EddieLomax - Kommentare

Alle Kommentare von EddieLomax

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    über Baarìa

    Großartiges Familien-Epos von Giuseppe Tornatore mit elegischem Soundtrack von Ennio Morricone.

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      Semi-Dokumentarische Episoden aus Neapels Vorstadt, bei denen einem Angst und Bange werden kann. Der Mafia-Film ist in der Realität angekommen. Nach einem Bestseller von Roberto Saviano.

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        Völlig unvorhersehbares und spannendes Suspense-Drama, eindrucksvoll gespielt und hypnotisch inszeniert. Italienisches Kino vom feinsten.

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          über Vincere

          Mailand 1914: Ida Dalser lernt den jungen aufstrebenden Politiker Benito Mussolini kennen und verliebt sich unsterblich in ihn. Um ihm seine Tageszeitung zu finanzieren, verkauft sie ihre gesamte Habe. Er heiratet sie und zeugt ein Kind mit ihr. Als der erste Weltkrieg ausbricht geht Mussolini an die Front. Sie zieht den Jungen allein groß. Nachdem sie lange Zeit nichts von ihrem Mann hört, erfährt sie von seiner Verwundung und besucht ihn im Lazarett. Hier trifft sie auf eine andere Frau an seinem Krankenbett, welche sich als seine Ehefrau ausgibt. Ida versucht Mussolini zur Rede zu stellen. Er verleugnet sie. Viele Jahre kämpft sie um Anerkennung, während Mussolini zum Duce aufsteigt. Übermächtig sorgt er dafür, dass Ida und ihr Sohn Benito Albino getrennt werden, sie in eine Nervenheilanstalt und er in ein Kinderheim eingewiesen wird. Erst Ende der Zwanziger Jahre gelingt es Benito Albino mit seiner Mutter Kontakt aufzunehmen. Der Duce sorgt dafür, das seine Vergangenheit und jeder der damit zu tun hat, im verborgenen bleiben muss.

          Erst im Jahre 2005 wurde bekannt, das Italien's Führer ein wohl gehütetes Geheimis hatte. Die herzzerreißende Geschichte der Ida Dalser liefert die Grundlage für diesen in jeder Hinsicht außergewöhnlichen Film. Marco Bellocchio lässt den Film auf verschiedenen Zeitebenen starten und schneidet immer wieder Wochenschau-Aufnahmen dazwischen, welche die historischen Ereignisse dokumentieren, ohne dem Werk dabei jedoch den Charakter eines Doku-Dramas zu geben. Zu elegant und kunstvoll, zu versiert und schwungvoll fügen sich die Aufnahmen in die Geschichte. Opernhaft orchestriert und mitreißend komponiert bekommt der Zuschauer durch das Zusammenwirken von Bild und Soundtrack eine wuchtige Lehrstunde in Kinematographie, die ein Ausrufezeichen für das zeitgenössische italienische Kino setzt. Mit einfachsten Mitteln erreicht der Regisseur maximale Ergebnisse. Unterstützt wird er dabei von einem, bis in die kleinste Nebenrolle hervorragend besetzten Schauspieler-Ensemble.

          In der Hauptrolle der Ida Dalser ist eine fulminant aufspielende Giovanna Mezzogiorno (Die Liebe in den Zeiten der Cholera, Mike Newell 2007) zu sehen, der das seltene Kunststück gelingt einerseits die dem charismatischen Politiker völlig verfallene Liebende, wie auch die später gepeinigte und verleumdete Patientin einer Irren-Anstalt zu porträtieren, ohne dabei je ihre Anmut und Würde zu verlieren. Als Benito Mussolini und auch später als dessen Sohn Benito Albino, sehen wir Filippo Timi (Engel des Bösen, Michele Placido 2010), der den Duce nicht als Monster sondern als getriebenen Mann darstellt, dem jedes Mittel recht ist um seine Ziele zu erreichen. Altmeister Marco Bellocchio beweist eindrucksvoll, das mit dem italienischen Kino zu rechnen ist.

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            Charlie 'Bubber' Reeves (Robert Redford) ist ein wilder Junge. Der Stadtrebell wenn man so will. Sein Aufbegehren hat ihm nicht den besten Ruf ein, ihn früh mit dem Gesetz in Konflikt gebracht. Jetzt sitzt er seit zwei Jahren im Gefängnis. Als er gemeinsam mit einem Schwerkriminellen flieht, sieht es zunächst nach reibungslosem Ablauf aus. Bis sie an einen Bürger geraten, der einem vermeintlich Verunglückten helfen will und seine Selbstlosigkeit mit dem Leben bezahlen muss. Bubber ist fassungslos, sein Kompagnon lässt ihn zurück. Zu Fuß streift Bubber nun durch die Wildnis, immer auf der Suche nach Nahrung. Er will sich zunächst nach Mexiko absetzen, kommt aber seiner Heimatstadt Tarl immer näher. Er muss im Verborgenen bleiben. Eine großangelegte Suche nach ihm läuft bereits. Das Fernsehen zeigt sein Konterfei, als Mörder gebrandmarkt zeigt die Öffentlichkeit kein Erbarmen, verurteilt hat sie ihn bereits.

            Derweil geht in Tarl die Nachricht von Bubbers Flucht um und bringt das kleinstädtische Gefüge gehörig aus dem Gleichgewicht. Denn manch einer fürchtet Bubber's Rückkehr. Wie der kleine Bankangestellte Edwin Stewart (Robert Duvall), der zusehends von seiner Angst übermannt wird und kaum noch in der Lage ist, seine untreue Ehefrau Emily (Janice Rule) zu bändigen, die sich schon lange keine Mühe mehr gibt die Affäre mit Edwin's Kollegen Damon Fuller (Richard Bradford) zu verheimlichen. Es ist der Tag an dem Bank-Direktor Val Rogers (E. G. Marshall), der uneingeschränkte Herrscher über Tarl, Geburtstag feiert und am Abend einen großen Empfang gibt. Auch er ist indirekt von Bubber's Flucht betroffen. Sein Sohn Jason (James Fox) pflegt eine leidenschaftliche Liebesbeziehung zu Bubber's Ehefrau Anna Reeves (Jane Fonda).

            Der Einzige der dem Eintreffen des Flüchtigen zunächst ziemlich gelassen entgegen sieht, ist Sheriff Calder (Marlon Brando), ein Mann der sich, obgleich im Amt von Rogers' Gnaden, seine Integrität bewahren konnte, der seinen Job macht nach bestem Wissen und Gewissen und sich ausschließlich seiner Frau Ruby (Angie Dickinson) verpflichtet fühlt. Das er in Rogers' Schuld steht, ist für ihn kein Dilemma. Denn wenn man es genau nimmt, steht jeder in Tarl irgendwie in Roger's Schuld. An jenem Abend jedoch werden Ereignisse in Gang gesetzt, die Calder's Bild dieser Stadt und seiner Bürger nachhaltig verändern. Ereignisse welche sich während einer Nacht gleich einer Kettenreaktion entwickeln und an deren Ende nur noch Chaos, Tod und Zerstörung stehen.

            Ein Jahr bevor Jane Fonda und Robert Redford für Gene Saks BARFUSS IM PARK spazieren gingen, durften sie unter der Regie von Arthur Penn als ein weitaus weniger glückliches Ehepaar gesellschaftlichen Schranken trotzen. Beide unterliegen dem strengen Gefüge der vorgegebenen Verhaltensweisen, beide setzen für ein selbstbestimmtes Leben ihren Ruf auf's Spiel, beide kämpfen gegen Grenzen, die ihnen durch ihr Umfeld immer wieder aufgezeigt werden. Ihr durch die Beziehung zum Sohn des reichsten Mannes der Stadt, ihm als Rebell, der sich nie um irgendwelche Vorgaben geschert hat, dessen Weg praktisch vorgezeichnet war. Das gleiche gilt für Marlon Brando und Angie Dickinson. Auch Sheriff Calder ist ein moderner Grenzgänger, einer der seinen moralischen Werten folgt und nicht denen derer, die ihn installiert haben. Er ist ein Pragmatiker, dem seine persönlichen Ziele wichtiger sind als politische Interessen, einer der sich nur auf seine Frau verlassen kann und sie sich auf ihn. Er ist ein New Frontier, ein Grenzgänger, einer der bereit ist weiter zu gehen als jeder andere vor ihm.

            Auf der anderen Seite gibt es die ganz normalen Bürger der Stadt, in deren Normalität sich manche Abgründe finden lassen. Seien es Untreue, Lüge oder Gier, hier hat niemand eine weiße Weste. Die gegenseitige Verachtung ist in dieser Kleinstadt ebenso präsent, wie der alltägliche Rassismus, der Sexismus und die unbedingte Gewaltbereitschaft gegen alles und jeden, die sogar zur Lynchjustiz führt. Hier ist der nette ältere Herr von nebenan nicht nur der gierige Gläubiger vieler Anwohner, sondern gleichzeitig der schlimmste Aufwiegler und Denunziant. Die ach so braven Bankangestellten sind entweder Feiglinge oder trunkene Rassisten, die beliebig Jagd auf jeden machen, der ihnen in dieser Nacht, ob schwarz oder weiß, über den Weg läuft. In ihrem prahlerischen Selbstverständnis sind sie zu jeder Zeit bereit über Leichen zu gehen. Dann ist da noch die Sippe Val Rogers', der sich volksnah gibt, wohlwissend jeden in der Hand zu haben und bereit diese Karte auch aus zu spielen wenn es nötig erscheint. Nur seinen Sohn kann er nicht halten, den einzigen Menschen den er liebt und braucht. Der Sohn, der sein Leben als Chose spielt um den familiären Schein zu wahren und innerlich in Wahrheit völlig zerrissen ist.

            Ja, es passiert unheimlich viel in diesem Film. Es gibt unzählige Charaktere und ihre Geschichten. Dabei fällt es nicht leicht den Überblick zu bewahren, der konservative Inszenierungs-Stil hilft einem aber dabei. Das erstklassige Schauspieler-Ensemble vereint das alte wie das neue Hollywood und bietet so ein perfektes Abbild der amerikanischen Gesellschaft, die 1966 kurz vor einem Umbruch stand, der sich hier als Tragödie abzeichnet. Der deutsche Titel wird dem Film natürlich nicht gerecht, suggeriert er doch einen eher spannungsorientierten Neo-Western, was THE CHASE zwar irgendwie auch ist, jedoch nicht vordergründig. Vielmehr steht der Kleinstadt-Kosmos als Parabel auf Amerika im Fokus, das zwischen dem europäischen Faschismus und der McCarthy-Ära größte Schwierigkeiten hatte, seinen Kurs zu finden. Eine ähnliche Thematik findet man im verwandten THE OX-BOW INCIDENT von William A. Wellman aus dem Jahr 1943, der die Geschichte tatsächlich als Western erzählt. Leider waren zur Entstehungszeit nicht alle Beteiligten zufrieden mit THE CHASE, musste Arthur Penn den Endschnitt an Sam Spiegel abgeben, der viele Szenen am Schneidetisch entfernte. Dann spielte der Film nicht sonderlich viel Geld ein, was an der falschen Vermarktung gelegen haben mag. Wenn man sich den Film heute in Ruhe zu Gemüte führt, sieht man ein hochklassiges, intelligentes und mutiges Gesellschaftsdrama mit Star-Besetzung, das keine Kompromisse macht, von einem Regisseur der auch ein New Frontier ist, der danach die Filmgeschichte nachhaltig verändern sollte indem er mit BONNIE AND CLYDE den Startschuss zum New Hollywood setzte. Vielleicht ist auch THE CHASE schon ein Meisterwerk, aber ein heimliches.

            Packendes Gesellschaftsdrama über Misstrauen, Intoleranz und Rassenhass am Beispiel einer texanischen Kleinstadt. Sensationell gespielt.

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              Fahrradkurier und Tai-Chi-Kämpfer Tiger Chen gerät in die Fänge des mörderischen Veranstalters Donake Mark und nimmt aus finanziellen Gründen jegliche Herausforderung an, bis sich sein Gewissen meldet. Keanu Reeves Regiedebüt ist ein gänzlich um die furiosen Fights herumgebautes Kampfkunstspektakel mit allzu banaler Handlung.

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                Pferdehändler Kohlhaas fordert nach einem Betrug sein Recht mit allen Mitteln. Heinrich von Kleist's klassische Parabel als Cevennen-Western, spröde und sperrig, doch nicht ohne Reiz.

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                  EddieLomax 24.05.2023, 22:06 Geändert 24.05.2023, 22:20

                  Wie Vinterberg hier scheinheilige gemeinschaftliche Werte und die verlogene bürgerliche Moral zersäbelt, ist schon ganz großes Kino und in Zeiten von Cancel Culture und Co. wahrscheinlich noch aktueller als zu seiner Entstehungszeit.

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                    EddieLomax 24.05.2023, 18:45 Geändert 25.05.2023, 09:25

                    ALICE DOESN'T LIVE HERE ANYMORE von Martin Scorsese bildete eine jahrzehntelange Lücke für mich und jetzt endlich konnte ich ihn sehen. Das NEW-HOLLYWOOD-Drama war sein erster Film für ein Major-Studio und er bekam Dank der Einflussnahme seines Stars Ellen Burstyn weitgehend freie Hand. Auf den ersten Blick war ALICE DOESN'T LIVE HERE ANYMORE sicherlich nicht der am ehesten zu erwartende Film Scorseses nach MEAN STREETS, aber gerade hier konnte er mit seiner unkonventionellen Herangehensweise an die verschiedensten Themen seine enorme Vielseitigkeit unter Beweis stellen. Die Geschichte von Everyday Housewife Alice, die durch einen plötzlichen Unfall ihren tyrannischen Ehemann verliert und die einmalige Chance nutzt, sich mit ihrem halbwüchsigen Sohn aus dem Staub zu machen, um mit Mitte Dreißig vielleicht doch noch in die Nähe der bisher unerfüllten Lebensträume zu kommen, geht natürlich ganz eigene Wege, während das Ziel nicht mal annähernd erreicht wird. Denn nicht nur die täglichen Widrigkeiten bspw. bei der Job-Suche um sich und ihr Kind über die Runden zu bringen, auch ihre Unfähigkeit ohne Beziehung zu leben und dabei an Männer zu geraten, die sich entweder noch schlimmer als der Verstorbene gebärden oder einfach einem völlig anderen Lebensentwurf folgen, als es der von ihr erwünschte ist. Dabei lässt Scorsese die Kamera ganz nah ran, zuweilen hin und her wirbeln, nicht ohne immer wieder Ruhepunkte in den Landschaftschaften des mittleren Westens zu finden, deren spröde Schönheit ebenso wahrhaftig eingefangen wird, wie die Handlungen der Charaktere und deren teilweise durch Improvisation erreichte Natürlichkeit. Das vom Studio erhoffte Happy End entwertet Scorsese durch einen cleveren Kniff, der den Unwägbarkeiten im Leben von Alice und ihrem Sohn gerecht wird. Meisterhaft.

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                      EddieLomax 24.05.2023, 00:15 Geändert 24.05.2023, 00:19

                      Lappland 1944: Ein Goldgräber, sein Hund und eine Bande von Nazis auf dem Rückzug, die nur noch verbrannte Erde hinterlässt, machen Bekanntschaft auf die harte Tour, bei der eine Spitzhacke eine nicht unwesentliche Rolle einnimmt. Jalmari Helanders Nazi-Schlachtplatte bringt ihn wieder einmal mit Familie Tommila zusammen und als Sahnehäubchen auf der blutigen Torte gibt ein völlig entrückt aufspielender Aksel Hennie höchst charismatisch den Obernazi. Eine atmosphärische, in atemberaubende Bilder getränkte Meta-Moritat ohne (jedenfalls kaum vorhandene) Dialoge mit ganz viel (Herz-)Blut.

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                        Sie glauben nicht an den Weihnachtsmann? Das sollten Sie aber. Bis auf das Ende eine höchst originelle, etwas andere Weihnachtsgeschichte der düsteren, doch humorvollen Art.

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                          John McClane (Bruce Willis) hört, seinem Sohn Jack (Jai Courtney) soll in Moskau der Prozeß gemacht werden. Ein guter Vater hilft seinem Sohn. Also fliegt John nach Russland. Kaum am Gerichtshof angekommen, wird er in eine wilde Verfolgungsjagd verwickelt. Ziel der Verfolger sind ausgerechnet Johns Sohn und ein Häftling namens Komorov (Sebastian Koch). Dieser Komorov, ein russischer Oligarch, besitzt angeblich eine Akte mit geheimen Informationen über den amtierenden Innenminister des Landes. Informationen die so brisant sind, dass die CIA Komorov dafür außer Landes schaffen will. Es stellt sich heraus das Jack McClane für die CIA arbeitet und den Auftrag durchführen soll. Dummerweise funkt ihm nun sein Vater dazwischen und bald sieht es so aus, als würde der Plan scheitern. Zu viele Schergen sind dem Trio auf den Fersen, zu wenig Hilfe bekommen sie auf ihrer Flucht durch ein fremdes Land. Doch ein McClane lässt sich nicht unterkriegen. Als das Trio in eine Falle der bestens informierten und ausgestatteten Verfolger gerät, dämmert ihnen langsam, dass es hier um mehr geht als sie geglaubt hatten. Das Spiel wird nach anderen Regeln gespielt. Aber John McClane konnte sich schon immer gut anpassen. Notfalls ändert er halt die Regeln.

                          Dabei fängt alles ganz gut an. Man wird gleich in die sich rasant entwickelnde Handlung geworfen. Keine Atempause trübt die Spannung. Es rummst an allen Ecken und Enden. Ein Film in seinem Metier auf dem richtigen Weg. Sollte man meinen. Sam Fuller soll mal gesagt haben: Wenn die Story nicht viel hergibt, sorge wenigstens dafür das Bewegung drin ist. Das gelingt John Moore, Genre-Routinier und Spezialist für ordentliche Remakes, über weite Strecken sehr gut. Wenn dann allerdings Pausen für zwischenmenschliches gemacht werden und man zum nachdenken über das geschehene, gesehene und gesagte kommt, schleichen sich erste Zweifel über den Verlauf der Geschichte ein. Zu viele Logik-Patzer, zu hohle Plattitüden in den Dialogen, zu willkürlich wird von einer Action-Szene zur nächsten gehetzt. Bis zur Mitte dieses mit neunzig Minuten kürzesten aller DIE-HARD-Filme stört das ganz im Sinne Fullers jedoch nicht weiter. Als dann aber ein Plot-Twist die Story in eine Richtung schiesst, bei der man sich fragen muss, ob die Drehbuch-Autoren noch alle beisammen haben und wir dann auch noch völlig an den Haaren herbeigezogene Erklärungen für unglaubliches serviert kriegen, hofft man nur noch das alles schnell zu Ende geht. STIRB LANGSAM ist am Ende der Fahnenstange angekommen. Nach diesem Film lernt man den heftig kritisierten vierten Teil neu schätzen, traf er doch zumindest den Geist der klassischen Trilogie. Etwas das dem aktuellen Film schlussendlich völlig abgeht.

                          Den geringsten Vorwurf muss man Sebastian Koch machen. Der deutsche Schauspiel-Star zieht sich beachtlich aus der Affaire, reißt die meisten seiner Szenen an sich. Seine Figur ist ebenso glaubwürdig wie seine Motivation. Jai Courtney zeigt eher körperliche denn schauspielerische Präsenz, macht seinen Job insgesamt gut, auch wenn es ihm klar an Charisma fehlt. Bruce Willis zieht routiniert sein Ding durch, hat aber mit einigen echt beknackten Dialogen zu kämpfen, die der Figur Altersweisheit und Tiefe geben sollen, im Endeffekt leider nur dämlich wirken. Auch wirkt sein Macho-Gehabe in manchen Szenen nur noch aufgesetzt. Das Alter macht auch vor ihm nicht halt. Wo vormals feine Ironie gepflegt wurde, gibt es hier nur den nächsten abgedroschenen Spruch. Die Nebenfiguren sind solide gespielt, doch kann sich laut Drehbuch niemand profilieren, zu beschränkt und eingegrenzt sind sie angelegt. Der Film dreht sich ganz um das Hauptdarsteller-Trio. Die Ausgangslage der Story ist an und für sich nicht schlecht gewählt, aber man hätte deutlich mehr daraus machen können/müssen. So bleibt eine Rambazamba-Zerstörungs-Orgie, welche einer der langlebigsten Kino-Reihen nach fünfundzwanzig Jahren endgültig den Todesstoß versetzt. Langsam sterben war gestern.

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                            Höchst effektives Eins-zu-Eins-Remake eines Klassikers. Nicht besser, nicht schlechter, nur moderner.

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                              Gelungenes Klassiker-Remake ohne den gesellschaftskritischen Unterton des Originals, dafür mit mehr Action.

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                                Unverhohlen patriotisches Quasi-Remake des Gene-Hackman-Hits BAT-21, diesmal mit Owen Wilson in ungewohnter Heldenrolle.

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                                  Gut besetzter Action-Nonsense ohne Mehrwert in stylishen Bildern.

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                                    Ridley Scott's Quasi-Remake von Cecil B. DeMille's DIE ZEHN GEBOTE, nur ohne die zehn Gebote und auch sonst religiös entrümpelt, unterhält gewohnt visuell opulent inszeniert, krankt jedoch an der Fehlbesetzung fast aller Sprechrollen, mit Ausnahme von Ben Kingsley.

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                                      Ruppiger, im Stil eines Italo-Western gedrehter Action-Western mit Blaxploitation-Star Jim Brown in der Hauptrolle, unter tatkräftiger und gewohnt zwielichtiger Unterstützung von Genre-Star Lee van Cleef.

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                                        Jim Brown ist im Alter von 87 Jahren gestorben - R.I.P.
                                        Aus diesem Anlass ein alter Text zu RIO CONCHOS:

                                        Texas, kurz nach dem Bürgerkrieg. Der Ex-Konföderierte Armee-Offizier und Indianerhasser Jim Lassiter, dessen Familie von Apachen massakriert wurde, zieht seit Jahren umher und tötet jeden Indianer, der ihm vor den Gewehrlauf kommt. Dabei findet er eines Tages Armee-Gewehre von einer Wagenladung, welche dem dafür verantwortlichen Captain Haven gestohlen wurde. Dieser erhält daraufhin von seinem Kommandanten den Auftrag, der nun heißen Spur zu folgen und in zivil über die Grenze nach Mexiko zu gehen, wo die Täter nach einigen Hinweisen vermutet werden. Gemeinsam mit Lassiter, dem Mexikaner Juan Luis Rodriguez und dem Buffalo Soldier Sergeant Franklyn reitet Haven los, nicht ahnend das es eine Reise ins Herz der Finsternis sein wird, von der nicht alle zurückkehren werden. Sie geraten dabei an mexikanische Banditen, jede Menge Apachen und an den ehemaligen Südstaaten-Colonel Theron 'Gray Fox' Pardee, der sich hier am Rio Conchos ein neues Reich errichten will. Es gilt dem wahnsinnigen Waffenhändler das Handwerk zu legen und die Waffen zurück zu schaffen oder im zweifelsfalle zu vernichten.

                                        Selten gab es im amerikanischen Western zu dieser Zeit wohl einen Film, der seine Geschichte derart spannend und kompromisslos erzählt. Die Figurenzeichnung in Clair Huffaker's Buch mit solch vielschichtigen und komplexen Charakteren, die keine Identifikation zulassen, wurde von Douglas perfekt in den Film übertragen. Gordon Douglas, der neben einigen tollen Genre- Beiträgen wie "Man nannte ihn Kelly" auch Gurken wie "San Fernando" ablieferte, übertraf sich hier selbst. Denn hier stimmt einfach alles. Es ist zum einen ein klassischer South-of-the-Border-Western mit allem was dazu gehört (US-Kavallerie, Südstaatler, wilde Apachen, Revolverhelden die nichts mehr zu verlieren haben und mexikanische Banditen, von weitem winkt "Sierra Charriba") und zum anderen aus heutiger Sicht eine Art Meta-Western. Alle wichtigen Figuren-Blaupausen sind vorhanden, werden ad absurdum geführt und doch wieder bestätigt. Es wirkt manchmal wie eine Abrechnung mit den gängigen Klischees, die benutzt werden und dann zerstört, um anschließend etwas neues daraus entstehen zu lassen. Das Spiel mit den Erwartungen geht hier voll auf.
                                        Richard Boone in seiner wohl besten Rolle ist der rassistische Ex-Südstaaten-Major und Westerner dessen Familie von Indianern abgeschlachtet wurde, der nun sein Heil im Suff, sowie der Ermordung so vieler Apachen wie möglich sieht und seine Todessehnsucht ohne Rücksicht auf Verluste auslebt. Stuart Whitman als Unions-Captain, der nach seinem Versagen die Scharte auszuwetzen sucht indem er die Männer auf eine Mission führt, die zu einem blutigen Ritt in die Hölle wird. Anthony Franciosa, der den schlitzohrigen mexikanischen Gauner mit einer Hingabe spielt, das es eine Freude ist zuzusehen und vermuten lässt, das sich Tomas Milian den Film genau angeschaut hat. Und dann ist da natürlich Jim Brown in seinem ersten Film als schwarzer Sergeant, der ohne viele Worte zu verlieren allein durch seine Präsenz und seine Physis diesem sanften Riesen ein Profil zu verleihen weiss, das Robert Aldrich gar nicht anders konnte, als ihn für sein dreckiges Dutzend zu engagieren, wo er eine ähnliche Rolle spielen durfte. In den Nebenrollen ist vor allem Edmond O`'Brian hervorzuheben, der in seinen wenigen Szenen als Boones ehemaliger Colonel zwischen Würde und Wahnsinn agiert. Überhaupt sind die psychologische Konflikte bei allen handelnden Personen tiefgründig und nachvollziehbar und wirken zu keiner Zeit konstruiert. Je näher man sie kennenlernt, desto mehr Mitgefühl entwickelt man für jeden Einzelnen von ihnen. Die Suche wird so für jeden der Protagonisten zu einer existentiellen Erfahrung. So lebendige Charaktere sieht man selten in einem Western der sechziger Jahre, als der Drops ja bekanntlich schon gelutscht war. Auch die dargestellten Konfrontationen bieten interessante Abweichungen von gängigen Mustern, so dass der Film zu keiner Zeit vorhersehbar oder gar langweilig wird. Der infernalische Showdown tut sein übriges, diese abgründige Reise ins Herz der Finsternis unvergesslich zu machen. Der Film ist auf positive Weise eindeutig anders als die anderen, gerade für Leute die wirklich schon sehr viele Western gesehen haben und schafft auch aufgrund Jerry Goldsmith's eingängiger Musik eine elegisch-düstere Atmosphäre. Sie erinnert ein wenig an den tollen, ein Jahr später entstandenen "Duell in Diablo"- Soundtrack von Neal Hefti. Eines der wenigen Meisterwerke im Western der sechziger Jahre.

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                                          THE BUDDY HOLLY STORY von Steve Rash war nach Jahrzehnten mal wieder fällig, nicht nur weil sich ja der Blick mit fortschreitendem Alter wandelt, sondern auch deshalb, weil ich von Gary Busey einfach mittlerweile viel mehr kenne und seine Arbeit fast gänzlich anders bewerte als früher. Die Oscar-Nominierung erhielt er nicht nur vollkommen zu Recht, auch sein damit verbundener Durchbruch war absolut folgerichtig. Klar ist der reduziert inszenierte Film ein Produkt des NEW HOLLYWOOD und war in dieser Form nur zu dieser Zeit realisierbar, eben weil er sich schlichter Dramaturgie verweigert und sich lieber der Person annähert. Allein das Zusammenspiel von Busey, Don Stroud und Charles Martin Smith erzählt von der Bindung der drei Freunde/Musiker/Kollegen viel mehr in seiner unausgesprochenen Körperlichkeit, als es endlose Dialoge könnten. Eine solche enorme schauspielerische (aber auch inszenatorische) Qualität ist nach der künstlerisch wertvollsten Phase des amerikanischen Kinos sehr selten geworden, wobei einige Veteranen an ihrer Arbeitsweise zum Glück nicht viel verändert haben.

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                                            CASTING BY von Tom Donahue ist eine ganz wunderbare Dokumentation über Marion Dougherty im besonderen und ihren Beruf des Casting Directors im allgemeinen, der zu ihrer Lebenszeit nur selten gewürdigt wurde, was wohl auch das Hauptanliegen der HBO-Produktion gewesen sein dürfte. Wie sonst ist die über die Maßen prominente Beteiligung der größten Hollywood-Stars und Regisseure zu erklären (?). Gerade die Arbeit Dougherty's ist untrennbar mit dem Siegeszug des NEW HOLLYWOOD verbunden, jener kreativsten Zeit und zugleich Beginn der Moderne des amerikanischen Kinos. Wer also mal hinter den Vorhang schauen möchte und ganz nebenbei noch etwas über die Komplexität des Produktionsprozesses lernen möchte, ist hier genau richtig.

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                                              EddieLomax 18.05.2023, 10:30 Geändert 18.05.2023, 10:57

                                              THE HIGH AND THE MIGHTY von William A. Wellman ist so etwas wie der Prototyp der Katastrophenfilme, die nach dem immensen Erfolg von AIRPORT das Kino der 70er Jahre überrollten. Während eines Transatlantik-Fluges von Honululu nach San Francisco kommt es aufgrund von technischen Problemen und Benzinknappheit zu Schwierigkeiten, die nur ein traumatisierter Co-Pilot in den Griff bekommt, weil er als Einziger die Nerven behält. Für Produzent John Wayne war die Rolle mal wieder ein Kompromiss, denn eigentlich sollte Spencer Tracy agieren, sagte aber ab. Nach ISLAND IN THE SKY basiert auch dieser Film auf einem Roman von Ernest K. Gann und wieder stehen die zwischenmenschlichen Probleme der Passagiere und des Personals im Mittelpunkt des zu lang geratenen Melodrams. Die Leistungen des Ensembles sind allerdings über jeden Zweifel erhaben, die Ausstattung ist erstklassig und die Produktionswerte oberster Standard. Sechs Oscar-Nominierungen waren die Folge, Dimitri Tiomkin allein gewann für seinen Score. Der Duke wurde allenthalben für seine Darstellung gelobt und gibt tatsächlich eine beachtliche Vorstellung. Mit etwas mehr Dramatik und Spannung, hätten wir hier einen All-Time-Classic, doch so gemächlich, wie der lange verschollen geglaubte Film heute daherkommt, reicht es "nur" für gepflegte Unterhaltung.

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                                                EddieLomax 16.05.2023, 08:39 Geändert 16.05.2023, 08:56

                                                THE SEA CHASE von John Farrow hatte eine lange Produktionsgeschichte und war der Versuch einer Annäherung Hollywoods an den ehemaligen Gegner Deutschland, der mittlerweile zum Verbündeten geworden war. John Wayne als Kapitän Ehrlich (!), der sich mit strammen Nazis in den eigenen Reihen auseinandersetzen und zudem die deutsche Spionin Elsa, gespielt von Lana Turner, von ihrer Linientreue abbringen muss, während er sich auf dem Seeweg von Australien nach Deutschland ein Katz- und Maus-Spiel mit der Royal Navy liefert. Bei der auf wahren Begebenheiten basierenden Geschichte aus dem Jahr 1939 (nach einem Roman von Andrew Geer) hapert es schon etwas mit der Glaubwürdigkeit des Ganzen, doch das Drehbuch von James Warner Bellah und John Twist verpackt alles in spannende Figurenkonstellationen und gute Dialoge, so dass es in sich funktioniert, auch Dank Farrows erfahrener, wenn auch wenig innovativer Regie. Im Ensemble tummelt sich allerhand Prominenz in kleinen Rollen, wie James Arness, Claude Akins und Alan Hale jr., während 50er-Jahre-Bösewicht Lyle Bettger einen sehr überzeugenden SS-Mann gibt. Wayne, der in jenen Jahren offensichtlich lieber Piloten und Schiffskapitäne, als Westernhelden spielte, ist ein Fels in diesem klassischen Abenteuer und wesentlich überzeugender als beispielsweise im ähnlich gelagerten BLOOD ALLEY von William A. Wellman, der wie John Farrow in dieser Zeit zu den bevorzugten Regisseuren des Stars gehörte.

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                                                  über Psycho

                                                  Gerade lief PSYCHO von Alfred Hitchcock wieder im Kino (leider in der gekürzten Fassung, aber gut restauriert). Das Spiel mit den Erwartungen wird auf die Spitze getrieben und das funktioniert heute wie damals. Die enorme Dichte des Werkes fällt auf, der anfangs omnipräsente Soundtrack, der mit fortlaufender Spieldauer immer weiter in den Hintergrund tritt, der Hauptdarstellerwechsel in der Mitte des Filmes, wenn die grandiose Janet Leigh an Anthony Perkins abtritt, der nach wie vor in der Sternstunde seiner Karriere alles überragt und natürlich Vera Miles, die den passiven Kerlen Beine macht, um endlich das Verschwinden ihrer Schwester aufzuklären. Immer noch ein Meilenstein.

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                                                    Mesopotamien im Ersten Weltkrieg. Ein Spähtrupp auf beschwerlichem Marsch durch die Wüste. Nur der Offizier kennt das Ziel. Als er stirbt, übernimmt der Sergeant (Victor McLaglen) die Führung. Die Sonne brennt. Das Wasser ist knapp. Mit letzter Kraft schleppt sich die Patrouille (u.a. Boris Karloff und Wallace Ford) über eine der zahllosen Dünen. Eine Oase scheint in erreichbarer Nähe. Die Männer gelangen zum schützenden Gemäuer um die heiß ersehnte Wasserstelle. Hier wollen sie ausharren, auf Hilfe warten. Der Sergeant organisiert die Wache-Einteilung. Er weiß mittlerweile um die Verfolgung durch feindliche Truppen. Doch der Hunger und der mit den Strapazen einhergehende Wahnsinn erweisen sich bald als ebenso gefährlich für die Soldaten. Durchhalten heißt die Parole. Zumindest für jene, die noch an Rettung glauben.

                                                    John Fords früher Kriegsfilm-Klassiker kann ebenso als Blaupause für spätere Werke des Genres betrachtet werden, wie sein STAGECOACH (1939) es für den Western war. Die überschaubare Gruppe von Männern bietet jedweden Charaktertypus, welcher jeweils zum filmischen Klischee avancierte, wenn eine Gemeinschaft in einer Gefahrensituation thematisiert wurde. Etwas das heute nur noch durch Wahrhaftigkeit und Reduktion auf das Wesentliche funktionieren kann, da überstrapaziert. Das ist hier freilich noch nicht der Fall, zu effizient, zu auf den Punkt inszeniert Ford die Männer, von denen bestenfalls der Sergeant als Identifikationsfigur dienen kann. Victor McLaglen spielt ihn in seiner bärbeißigen Art, wie es später für ihn typisch sein sollte, wenn er noch mindestens dreimal für Fords berühmte Kavallerie-Trilogie in eine ähnliche Rolle schlüpfte. Wenn man die dann sieht ahnt man, wie er so geworden sein konnte. Bloß ist das freilich reine Theorie. Horror-Star Boris Karloff spielt den Pessimisten und Zweifler mit Hingabe und auch der restliche Cast agiert überzeugend. Interessant bleibt der Film mit seiner kurzen Laufzeit auch dadurch, dass man den Feind den ganzen Film über, bis kurz vor Schluss, nie zu Gesicht bekommt. Ein Trick, den sich später Steven Spielberg bei JAWS zu Nutze machen sollte. Das funktioniert ganz wunderbar und hält den Spannungspegel oben.

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