Arakune - Kommentare

Alle Kommentare von Arakune

  • 2 .5

    [...] Was auf dem Papier womöglich hohe Spannung, interessante Charaktere und im besten Falle sogar Sozial- beziehungsweise Gesellschaftskritik verspricht, entpuppt sich bereits binnen kürzester Zeit als oberflächliches Sniper-Geplänkel, das nicht mehr viel zu bieten hat als uninspiriert Tod an Tod aneinanderzureihen. Lieblos gezeichnete Charaktere schlängeln sich durch die banale Ausgangssituation, welche lediglich dazu dient, einen halbwegs logischen Hintergrund zur unspektakulären Scharfschützen-Action zu liefern. Das Verhalten und der soziale Werdegang der unfreiwilligen Leidensgemeinschaft bleibt vorhersehbar und flach, selbst eigentliche Sympathieträger sind aufgrund ihrer schlampigen Charakterisierung über weite Strecken unerträglich. Dies führt dazu, dass aus TOWER BLOCK im Grunde einschläfernder Trash wird, der sich zum Leidwesen des Zuschauers weitaus ernster nimmt, als er sollte. [...]

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    • 4

      [...] Doch so erfrischend diese Geschichte durch ihre Geschlechterumkerung anfangs auch wirken mag, ist ihr Plot abgesehen von eben diesem Motiv leider nur bedingt innovativ. Die Handlung, die er um das unverständliche Wirtschaftsgerüst des Filmes herumwebt, ist bis auf ein paar überraschende Elemente in ihrem Verlauf nur allzu konventionell. Es bleibt ein Rätsel, warum er dieses letztlich schon beinahe uninspirierte Familiendrama noch unnötig mit komplizierten Finanzthematiken belastet, die den Zugang zum Werk erheblich erschweren. In stilvollen Bildern schauen wir den Schönen und Reichen bei der unaufhaltsamen Selbstzerstörung zu. Geld verändert etwas Grundlegendes in uns, erweckt das Tier. Wem das noch nicht klar gewesen ist, dem sei dieses verworrene Stück Wirtschaftschinesisch wärmstens empfohlen.

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      • 4 .5
        über Her

        [...] „Her“ versteht sich als zu simpler Aufruf zu mehr sozialer Verbundenheit und zwischenmenschlichen Abenteuern, die eine formlose Intelligenz – so fortgeschritten sie auch sein mag – wohl nie ganz wird ersetzen können. Ein sinnvolles Anliegen, zweifelsohne, aber eine wirklich neue Erkenntnis ist das nicht. Wären nicht die verträumten Bilder von Tomas Alfredsons Hof-Kameremann Hoyte van Hoytema, könnte man sich den Kinobesuch wohl gleich gänzlich sparen und stattdessen einfach mal wieder beherzt das eigene Handy-Betriebssystem updaten. Der intellektuelle Gehalt beider Handlungen dürfte in etwa identisch sein.

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        • 3

          [...] Obwohl bereits Titel und Cover auf herben Trash-Spaß hoffen lassen, inszeniert Richard Raaphorst eine düstere Tour de Force der Langeweile. Beinahe völlig humorlos und viel zu ernst in Anbetracht seiner geradezu lächerlich dünnen Handlung, dürfen wir den hochgradig unsympathischen Protagonisten gefühlte 50 Minuten beim Marschieren durch ostdeutsche Landstriche zuschauen, bis das erste der titelgebenden "Monster" auf der Bildfläche erscheint und sich auch sogleich wieder plakativ-ekelerregend verabschiedet. Danach geht es zwar ungleich spannender, nichtsdestotrotz aber nach wie vor absolut vorhersehbar weiter. Die Found Footage-Herangehensweise, die ein möglichst dynamisches Mittendrin-Filmerlebnis erzeugen sollte, generiert zum Leidwesen von FRANKENSTEIN'S ARMY erst in den letzten 20 Minuten so etwas wie intensive Spannung und legitimiert ab diesem Zeitpunkt zumindest in kleinem Maße die Verwendung der nervtötenden Handkameras, welche den Überblick über das ohnehin recht belanglose Geschehen stellenweise zum schieren Ding der Unmöglichkeit werden lassen. [...]

          3
          • 5 .5

            [...] Versucht man, Scorseses Botschaft zu deuten, so teilt er uns mit, dass Belforts einziges Verbrechen die Manipulierbarkeit seiner primitiven Mitmenschen sei, welche ihm zu freien Stücken überteuerte und nutzlose Aktien abkauften, weil sie sich Reichtum davon versprachen. Und der 71-jährige Regisseur, der mit Filmen wie „Taxi Driver“ Geschichte schrieb, tut es ihm in gewisser Hinsicht sogar nach: Auch er schwatzt uns gut in Szene gesetzten, kalten Kaffee als sinnvolle Investition auf und verspricht nicht weniger als künstlerischen Reichtum. Abgesehen davon, dass er über weite Strecken thematisch lediglich an der Oberfläche kratzt, ist das einzige Verbrechen seines Filmes, dass er uns schlicht überhaupt nichts Neues zu erzählen hat. Was nützen einem gute Schaupieler, solides Handwerk und eine flotte Dramaturgie, wenn der Zuschauer am Ende ohne jeglichen Mehrwert aus dem Kino geht? Mr. Scorsese würde uns diese Frage wahrscheinlich mit einem cleveren Verkaufsgespräch beantworten.

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            • 3

              [...] Snyder inszeniert Holzhammer-Feminismus, wie er nur von einem sexistischen Mann stammen könnte. Er bricht die aufkommende Kraft seiner Protagonistinnen lediglich auf sexuelle Selbstbestimmung sowie Manipulation herunter und widerspricht mit seinem erzählerischen Konzept gleichzeitig dem Individualismus der Charaktere. Abgesehen von der zumeist stilsicher überhöhten Darstellung seiner Traumwelten gelingt es ihm nicht, über die ansonsten erstaunlich uninspirierte Haupt-Geschichte hinwegzutäuschen. Der gebürtige Amerikaner stolpert zwischen Traum- und Real-Welt hin und her, ohne eine auch nur annähernd sinnvolle Aussage treffen zu können. Tatsächlich drängt sich einem permanent der Gedanke auf, „Sucker Punch“ sei nichts anderes als ein stumpfer Gewalt-Porno im pseudo-feministischen Deckmantel pathetischer Belanglosigkeit. Der Versuch, diesen Fakt mit narrativen Verschachtelungskinkerlitzchen zu vertuschen, darf somit als peinlich-naives Mittel verstanden werden, Tiefe vorzugaukeln, wo keine vorhanden ist. Wo nämlich möglicherweise mehrere Interpretationsansätze nötig sein könnten, um den sinnlos-verkomplizierten Plot zu verstehen, ließe sich der archaische Subtext bereits in wenigen kurzen Sätzen zusammenfassen. Ein Film für Freunde sinnloser Rätsel also. [...]

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              • 5
                über 2 Guns

                [...] Wenn man darüber allerdings hinwegsieht, inszeniert Kormákur ein zugegebenermaßen kurzweiliges Action-Feuerwerk, das mit spielfreudig aufgelegten Akteuren und einem gelungenen Pointen-Timing glänzen kann. Beständig wird die Spannung über die gesamte Laufzeit von 109 Minuten gehalten und ein absurd brutaler Clash of the Executive Forces auf geradezu exzessive Weise gefeiert. Thema seines Humors sind immer wieder die signifikanten Unterschiede und das Gegeneinander-Ausspielen der völlig konträren Lebensphilosophien beider Protagonisten. Bei „2 Guns“ geht es auch um das Aufeinandertreffen von Helden-Generationen, zweier Waffen, die lediglich ihr gleicher Sinn für Gerechtigkeit eint. Von ihren gemeinsamen Feinden (und ehemaligen Vorgesetzten) dazu gezwungen, sich einander anzupassen, überwinden sie spielerisch oberflächliche Differenzen und besinnen sich auf ihre Stärken. Selbstverständlich ist die übrige Figurenzeichnung weit davon entfernt, in irgendeiner Weise vielschichtig zu sein, aber in Anbetracht der ohnehin schon simplen Vorlage kann man über diese Tatsache eigentlich gar nicht wirklich erbost sein. Glattgebügeltes und solide inszeniertes Action-Kino der harmlosen Sorte. Bleibt nicht im Gedächtnis, tut aber auch nicht weh.

                • 5

                  [...] In typischer Hochglanz-Optik entführt er uns in eine grelle Welt voller Oberflächlichkeiten, in welcher Fleisch und Lust die größten Heiligtümer darstellen - in der seine Charaktere alles für die Verbesserung ihres Körpers tun. Seine drei Protagonisten - Daniel (Mark Wahlberg), Paul (Dwayne "The Rock" Johnson) und Adrian (Anthony Mackie) - sind von höchst ambivalenter Natur und repräsentieren alle jeweils auf mehr oder minder unterhaltsame Weise eine Form des ur-amerikanischen Strebens nach persönlichem Glück. Dass der heute 48-Jährige, der noch nie für seine politische Weitsicht bekannt war, dabei jede Figur auf infantile, teilweise jedoch herrlich absurd inszenierte Klischees herunterbricht, um sich anschließend gebieterisch darüber lustig zu machen, ist in Anbetracht seines recht ausgewogenen Rundumschlags sicherlich noch zu verschmerzen. Was allerdings tatsächlich recht sauer aufstoßen lässt, ist seine pseudo-ironisch gemeinte Darstellung der Frau: Während es zumindest eine handvoll dominante männliche Charaktere gibt, reichert der gebürtige Kalifornier den Film auf der anderen (Geschlechter-)Seite ausschließlich entweder mit leicht bekleideten Videoclip-Model-Statisten oder vollkommen von Männern abhängigen Naivchen an, welche kaum in der Lage sind, auch nur einen vernünftigen Satz über die Lippen zu bringen. Wo hört Satire auf und wo beginnen persönliche Ideologien? [...]

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                  • 5

                    [...] So tritt „The Bling Ring“ bereits nach lediglich 40 Minuten nur noch ermüdend auf der Stelle und kann den satirischen Spitzen, welche stellenweise durchaus gelungen sind, ab einem gewissen Punkt nichts mehr hinzufügen. Das Jugend-Ensemble rund um Emma Watson, Katie Chang und Israel Broussard spielt giftig-überzeugend, wenngleich man sich durchaus fragen darf, wie weit sich die Jungschauspieler in Anbetracht ihres eigenen Wohlstands überhaupt in ihre Rollen hineinversetzen mussten. Tatsächlich ist man sich bis zum Schluss nie ganz sicher, ob Coppola die für eine Schwarze Komödie unbedingt notwendige Distanz zu der Thematik innewohnt – stets hat man das Gefühl, das perfide Faszinosum Traumfabrik habe auch sie ganz in ihren Bann gezogen. Als wäre sie selbst Opfer ihrer eigenen Geschichte geworden. In einem anderen Kontext wäre das sicherlich lobenswert, für eine Satire allerdings ist das geradezu tödlich.

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                    • 7
                      über Gloria

                      [...] Sebastián Lelio, bekannt geworden durch sein Langspiel-Debüt „La Sagrada Familia“, zeichnet das persönliche Portrait einer Frau, deren emanzipierter Lebensstil weniger aus persönlicher Überzeugung heraus entsteht, sondern aus vollkommen simpler Präferenz, aus Selbstschutz. So lässt sich dann auch die komische Ambivalenz zwischen ihrem kulturellen Hintergrund und den tatsächlichen Handlungen erklären, die im Publikum für den einen oder anderen Schmunzler sorgen dürfte. Der von Gloria ausgelebte Feminismus widersetzt sich klar (und unbewusst) einer reinen Existenz um seiner Existenz Willen. Vielmehr erforscht Gloria – und mit ihr Lelio – eine ganz und gar pragmatische Unterform dieses großen Themas. Seine Heldin liebt das Leben, entdeckt auch noch in finsteren Stunden hell strahlende Hoffnungsschimmer, die es ihr, trotz aller Widrigkeiten, lebenswert machen. [...] Unsere Gesellschaft braucht mehr Filme wie diesen.

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                      • 7

                        [...] Seine Definition von Liebe immer wieder zwischen körperlicher Leidenschaft und platonischer Seelenverwandtschaft definierend, widersetzt sich der in Montreal geborene Regisseur aufgrund des komplexen Kontextes klar einer herkömmlichen Lost and Reunited-Geschichte und biedert sich durch den beinahe vollständigen Verzicht auf biologische Details (inklusive voyeuristischem Geschlechtsverkehr) nicht der Sensationslust eines Durchschnittsrezipienten an. Die dadurch erzeugte ungezwungene Grundstimmung des Films lässt somit glücklicherweise sogar befreienden Humor zu, der jeder Figur die nötige Lebendigkeit einhaucht, die für ein Zeitportrait dieser Größenordnung unbedingt notwendig ist. Statt sich standardisierten und mittlerweile allzu drögen Emotionsmechanismen hinzugeben, konzentriert er seinen Fokus deutlich auf das kraftvolle soziale Kollidieren seiner Figuren und die damit einhergehenden Konsequenzen. Ihm gelingt es, die Gedanken und Gefühle einer vergangenen Zeit einzufangen und zu komprimieren, befasst sich weniger mit Laurence' Beweggründen als viel eher mit der Gesellschaft um ihn herum. Dass er es schafft, in diese bereits randvolle Geschichte noch Bürgertums- und Ehe-Kritik in Form von Satire einzuweben, ohne dass es überambitioniert erscheinen würde, ist in Anbetracht seines auch jetzt noch jungen Alters eine durch und durch überraschende Leistung. [...]

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                        • 5 .5

                          [...] Seit jeher zeichnet sich das Kino des Wong Kar Wai als formal experimentelles Emotionskino aus, welches die ganz subjektiven Nuancen der Gefühle auslotet und mithilfe universeller Sinnsprüche zu konkretisieren versucht. Im Gegensatz zu seinen unkonventionellen früheren Werken jedoch gibt er sich bei seiner jüngsten Arbeit gänzlich herkömmlichen Dramaturgie-Werkzeugen hin, die auf plumpe Kompetitiv-Sequenzen setzen, an mancher Stelle beinahe sogar an einen beliebig-primitiven Prügelfilm gemahnen, was durch den stoisch-zurückhaltenden Gestus seines Protagonisten nur leidlich kaschiert werden kann. Währenddessen werden etliche Sub-Plots gesponnen, welche knapp den Werdegang anderer Kampfkünstler zur selben Zeit schildern sollen, deren einziger Verdienst allerdings die Stiftung überflüssiger Verwirrung hinsichtlich ihrer kruden Handlung ist. Oft verliert „The Grandmaster“ leider den nötigen Fokus, um die durchaus ereignisreichen Geschichten weiterhin spannend und nahbar zu gestalten, geriert sich aufgrund lediglich vager Andeutungen als erstaunlich emotionslos und unterkühlt, wodurch eine seltsame Diskrepanz zwischen diesem und den früheren Werken des in Hong Kong geborenen Asiaten entsteht. [...]

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                          • 4

                            [...] Trotz seiner ambitionierten Botschaft jedoch fühlt sich „Gambit“ leider über weite Strecken wie eine beliebige Slapstick-Komödie an, die inmitten eines altbackenen Versatzstück-Sammelsuriums so verzweifelt nach dem nächsten Lacher strebt wie ihr Protagonist nach seiner Vergeltung. Oft lässt sich anhand der zeitweise gelungenen Situationskomik zumindest erahnen, dass das Drehbuch aus der Feder der gefeierten Coen-Brüder stammt, wenngleich das humoristische Gesamtbild letztlich doch einen viel zu unpersönlichen Eindruck macht. Statt ausgeklügelter Pointen serviert uns der Regisseur Michael Hoffman antiquierte Kalauer, die in den meisten Momenten an klamaukige C-Komödien gemahnen [...]

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                            • 2

                              [...] Das große Thema der Reihe war und ist seither die vermeintlich komische Konfliktsituation zwischen dem wilden Zelebrieren animalischer Instinkte in Form von ausgelassenem Spaß (die Trips nach Bangkok und Las Vegas) und der anschließenden wehmütigen Rückkehr in die gesellschaftliche Norm und das Bildungsbürgertum. Teil eins und zwei waren dramaturgisch in dieser Hinsicht bereits äußerst verlogen, weil sie in ihrer strikten Schwarz-Weiß-Malerei die Natur des Menschen ungerechterweise verdammten und ihre Protagonisten schlussendlich wieder in das strenge Korsett ihrer Pflichten zwangen und dies zudem als Happy End präsentierten. Phillips' Charaktere stellen also Opfer ihrer eigenen Lust dar, deren „abartige Neigungen“ es schleunigst zu unterbinden gilt, sie zum wenigsten eine Lektion aus ihren allzu verwerflichen Eskapaden lernen müssen, damit die heilige Institution Familie (und mit ihr zusammen Arbeit, Kapitalismus, Wirtschaft) nicht gefährdet wird. Dass die Klischee-Beziehungen und das eintönige Leben, welches die Figuren führen, freiheitsberaubend oder gar schädlich für sie sein könnten, das ist natürlich ausgeschlossen. [...]

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                              • 7

                                [...] Keine Frage: Bei Terrence Malicks jüngster Arbeit handelt es sich erneut um ein Werk, das seiner Radikalität wegen eine höchst subjektive Rezeption evoziert; selbst sein Ende ließe sich verschieden deuten. „To The Wonder“ ist ein bewegender Rausch, dem es gelingt, auch ohne klassische Manipulationsmechanismen intensive, ganz differenzierte Emotionen zu beschwören. Wie eine rührende Erinnerung an den vielleicht schönsten Tag des eigenen Lebens. Trotz aller Widrigkeiten überlebt die ideelle Vorstellung der blühenden roten Rose im eisigsten Winter. Auch Terrence Malick ist nur ein Mensch mit Träumen. Wie wir alle.

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                                • 9

                                  In elegischer Schönheit gleitet Travis in seinem metallischen Sarg durch die urbane Kanalisation voller Abschaum und schmutzigem Gesindel. Es sind Bilder, in denen die Grenze zwischen Traum und Realität immer weiter zu schwinden scheint – dunstige Abgase, grelle Neonlichter, Prostituierte und Zuhälter. Poetisch greifen der Drehbuchautor Paul Schrader und Regie-Veteran Martin Scorsese das Prinzip der Einsamkeit auf: Das, was er will, bekommt er nicht und das, was er bekommt, will er nicht. Einsamkeit war schon immer eine vom Menschen selbst auferlegte Bürde. Der Vietnamveteran ist ein Aussetziger, der im Begriff ist, seine Identität zu verlieren – schlussendlich gipfelt der Film in einem brutalen Vatermord, ganz erfüllt vom berauschenden Klang der Gesellschaft. Neben seiner ausgefeilten, subtil eingesetzten Symbolik vermittelt Scorsese einfühlsam das Gefühl der Verlorenheit. Verloren in der Gesellschaft, in der Großstadt, in der Liebe; der titelgebende Protagonist eine der tragischsten Filmfiguren der Kino-Geschichte.

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                                  • 5

                                    "Oh, he’s a smart one, isn’t he?"

                                    Stereotype Charaktere in einer routiniert vorgetragenen Geschichte, wie es sie schon zuhauf gab. Der Regisseur Rupert Wyatt inszeniert auf opulent getrimmtes Affentheater und lässt der Ur-Geschichte kurzerhand eine simple Coming of Age-Story hinzudichten. Seine „Evolution“ beschränkt sich demnach im spartanischen Aufbegehren seiner hyperintelligenten Primaten aus dem städtischen Zwinger mit anschließender Labor-Vernichtungstour. Hier und da noch mit überdeutlicher Hybris-Kritik ausgestattet, präsentiert sich „The Rise of the Planet of the Apes“ schnell als Tiefe suggerierender Sommer-Blockbuster. Die Zeichen standen in Anbetracht des beeindruckenden Motion Capturing-Verfahrens so gut, dass man zumindest ein optisch herausstechendes Prequel erwarten durfte, doch statt in die Special Effects zu investieren, wären fähigere Drehbuchautoren die wichtigere Anlaufstelle gewesen. So wird aus dem großen Filmklassiker samt seiner weitgreifenden Tier- und Affen-Metapher ein 08/15-Jugendfilm. Auf primitivste Weise soll der Zuschauer emotional manipuliert werden, keine Geste wird ausgelassen. Vermeintlich subtil versteckte „Easter Eggs“ und Referenzen an das Original beschränken sich beinahe ausschließlich auf einen tumben Schlagabtausch zwischen Mensch und Menschenaffe. Grundsätzlich mag die Prämisse, alle gängigen Coming of Age-Versatzstücke zur Humanisierung seiner tierischen Protagonisten zu instrumentalisieren, durchaus einfallsreich gewesen sein, in der Praxis erweist sich der Plot jedoch letztlich als ausgesprochen ideen- und substanzlos. Tatsächlich wird der 2011 veröffentlichte Film weniger wegen seiner inhaltlichen Qualitäten für längere Zeit unvergessen bleiben, sondern hauptsächlich dank seiner Effekte. Diese könnten wohl als einzige im gesamten Werk als annähernd revolutionär bezeichnet werden und dazu beitragen, dass uns bald womöglich eine gänzlich neue Kategorie bei den Oscars präsentiert werden wird: die des Performance Capture-Schauspiels.

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                                    • 8

                                      Ang Lee wirft einen ironischen Blick auf die gravierenden Ost-West-Verschiedenheiten und stachelt zum rasanten Versteckspiel der Scheinidentitäten an. Was anfangs noch witzig und ulkig anmutet, eskaliert spätestens ab dem titelgebenden Hochzeitsbankett, das mit grotesk-übertriebener Ausgelassenheit gleichzeitig anwidert und fasziniert. Aus der screwballesken Komödie wird ein tragisches Drama, eine fesselnde Maskerade der Erwartungen und Hoffnungen, angetrieben durch einen Motor der Manipulation. Lediglich die auf Englisch stattfinden Passagen sind ehrlichen Charakters – ist man nur in der kulturellen Ferne in der Lage, die [persönliche] Wahrheit zu finden? Mit viel Feingefühl setzt der berühmte Autorenfilmer die zärtliche Beziehung des homosexuellen Paares in Szene, präsentiert sie als widerstandsfähige Kämpfer gegen die damaligen Konventionen. Familien- und Gesellschaftsstrukturen werden scharfsinnig analysiert; ein pikantes Beziehungs-Potpourri aus China, Taiwan und dem vermeintlich liberalen Amerika kreiert. Der seinerseits gebürtige Taiwanese behandelt die universellen Themen der Kommunikations-, Kultur- und Gesellschaftsdifferenzen, welche er gnadenlos ad absurdum zu führen scheint, obwohl sie meist der traurigen Realität entsprechen. Wenngleich im Gesamtbild noch etwas inhomogen wirkend, ist „Das Hochzeitsbankett“ ein irrwitziger, satirischer und zugleich todernster Blick auf die moderne Völkerverständigung und die dazugehörigen Toleranzgrenzen, der seine große Wirksamkeit aus der totalen Objektivität zehrt, was besonders dadurch verdeutlicht wird, dass sich die eine Hälfte des Publikums mit dem amerikanischen Pärchen identifiziert, während der andere Teil ausschließlich mit den asiatisch-traditionellen Eltern sympathisiert. So ist das 1993 produzierte Werk gar als gewitzter Aufklärungsfilm funktionierend, der anhand seines großen Erfolges genau die richtigen Töne getroffen zu haben scheint. Laut Ang Lee selbst lediglich die therapierende Sühne für seine eigene in New York abgefrühstückte Hochzeit und letztendlich so viel mehr als das: Die Kunst als belehrende Anleitung für ein harmonischeres Miteinander.

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                                      • 7
                                        über Stoker

                                        Mutwillig werden an ihrem Geburtstag ihre Träume und Wünsche in dunstigem Rauch aufgelöst, den einzufangen unmöglich ist. Mia Wasikowska als nymphengleiche Jugendliche mit leicht autistischen Zügen im sexuell-intriganten Spiel der Macht gefangen, eingesperrt von Mutter (Nicole Kidman) und Onkel (Matthew Goode). Mit dem Animalischen erwacht auch die Sexualität, welche als Sinnbild und Zentrum kosmischer Ordnung fungiert, und häufig mit einem Mutter-Tochter-Konflikt einhergeht. Der Regisseur Park Chan-wook scheint dabei das ganze Netz seiner Symboliken und Figuren um das vielfältig interpretierbare Bild der Spinne zu weben, und scheitert mehr als einmal beinahe an seinen großen Ambitionen, auch wenn er seine Kalender-Philosophie diesmal auf ein homogenes Minimum reduziert. Nach dem anfangs zögerlichen Erwachen der eigenen sexuellen Identität folgt die (feministische) Emanzipation, die in ihrer plötzlichen Erbarmungslosigkeit einem befreienden Kanonenschuss gleicht. Dazwischen tänzelt der Score des talentierten, aber leicht überschätzten Clint Mansell zwischen anstrengender Aufdringlichkeit und audiovisueller Brillanz. Mit seinem Hollywood-Debut inszeniert der Südkoreaner psychologischen Thrill der alten Schule, bei dem ganz klar der Weg das Ziel ist, und verneigt sich währenddessen nicht nur einmal vor dem großen Alfred Hitchcock. Sein verworrenes Beziehungsgeflecht ist dramaturgisch fesselnd und außergewöhnlich vielseitig fotographiert, wenngleich es in seiner großen Fülle an Motiven und Metaphern des Öfteren im Begriff ist, sich selbst das Bein zu stellen.

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                                        • 2

                                          [...] Es ist in höchstem Maße unverständlich, warum der Drehbuchautor H.J. Wyman mit dem Vermitteln moralischer Werte kokettiert, während seine Protagonisten bravouröse Negativ-Beispiele darstellen, welche durch den Einsatz von lakonischem Humor und intimen Momenten gleichzeitig zu Sympathieträgern erhoben werden. Diese Ambivalenz zwischen theoretischem Duktus der Geschichte und den evidenten vermittelten moralischen Werten ist es letztlich, welche „Dead Man Down“ für jeden denkenden Menschen ungenießbar, ja geradezu abscheulich machen. [...]

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                                          • 5 .5

                                            [...] Trotz eines durchaus vielversprechenden Anfangs und des wohl transportierten Gefühls einsamer Andersartigkeit verfällt der Plot kurz nach Betreten des Wunderlandes in dröge High-Fantasy. Lewis Carrolls wahnwitzig verdrehte Nonsense-Dialogie weicht konventionellem Prophezeihungsgeschwafel und aus der erfrischenden Unberechenbarkeit wird plötzlich dröge narrative Stringenz. Lediglich in raren Moment offenbart sich einem die typische burtoneske Verspieltheit, wenn ein lobenswert aufgelegter Johnny Depp von seinem berühmten Futterwacken-Tanz schwärmt oder sich ein abgehalfteter Hase und eine mit einer Nadel bewaffnete Maus gegenseitig wahllos mit Tee-Geschirr bewerfen – viel zu spärlich wird Carrolls kultivierter Wahnsinn in Disneys Popcorn-Großproduktion eingesetzt. Und dabei bietet diese nicht einmal die sonst die narrative Konservativität relativierenden Vorteile technischer Möglichkeiten: Obwohl sich der Plot von „Alice im Wunderland“ theoretisch wunderbar dafür eignen würde, haftet dem surrealen Zauberreich stets das unangenehme Gefühl schlecht emulierter Plastizität an. [...]

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                                            • 6

                                              [...] Eine „The Best Offer“ angemessene Kritik zu verfassen, fällt schon allein deshalb sehr schwer, weil man für eine äquivalente Auseinandersetzung mit dem Werk des einstigen Cannes-Jury-Mitglieds unweigerlich auf die 180°-Wendung eingehen muss, mit welcher der Film daherkommt. Täte man dies allerdings zu tiefgehend, könnte man dem potenziellen Zuschauer womöglich den ganzen Kinobesuch verderben. Dieser „Twist“ ist es nämlich, der das in Europa produzierte Werk vor der Durchschnittlichkeit errettet, welche ihn ungefähr ab der Mitte des Films zu ereilen droht, und partiell auch für einige Längen sorgt. Tatsächlich avanciert die ursprünglich psychologisch recht interessante Charakter-Konstellation ab der Enthüllung der Unbekannten immer mehr zum klassischen Romantik-Kino, was hingegen – und das muss man „The Best Offer“ zugestehen – der inhaltlichen Bedeutung wegen geschieht, an der bloßen Tatsache und besagtem Leerlauf aber nichts ändert. [...]

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                                              • 5 .5

                                                [...] Dies alles wird routiniert und mit einigen gelungenen Symboliken bebildert und darf auch sonst im Vergleich zum üblichen deutschen Kino als oberer Durchschnitt bezeichnet werden. Zeitweise drängt sich einem der Vergleich mit der dänischen Filmemacherin Susanne Bier auf, welche bereits ähnlich angesiedelte Beiträge zu Familienbeziehungen und gemeinsamer Vergangenheitsbewältigung produzierte. Doch obwohl Grosses Prämisse in Bezug auf die Umgestaltung des Original-Plots vollkommen richtig ist, will sich der Gedanke der allgemeingültigen Geschichte nicht gänzlich entfalten. Innerhalb seines eigenen Kosmos mag „Das Wochenende“ mit erstaunlich mehrdimensionalen Charakteren und einer homogenen Geschichte begeistern können, für das Vermitteln von weitgreifender Bedeutung bleibt das Thema aber auch nach der inhaltlichen Umformung der heute 54-Jährigen zu speziell, um sich auch auf genügend filmexterne Individuen anwenden zu lassen oder diese überhaupt emotional mitreißen zu können. Dadurch verschließt sich ihr jüngstes Werk leider gänzlich dem Durchschnitts-Rezipienten, der zwar mit einem halbwegs befriedigenden Gefühl passabler Unterhaltung aus dem Kino gehen wird, im Nachhinein aber letztlich doch um keine fassbare Erfahrung reicher ist.

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                                                • 7

                                                  [...] Das Besondere an Assayas jüngstem Werk ist, dass er seine Charaktere von Zeit zu Zeit auch in kritische Situationen führt, in denen ihr Streben und ihre Träume ebenso hinterfragt werden wie die im Film analysierte Kunst. Auf diese Weise findet das ganze Geschehen auf zwei separaten Ebenen statt, wenn gleichzeitig Darstellungsformen bezeichnet sowie ergründet werden und der kritische Umgang mit ihr geschieht, wodurch das Gerüst aus Handlungen und der differenzierten Rezeption dieser intensiv miteinander verschmelzen. All das beobachtet der Zuschauer aus einer höheren, durch die vergangene Zeit gereiften Perspektive und ist letztlich doch immer mitten im Geschehen.

                                                  „Something in the Air“ ist deshalb auch weniger ein Film, der politische Macht-Apparate oder wirtschaftliche Kausalitäten beleuchtet, sondern viel eher einen romantischen Blick auf (s)eine vergangene Jugend gewährt, die sich ganz ihrer eigenen Unabhängigkeit verschrieb; eine Zeit, in der es leichter fiel, sich politisch festzulegen als sich der unsterblichen Liebe hinzugeben; in der sich die Jugend plötzlich ihrer eigenen Vergänglichkeit bewusst wurde und alles dafür tat, ihren oft utopischen Traum zu leben. Mitreißend vermittelt er das beflügelnde Gefühl der grenzenlosen Freiheit in einer Phase des kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Umbruchs. [...]

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                                                  • 1 .5

                                                    [...] Grundsätzlich ist es ein nachvollziehbarer Schritt, das Große Ganze zunächst im Verborgenen zu belassen, bei einer derart schwammig erzählten und konventionellen Geschichte aber eindeutig die falsche Entscheidung. So geschieht es, dass die am Ende als großer Aufhänger geplante Wendung bereits nach einer halben Stunde entlarvt ist, wonach sich der Zuschauer permanent fragen darf, was dieses zeitverschwendende Rumgeplänkel eigentlich noch soll. Der durchaus löbliche Versuch, auf eintönige Schwarz-Weiß-Malerei zu verzichten, endet in einem deprimierend-nihilstischen Kampf der sinnlosen Pseudo-Kritik, welcher sich deutlich sträubt, zur sonst so kitschigen Hauptgeschichte zu passen. Dazu auserkoren, als einziges Element des Films fähig zu sein, den Karren aus dem Dreck zu ziehen, scheitert die vorhersehbare Liebesgeschichte sofort an ihrer amateurhaften Künstlichkeit; banale Momente werden derart hölzern romantisiert, dass man als Zuschauer vor Fremdscham am liebsten im Boden versinken würde. Lediglich das stereotypische Medium, Großtante Maddy (smeagolesk: Katharina Thalbach) als charmant-übertriebener Sidekick, und zwei bis drei Momente der überraschend gut pointierten Situationskomik vermögen es, dem Publikum die paar Schmunzler abzugewinnen, über welche der Film des Jung-Regisseurs Felix Fuchssteiner sonst nur spärlich verfügt. [...]

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