der cineast - Kommentare

Alle Kommentare von der cineast

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    der cineast 13.02.2023, 16:30 Geändert 13.02.2023, 16:45

    DER SPINNENMÖRDER ist ein Studio-Fernsehspiel, das auf dem Stück THE BAT von Mary Roberts Rinehart von 1908 basiert, das für den hessischen Rundfunk auf Deutsch inszeniert wurde: Das Theaterstück erinnert in Teilen stark an Agatha Christies THE MOUSETRAP, das sich auch bei Rineharts Vorlage bedient haben muss und wird in einer etwas biederen und angestaubten Inszenierung von Gerhard Klingenberg weder richtig lustig noch spannend vorgetragen, es mangelt ihm an klaren Regieentscheidungen und einer eindrücklichen Atmosphäre. Eine katastrophale Fehlbesetzung ist zudem WÜNSCH DIR WAS-Moderator Dietmar Schönherr, der seinen Inspector Anderson nicht nur hinrotzt, sondern auch unzulänglich spielt; zwei starke Gastauftritte von Volker Brandt und Karl Walter Diess sorgen indes für eine milde Form des Gruselns.

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      der cineast 10.02.2023, 23:45 Geändert 11.02.2023, 02:24

      Shymalan komponiert die bedrückende Enge seines Schauplatzes vorbildlich streng und fesselt dadurch, dass er einen neuen Fanatismus divers und mit gefährlicher Freundlichkeit und Empathie auftreten lässt. Ein Fanatismus, der heutzutage auch die Zustimmung eines modernen Lebensentwurfs benötigt, um wirken zu können, um sich in die Gesellschaft zu nisten. So setzt Shymalan auf der einen Seite auf die Verführung von Verschwörungserzählungen und lässt diese auf der anderen Seite auf die Argumente der Vernunft treffen. Dass der - in seiner Grundprämisse und seinen Fragestellungen - spannende Diskursfilm am Ende nicht vollends überzeugen kann, zeigt sich in einem Finale, das nicht den Weg blanken Horrors geht, sondern sich einer Logik der beiden Seiten verschreibt; es fehlt eine überraschende Synthese.

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        der cineast 10.02.2023, 02:01 Geändert 10.02.2023, 02:13

        OPERATION FORTUNE fehlen einfach locker 50 Millionen und so darf man einem Euro-Blockbuster beiwohnen, der über die ersten 90 Minuten einen Bondfilm antäuscht, aber nie die angedeutete Action abliefern kann; ein Tiefpunkt ist sicherlich eine Verfolgungsjagd in der Türkei, in der ein Bösewicht mit einem von Omma geklauten Motorroller vor Jason Statham im Schneckentempo abhaut, der ihm gemütlich über mehrere Minuten hinterherläuft. Derweil bewundert Josh Hartnett, der einen Filmstar in geheimer Mission spielt, den Tech-Milliardär Hugh Grant, auch Guy Ritchie glaubt nicht mehr an Kinostars, Milliardäre sind schon lange die neuen Sterne am Himmel. Die Post-Karriere-Phase von Hugh Grant bleibt weiterhin ulkig - als wirr-amüsantes Maskottchen für Blockbuster aus der zweiten Reihe darf er sich über sich selbst amüsieren, wenngleich ihn diese Epoche seines Schaffens auch daran hindern wird, dass jemand wie Tarantino ihn neu entdeckt. Zum Glück macht Ritchie in der letzten halben Stunde noch etwas Rambazamba und liefert ein Schmalspuren-Bond-Finish ab, das immerhin nie vom Gaspedal geht. Und seltsamerweise unterhält das billige Kuriosum von einem Statham-Actionfilm ohne Action auch davor recht anständig. Alles ist eben nur noch eine Simulation, wir haben uns daran gewöhnt.

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        • Was ich mich frage: Warum sollte die Gästebucheintrag-Funktion abgeschaltet werden, wenn sie sowieso keiner nutzt, warum ist das Dashboard so merkwürdig versteckt worden, warum gibt es keine Möglichkeiten mehr etwas über Personen zu verfassen, fast scheint es so, ich möchte hier natürlich nichts unterstellen, als würde die Community immer weiter in den Hintergrund gedrängt werden, damit kontrovers geführte Diskussionen verschwinden und die Seite insgesamt noch attraktiver für Werbekunden wird, die ein Paradies vorfinden, das sich kein Kontra, keine Infragestellung, keinen Diskurs mehr erlaubt. Ein Umbau in Richtung Abbau.

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            der cineast 09.02.2023, 20:04 Geändert 09.02.2023, 20:08

            Nach etwa einer Stunde beginnt ein neuer Film und das verruchte St. Pauli wird hinter sich gelassen: Unser Hochwürden Curd Jürgens wird auf eine fast verlassene Nordseeinsel mit kleiner Gemeinde verbannt und soll von nun an dort seine frommen Schafe behüten. Diese haben aber keine Lust auf die breit und hoch gewachsene Nordmann-Tanne Jürgens und so freundet sich der moralisch integre Pfarrer mit einem jungen und verlorenen Mädchen an, das nichts mit ihrem Leben anzufangen weiß; es folgen Minuten der Melancholie, der Einsamkeit, der wahren und vielleicht auch verbotenen Liebe, die dem exploitativen Ansatz der Filmreihe fast entgegenstehen und ihn unbedarft und zart unterlaufen: Deutsches Genrekino kannte das Ausschlachten ebenso gut wie die unschuldige Sinnlichkeit, es kannte Gefühle, die sich vor schäumender Gischt und starker Brise behaupten konnten.

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              der cineast 09.02.2023, 19:46 Geändert 26.02.2023, 23:54

              Kapitän Rauhbein - der silberhaarige Wasserbüffel von St. Pauli Curd Jürgens - tötet im Opening Ausversehen seine Frau (!), um sich dann nach dem Freispruch auf den Weg in die Südsee zu machen und seinem Hamburg Lebewohl zu sagen, von Reue natürlich keine Spur. Auf seiner Barkasse tuckert er dann durch einen imaginären Urlaubsort der Süße und der Sonne und schmalzt ohrwurmtaugliche Seemannslieder in seinen Bart. Dabei schmachten ihn blutjunge Krankenschwestern an und eine einheimische Prostituierte macht es ihm auch ohne Kohle. So viel Film war Deutschland mal.

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                Es gibt einen Punkt, da kippt dieser urlaubstaugliche, freizeitparkharmlose und familienfreundliche Film und wirklich alles, was sich in den Jahren der Abwesenheit von James Cameron aufgestaut hat, scheint über einen hereinzubrechen, es muss sich wirklich in den Sitz gekrallt werden; die letzte Stunde ist ein düsteres Action-Set-Piece sondergleichen, das liebende Eltern im Blutrausch zeigt und in der Machtlosigkeit ihre eigenen Kinder nicht beschützen zu können, das Wasser steht einem bis zum Hals, selbst die schwersten Schlachtschiffe werden auf den Kopf gestellt, als würde die Titanic zu einem weiteren Kentern einladen, Wale lassen Menschen in die Tiefe des Ozeans stürzen und hereinbrechende Wassermassen fluten alle Gänge und Luken, alles wird hinfort gespült, es gibt kein Entkommen mehr, alles steht im Schmerz und schierer Anspannung. Es scheint so, als würde Cameron seiner hyperkünstlichen Welt die Physis zurückbringen wollen, aber selbst er scheint machtlos im Angesicht der Kräfte, die sein Film im Stande ist freizulegen, alles folgt dem Weg des Wassers, tatsächlich. Und so sind es am Ende die Kinder, die seine erwachsenen Figuren retten müssen. Camerons jugendliche Neugier hat ihn erhalten, der Zugang zum inneren Kind, selbst das Zeitalter der Digitalität kann ihm nichts anhaben und seine von Finesse getränkte Action darf hier - mindestens im letzten Akt - auf das Eindrücklichste bewundert werden.

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                  der cineast 07.02.2023, 21:02 Geändert 07.02.2023, 21:11

                  THE BANSHEES OF INISHERIN ist ein Film wie vom Irish-Pub-Stammtisch abgenickt; höchstens akzeptabel gespielter und recht kompetent gedrehter Oscar-Bait-Blödsinn, der so tut, als würde er etwas über Menschen und deren Freundschaft erzählen; erwartbar pubertär in dem Versuch funny zu sein über den (blutigen) Kunstgriff des Makaberen, eindimensional inszeniert in den immergleichen (Bild-)Abfolgen von scheiternder Freundschaft und des menschlichen Zusammenseins aus Brutalität und Trotteligkeit, vulgär geschrieben in seinem wichtigtuerischen Gestus von menschlicher Wahrheit und Tragik berichten zu wollen, dabei aber fast ausschließlich auf die Äußerlichkeiten der Figuren zurückgreifend. Was man dem Film aber lassen muss: Süße Esel.

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                    der cineast 03.02.2023, 01:07 Geändert 03.02.2023, 01:08

                    Für Fans von Christopher Nolan, der diesen Film verehrt, bestimmt eine Schau, da FREQUENCY nicht nur ähnliche Themen und Fragestellung enthält, sondern ganze Insignien des nolanschen Werks aufweist, als wäre der Film seine emotionale, ästhetische und inszenatorische DNA gewesen: Die Geschichte ist eine Art INTERSTELLAR, der Vater-Sohn-Konflikt hat zudem jene seltsame Unterkühltheit, die Nolan seitjeher fast jeder Figur in seinen Filmen zuweist. Es gibt sogar das Feuerwehrauto aus TENET, Action auf verschiedenen Zeitebenen wie in INCEPTION und übertriebene Zeitlupen, die fallende Gläser und sich drehende Gegenstände in aller Breite zu fassen versuchen, in einem eigenwillig rhythmisierten Schnitt. Das ist manchmal sensationell inszeniert, wie eine Rettungsszene aus einer explodierenden Fabrik, manchmal merkwürdig lahm und unspektakulär in Szene gesetzt (das Finale) und manchmal wiederum auch unglaublich bräsig und altbacken geschrieben (das Finale!!); aber sicherlich auch stets einen Blick wert.

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                      der cineast 03.02.2023, 00:47 Geändert 03.02.2023, 15:07

                      Als hätte Til Schweiger AVATAR gedreht und es wäre der zwote Teil entstanden.

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                        über Babylon

                        Alles beginnt mit einem scheißenden Elefanten: Die darauffolgende erste Stunde ist dann das schnellste, aufwendigste und formal virtuoseste Hollywood der Gegenwart. Es hätte auch nicht gesprochen werden müssen. Es braucht nur die Musik. Und die Bewegung. Zum Niederknien. Man kann sich nicht satt sehen. Das Kino war dementsprechend leer. Der Film ist zu voll für einen prallgefüllten Popcorneimer. Dann kommt der zweite Akt und der Tonfilm beginnt. Es wird mehr gesprochen, alles zerfällt langsam. Und der Film verbraucht sich; seine Stars und seine Stunden. Und man hofft er geht nicht nur 3 Stunden. Man hofft er geht 4 Stunden. Man hofft er geht 5 Stunden. Und doch glaubt man bei der langen Laufzeit am Ende, dass man keine der Figuren wirklich kennengelernt hat, weil sie sich selbst nicht kennenlernen konnten. Der Film ist zudem der Grund, warum in Tarantinos OUATIH nur abgehangen wurde. Weil sich Chazelles Hollywood vorher zertanzt hat. Dann kommt der dritte Akt. Und wir gehen mit Tobey Maguire in die Hölle Hollywoods. In das Arschloch von L.A. Und auf einmal gibt es sogar schattenhaften, diffusen und undurchsichtigen Horror-Pulp. Chazelle lässt nichts aus. Weil er es kann. Die unfertigen, grobmotorischen, staksigen Tanzeinlagen von Margot Robbie sind rührend, ein wirbelndes Lockenmeer, Brad Pitts tiefschwarze Augen im Angesicht drohender Mittelmäßigkeit muss man gesehen haben und dann endet der Film auch noch in einer größenwahnsinnigen und völlig übergeschnappten und deshalb natürlich auch wirklich endlos geilen Mega-Montage, dass es einen aus dem Sitz reißt. Wahrscheinlich ist das prätentiös, bestimmt auch selbstverliebt, aber bei Gott, warum sollte man nicht selbstverliebt sein, wenn man die Leinwand so sehr beherrschen kann und alles auf ihr so sehr liebt? Wenn Hollywood also wirklich am Ende ist, dann ist es ein wunderschönes Ende. Wahrscheinlich schon jetzt der Film des Jahres. Hatte Tränen in den Augen. Ich küsse Dich, 2023.

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                          Wer das Finale von KILLER PARTY nicht kennt, der kennt den Slasherfilm nicht. Das Opening ist inspiriert und einladend, der Film in der Mitte dann plätschert aber wie dümpeligster Teenfilm-Unfug vor sich hin, mit dem ein oder anderen absurd-blödeligen Humoreinfall, Morde gibt es keine zu sehen und alles fragt sich, was es denn hier nun zu entdecken gilt? Direkt aus dem hinterletzten Puff verlorengegangener Gedankenströme oder eben aus dem freist-möglichen Genre-Zugang, den Mensch nur haben kann, kommt dann ein denkwürdig-behämmertes und brüllendkomisches Gaga-Finish um die Ecke, dass so unerwartet wie unbefangen tolldreist zu explodieren beginnt. Eine Lachsause.

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                            der cineast 10.01.2023, 22:10 Geändert 10.01.2023, 22:11

                            Spätestens im letzten Teil von Peter Jacksons übergeschnappter Hobbit-Trilogie, die Epochales aus einem Kinderbuch quetschen und pressen wollte, wird klar, dass die Geschichte mit dem gewonnen Kampf gegen Smaug am Anfang des Films eigentlich ihr Ende gefunden hat und hier erneut über Gebühr auf die Streckbank gelegt wurde; die martialischen zwei Stunden dieses Kriegsfilms - vor seelenlosen und grauen CGI-Hintergründen - haben etwas von einem abgeschmackten PC-Game und es scheint so, als hätte selbst Jackson das Set schon längst verlassen. Nichts ist mehr lebendig und märchenhaft, sondern nur noch austauschbar: Bierernster Fantasy-Budenzauber mit Kloppstock und Eisenrute. So wirkt das Ende - meist eine Spezialität von Jackson - weder herzig noch erleichternd. Der Abschied von den Zwergen ist befremdlich, als hätten sie und Bilbo gar nichts mehr in diesem Film zu suchen gehabt, sie wirken wie unbeholfene Statisten, die wir nie so richtig kennenlernen durften und auch das Goodbye an Gandalf den Grauen am Schluss, hat etwas Unversöhnliches und Nichtssagendes - es wurde kein Abenteuer bestanden, sondern vor allem viel Geld gemacht. Geld, das im doppelten Sinne in des Beutels End gelandet ist.

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                              Das Gemütliche, Urige und Zauberhafte des ersten Teils ist völlig verlorengegangen; der krass digitale und künstliche zweite Teil überfrachtet sich mit Spinnenmonstern, wildgewordenen Bären, nekromantischen Zaubererduellen, düsteren Dunkelelben, einer Seestadt samt Bürgermeister und politischen Querelen und dem Auftauchen alter Gefährten und neuer recht langweiliger Zeitgenossen. Der Weg des einfachen Märchens wurde verlassen und eine Aufgeblasenheit bricht sich Bahn, die gerade in der Mitte des Films an öden Fantasykäse erinnert und keineswegs mehr an Mittelerde. Dem entgegen steht ein zwar synthetisches, aber ziemlich schwungvolles und fesselndes Finale, das versucht sich nochmal auf einen zentralen Punkt zu konzentrieren und im Sinne von Tolkien zu argumentieren: Smaug. Eine Gestalt, die schon einen gewissen Eindruck schindet und für einen immerhin recht achtbaren Cliffhanger sorgt.

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                                Hat man erstmal die herbe Enttäuschung verwunden, dass die Hobbit-Filme nicht im Entferntesten an die ungeschlagene Ur-Trilogie heranreichen, dann kann der Film beim zweiten Versuch doch um einiges mehr verzücken, was wahrscheinlich auch an der anderen Bildrate und der Abwesenheit von 3D liegt, eine hyperkünstliche Bilderschlacht - wie im Kino - ist AN UNEXPECTED JOURNEY auf dem heimischen Bildschirm überraschenderweise nämlich nicht. Wenngleich der Film in seiner zweiten Hälfte schon sehr an ein rasantes Videospiel oder eben an eine ratternde Freizeitparkattraktion der LOTR-Filme erinnert. Aber zum Glück weiß Peter Jackson noch, wie er ein großes Action-Set-Piece - wie das Bergwerk der Goblins und die darauffolgende Schlacht in den Wipfeln der Bäume - zu handeln und zu inszenieren hat. Mit der furiosen Musik von Howard Shore im Rücken, über die viele heutige Fantasy-Produktionen nicht verfügen können, kommt so ein Finale auch gleich nochmal doppelt wuchtig. Und so rettet Shore Peter Jacksons Light-Variante der eher digitalen Gravität, des zurecht heißgeliebten Neuseeland-Klassikers, mit musikalischer Anmut. Unerwartet schön.

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                                  der cineast 09.01.2023, 02:14 Geändert 09.01.2023, 02:33

                                  Kaum zu glauben: Da kullern selbst bei Donald Trump die Tränchen. Wer keinen netten Brief bekommt von seinem knochigen Polizeichief, der erst kurz vor dem Selbstmord zu seiner wahren Berufung - dem Briefe schreiben - findet und großen Briefwechseln gestandener Literaten den Kampf ansagt, in seiner zarten und doch rustikalen Poesie, ganz aus dem Bauch heraus, der wird eben zu einem Rassisten und Säufer. Und wenn der Brief dann doch nicht hilft, dann gibt es obendrauf eben noch gehörig eins aufs Maul. Und eine verbrannte Fresse. Bis es auch wirklich in den Schädel gebrannt und geprügelt ist. Dazu vielleicht noch ein bisschen ABBA, weil so edgy und witzig und überraschend, den Charakter auf intelligente Weise konterkarierend und fertig ist eine vielschichtige Studie über das Leiden der Ausgestoßenen vom Land. Der Film ist so klug, dass er einfach keinen Versuch auslässt. Denn dann können wir uns auch alle wieder in den Arm nehmen. Auch ein Rassist hat Gefühle. Ein menschlicher Film über menschliche Menschen, die verhindert sind, oder so ähnlich. Oder ganz simpel: Unsagbar dummes, vertrotteltes Redneckcinema aus wirklich tiefstem Herzen. So what?!

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                                    der cineast 05.01.2023, 04:56 Geändert 05.01.2023, 13:20

                                    Ich finde, dass die SCREAM-Filme (von Wes Craven) auf ihre Weise eine Art von Actionfilm sind, in dem Sinne, in dem auch das Musical als eine Form von Actionfilm gelesen werden kann. Es sind Filme, die auf eine besondere Weise einem strengen Takt folgen, einem geräuschlosen Beat, einer unsichtbaren Rhythmik; nicht nur die Tötungsszenen sind durchchoreographierte Szenenabschnitte, auch die Gespräche, die theaterhaften Auf- und Abgänge der Figuren und die Bewegungen von einem Szenenbild ins nächste, folgen einer musikalischen Logik, einer Logik, die sowohl der Actionfilm als auch das Musical kennt und deren Musikalität Wes Craven in SCREAM 2 ganz offen und direkt aufzeigt und verdeutlicht: In einer Szene - auf einer Theaterbühne - lässt Craven Sidney einen Tanz vollführen, sie wird sogar ballethaft in die Höhe gestemmt, der sich dann in einen performativen und tödlichen Überlebenskampf verfremdet, in einer anderen Szene stimmt ihr Freund ein Lied an und hechtet über die Tische einer Mensa - eine weitere Szene wie aus einem Musical. Und zudem darf im zweiten Film der Reihe auch der artverwandte Actionfilm für einen Augenblick in den Vordergrund treten, wenn ein Polizeiauto - vom Killer gefahren - über die Straßen heizt und in eine Baustelle crasht; Craven treibt die genreimmanente Bewegungslust seines Films sogar so weit, dass er seinen Film auf einer Theaterbühne enden lässt, eine Bühne auf der nicht nur eine mörderische Choreographie und die finale Figurenanordnung stattfindet, sondern die auch noch selbst zur Tanznotation wird und über den Bühnennebel, herunterkrachende Scheinwerfer und stürzende Kulissenteile anfängt zu schnauben und zu toben. Und natürlich kann eine Fortsetzung von SCREAM nur in der grotesken Übersteigerung des ersten Films enden; in überzeichneter, meisterhafter Theatralik. Dem Killer ist es nur möglich Sidney auf dem Grund eines Theaters zu stellen, denn in der Logik eines Films wurde er ja schon im ersten Teil bezwungen, er braucht den Wechsel des Mediums. Deswegen lassen wir uns zu Beginn des Films in den Kinosessel fallen und treten am Ende aus einem Theatersaal - in das gleißende Licht eines Meisterwerks.

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                                      der cineast 01.01.2023, 06:18 Geändert 10.01.2023, 01:37

                                      Regisseur Scott ist mal wieder der Mann, wenn es darum geht ein wirklich kleines Budget von 3 Millionen Dollar knackig und effektiv aufzubereiten und vor allem ziemlich fett in Szene zu setzen; was erst als Adrenalinschau für nasse Hände beginnt, wandelt sich dann in einen akzeptablen Survivalthriller. Das ist alles ein bisschen zu lang, mit Charakterentwicklung hochdosiert und kann schlussendlich keinen wirklichen Höhepunkt mehr setzen, aber trotzdem steht der Mast doch recht stramm und zeigt stattlich gen Genre-Himmel.

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                                        der cineast 28.12.2022, 23:30 Geändert 31.12.2022, 03:22

                                        Richard Gere als eiskalter Engel - zwischen ausgespieltem Starimage und gruseligstem Maniac-Grinsen - ist ein Performance für alle Awards dieser Erde, so monströs, dass er sich noch zu seinen Opfern ins Bett kuschelt, bevor er sie tötet. Er besitzt eine dermaßen unterschwellige Boshaftigkeit, eine unzerstörbare Monstranz, die sich erst im Abgrund seines Gegenübers vollständig offenbart und entlädt und Wunden öffnet, die vorher gar nicht dagewesen zu sein scheinen. Gere bringt es soweit, dass man irgendwann sogar Schiss vor Andy Garcia kriegt, der anfangs noch als tapsiger Sympathieträger und Identifikationsangebot durch die Stadt stromert, aber dann irgendwann absolut Rot sieht und sogar seine wunderschöne Freundin verprügelt. Ein Film, der wirklich 2 Stunden im nahezu unaushaltbaren Druck der Gefahr steht, ein Druck, der sich nie so wirklich entladen darf. Untermalt von einer Musik, die alles stets unter einer fiebrigen Glocke der Angst hält. Das sollte ein Cop-Classic sein. Ein schauderhafter, furioser, immer beunruhigender Thriller.

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                                          der cineast 28.12.2022, 00:52 Geändert 28.12.2022, 00:53

                                          Absolut anstrengende Serienkillerplotte mit Traumesoterik, nervig und hysterisch, für die Robert Downey sicherlich die goldene Himbeere verdient gehabt hätte, dass Neil Jordans Visualität durchaus etwas Kraftvolles hat, (der Brückenstürz mit dem Auto, die Massenkarambolage), hätte den Film eher als Actionthriller empfohlen.

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                                              • Abgebrochen nach: 40 Minuten.

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                                                  der cineast 09.12.2022, 02:18 Geändert 16.12.2022, 00:21

                                                  Auf einmal brechen die Tränen aus den Augen des Professors, so wie ein hohler Ast von einem Baum bricht, der nicht mehr lebt; die Tränen treffen auf seine Handflächen, wie die ersten Tropfen des Regens nach einer langen Dürrezeit, die auf einen fast ausgetrockneten Flusslauf in sternenklarer Nacht tröpfeln, der zu lange am verdursten gewesen ist.

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                                                    der cineast 29.11.2022, 23:35 Geändert 29.11.2022, 23:41

                                                    Die Rückkehr zur Ernsthaftigkeit über den Umweg der Groteske; der Film will keineswegs verstören oder belustigen, er will ein theatralisches Plädoyer für eine Formel von authentischer Aufrichtigkeit im Kunstbetrieb und kunstbegeisterter Hingabe sein. Ohne Rücksicht auf Verluste. Bis in den Tod. Mark Mylod inszeniert den gerade von Ralph Fiennes bravourös gespielten Film indes direkt vom Blatt, in einer Tonart, in der immergleichen inszenatorischen Abfolge; das mag konzeptionell durchaus Sinn ergeben, betont es doch die Ausweglosigkeit und die Negation von allem an diesem Abend, erfreut aber den cinephilen Gaumen, ich bitte um Verzeihung, zu selten, der Geschmack ist da, aber die ästhetische Schärfe, die filmische Würze fehlt. Ein seichter Happen.

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