eine spannende und gekonnt ambivalent und in Andeutungen gehaltene Zukunftsvision (die dennoch nicht nur wie ein reiner Plot-Backdrop wirkt), effektives Sound Design und Musik. Die Geschichte schwebt irgendwo zwischen tiefem persönlichen Struggle und einer dystopischen Hinterfragung der menschlichen Existenz – und auch wenn die ersten zwei Drittel des Films nur sehr gemächlich vor sich hinplätschern, funktioniert das Mischmasch aus Sci-Fi und Romanze im Gewand eines Historiendramas irgendwie gerade dadurch, das so viel vom Drumherum inkl. jeder Menge Symbolik offen (und damit spannend) gelassen wird, subtil bleibt und sich alles auf die persönliche Geschichte fokussiert.
Doch dann, nach ca. dem zweiten Drittel, beschließt der Film beim Wechsel in die Erzählebene des Jahres 2014 plötzlich, den Holzhammer auszugraben, und viel von der aufgebauten Atmosphäre und Spannung mit dümmlichen Charakterklischees, plötzlich sehr platter Symbolik und (im schlechtesten Sinne) nervenraubenden Twists und Wiederholungen wieder zunichte zu machen. Es spricht schon Bände, wenn ein Film in seinem ersten, objektiv sehr zurückgenommenen Teil spannend ist und dann im wesentlich schnelleren und auf Spannung ausgelegten Abschnitt plötzlich langweilt und man die 142 Minuten Laufzeit verdammt, weil die Verbindung zwischen Zuschauer und Leinwandgeschehen nicht mehr klappen will. Spätestens an diesem Punkt gibt es in „The Beast“ ein merkwürdiges Nebeneinander von plumper Symbolik (diese verdammte Taube!) und trotzdem weiterhin starker Ambivalenz, was die Welt und Geschichte anbelangt. Und irgendwie bekommt der Film dann zum herbeigesehnten Ende doch noch halbwegs die Kurve, auch wenn diese Bewegung aus mehreren Schwenks bestand, die mich teils genervt, teils aber befriedigt zurückließen.
Man kann dem Film jedenfalls nicht vorwerfen, dass er am Ende irgendwas klar ausspricht: Von einer ausformulierten „Message“ ist hier alles meilenweit entfernt und dieser Mut (auch wenn der Ansatz stellenweise zum Selbstzweck zu verkommen scheint) macht den Film meiner Meinung nach in Verbindung mit seinen positiven Punkten dann doch wieder sehenswert, auch wenn das Ergebnis insgesamt recht verkopft wirkt. Trotzdem habe ich das Kino jedenfalls mit jeder Menge Fragen und im guten Sinne ambivalenten Gefühle verlassen, was nicht viele Filme schaffen. Unterm Strich hätte „The Beast“ für meinen Geschmack aber durchaus kürzer sein und sich noch mehr mit seiner Zukunftsvision beschäftigen können.
Ein paar Jahre nach einem ersten Versuch habe ich „Dark“ dann auch mal zu Ende geschaut – keine einfach zu bewertende Serie. Achtung, Spoiler voraus.
Weil mir die Serie unterm Strich doch sehr zugesagt hat, will ich zunächst die Negativpunkte abhaken.
Zunächst einmal leidet die Wirkung der Serie doch sehr unter der mitunter hölzern wirkenden Darstellung der Charaktere, die mich auch bei der zweiten Sichtung fast nach der ersten Folge abbrechen ließen: Man fühlt sich wie in einem Abi-Theaterkurs, mit bedeutungsvollem Blick vor anschwellendem Score rattern die Darsteller ihre mal theaterhaft geschliffen, mal künstlich auf Jugendsprache getrimmt wirkenden Texte herunter, jeder scheint so ziemlich einen einzigen Gesichtsausdruck drauf zu haben, Dialoge wirken gestelzt und steif, irgendwie schreit alles nach „ich bin hier in einer tiefgründigen, dramatischen, deutschen Serie“. Hinzu kommt, dass es wirkt, als wären sämtliche Sprechzeilen nochmal in der Post-Produktion von den Darstellern nachgesprochen worden, was die Dialoge seltsam von den eigentlichen akustischen Umgebungen abgekoppelt und künstlich klingen lässt – oder bilde ich mir das nur ein?
Da hilft es leider nicht, dass es unter den Charakteren kaum echte Sympathieträger gibt und sich jeder irgendwie früher oder später als Arschloch entpuppt oder ziemlich blass und farblos, aber immer todernst bleibt. Ein bemerkenswertes Beispiel hierfür ist ausgerechnet der Hauptcharakter Jonas, den das Drehbuch scheinbar dazu verdammt hat, entweder missmutig-traurig dreinzuschauen und (später als Adam) unentwegt Plattitüden über das Wesen von Mensch und Zeit herunterzurattern. Generell kommen die jüngeren Darsteller in der Serie leider nicht gut weg.
Diese ganze Steifheit der Dialoge und Farblosigkeit der Charaktere ist sicherlich mit ein Grund dafür, dass „Dark“ über weite Strecken humorlos und ironiebefreit wirkt. Ich sage sowas ja wirklich selten über Serien, aber hier hätte ein klein wenig mehr Humor und Selbstironie gut getan. Ich muss dazu aber sagen, dass die 3. Staffel hier einiges besser macht und leichtfüßiger wirkt – vielleicht war die Idee der Parallelwelt hier eine gute Gelegenheit, die Zügel etwas lockerer zu lassen.
Angesichts dieser Probleme ist es schon erstaunlich, wie „Dark“ es trotzdem schafft, ein durchweg faszinierendes Mikrouniversum (der Begriff ist hier wirklich mal nicht übertrieben) in einer fiktiven deutschen Kleinstadt aufzubauen, und deren Geschichte über mehr als 150 Jahre hinweg fast schon obsessiv mit den immer gleichen Charakteren unzählige Male – und schließlich auch noch in Paralleluniversen zu durchkreuzen. Hier muss ich den Machern zu ihrer Konsequenz und Verbissenheit gratulieren, das alles drei Staffeln lang ohne echte Subplots oder Pausen durchzuziehen.
Generell weiß ich den Zug der Serie zu schätzen, Zeitreisen und ihre kausalen Folgen konsequent auf den Rücken und in der Seele ihrer Charaktere durchzuexerzieren – gemäß der Grundphilosophie der Serienwelt wirken sie wie Geschundene, von der (forcierten?) Kausalität Getriebene, deren mitunter traurige Schicksale unverrückbar sind. Besonders das Motiv der „in der Zeit Verschollenen“ der ersten Staffel funktioniert bemerkenswert gut und hat mich ehrlich bewegt. Ich muss der Serie außerdem zu gute halten, dass das, was noch zu Beginn der Serie nach plakativ-mysteriösem Gestammel klingt („Es wird wieder passieren!“), im Nachhinein Sinn ergibt, weil die entsprechenden Charaktere selbst in die Handlung eingewoben sind. Wo andere Serien oder Filme, die das Thema Zeitreisen bearbeiten, diese kausalen Effekte eher am Rande oder – wenn ausführlich – in geringer und konzentrierter Zahl behandeln, geht „Dark“ auch hier schon fast obsessiv zu Werk: In der dritten Staffel stehen sich nicht nur einmal dieselben Charaktere in dreifacher Altersversion gegenüber, und von den ins Absurde übersteigerten genealogischen Spielereien (die in der Handlung weit mehr als nur ein Gimmick sind) fange ich hier gar nicht an. Fast wirkt es am Ende, als würde es die Möglichkeit des Zeitreisens an sich als Obsession entlarven wollen, als Geist, der, einmal aus der Flasche gelassen, wie ein Virus durch die Seelen der Menschen zieht und nach und nach alle in den physischen aber vor allem seelischen Untergang treibt.
Überhaupt kann die Serie ihre deprimierende Stimmung trotz ihrer Mängel sehr gut ausspielen und schafft über drei Staffeln hinweg ein Gefühl von existentieller Ausweglosigkeit, das ich selten so konsequent erlebt habe. Hier passt es dann fast wiederum, dass die Geschichte der dritten Staffel zunehmend um sich selbst kreist und fast in einer Spirale der Sinnlosigkeit mündet – man hat spätestens an diesem Punkt das Gefühl, wirklich nur noch Figuren zuzusehen, die in einem biblischen Spiel über ein Schachbrett gescheucht werden oder verbissen der Überzeugung sind, mitspielen zu müssen.
Umso erlösender sind dann die letzten Szenen der finalen Staffel, die einen würdigen Abschluss in angemessenem Tonfall findet. Ich war ehrlich gesagt froh, dass es vorbei war, aber ich kann der Serie nicht böse sein – denn trotz all der oben angeführten Hindernisse bei der Charakterzeichnung und -darstellung waren mir die Figuren durchaus ans Herz gewachsen.
Ich bin wirklich dankbar, dass ich meinem ursprünglichen Impuls nicht nachgegeben und „Fargo“ zur Mitte der ersten Staffel abgebrochen habe – dabei zieht die Serie nach dem schmerzhaft mittelmäßigen Start deutlich an. Einem Serienauftakt, bei dem nichts richtig zusammenpassen will und es kaum spannende Charaktere gibt, mit denen es sich mitzufiebern lohnt, bei dem alles irgendwie gekünstelt und nach wiederaufgewärmter Coen-Pampe bin einer zu großen Prise Wunderlichkeit schmeckt (mal ehrlich, ich kam mir teilweise wie in einem Märchen vor).
Dagegen findet „Fargo“ in der zweiten, als schöner Kontrast in den 70ern angesiedelten, Staffel deutlich mehr Selbstbewusstsein, wesentlich spannendere Charaktere und endlich ihre eigene narrative Stimme (mit jeder Menge Swagger!). Spätestens hier kann die Serie auch ihr vielleicht größtes Plus voll ausspielen, die grandiose Auswahl an Schauspielern, die endlich ein paar interessante (und wie immer teils schräge) Charaktere ausfüllen dürfen, welche sich wohltuend von den müden Trantüten der ersten Staffel abheben, die mir ehrlich gesagt allesamt ziemlich egal waren.
In der dritten Staffel, die aus den bisher noch recht festen narrativen Strukturen ausbricht, weiß man dann, dass man hier etwas Besonderes vor sich hat – mich hat sie auf einen wilden, zum Ende hin immer unvorsehbareren Trip geschickt, und die Charaktere waren bisher für mich das Highlight der Serie, woran die grandiose Besetzung (Carrie Coon! Ray Wise, come on!) nicht ganz unschuldig sein dürfte. Der Kontrast zur ersten Staffel könnte hier auf so vielen Ebenen kaum größer sein.
Nachdem die vierte Staffel trotz einiger spannenderer Charaktere insgesamt eine Enttäuschung war, aber immerhin ihr ganz eigenes Ding drehte und sich zeitlich noch weiter zurückwagte, hat mich nun die fünfte, wieder in der Gegenwart spielende Staffel heftig gepackt. Ein abschließendes Urteil will ich noch nicht wagen, aber statt der fast schon kafkaesk anmutenden absurden Düsternis der dritten Staffel (die den stärkten Vergleichspunkt innerhalb der Serie darstellt) ist die aktuelle Staffel so wunderbar over-the-top und so genüsslich überzeichnet in ihren Charakteren und deren gesellschaftlicher Ansichten (die anscheinend hier manche etwas zu ernst nehmen, just saying…), dass es mir gerade schwerfällt, kritisch zu bleiben, dazu lache ich mich gerade zu sehr kringelig. Allein schon der verwirrte, hündische Dauerblick von David Rysdahl ist die ganze Staffel wert.
Dabei kann man der Serie wirklich einiges vorwerfen. Die eigenwillige Mischung aus einem semi-realen Szenario im amerikanischen Hinterland einerseits und zwischen Groteske, Absurdität und narrativen Experimenten andererseits funktioniert nicht immer – aber wenn sie funktioniert, ist „Fargo“ extrem unterhaltsam. Da vergebe ich den Machern dann auch gerne meinen wohl größeren Kritikpunkt: die Tatsache nämlich, dass die Serie mitunter eine gewisse Selbstgefälligkeit an den Tag legt, die Gesten etwas zu groß, die Messages über Welt und Leben etwas zu sehr „on the nose“ sind.
Wobei ich mir nie ganz sicher bin, ob das nicht Teil des Konzeptes ist. Immerhin rückt der Fokus im Laufe der bisherigen fünf Staffeln immer offensichtlicher auf den Akt des Erzählens selbst – der Introtext über angebliche „true story“ wird immer bewusster als Farce in Szene gesetzt, in einigen Folgen ist gar ein Erzähler zu hören, und dann gibt es da noch vereinzelte (durchaus gelungene) narrative Experimenten wie die Hintergrundgeschichte des von Hollywood-Betrügern übers Ohr gehauenen gescheiterten Sci-Fi-Autors und der Wirkung eines seiner Werke auf seine Stieftochter: die Hauptcharakterin der dritten Staffel, oder die doch sehr eigenwillige Sache mit den UFOs der zweiten Staffel.
Will „Fargo“ mit diesen narrativen Reflexionen nun „deep” und intellektuell wirken oder tut die Serie ganz bewusst und selbstreflektiv so? Keine Ahnung, aber ich kann der Serie ihre dann doch etwas pathetischen Momente und Gesten verzeihen, die eine gewisse Leere an sich haben – besonders im Kontrast zum oft absurden Kontext. Und immerhin scheinen diese Momente im Laufe der Staffel immer deutlicher auf einem absurden doppelten Boden zu stehen, quittieren Charaktere ausschweifende Gleichnisse ihres Gesprächspartners doch mit verwirrtem oder gelangweiltem Blick, oder fragen ganz direkt, was zum Teufel das nun wieder heißen und jetzt eigentlich über die Welt sagen soll.
Was „Fargo“ am Ende sagen will, weiß ich auch nicht so genau. Regt die Serie mich zum Nachdenken über die Welt an? Naja, nicht wirklich. Aber ich bewundere ihren wachsenden Mut zum Risiko, aus ausgelatschten narrativen Pfaden auszubrechen und dabei oft unglaublich unterhaltsam zu sein.
Es mag aus meiner relativ hohen Wertung nicht hervorgehen, aber ich halte Oppenheimer als Film für gescheitert.
Immerhin lässt sich technisch bzw. cinematisch und größtenteils auch schauspielerisch nichts am Film aussetzen und er befasst sich mit einem spannenden und moralisch schwierigen, bis heute wirksamen geschichtlichen Thema durch die Linse einer menschlich komplizierten (und unnahbaren) Person.
Mein Problem mit Oppenheimer ist, dass man sich von den 3 Stunden Laufzeit des Films in 2,5 Stunden dank des fast niemals stummen, alles zukleisternden Scores und der extrem hohen durchschnittlichen Schnittfrequenz vorkommt, als hätte Nolan den Zuschauer in einem Trailer sitzen lassen, fast stellt man sich den Regisseur neben sich sitzend und rufend vor: „Siehst du, wie episch, wie aufwühlend, wie dramatisch, wie überwältigend dieser Moment ist … und dieser … und dieser …?“. Diese Überwältigungstaktik ist so brachial, dass die Momente der über den Film verstreuten ruhigen halben Stunde fast schon erlösend wirken, wenn man sich endlich (!) einmal auf eine Szene konzentrieren kann. Ich bin mir fast sicher, dass das alles genau so gedacht war aber ehrlich gesagt: Es funktioniert für mich auf die Dauer nicht. Meiner Meinung nach hätte der Film mit einem umgekehrten Verhältnis wesentlich besser funktioniert.
Hinzu kommt, dass Oppenheimer bei aller bildgewaltigen Darstellung der dramatischen Karriere seiner zentralen Persönlichkeit in einem wichtigen historischen Kontext seltsam oberflächlich bleibt. Es gibt ja diesen schönen narrativen Anspruch, „show, don’t tell“ – der Film kippt hierbei aber so sehr ins „show“, dass er am anderen Ende des Spektrums herauskommt und eigentlich nichts erzählt, was man nicht innerhalb von ein paar Minuten in einem Geschichtsbuch (Richard Rhodes’ The Making of the Atomic Bomb sei hier empfohlen) oder einer Oppenheimer-Biografie nachlesen kann.
Es mag unfair klingen, aber ein wenig hatte ich beim Sehen den Eindruck, Nolan ist einfach kein Regisseur für Dramen, findet (visuelle wie auch dramatische Ruhe) langweilig oder schlicht unerträglich und wählte daher den extremen gegenteiligen Weg – weil technisch brillante audiovisuelle Überwältigung nun mal gut funktioniert. Naja, und kann mich auch nicht dagegen wehren, auf dieser Ebene hatte der Film eine Wirkung auf mich – aber ehrlich gesagt hatte die nicht wirklich etwas mit der Geschichte, der Hauptfigur oder dem geschichtlichen Kontext zu tun.
So ähnlich würde vermutlich ein Nolan-Remake von 12 Angry Men aussehen …
„Annihilation“ hat mich ziemlich ratlos zurückgelassen. Die Prämisse klingt zunächst spannend: Nach einem Meteoriteneinschlag entsteht eine rätselhafte Zone („Picknick am Wegesrand“, anyone?), die sich fortan immer weiter ausbreitet und aus der bisher nie jemand zurückkehrte.
„Annihilation“ muss sich bei seiner bewusst verkopften und kühlen Herangehensweise an das Genre wohl oder übel mit „Arrival“ messen, das auf eine ganz ähnliche Erzählstruktur inklusive rätselhaften Rückblenden setzt und durchaus eine klare aber keineswegs plumpe Message mitbringt. Zu „Annihilation“ lassen sich aber auch diverse weitere Querverbindungen zu Klassikern als auch zu modernen Filmen des Genres ziehen: Allen voran hat in der Darstellung der unberührt verwucherten, ehemals zivilisieren Landschaft wohl Tarkowskis „Stalker“ Pate gestanden, aber auch „Solaris“ und (fast schon als Zitat) „Under the Skin“ lassen sich wiedererkennen, ebenso scheint hier und da vorsichtig „2001 – A Space Odyssey“ auf.
Im Gegensatz zu Villeneuves Meisterwerk krankt „Annihilation“ leider aber genau dort, wo „Arrival“ aus dem Vollen Schöpfen konnte: an den Charakteren. Diese bleiben in Garlands Werk erschreckend blass und erwachen nie zu echtem Leben und bleibem dem Zuschauer so recht fremd. Symptomatisch ist dafür bereits, dass alle Figuren (mal abgesehen vom Hauptcharakter, der jedoch trotz ausführlicher Einführung unterm Strich ebenso uninteressant bleibt) mit wenigen Sätzen im Nebenbei eingeführt werden, um dann anschließend recht ziellos durch die Zone zu stapfen und sich bald, kennt man ja, gegenseitig an die Gurgel zu gehen. Erst gegen Ende kann sich das Drehbuch dann doch noch dazu durchringt, ihnen zumindest klare Entscheidungen aufzuerlegen.
Auch auf der zweiten wichtigen Ebene des Vergleichs mit „Arrival“ scheitert „Annihilation“ sang und klanglos: Zu selten kann sich die dunkle, rätselhafte Atmosphäre des Fremdartigen entfalten, die der Film allem Anschein aufzubauen versucht. Zu oft kommen die uninteressanten Charaktere Spannung und Stimmung in die Quere, die Flashbacks zurück in Lenas Beziehung zu ihrem nach rätselhaftem Verschwinden plötzlich wieder aufgetauchten Ehemann (recht dröge gespielt von Oscar Isaac) nerven recht bald, die Body-Horror-Elemente zerstreuen die eingestreuten Momente der ostentativen Ruhe und Spannung (die wiederum recht passend mit Ligeti-artigen Score-Einlagen untermalt sind) immer wieder und die größtenteils leider recht künstlich wirkenden CGI-Effekte tragen leider nicht zum Sense of Wonder bei.
Erst zum Ende hin findet der Film einen stärkeren Fokus – bezeichnenderweise dann, wenn keiner der Charaktere mehr den Mund aufmacht (bzw. aufmachen kann). Die Story funktioniert zu diesem Zeitpunkt jedoch längst eher assoziativ als logisch und gerinnt der Film dann in seiner letztlichen Aussage zu unklarem und unmotiviertem Geschwurbel mit New-Age-Anklängen, das den Zuschauer weder verwirrt noch erhellt, sondern eher gelangweilt zurücklässt.
Unterm Strich ist „Annihilation“ ein Film mit spannenden Grundideen, die aber nie so recht aufblühen wollen – besonders aufgrund der blassen Charaktere, die durch ein ziellos wirkendes Drehbuch stolpern. Kurz gesagt: Eine Sci-Fi-Revolution sieht anders aus.
In der ersten halben Stunde hatte ich wirklich das Gefühl, einen neuen Knaller für meine Liste kleiner aber effektiver Sci-Fi-Filme vor mir zu haben: Die Ästhetik ist bewusst grob gehalten und verzichtet auf Spielereien, die Umgebung wirkt dunkel und ausgeblichen. Insgesamt hat man nicht das Gefühl, in einem Film aus dem Jahr 2007 zu sitzen und Erinnerungen an Klassiker wie „The Quiet Earth“ werden wach, der sich mit „Timecrimes“ auch einen angenehme alltäglich wirkenden Darsteller teilt. Beide Filmen gönnen sich außerdem einen bewusst ruhigen Aufbau, der nach und nach für eine bedrückende Atmosphäre sorgt und aus dem sich erst langsam das Undenkbare herausschält. Eine wichtige Rolle spielt bei „Timecrimes“ hier auch der Einsatz von minimalistischer aber äußerst effektiver Musik, die den unter allem lauernden Abgrund symbolisiert. Die Prämisse, das zwanghafte Nachkorrigieren von Fehlern in der Zeitachse, ist zwar keineswegs neu, wird hier aber dank des unverbraucht wirkenden Stils frisch in Szene gesetzt. Alles in allem beste Voraussetzungen für einen kleinen aber feinen Genreklassiker – wenn da nicht das Drehbuch wäre.
Mich störten noch nicht einmal die Zeitreisegeschichten so oft plagenden Logikprobleme, die natürlich auch hier vorhanden sind. Vielmehr ist es emotionale Logik des Films und insbesondere die Entwicklung des Hauptcharakters, denn leider versäumt es das Drehbuch, die Motivation und die Gefühle der Hauptfigur insgesamt vernünftig zu thematisieren. Stolpert Hector zunächst ahnungslos in den Plot hinein und hat sichtbare Schwierigkeiten, selbst die grundlegendsten Implikationen seines Zeitsprungs zu begreifen, hat er sie nach seinem zweiten Sprung urplötzlich nicht nur verstanden, sondern schon so verinnerlicht, dass er in seiner neuen Rolle aufgeht und akribisch dafür sorgt, dass in der Wiederholungsschleife alles seinen Platz hat und er schließlich – spätestens nach dem dritten Sprung – zum kaltblütigen Mörder wird.
Dieser Wechsel von einem fast schon trotteligen Normalbürger zum gewalttätigen Mörder vollzieht sich ästhetisch zwar durchaus clever in einer Szene, in welcher Hector sich den Verband umbindet (generell ist dem Film mit dieser, mit einem blutigem Verband im Soldatenmantel und bewaffnet mit Schere durch den Wald humpelnden Erscheinung ja eine ikonische Figur gelungen – der Elefantenmensch lässt grüßen) doch auf psychologischer Ebene ist dieser Wechsel so unplausibel, dass es fast schon grotesk wirkt: Wieso ist es es Hector auf einmal so unglaublich wichtig, alles „nach Plan“ auszuführen? Woher das plötzliche Bewusstsein und die Angst vor dem, was passieren mag, wenn er die „Vorgaben“ der Zeitachse nicht wiederholt? Leider versäumt es der Film, diese Angst vor dem Unbekannten und Undefinierten zu thematisieren, womit sich emotional nicht nachvollziehen lässt, warum Hector so handelt, wie er handelt. Ich habe die letzten 20 Minuten des Films damit verbraucht, auf einen großen Twist zu hoffen, der ihn als jemand anderen offenbart, der er ist, doch dann wartet nur der Abspann. Im Nachhinein wundert es mich nicht, dass Hector undurchsichtig dargestellt wird, überdeckt dieses Spannungsgefühl doch zunächst das unausgegorene Drehbuch, dem Hector stumpf nachtrottet.
So verpufft auch der Mord an der jungen Frau am Ende des Films wirkungslos und unmotiviert, wo er doch zynisch hätte unterstreichen können, wie rücksichtslos und kaltblütig Hector inzwischen geworden sein könnte. So aber wirkt ihre Figur mehr wie eine Ausrede, um Hector und dem Zuschauer Gelegenheit zur Fleischbeschauung zu liefern. Vielleicht hätte der Film einen stärkeren Bezug zu ihrem Charakter ermöglichen können (bzw. ihr überhaupt einen außerhalb ihres Körpers verpassen können). So bleibt das Mordopfer nicht mehr als eine niemals wirklich lebende bloße Puppe, die im Verlauf der Geschichte nur umhergehievt wird.
Im Nachhinein fühle ich mich an mein Erlebnis mit Denis Villeneuves „Enemy“ erinnert: Beide Filme sind ästhetisch höchst sehenswert, atmosphärisch dicht, setzen auf einen beklemmenden, sehr effektiv eingesetzten Soundtrack und fokussieren sich stark auf einen Hauptcharakter, der aus der Normalität heraus in eine verstörende Geschichte der Selbsterkenntnis geschleudert wird – und beide Filme scheitern an einem verkorksten Drehbuch, sodass der Plot in der zweiten Hälfte beider Filme auseinander zu bröseln beginnt und die Identifikation mit dem jeweiligen Hauptcharakter dank seiner bis zur Beliebigkeit unnachvollziehbaren Handlungen schließlich ganz verloren geht.
Fazit: „Timecrimes“ hätte mit seiner gekonnten Ästhetik und seiner interessanten Prämisse das Potential zu einem cleveren, fiesen kleinen Sci-Fi-Geheimtipp gehabt, strandet aber dank seines vermurksten Drehbuchs und seines unglaubhaften Hauptcharakters letztlich in der ärgerlichen Mittelmäßigkeit.
Anders als Ridley Scotts letzte Reise in die Weiten des Alls, „Prometheus“, schickt „The Martian“ den Zuschauer bewusst nicht auf eine in ferner Zukunft liegende, denkwürdige Reise zu unerforschten Welten und rätselhaften außermenschlichen Rätseln. Er bleibt uns viel mehr zeitlich und räumlich ganz und nimmt sich die bereits seit langem als nächster logischer Schritt der Raumfahrt geltende Etappe vor: eine bemannte Erforschung des Mars.
Der Film ist sich dabei der Tatsache durchaus bewusst, dass dieses Thema heute natürlich aus Perspektive eines klassischen, technikfixierten Science-Fiction-Streifens niemanden mehr ernsthaft hinter dem Ofen hervorlockt und kommt konsequenterweise viel mehr einerseits als eine launige Reflektion über die Unzulänglichkeit der aktuellen Raumfahrttechnologie sowie andererseits als ein ironischer, leicht romantischer Blick auf die Vergangenheit daher – immerhin muss Watneys auch auf Technik zurückgreifen, die bereits seit einigen Jahrzehnten von einer gewissen vergangenen Marsmission auf dem roten Planeten vor sich hinstaubte. Ähnlich wie „Gravity“ transportiert so auch „The Martian“ ein (im Kontext eines Science-Fiction-Films) realistisches bzw. glaubwürdiges und zugleich sehr pragmatisches Technikbild, das einerseits weder naiv-optimistisches Pathos verströmt, sich nicht im Staunen über phantastische Erfindungen, technischer Wunder ergeht, noch andererseits kritisch bzw. warnend in die Zukunft der Menschheit projiziert, sondern die Technik ganz geerdet als das sieht, was sie zunächst ist: ein Werkzeug des Menschen.
Dass „The Martian“ ein erstaunlich bodenständiger Weltraumfilm ist, zeigt sich auch darin, dass das direkt nach der den Film einleitenden Katastrophe ins Zentrum gerückte Gefühl der Einsamkeit und des Verlassenseins, ja im Falle von Watney des Tot-geglaubt-seins, und das robinsonadische improvisierte Überleben in der sozialen und wirtschaftlichen Abgeschottetheit nur etwa das erste Viertel des Films ausmachen. Schnell ist der Kontakt zur Erde wiederhergestellt und die Handlungsperspektive erweitert sich von Watney auf die beiden übrigen Parteien: die Basisstation auf der Erde und die Crew der Ares III bzw. die Koordination zwischen diesen dreien.
Ein weiterer wichtiger Charakterzug von „The Martian“ ist die Tatsache, dass der Film immer wieder mit leichtem Humor und einem ironischen Zwinkern sich selbst als Film reflektiert (hervorzuheben sind hier natürlich Watneys Videotagebücher, deren Hauptadressat natürlich unmittelbar der Zuschauer ist) und stellenweise mit einem Schmunzeln auf die Filmgeschichte rekurriert. Unterstützt wird diese von Watney Video-Logbüchern, womit natürlich der Zuschauer zu seinem primären Zuschauer und Zuhörer seiner Gedanken wird, bis der Kontakt mit der Erde wiederhergestellt ist. Ähnlich rückwärtsgewandt ist der Soundtrack angelegt, der zum größten Teil aus Disco-Hits der 70er Jahre besteht und einerseits die bereits angedeutete heiter-ironische Leichtigkeit des Films unterstreicht, andererseits aber erneut die menschliche Gesellschaft ins Zentrum rückt und den Mars auch musikalisch mit den mitgebrachten (und natürlich ironischerweise zu diesem Zeitpunkt umso mehr gealterten) Kulturerzeugnissen „erdet“.
Nicht unterschlagen werden darf bei alledem jedoch, dass der Film bei aller Leichtigkeit doch nie vor sich hinplätschert oder sich verliert, da die Handlung von allerhand brenzligen Situationen und einigen Twists spannend gehalten wird.
Interessant wäre es, wenn der Film noch ein wenig mehr die Einsamkeit in einer lebensfeindlichen Umgebung und die sich daran anknüpfende Gefühle des Zurückgelassenen erforscht hätte, denn so bleibt letztlich nicht viel von der Andersartigkeit der fremden Welt – der Mars wird mit der inszenierten engen Verschaltung mit der Handlung auf der Erde nicht viel mehr als ein unbequem weit entfernter Außenposten unserer eigenen Welt, die Rettung Watneys mehr eine organisatorische, physikalische Schwierigkeit, die es, noch dazu unter den Augen der internationalen Bevölkerung, zu lösen gilt, statt ein existenzielles, emotionales Problem eines Einzelnen. Aber dieser Umstand lässt sich auch anders auffassen: Denn hat der Mensch sich den Mars nicht schon in gewissem Sinne – und vor allem gesellschaftlich und kulturell – zu eigen gemacht und wäre es überhaupt noch ein spektakuläres Ereignis, Menschen dort hin zu schicken? Zumindest lässt der Film eine solche Frage zu, denn immerhin richten sich die Augen eines weltweiten Publikums erst dann wie gebannt auf den Roten Planeten, als die Mission aus dem Ruder läuft und es einen Menschen zu retten gilt – es sind also zuletzt menschliche Schicksale, die erneut im Zentrum stehen, nicht die Erforschung der garnicht mehr so unbekannten Welt.
Alles in allem macht „The Martian“ das, was er sich vorgenommen hat, gut: nämlich ein kleiner, ironisch-leichter, aber aber nie seicht oder belanglos wirkender – eben ein etwas anderer Weltraumfilm zu sein. Ähnlich wie z.B. „Moon“ (freilich ohne dessen vertrackte Handlung) konzentriert er sich auf seine Stärken und hält sich bewusst klein – und gerade das macht ihn in meinen Augen weitaus sympathischer als das pathetisch nach den Sternen greifende, sich zum philosophisch-poetischen Meisterwerk aufschwingen wollende, sich dabei jedoch maßlos überschätzende und in der Leere des Weltalls wirkungsarm verpuffende „Interstellar“ (das sich mit Matt Damon und Jessica Chastain gleich zwei Hauptdarsteller mit „The Martian“ teilt).
Hmm, gerade mal spaßeshalber den Pilot geschaut, weil ich den Plot wirklich faszinierend finde und Rufus Sewell mal wieder einer Rolle sehen wollte. Leider wollte der Funke nicht überspringen, die Inszenierung wirkte auf mich sehr lustlos und stellenweise holprig (so einige Dialoge rochen sehr nach „lazy writing“), genau wie die schauspielerische Leistung. Da ist man doch durch diverse Serien-Highlights der letzten Jahre handwerklich und schauspielerisch wirklich viel Besseres gewohnt (bzw. wurde wohl schlicht verwöhnt). Im direkten Vergleich kommt mir „The Man in the High Castle“ bisher eher lahm und müde vor. Eventuell schaue ich in die kommenden Folgen mal rein, die Welt und die Geschichte sind ja schon interessant (wobei man sich mit den Sets und den allgemeinen „Schauwerten“ wirklich Mühe gegeben zu haben scheint), aber so recht wollte der Pilot bei mir keinen Drang hinterlassen, weiterzuschauen.
„Ex Machina“ spielt (wie auch das thematisch gar nicht so unähnliche „Her“) in einer dieser zeitlich nahen Zukunftswelten, in welchen die Dualität von Utopie und Dystopie überwunden haben und eine ambivalente Vision präsentieren, die der in die Zukunft projizierten technologischen Entwicklung weder pessimistisch-kritisch noch naiv befürwortend gegenübersteht. Die Welt von „Ex Machina“ ist nicht von dunklen, schmutzigen Metropolen geprägt, es geht nicht um gesellschaftlichen Zerfall, um soziale Extreme, um mächtige, staatengleiche Großkonzerne. Mensch und Technologie stehen sich in dieser Welt nicht mehr als Konkurrenz gegenüber, vielmehr hat sich die Technik auf scheinbar natürliche Weise mit dem Menschen mitentwickelt und ist immer schon im Alltag des Einzelnen integriert, auch sozial. Umwälzungsprozesse gehen höchstens schleichend voran, technische Revolutionen laufen im Hintergrund ab und finden sich erst nach und nach in der Welt wieder. Und auch Natur und Technik stehen sich in der menschlichen Umgebung nicht mehr unvereinbar gegenüber, sondern eine vorsichtige Verschmelzung beider ist zu beobachten.
Nathans Forschungseinrichtung stellt ein gutes Beispiel dafür dar, wie der Film diesen Zustand des postmodernen Angenähertseins ästhetisch darstellt: Weite Grashügel und Wälder in kräftigem Grün, ein majestätischer Berg unter strahlend blauem Himmel, grellweiße Gletscherflächen, ein reißender Fluss in der Nähe werden immer wieder als unmittelbare Außenwelt der Handlung in Szene gesetzt. Die inmitten davon liegende Residenz des abgeschottet lebenden Firmenchefs Nathans wird von Holz und Glasflächen dominiert, die Räume sind von Tageslicht durchflutet. Doch die entscheidenden Teile der Handlung spielen sich zum allergrößten Teil in der Welt des darunterliegenden (und gewissermaßen doch direkt in die Natur eingegrabenen) Labors ab, in dem das Grau der schmalen rechtwinkligen Gänge und kühles, mattgelbes Licht vorherrschen. Gemeinsames Element beider Welten ist das Glas, das auf dieser tieferen Ebene jedoch nicht mehr als Verbindung des sehenden Menschen und des ihn unmittelbar Umgebenden dient, sondern als Trennung des eigentlich Nahen, so wie die unzugänglichen Pflanzen in den Glaskästen im Labor – und wie Ava in ihrem gläsernen Käfig. Zugleich stellt der Film damit den schroffen Gegensatz zwischen Freiheit und Weite auf der einen und Gefangenschaft und Enge auf der anderen Seite dar, die hier eng beieinanderliegen, nur durch ein paar gläserne Türen getrennt.
Wie auch „Her“ greift nun natürlich auch „Ex Machina“ typische Elemente der überwundenen Dystopie auf: So steht auch hier das Produkt eines Technologie-Unternehmens im Vordergrund, dessen zwischen Genie und Wahnsinn schwankender Kopf eine zukunftsweisende KI entwickelt hat, und abseits der zur Schau gestellten Aussöhnung von Mensch, Natur und Technik spielt auch hier das Thema der sozialen Isolation eine entscheidende Rolle – auch wenn der Technologie in beiden Filmen keine Schuld zugesprochen wird. Es ist der Mensch in seiner Unzulänglichkeit selbst, der sein Schicksal und seine Einsamkeit zu verantworten hat.
An dieser Stelle setzt „Ex Machina“ ein und inszeniert sich als Kammerspiel, das auf mehreren Ebenen von psychologischen Spannungen lebt: Einerseits von der wachsenden Spannung zwischen Caleb und Nathan, die von Ava angefacht wird, andererseits von Calebs Hingezogenheit zu Ava. Scheinen die Fronten zu Anfang klar verteilt und Caleb derjenige zu sein, der Ava den Turing-Test unterziehen darf, verschwimmen sehr schnell die Grenzen zwischen Testendem und Getestetem, Analysierendem und Analysiertwerdendem, gipfelnd in radikalen und überraschenden Verschiebungen der Machtverhältnisse.
Die so angelegte Dramatik des Film funktioniert, unterstrichen von minimalistisch-kühler, aber immer die richtigen emotionalen Farbtupfer setzenden Musik, höchst effektiv, gekonnt eingesetzte Handlungstwists und doppelten Böden lassen den Zuschauer bis zum Ende nicht los.
[AB HIER SPOILER]
Hierin liegt jedoch auch mein größtes Manko (bei meiner Wertung freilich nur Jammern auf hohen Niveau) begründet: Der Film verliert sich für meinen Geschmack ein wenig zu sehr im psychologischen Kräftemessen der drei Hauptfiguren, dessen Opfer letztlich vor allem Caleb ist, die Identifikationsfigur des Zuschauers, die letztlich als trauriger Wegwerfcharakter endet. Von der ersten Szene an (bewusst) blass und farblos gestaltet, gewinnt er erst durch die entstehende Liebe zu Ava, die er zunehmend gegen Nathan verteidigen muss, langsam an Profil – übrigens eine gelungene schauspielerische Gratwanderung. Doch genau dieses Gefühl, bei dem er endlich aus seiner inneren Isolation hervorzubrechen scheint, stellt die Geschichte letztlich als seine größte (menschliche) Schwäche dar, die von Ava gnadenlos für die Flucht ausgenutzt wird. Sicher, man kann die Konsequenz des Films hierbei auch bewundern, aber bei mir ließ diese Konstruktion ein unangenehmes Gefühl zurück, für die eigenen Hoffnungen für den Identifikationscharakter (und letztendlich den einzigen mit dem „moralischen Kompass“ – Nathan hat seinen verloren, für Ava ist er scheinbar nicht zugänglich) bestraft zu werden, der so endet, wie er vom Film eingeführt wurde: Traurig und – diesmal auch auf existentieller bzw. materieller Ebene – verlassen.
So demontiert der Film zum Ende hin seine einzigen Sympathiecharaktere, allen voran natürlich Ava, das unschuldige, vom „Vater“ eingesperrte Mädchen, mit der man bei Ihrem Ausbruch zwar nicht anders als mitfiebern kann, bei der man aber gleichzeitig realisieren muss, dass sie tatsächlich die ganze Zeit über alle psychologischen Fäden kühl in der Hand hielt, dass auch Caleb nichts weiter war als eine Trittstufe auf der Flucht in die Freiheit. Zurück bleibt ein mulmiges Gefühl: Immerhin haben wir gesehen, dass die Maschinen das Töten gelernt haben (übrigens wohl zwei der in ihrer Grazilität, Leichtkeit und irgendwo auch Unschuldigkeit gänsehauterregendsten Messerstiche, die ich bisher in einem Film gesehen habe) und dabei wenig zimperlich sind. Wie sollten sie auch, denn sie haben, wie am Ende deutlich wird, die Körperlichkeit fast überwunden, ihre Körperteile sind ohne Schwierigkeiten austauschbar, auch wenn sie das (noch) nicht unverwundbar macht. So spielte der Mensch Gott und schuf eine Wesenheit nach seinem Ebenbild, doch das, was dabei entsteht, ist trotz des menschlichen Ursprungs kein Mensch (mehr? noch nicht?) und funktioniert nach eigenen Regeln, welche das Regelsystem ihrer Schöpfer außer Kraft setzen. Was hier gesät wurde, könnte, bei aller Sympathie zur weiblichen Hauptfigur, tatsächlich etwas sein, das, in der Welt des Films, die Menschheit letztendlich überwinden wird. Doch hier entlässt „Ex Machina“ den Zuschauer mit reichlich Diskussionsstoff.
[SPOILER-ALERT]
Na da bin ich hier ja nicht der Einzige mit Bewertungsproblemen. „Enemy“ fängt unglaublich stark als verstörendes, düsteres Psychogramm eines Menschen an, der sich in der grauen Welt verloren hat und sich dann, könnte man sagen, auf unerwartete Weise wiederfindet – in einem Mann, der ihm bis aufs Haar gleicht aber charakterlich eine wandelnde Antithese zu ihm darstellt und schließlich nach seinem Leben (und nicht zuletzt seiner Freundin) zu greifen beginnt.
Soweit so gut, storytechnisch eigentlich nichts, was man nicht schon irgendwo mal ausformuliert gesehen hat. Was den Film nun wirklich bemerkenswert macht, ist seine Inszenierung: Die Farbpalette scheint vor allem aus Sepia-Nuancen bis hin zu finsterstem Schwarz zu bestehen, das in Räumen vorherrscht, doch auch das eigentlich grelle Licht der Außenszenen wirkt blass und leblos, was zusammen mit den Drehorten, die zwischen klaustrophobischen Innenräumen und kalt und anonym wirkenden Hochhäusern im erstickenden Großstadtdunst hin- und herpendeln, von Anfang an ein Gefühl der Entfremdung gegenüber dem Gezeigten schafft, so als wäre man aus einem zu langen Nachmittagsschlaf aufgewacht und würde vergeblich versuchen, den Weg zurück in die Realität des vergehenden Tages zu finden.
Die Kamera ist dagegen stets nah am Hauptcharakter, wirkt wie ein Linse, durch die wir Einblick in sein Innenleben bekommen, und macht deutlich, dass wir die Welt aus seiner Perspektive sehen – inklusive der seltsamen surrealen Einsprengsel um rätselhafte Männerclubs und riesenhafte Spinnen. Die langen Einstellungen und betont langsamen Kamerafahrten schaffen schnell eine hypnotische Stimmung, die den Zuschauer langsam aber sicher in einen schwarzen Strudel zu ziehen scheint.
Das wahre Highlight der Inszenierung ist (die hochgradige schauspielerische Leistung handele ich an dieser Stelle mal mit in einem Satz ab) jedoch die musikalische Untermalung, die perfekter nicht passen könnte und, noch viel mehr, durch geschickte Instrumentierung und betontem Minimalismus dem Film eine eigene Stimme hinzufügt, die höchst wirksam von einer eigenen dunkel-vagen Bedeutung zu künden scheint. Absolut fantastisch, wobei ich mich bei dieser Art der fast schon zwingenden Bedeutungsaufladung an Jonathan Glazers (auf inszenatorischer Ebene) ähnlich in seinen Bann ziehendes „Birth“ erinnert.
Insgesamt schimmert natürlich aus so ziemlich jeder dunklen Ecke und aus jeder Wohnzimmerlampe die Ästhetik der späteren Lynch-Filme hervor, aber „Enemy“ erschafft aus diesen bekannten Stilelementen durchaus seine eigene Sprache.
Kommen wir nun jedoch zu dem, was die, ich würde fast schon sagen, auf ästhetischer und handwerklicher Ebene perfekte, Inszenierung übrig lässt – und damit zum Schwachpunkt des Films: Denn der zunächst vielversprechenden Geschichte geht auf halber Strecke die Luft aus, spätestens, als Anthonies Handlungen zunehmend in den Vordergrund rücken und es schließlich zu seinem absurden Vorwurf kommt, Adam könnte etwas mit seiner Frau haben (und dieser es dämlicherweise nicht hinbekommt, es einfach mit klaren Worten abzustreiten). Dieser gesamte letzte Teil um Eifersuchteleien und Partnergetausche holt den Film auf den Boden des leider Banalen zurück – da weiß auch die Inszenierung nicht gegen zu steuern. Hier hätte Villeneuve, wenn er eh schon dabei war, „Lost Highway“ oder „Mulholland Drive“ vielleicht noch ein paar mal öfter ansehen und sich einen kreativeren Umgang mit Doppelgängerkonstruktionen abschauen können. So hätten sich vielleicht auch die in Doppelgängerfilmen typischen, doofen Logiklücken vermeiden lassen, dass es in solchen Filmen wohl nie jemand zu stören scheint, dass das „andere“ Gegenüber plötzlich aus unmittelbarster Nähe (!) anders riecht oder geschätzt eine Million Details (warum zur Hölle nur die Stelle am Ringfinger?) anders sind. Oder ist das jedes Mal irgendeine versteckte Gesellschaftskritik? (Okok, vieles für mein inhaltliches Gemecker hier ist wohl schon in der Buchvorlage angelegt)
Schwerer wiegt jedoch, dass der Film bei seinen surrealen Elementen einfach stecken bleibt und diese zu nichts weiterentwickelt, was sozuagen auf eigenen ästhetischen Beinen stehen könnte. So bleiben es ein paar im Rückblick lust- und ziellos wirkende Einsprengsel und wenn der Film auch noch mit einem dieser Einsprengsel unvermittelt abschließt, stellt sich wohl nicht nur bei mir ein sehr unbefriedigtes Gefühl ein, das man ja nun schon von diversen – viel zu vielen – experimentellen oder auch möchtegern- oder auf-Teufel-komm-raus-experimentellen Filmen kennt, das aber gerade bei „Enemy“ umso ärgerlich ist, weil der Film ansonsten wirklich vieles, vieles richtig macht. Schade schade!
Unterm Strich muss ich aber sagen, dass die Inszenierung so gelungen ist, dass ich „Enemy“ seine leider deutlichen inhaltlichen Schwachstellen, die inkonsequente und ziellose Weiterführung seiner spannenden Ausgangssituation und die nicht zu Ende gedachte surreale Ebene nicht all zu negativ anrechnen kann, dazu ist das positive Übergewicht einfach zu groß. Und um ehrlich zu sein würde ich ihn mir schon allein aufgrund seiner musikalischen Untermalung noch einmal schauen!
Fangen wir mit dem Positiven an: Das Spannende an »The East« sind die Charaktere, die im Rahmen der gleichnamigen Gruppe dargestellt werden: Es sind die Einzelschicksale von Menschen, die über ihre persönlichen Tragödien der Gesellschaft den Rücken kehren und die von nun an von außen gegen sie kämpfen – und dabei zunehmend aus den Augen verlieren, für wen oder was sie dort genau kämpfen.
Die Darstellung der Gruppe selbst und die darin aufkochenden Konflikte sind ein weiterer Pluspunkt des Films. Zwar bleibt er dabei nicht immer frei von Klischees, doch es bleibt immer genug charakterliche Tiefe übrig, um sich davon nicht stören zu lassen.
Leider erfolgt diese an sich spannende Betrachtung nun aber durch die Augen des weiblichen Hauptcharakters Sara – deren Rolle nicht wirklich funktionieren will. Sie wirkt von Anfang an gekünstelt, ihre Alltagswelt, die als »Gegenwelt« zum anarchischen Aussteiger-Setting der Ökoterroristen aufgebaut wird, wird zu wenig beleuchtet, als das sich ein glaubhaftes Gesamtbild ergeben könnte. Ihr fehlt schlicht eine Vorgeschichte und ein eigenes Leben, an die sich ihre folgende Entwicklung, die den Film eigentlich tragen sollte, anknüpfen könnte.
Hinzu kommt, dass der Ausgangspunkt ihres Wegs in die Gruppe, eine private Sicherheitsfirma mit einer fast diabolischen Vorgesetzten, zusammen mit der dargestellten Welt der Großkonzerne ein zu simples Feindbild abgibt, das zwar (zumindest nach Mainstream-Standards) Spannung erzeugt, das man aber so einfach schon zu oft gesehen hat. Differenziertheit und ein paar Drehbucheinfälle jenseits des Üblichen hätte hier gut getan. So aber bleibt die moralische Botschaft von »The East« fade und ausgelutscht.
Auch die Inszenierung hätte etwas mehr Eigenständigkeit vertragen können: Die wenigen antiklimaktisch-ruhigen Passagen sind bereits ein guter Ausgangspunkt, aber insgesamt hinterlässt der Film wenig Eindruck jenseits des Typischen.
Letztendlich bleibt der spannende Blick auf eine Gruppe von Einzelschicksalen, die »The East« auszeichnen, der jedoch leider von einem blassen Hauptcharakter und einer faden Botschaft getrübt wird.
»Sound of My Voice« besteht aus zwei Ebenen: Einerseits beleuchtet er Skepsis und Glauben innerhalb einer New-Age-Sekte und führt den Zuschauer durch die Augen zweier investigativer Journalisten in eine solche Sekte ein. Andererseits rückt er die charismatische Führerin dieser Sekte, die vorgibt, 40 Jahre aus der Zukunft zu stammen, in den Mittelpunkt der Betrachtung. Der Film versucht dabei einen inhaltlichen Spagat hinzubekommen – der ihm nur teilweise gelingt.
In der ersten Hälfte beschäftigt sich »Sound of My Voice« vor allem mit seinen beiden Hauptcharakteren und ihrer Aufnahme in die Sekte. Schnell zeichnet sich hier ab, dass diese psychologische Ebene nicht recht gelingen will: Einerseits wirken die Motive des Paares gestelzt und blass, besonders zwei Voice-Over-Passagen, in welche ihre Vergangenheit der beiden schlaglichtartig beleuchtet wird, wirkt seltsam deplatziert – und die Darstellung ihrer Beziehung, die gekünstelt und unterkühlt wirkt, macht das nicht besser. So wirken Peter und Lorna eher wie zwei Highschool-Freunde, die sich die Idee in den Kopf gesetzt haben, einer Sekte nachzugehen. Das Ausgraben von Peters Vergangenheit macht dabei leider nur den Eindruck einer nicht zu Ende gedachten und auf Spannung angelegten Drehbuchidee. Aber auch die blasse Darstellung der übrigen Teilnehmer der Gruppe trägt dazu bei, dass die psychologische Ebene des Films holzschnittartig und oberflächlich bleibt und man keinen richtigen emotionalen Zugang dazu erhalten kann oder kein Bedürfnis danach geschaffen wird.
Dies drückt sich auch in der Inszenierung aus, die versucht, Dramatisierung und Emotionalisierung auf Basis filmischer Mittel weitestgehend aus dem Wege zu gehen und stattdessen auf eine quasi-dokumentatorische Unterkühltheit und stilistische Schlichtheit setzt. Dies funktioniert einerseits, gerade in Bezug auf die Darstellung der rätselhafte Maggie, gut, manchmal wünscht man sich jedoch etwas mehr emotionales Teilhabe am Dargestellten, was durch die Darsteller nur teilweise ausgeglichen wird.
Insgesamt funktioniert dieser erste Teil des Films – aber eben nicht besonders gut. Beim Blick in die innere Struktur von Sekten mit einem charismatischen Anführer bleibe ich dann doch eher bei »The Master«.
In der zweiten Hälfte rückt nun jedoch das Spiel zwischen Peter und Maggie zunehmend in den Mittelpunkt der Erzählung und lässt man sich darauf ein, beginnt der Film endlich, das Potential auszuspielen, das in ihm steckt. Das liegt nicht zuletzt an Brit Marlings Rolle, in der Unnahbarkeit und natürliche Offenherzigkeit eine rätselhafte aber charismatische Mischung ergeben, die diese Ebene des Films tragen. In dieser zweiten Hälfte wird aus »Sound of My Voice« nun endgültig ein Mystery-Thriller, der tatsächlich mit einigen Überraschungen aufwarten kann - dann aber leider etwas zu früh endet.
Hätte sich der Film auf seine Stärken konzentriert – das Rätsel um Maggie, ihre Geschichte und ihre Verbindung zu Peter – und die Erzählung weitergesponnen, wäre das Ergebnis wohl noch deutlich spannender gewesen. So bleibt es bei einer etwas zähen Mischung aus blasser psychologischer Analyse und einem potentialreichen, gut gespielten Mystery-Thriller, der nur langsam die Oberhand gewinnt, aber dafür zu belohnen weiß.
Die Story ist schnell erzählt: Der hard boiled cop James ist von der Idee nicht begeistert, dass der in seinen Augen unwürdige Ben dessen Schwester ehelichen will. Um ihm eine Chance zu geben, sich zu beweisen, nimmt er ihn für einen Tag auf Polizeistreife mit. Doch schnell stellt sich einerseits heraus, dass James kein großes Interesse an Bens Versuchen hat, ihn zu überzeugen, und andererseits, dass er nebenher lieber den untergetauchten und mysteriösen Bösewicht »Omar« (argh, da bekam ich bescheuerte Assoziationen mit »The Wire« erstmal nicht aus dem Kopf) nachjagen will, der ihm mal wieder gerade entwischte. als infolge einiger unvorhergesehener Entwicklungen die Schwester und Angebete plötzlich in Gefahr schwebt, muss James zähneknirschend anerkennen, dass er auf Bens Hilfe angewiesen ist.
Es ist nicht überraschend, dass »Ride Along« aus bereits zur Genüge durchgekauten Versatzstücken plus einiger etwas platt geratener Gegenwartsbezüge besteht, die man mit gutem Willen gerade eben als halbironische gesellschaftskritische Versuche erkennen kann. Der Plot des Hampelmannritters, der sich für seine Prinzessin gegenüber deren Beschützer in diversen Aufgaben beweisen muss, lädt auch eher zum Gähnen ein.
Auch die Figuren sind nicht sonderlich innovativ: Während James den typischen hartgesottenen Großstadtpolizist mit kaputtem Sozialleben darstellt, wie man ihn schon zig mal in diversen Cop-Komödien und buddy movies gesehen hat, ist Ben eine einfältige Quasselstrippe mit hyperaktiven Zügen, deren naive Selbstüberschätzung (etwas unlogisch) schnell in Panik umschlägt, sobald ihr die Gefahr der Situation bewusst wird, in der sie gerade steckt. Natürlich bringt gerade das das ungleiche und nicht ganz freiwillig zusammengeschweißte Team immer wieder in brenzlige Situationen – aber ebenso (ein wenig vorhersahbar) auch wieder aus diesen heraus.
Was den Film jedoch auf angenehme Weise von seiner uninspirierten Prämisse abheben lässt, ist letztendlich das wichtigste bei dieser Art von Filmen: Sein Humor funktioniert auf wohltuende und zunächst überraschende Weise gut. Kevin Hart schafft es erstaunlich gut, den sich oft ungewollt durch die Szenen albernden Möchtegern-Cop zur Geltung zu bringen, sodass man am Ende des Films fast so etwas wie Sympathie mit ihm empfindet. Der zwischen, an Eddie Murphy erinnernde (ohne dabei dessen Sprechtempo und Nervigkeit erreichende) , Mund- und Gestenakrobatik und Slapstick-Einlagen pendelnde Humor weiß nach kurzer Eingewöhnungszeit das Eis zu brechen und Ice Cube stellt in seiner Hölzernheit einen passenden, lakonischen Gegenpart dar. Nur die bad guys, allen voran ein müde und gelangweilt wirkender Laurence Fishburne, bleiben ein wenig blass und können nicht wirklich aus dem Schatten der eindimensionalen Rollen heraustreten, die ihnen die Story zuschreibt, sodass sie am Ende eher als notwendiges Material für die ordentlich gemachten Actionszenen erscheinen.
Alles in allem ist Tim Story mit »Ride Along« eine launige Komödie gelungen, die mit zwei gut aufgelegten Hauptdarstellern Punkten und deren Humor dem Zuschauer immer wieder ein Lachen entlocken kann, ohne in die Klamaukecke abzudriften.
»Tracks« ist die Verfilmung des gleichnamigen Romans der australischen Schriftstellerin Robyn Davidson, in welchem sie ihre 1.700 Meilen lange Reise durch die westaustralische Wüste beschreibt.
Von der ersten Sekunde an zieht »Tracks« den Zuschauer in seinen Bann und er schafft dies auf dreierlei Weise: Auffällig wird zunächst die visuelle Qualität des Films. Hier stimmt wirklich alles, seien es die Panoramaaufnahmen der australischen Outbacks, seien es die impressionistisch anmutenden Sequenzen, in denen Realität, Traum und Erinnerung verschmelzen und ineinander übergehen. Bereits die erste Einstellung gibt mit ihrer Wirkung die Stimmung dessen vor, was den Zuschauer in den kommenden 110 Minuten erwartet: Nicht nur eine Reise im Äußeren, sondern auch im Inneren.
Der zweite Punkt ist der der minimalistisch gehaltene Score, der perfekt Hitze und Abgeschiedenheit der Wüste, wie auch die übrigen Stationen der Reise untermalt.
Zusammen lassen diese beiden inszenatorischen Elemente den Film zu einer immer wieder meditativ wirkenden Erfahrung werden und entfalten dabei einen unheimlichen Sog hinein in eine fremde, heiße Welt, die noch lange nachklingt.
Der dritte und wirklich herausragende Punkt von »Tracks« ist jedoch seine Hauptdarstellerin: Mia Wasikowska spielt die selbstbestimmte junge Frau so souverän, dass man sofort eine emotionale Verbindung zu ihr aufbauen kann – und ab diesem Punkt nimmt der Film den Zuschauer gefangen. Auch die übrigen Darsteller wissen zu überzeugen: Adam Driver passt gut in die Rolle des Journalisten Rick, der die Hauptfigur auf ihrer Reise als Fotograf begleitet. Wirkt er zu Beginn des Films noch etwas einfältig und engstirnig, so zeichnet sich im Laufe der Zeit jedoch eine Veränderung, nicht ohne Ambivalenz, wie auch die Verhalten der beiden Figuren zu einander. Nicht zu vergessen sind schließlich auch die zahllosen tierischen Darsteller, die – als elementarer Bestandteile des Plots – einen starken Eindruck machen.
Dramatisch lässt der Film sich Zeit, sodass genug Gelegenheit bleibt, die Hauptfigur kennenzulernen, die immer wieder ihre Willensstärke und Unabhängigkeit demonstriert. Erst nach und nach legt die Handlung an Spannung zu und zugleich wird immer deutlicher, dass der Weg durch die Wüste immer mehr zu einer Suche dem eigenen Selbst und einer Möglichkeit wird, mit der eigenen Vergangenheit umzugehen. Zugleich wächst das naive Interesse der Außenwelt an der Reise der jungen Frei stetig, was in in immer absurder anmutenden Episoden zum Ausdruck kommt.
Meine Wertung: 9/10 (…mit der Option auf Aufwertung – ich halte mich mit einer Höchstwertung nur deshalb zurück, weil ich damit nicht einfach so um mich schmeißen will)
»Words and Pictures« wird von drei Handlungsebenen bestimmt: Die sich entwickelnde Beziehung zwischen den beiden Hauptcharakteren, der sich daraus ergebende »Wettkampf der Künste« und schließlich das Szenario der Privatschule, vor dem sich beides abspielt.
Leider krankt der Filme dabei gleich an zweien seiner drei Ebenen: Zunächst einmal ist der dargestellte »Lebensraum Privatschule« weder sonderlich originell noch aufregend und insgesamt bleibt die Institution mit ihren High-Society-Milchgesichtern blass und der sich entwickelnde Subplot um eine drangsalierte Schülerin wirkt aufgesetzt und wird schnell als reines Mittel zum Zweck deutlich, der Haupthandlung mehr Spannung zuzuführen.
Der zweite und viel schwerer wirkende Kritikpunkt liegt jedoch in der (ich traue mich fast gar nicht, sie überhaupt so zu bezeichnen) »kunsttheoretischen« Prämisse des Films, die von Anfang an zum Scheitern verurteilt ist: Der vor dem Hintergrund der Schule inszenierte Wettstreit zwischen Worten und Bildern ist von der Sekunde seiner Ausformulierung an eher für ein Gähnen gut, gerade weil sich auch der kunstdesinteressierteste Zuschauer denken kann, in welche Richtung die Lösung des Ganzen tendieren wird. Natürlich stellt der Film von Anfang an klar, dass es bei diesem Kampf gar nicht um die Sache selbst geht, sondern um die angeknacksten Egos der beiden Hauptcharaktere und um die für alle Beteiligten letztendlich inspirierende und quasi emotionale Ressourcen mobilisierende Wirkung des Ganzen. Leider reitet der Film dennoch immer wieder auf seiner allem vorausgehenden, äußerst seichten und pseudointellektuellen Behandlung von Kunst herum, die nach viel zu langen 111 Minuten in einem rührseligen Finale kulminiert, in dem besonders das anfangs noch erträgliche Runterzitieren amerikanischer Schriftsteller außer Kontrolle gerät und als weiteres Indiz für die Schwurbeligkeit des geistigen Überbaus von »Words and Pictures« erkennbar wird: Wenn das Drehbuch nicht mehr weiter weiß, werden halt wahllos Zitate der »Großen« ausgegraben.
Die dritte Handlungsebene rettet den Film dann doch noch auf ein fast schon sympathisches Mittelmaß: Zwar stellt sich die Beziehung zwischen Jack und Dina schnell als am Reißbrett entworfen heraus, doch die beiden Hauptcharaktere können dieser Vorhersehbarkeit eines gutes Stück entrinnen. Beide sind angenehm schrullig, widerborstig und ihre menschlichen Schattenseiten treten deutlich hervor – selbst wenn Jack als auf Grund gelaufener Autor, der sich an seinen Job als Englischlehrer an einer Privatschule klammert und angesichts seiner Schreibblockade und der Entfremdung seines Sohnes schleichend in die Alkoholabhängigkeit rutscht, schnell in der Klischeekiste landet. Sein loses, die Umgebung mit ungezählten etymologisches Klugscheißeren über die von ihm so hoch verehrte englische Sprache nervendes Mundwerk wirkt dann wieder wie eine künstliche Drehbuchidee, die zunehmend nervt, ähnlich wie der zu oft zur Schau gestellte kollegiale Wettstreit um das Aufspüren von Worten mit schwindelerregenden Silbenzahlen. Clive Owen gelingt es jedoch immer wieder, dem etwas holzschnitthaften Charakter erheiternde Momente abzutrotzen und der statischen Figur Leben einzuhauchen, auch wenn das Drehbuch ihn zu einem eher unsympathischen Kotzbrocken zu degradieren versucht.
Als wirklich gelungenen Charakter lässt sich dagegen die scharfzüngige Dina, eine ehemalige Künstlerin, deren Leben und Schaffen von einer körperliche Erkrankung aus der Bahn geworfen wurde, beschreiben – nicht zuletzt durch Juliette Binoches Verkörperung wird sie zur deutlich runderen und interessanteren der beiden Hauptfiguren und kann ehrliches Interesse wecken, ohne in Klischees zu verfallen.
Auch das Zusammenspiel der Beiden von der Welt und sich selbst Enttäuschten, die jedoch immer wieder kindliche Aufgewecktheit durchblickt lassen, ist eines der gelungeneren Elemente des Films und schafft es den Großteil der Zeit über, dass man die Kritikpunkte für eine Zeit lang beiseite legen und sich von der herrlichen Chemie der beiden Charaktere hinreißen lassen kann.
An diesem Punkt empfinde ich es als wirklich schade, dass »Words and Pictures« letztendlich nur an der emotionalen Oberfläche seiner beiden Hauptcharaktere kratzt, an ihren Hoffnungen und Abgründen. Es ist genau diese Ebene, die, getragen von den gut gelaunten Darstellern, den Film vor einem Totalausfall rettet – und immer wieder auch darüber hinaus. Leider befasst sich der Film stattdessen lieber zu viel mit seinen überflüssigen pseudointellektuellen Kunstbetrachtungen und dem nicht wirklich aus der Masse dieser Filme herausragenden Alltagsleben der Privatschule. Hätte der Film sich auf seine Charaktere konzentriert und alles andere auf das Nötigste reduziert und gestrafft, wäre das Endergebnis wahrscheinlich deutlich interessanter geworden.
Was mich an »Brick« fasziniert ist dieses stets mitschwingende Gefühl, dass der Film sich selbst nicht vollkommen ernst nimmt, dass alles nur nur ein buntes Theaterstück ist, das da von ein paar High-School-Schülern aufgeführt wird. Besonders deutlich wird diese absurde auf die Wirklichkeit aufgesetzte Konstruktion, wenn sich die Welt der Erwachsenen mit dieser Scheinwelt überschneidet, vor allem in der kurzen Szene mit der Mutter von »The Pin«: Nach einigen brutalen Sequenzen blicken wir nun für einen Moment hinter die Kulisse dieser bunten Comic-Welt – und sehen überdeutlich (na was wohl?) High-School-Schüler vor uns.
Darüber hinaus sind fast alle Charaktere überzeichnet und wirken manchmal fast wie regelrecht zwangsverheiratete High-School- und Film-Noir-Klischees: Der Hauptcharakter ist ein Außenseiter (samt scheinbar in Taschen seiner langweiligen Jacke eingeklebter Hände) mit einem überschlauen Nerd-Freund, hat aber überragende Ermittlungsqualitäten, ist dabei ein regelrechter Frauenschwarm (wobei er sich aber von keinem der zahlreichen Verführungsversuche der femme fatales von seiner Spur abbringen lässt) und tut sich in zahlreichen Over-the-Top-Schlägereien als besonders hartgesotten hervor und läuft bzw. kriecht blutend, hustend und immer wieder mit dem Bewusstsein ringend den halben Film. »The Pin« ist eine groteske Schülerversion eines Kleinkriminellenkönigs, einschließlich Gehbehinderung, Krückstock und schwarzem Anzug - und ist dennoch einfach ein Schüler, der Tolkien liest und sich von seiner Mutter betüddeln lässt. Die Liste ließe sich beliebig fortführen und um weitere ebenso offensichtliche Beispiele erweitern…
Trotzdem (und das ist der Punkt meines Reviews) verkommt »Brick« eben nicht zu einem Witz, zu einer High-School-Klamotte mit Crime- und Mystery-Elemente, sondern er nimmt die von den Charakteren ausgefüllten Rollen innerhalb dieses bewusst in einer ungewöhnlichen Umgebung platzierten Film-Noir-Streifens durchaus ernst, sodass man nie auf die Idee kommt, den Film vollständig auf die angesprochene Meta-Ebene zu verschieben, sondern sich als Zuschauer ständig an der Schnittstelle zwischen beiden Welten.
Die Wirkung von »Brick«, wie ich sie empfunden habe, erinnert mich nicht zuletzt an »Twin Peaks«, auch wenn sich hier nie ein surrealer Schlund unter allem auftut. Es ist ein stetiges, lebendiges Spiel mit dem Zuschauer, der immer wieder – und immer wieder auch mit einem Augenzwinkern – daran erinnert wird, in was für einem künstlichen und dabei künstlerischem Filmgebilde er sich da gerade bewegt.
Ok, überzeugt... (obwohl ich immer noch Angst habe, dass die trashige Story alles lächerlich wirken lässt)
Hmm, die Story klingt zwar - untertrieben ausgedrückt – müllig, aber wenn der Film stilistisch auch nur halb so interessant wieder Trailer ist, könnte das was werden. Die Meinung über Glazers andere Filme scheint hier ja gewaltig auseinander zu klaffen – muss ich mir also schon deshalb mal reinziehen!
Der erste war ja ganz nett und hatte einen gewissen Charm, aber Nummer 2 war nur noch Wegwerfmist, der vorallem aus Logiklöchern (Ich denke immer noch mit Schaudern an den »Access-All-Areas«-Hausmeister...) und zum Scheien einfältigen, strunzdämlichen Pappmaché-Charakteren bestand.
Insofern ganz schön zu hören, das »28 Days Later« nur eine Genrespielerei war, genauso wirkte er nämlich – und das fand ich angenehm und gut so! Es gibt schon mehr als genug ausgelutschte Zombies von der Stange...
Ich wurde, was Adam Sandlers Performance in »Punch Drunk Love« angeht, bereits vorgewarnt, aber dann wirklich zu sehen, was er hier für eine Show abzieht, brach dann doch völlig unvermittelt über mich herein: Der Mann ist in seiner Rolle als neurotischer, zu Gewaltausbrüchen neigender und dabei zugleich verletzlich und kindlich-unschuldig wirkender kleiner Geschäftsmann eine absolute Wucht! Wie ist es überhaupt möglich, dass der selbe Schauspieler sein Talent die letzten Jahrzehnten in irgendwelchen schauderhaften, albernen Hollywood-Komödien verschwendet? Unfassbar!
Vielleicht hat ihm Paul Thomas Anderson seine Rolle schlicht und ergreifend auf den Leib geschrieben, denn von Verzweiflung über Wut, entwaffnende Hilflosigkeit und nicht zuletzt eine groteske Form von Charmantheit (bei Sätzen wie »Your face is so beautiful I just wanna smash it, just smash it with a sledgehammer and squeeze it...you're so pretty.« wusste ich manchmal nicht, ob ich lachen oder mich vor ihm fürchten sollte) wirkt sein Charakter immer authentisch und selbst in den abstrusesten Slapstick-Einlagen und seiner allgemein ungelenk wirkenden Art glaubhaft. Vielleicht ließe sich an dieser Stelle ein garnicht so unpassender Vergleich zu »Napoleon Dynamite« ziehen, allerdings bringt »Punch Drunk Love« einige »awkward«-Momente mehr mit sich, die bei allem Gross-Out-Charme angenehm unangenehm hervorstechen.
Stilistisch ist Paul Thomas Andersons Film perfekt auf Sandlers Charakter abgestimmt: Schon zu Beginn, wenn Barrys Nerven blank liegen, wird auch der Zuschauer mit unruhiger Kamera und zerfitzelter Musik und einem wuseligen Bildschirmgeschehen traktiert, sodass man schnell die Welt durch seine Augen sehen lernt. Die ruhige und offene Ausstrahlung Lenas wirkt dementsprechend wie ein Gegenpol zu dieser zerfaserten Welt.
Die Story entzieht sich dabei bewusst einer moralischen Wertung: Barry, der sich im Verlauf des Films ungewollt in moralisch fragwürdigen oder gar dem Gesetz widersprechenden Machenschaften verstrickt, wird weder als rücksichtslos auf der einen, noch als »Held« auf der anderen Seite dargestellt, der sich sein Recht nimmt – er ist einfach von Situation zu Situation so, wie er ist, und wird von Lena in all seinen teils obskuren und ans Autistische grenzenden Eigenarten auch so angenommen.
[SPOILER-ALERT]
Uff, schon länger war ich beim Sehen eines Film nicht mehr so hin- und hergerissen, was für ein Fazit ich letztendlich ziehen würde.
»(500) Days of Summer« wirkt zunächst wie ein garnicht so untypischer moderner Liebesfilm: Zwei junge Menschen, die noch auf der Suche nach sich selbst sind, begegnen und finden sich im Alltag der Großstadt und der etwas unsichere, angenehm unklischeehaft-männliche Hauptcharakter, dessen Seelenleben wir beiwohnen, taumelt stetig zwischen Glück und Unglück, Erwartung und Enttäuschung, Gewissheit und Ungewissheit hin und her.
Diesem Wege auch in narrativer Hinsicht konsequent, weil achronologisch, folgend, kommt der Film dann auch zur bei Thema Liebe vielleicht einzig möglichen Wahrheit: dass es keine »Wahrheit« gibt, kein Schicksal und keinerlei Sicherheit, niemals. Im Zentrum steht der Einzelne mit dem Bewusstsein um sich selbst und der Möglichkeiten, die sich in der Gestaltung des eigenen Lebens ergeben – auch unabhängig von Beziehungen.
Insofern ist »(500) Days of Summer« eben kein typischer Liebesfilm, indem man zwar in die Haut des Hauptcharakters schlüpft und dessen beflügelnde Höhen und niederschmetternden Tiefen in der Liebe miterlebt, man letztendlich aber feststellt, dass es keine Antworten und Sicherheiten gibt und geben kann, die man an die Beziehung mit seinem Gegenüber knüpfen könnte – und das eigene Leben dennoch immer weiter und eben auch weiter voran geht. Gewissermaßen lässt sich der Film als eine Art optimistischer Gegenentwurf zu »Blue Valentine« verstehen.
All das Auf und Ab wird von Zooey Deschanel und Joseph Gordon-Levitt wirklich hinreißend herübergebracht, ohne klischeehaft oder floskelhaft zu wirken: Beiden kauft man ihre Rollen in jeder Sekunde ab. Die beiden machen ihre Sache letztendlich so verdammt gut, dass mich am Ende des Films einige Kritikpunkte kaum noch störten:
Da wären nämlich zunächst einmal die meisten Nebencharaktere zu erwähnen, die mir dann manchmal doch etwas hölzern und stellenweise überflüssig vorkamen: Zum einen Toms Schwester, der man ihre eigentümliche jugendliche Weisheit nicht abkaufen kann, die künstlich wirkt und darüberhinaus keinen wirklichen Einfluss auf Toms Handlungen hat. Etwas weniger sinnlos aber dafür mindestens ebenso überzeichnet und dann doch etwas klischeehaft kam mir dagegen sein Möchtegern-Steve-Buscemi-Freund McKenzie vor.
Ein weiterer Kritikpunkt, an dem ich länger zu knabbern hatte, ist die seltsam konservativ wirkende Umwelt, in welcher der Film spielt: Man hat das Gefühl, als würde sich das ganze Leben nur in einer bräunlich-gelben eingefärbten Gesellschaft irgendwo zwischen upper und middle class abspielen, die frag- und alternativlos hingenommen wird, in der sich auch alle Träume und Alternativrealität abspielen und in der es fast wirkt, als gäbe es überhaupt keine existenziellen Sorgen und Nöte, weil ja alle eh nur von »Luft und Liebe« leben, wovon der Film ja handelt. Ich will mich hier nicht in Kulturkritik ergießen, aber dieser ästhetische Zug des Films hat bei mir in Verbindung mit der doch so empathisch und herzerwärmenden Inszenierung der Liebesgeschichte schon einen seltsamen Nachgeschmack hinterlassen.
Meine dritte und letzte Kritik gilt der etwas inkonsequente narrative Stil: Besonders zu Beginn des Films erläutert ein kühler, extradiegetischer Erzähler die Vorkommnisse und Charaktere des Films. Dieser Erzähler harmoniert zwar mit den hin und wieder eintretenden, fast schon impressionistisch anmutenden Fantasien von Tom, was zusammen dem Film an diesen Stellen ein leicht märchenhaftes Feeling gibt; auf der anderen Seite aber spielt dieses Feeling später kaum noch eine Rolle und wird strukturell Gedacht nicht als »ironischer Gegenpol« zu der empathischen Geschichte und Botschaft des Films (die ja eben nicht märchenhaft und vorherseh- und erzählbar ist) erkennbar, sondern wirkt eher wie eine nicht zu Ende gedachtes Konzept, das an qualitativ ähnlich wackelige Konstrukte wie bei »Magnolia« oder insbesondere bei »Little Children« erinnert.
Unterm Strich muss ich aber alles Gemecker beiseite schieben und bin ehrlich begeistert von den beiden Hauptdarsteller bzw. von den wunderbar verkörperten Hauptcharaktere, der von ihnen getragenen empathischen Geschichte und von der sich daraus ergebenden, für jeden Liebeskummergeplagten wie Balsam wirkenden Botschaft von »(500) Days of Summer«. Hach, schön, mehr davon!
Wer sich auch nur halbwegs für das Entstehen von Filmen interessiert, dem sei »Lost in La Mancha« wärmestens empfohlen, denn er ist so etwas wie ein Mahnmal dafür, wie fragil eigentlich der Enstehungsprozess eines Films ist und an wievielen Stellen alles zerbröseln kann. Noch deutlicher wird diese Zerbrechlichkeit, wenn man einem ambitionierten Querkopf wie Terry Gilliam über die Schulter blickt, der da nicht irgendeinen Film drehen, sondern Ideen umsetzen will, die ihm seit bald zehn Jahren im Kopf herumspuken.
Umso schmerzhafter ist dann auch jeder der Stolpersteine und Hindernisse, die sich nach und nach, eben als »Fluch des Don Quijotes«, über die Produktion legen: Ein viel zu enger Zeitplan, lärmende Flugübungen über dem Set, chaotisches Wetter mit weggespühltem Equipment und danach nicht mehr nutzbaren Drehorten, störrische Tiere (diesmal kein Hamster im Laufrad) und zu »guter Letzt« ein Hauptdarsteller, der mit plötzlichen Rückenprobleme seine Rolle aufgeben muss, die auch nicht neubesetzt werden kann...
Nach »Lost in La Mancha« wundert es fast ein bisschen, dass es überhaupt so viele (und dazu mitunter auch noch äußerst gelungene und ambitionierte) Filme Jahr für Jahr auf die Leinwand schaffen – aber von den vielen »Karteileichen« und »Totgeburten« dazwischen erfährt man wohl auch nie...
!Achtung, SPOILER!
»Looper« kocht aus bekannten Zutaten ein doch sehr schmackhaftes SciFi-Süppchen: Gibt es am Anfang noch ein paar nette »Back to the Future«-Erinnerungen (teilweise schön konsequent weitergedacht, da bleibts nicht nur bei einer verschwimmenden Hand...) in der nicht ganz untypischen Ästhetik einer dystopischen Welt der nicht allzufernen Zukunft, drängt sich nach und ein sehr deutlicher »Terminator 2«-Geschmack an die Oberfläche. Weitere »das Motiv kenn ich doch woher…«-Assoziationen spare ich mir an dieser Stelle, denn wie dem auch sei: Der Film schafft es unterm Strich ausgezeichnet, eine storytechnisch und ästhetisch eigenständige und sehr kurzweilige Mischung zu köcheln.
Letztendlich bleibt der Film natürlich ein Hollywood-Streifen – einer der besseren Sorte, der zwar keine wirklichen stilistischen oder narrativen Experimente wagt, der aber dennoch eine angenehme Portion Mitdenken einfordert, schöne Details bietet und auch noch mit engagierten Darstellern aufwarten kann. Die Dialoge des ersten Viertels schreien mir manchmal zu laut nach »Exposition! Lasst uns zufällig genau _jetzt_ ganz schnell über unsere Hintergründe und Motive reden!«, aber ich nehme die Tatsache zur Kenntnis, dass eine angemessene Erzählung der Vorgeschichte von »Looper«, wohl eines eigenen zweistündigen Streifens bedurft hätte. Der Rest des Films ist dagegen deutlich ausgeglichener und lässt sich aller Action zum Trotz genug Zeit für ruhige Passagen und Charakterentwicklung (bzw. dem Aufbau neuer), sodass sich ein perfektes Tempo ohne Durststrecken auf der einen oder Gehetze auf der anderen Seite einstellt.
Achja, ein wenig missglückt finde ich übrigens die maskentechnische »Umoperation« Joseph Gordon-Levitt in Bruce Willis jüngeres Ich. Mit diesem künstlichen Zinken sah der Gute eher aus, als wäre er vor dem Film kurz in die Vergangenheit gereist und hätte seine Mutter mit einem Vulkanischen Keanu Reeves verkuppelt... aber sei’s drum, unterm Strich ist und bleibt »Looper« ein gelungenes Zeitreisefilmpottpüree und zeigt, dass sich auch aus bekannten Zutaten noch was feines zaubern lässt, ohne, dass es gleich nach Fastfood oder Hausmannskost schmeckt!