MeisterYoda - Kommentare

Alle Kommentare von MeisterYoda

  • 8 .5
    MeisterYoda 19.02.2022, 12:25 Geändert 20.02.2022, 22:54

    Die Perspektive auf ein Objekt, in diesem Fall auf den Film, ist ausschlagebend über die subjektive Bewertung.
    Man schafft allemöglichen Kriterien, um sich in einem Film wiederzufinden und vorallem etwas abzugewinnen. Auch das Schmerzhaftes/Absurdes kann für den Betrachter in seiner Wahrnehmung auch Großartiges erscheinen lassen.

    Ich fand die Absurditäten der verschiedenen Episoden soo überspitzt, slapstickmäßig und überdreht und trotzdem erinnern sie mich an merkwürdigem Verhalten von uns allen. Wir erleben alle Situationen von Fremdschämen, Menschen tun komische Dinge in ihren 4 Wänden oder reagieren in Situationen merkwürdig, verfallen in oberfächliche Klischees oder sind getrieben wahnwitzig zu handeln.
    Wenn wir genau hinschauen: sind wir doch alle komisch, es gibt doch bei jedem von uns etwas, was andere merkwürdig finden?
    Der eine mehr, der andere weniger.
    Für mich waren Anleihen von Monty Python nicht zu übersehen, zumal diese ja noch radikaler und böser waren.
    Vielleicht hat der Hollywood-Mainstream da sogar den Zugang zum Zuschauer versperrt? Egal.

    Manchmal viel es mir schwer zu lachen, hat mich der Schock schon übermannt, aber die Anleihen zu realen Situation bzw.
    die Reflexion menschlichen Verhaltens sind für mich unverkennbar.
    Natürlich funktioniert der Film nur durch den Cast! Keine Frage.
    Und sieht man gleich in der ersten Episode das leidende Gesicht von Kate Winslet ...umwerfend. Loriots Nudel lässt grüßen.
    Der Film funktioniert natürlich auch nur, weil es kein Geruchskanal gibt. Das wäre dann schon Scheiße.

    Ich entziehe mich der Spekulation, warum der Film in der Community so schlecht ankommt.

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    • 10
      MeisterYoda 26.01.2022, 23:13 Geändert 27.01.2022, 23:18

      Rache als enormer Überlebenswille, obwohl die Rache letztendlich Glass nicht die Erfüllung bringt, ist sie doch die Kraft die ihm am Leben erhält.
      Der archaisch geprägte Film durchleuchtet verschiedene Ebenen des Menschseins, wie das Band der Familie, Kameradschaft, Loyalität, Moral , Rassismus und eben Willensstärke.
      Der Rachefeldzug von Glass ist manchmal nur ein Nebenschauplatz.
      Der Film dringt viel tiefer in das, was uns als Menschen aus macht.
      Er zieht uns in die Wurzeln unseres Sein und stellt die Frage: wie überleben wir in einer atemberaubenden Natur und nach der Verantwortung alles zu tun, dass diese Natur erhalten bleibt.

      Die Urkräfte der Natur werden immer wieder eindrucksvoll zur Geltung gebracht, urwüchsige Schauplätze wie einen überfluteten Wald oder einen reißenden Strom fängt Lubezkis Kamera (man wird an Terence Malick erinnert) in poetischen und realistischen Panoramen ein, bei denen er die ganze Breite der Scope-Leinwand ausnutzt. Andauernd schneit oder regnet es, die entfesselten Elemente der Natur avancieren mehr zu einem weiteren Protagonisten, wie auch die Tiere, die in den Kampf ums Überleben eingebunden sind.

      Wo kommt der Mensch her und wohin sind wir heute hingelangt.
      Diese wunderschöne, einzigartige Natur mit uns Menschen, die glauben sie beherrschen zu können. Mit dem Geschäft von Fellen, die großen Gewinn bringen, beginnt unser modernes Zeitalter der grenzenlosen Profitgier und der Zerstörung unserer eigenen Lebensgrundlage. Auch das ist Revenant.

      Es ist die Härte und die Gefahren des Lebens in der Wildnis gepaart mit den menschlichen Zerwürfnissen, die mit aller Wucht rüber kommen.
      Man leidet in jeder dieser Szenen mit: ob die Kälte, der körperliche Schmerz der Wunden, der seelische Schmerz des Verlustes, die Erschöpfung, aber trotzdem gibt es kein Aufzugeben.
      Das alles verkörpert Di Caprio in fesselnder Weise. Großartig!

      Ich muss zu geben, dass ich mich erst beim 2.Mal von der Komplexität, der Intensität des Films und auch der Widersprüchlichkeit der Menschen im Film einfangen liess und der Film in mir ein enorm berührendes Gefühl erzeugte.
      Es gäbe noch Einiges zu erwähnen , wie z.B. man könnte die verschiedenen Figuren genauer durchleuchten, wie auch den Spannungsbogen zwischen ihnen und wie sich die Kreise von Ursache und Wirkung schließen.
      Aber entdeckt selbst.....

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      • 9

        ...ich stelle mir während des Films immer wieder die Frage: was würde ich in so einer Situation tun, wie würde ich mich verhalten, wenn es brenzlich wird.
        Dieser Film stellt für mich aufgrund seiner Authentizität die besten Film-Doku dar.

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        • 9 .5
          MeisterYoda 17.01.2022, 23:33 Geändert 21.01.2022, 15:17

          Spektakulär, war das Erste, was mir, durch das Filmende verursacht, während des Abspannes durch den Kopf ging.
          Das Thema ist klar: vor lauter Macht-u.Raffgier zerstören wir unsere Erde.
          Aber die Umsetzung!!! Der Cast, die Dramatik mit der Satire gekoppelt, die Musik.
          Eine Stimmung zu erzeugen, jenseits einer Genreeinordnung,
          wo ich mitgerissen, erschüttert und amüsiert werde, habe ich so noch nicht erlebt.
          Eine geniale Gratwanderung.
          Hammer!

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          • 7 .5
            MeisterYoda 15.11.2021, 23:22 Geändert 15.11.2021, 23:33

            Ein Film, der den Unterschied deutlich macht, wo man aufgewachsen ist. So scheint es, wenn man die Bewertungen und Kommentare liest.
            Als Ossi habe ich mich von der ersten bis zur letzten Minute köstlich amüsiert. Die Darstellung von den Ost-Schauspieler, die DDR Agenten-Klischees bis zur überraschenden Musik vom "Unsichtbaren Visier", die nur ein Ossi verinnerlicht hat, sind fett aufgetragen. Diese Überziehungen, ohne Politisierung, sind wie an der Perlenkette aufgereit und machen Spaß.

            Mit viel Leidenschaft produziert, wird das klassische Bond-Klischee, wo viel Action nicht nötig ist,
            eher filmischen Wendungen, in die Ostalgie eingeschoben.
            Da aber kein Pathos von den verlorenen Ost- Zeiten Verschwendung findet, eher karikiert wird,
            bleibt der Drive in der Handlung erhalten.

            Nicht falsch verstehen, es ist nicht der Super-Ostalgie Film.
            Er ist einfach unterhaltsam, wenn man dafür bereit ist.

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            • 3 .5
              MeisterYoda 14.11.2021, 22:58 Geändert 21.11.2021, 17:21

              Angespornt von dem Super-Cast musste ich von Minute zu Minute meine persönliche Bewertung runterschrauben.
              Die gute Besetzung (neben Herforth und H.Herzsprung, F.Lau, R.Zehrfeldt, A.K. Sarnau und natürlich C.Stratmann) konnte in einigen Momenten Witz erzeugen, aber eine schlüssige Handlung, geschweige eine spürbare Atmosphäre von Slapstick, Comedy oder gar Thrillermix war leider nirgends zu finden.
              Es reicht eben nicht in der Schauspielerkollegen-Regie-Mode erfolgreich sein zu wollen, anstatt aus einer Wahrhaftigkeit agieren zu können.

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              • 8
                MeisterYoda 11.04.2021, 09:30 Geändert 15.04.2021, 21:20

                Die Welt der Suzie Wong ist Hongkong/China 1960.
                Eine für uns fremde exotische Welt, damals noch mehr als heute.
                Vor 60 Jahren hat die Globalisierung und Industriealisierung, das Geld und das Machtstreben der westlichen Welt, in diesem Teil der Erde noch nicht so vereinnahmt.
                Die damaligen westlichen Besucher dieser Welt sind neugierig, die Fantasie wird angeregt und Hoffnungen entstehen. Sie haben Träume.
                Aber es sind zwei Welten! Die Einheimischen sind Menschen 2. Klasse.

                Mit Arroganz und Rassismus werden die asiatischen Menschen von den Weißen behandelt. Es herrscht eine große Kluft geprägt von Vorurteilen und Distanz.
                Aber wir Menschen haben alle auf der Welt die selbe Sehnsucht nach Liebe! Egal welcher Hautfarbe.
                Leider verhindern die wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Umstände eine natürliche Annäherung.
                Die Frauen in Hongkong werden im Film nur als Lustobjekte von den westlichen Männern gesehen. Niemand interessiert sich für ihr wirkliches Leben.
                Spoiler!
                Robert Lomax kommt mit dem Wunsch einer Auszeit nach Hongkong .
                Er stellt sein bisheriges Leben in Frage, aber er ist geprägt von seiner Welt und begrenzt durch seine Unwissenheit über die neue exotische Welt.

                Auch wenn er einen guten Job als Architekt hat, sucht er die Veränderung.
                Lomax hat den starken Impuls das zu tun, was ihn wirklich begeistert, das Malen. Über die Malerei findet er zu sich selbst.
                Diese Erfahrung möchte er in Hongkong vertiefen und nur als Maler leben.
                Suzie Wong scheint eine interessante Frau aus Hongkong zu sein.
                Er möchte sie als Modell.
                Aber sie hat ihr eigenes Leben und die damit eigenen verbundenen Vorstellungen, auch wenn sie sich in Scheinwelten flüchtet.
                Die Begegnungen beider sind immer wieder, für Lomax, von ihrem widersprüchlichlichen Verhalten geprägt.
                Aber genau dadurch bricht Lomax aus seinen gewohnten Konventionen. Das Ungewohnte, Widersprüchliche bewegt etwas in ihm und er findet Zugang seinen Gefühlen. Das Geheimnis des Widersprüchlichen liegt oft darin, dass wir nur über den Gegensatz den notwendigen Prozeß erfahren können .
                Die Frage nach Authenzität und Ehrlichkeit zu sich selbst wird im Film immer deutlicher. Was wollen Lomax und Suzie wirklich?
                Wie weit sind sie bereit den anderen in ihr Leben zu lassen, entgegegen der gesellschaftlich fest geschriebenen Gesetze?

                Wir, als Betrachter, erleben die authentische Bucht des damaligen Hongkong, die Straßen mit ihren Menschen, schlichten Häusern und Ständen und Gassen. Wir bekommen Einblick in das damalige einfache und arme Leben der Menschen und erleben auch den Rassismus und Sexismus.
                Ein köstlicher Film mit seiner Gesellschaftskritik und ständigen kleinen Überraschungen.
                Der Film verdient mehr Aufmerksamkeit und vorallem die Auflage als DVD mit deutscher Tonspur.

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                • 9
                  MeisterYoda 21.10.2020, 23:27 Geändert 26.04.2021, 23:02

                  Die vor ein paar Tagen fertig gelesene Michael Ballhaus Biografie war für mich das ideale "Sprungbrett",
                  um nun diesen Fassbinder-Film zu sehen.
                  Dessen Titel" Enfant Terrible", zu allgemein gehalten, ich für völlig unangemessen halte.
                  FASSBINDER sollte dieser Film heißen!
                  Was Michael Ballhaus über seine Zeit mit Fassbinder aus erster Hand zu sagen wußte, ließen mich die Sehnsüchte, Widersprüche und Genialität dieses Menschen und Regiesseurs erahnen.

                  Das künstlerisch, geniale Schaffen dieses "verkoksten Psychopathen" (Ballhaus) nun filmisch dargestellt zu bekommen, hat mich völlig mitgerissen und meine Erwartungen übertroffen. Ballhaus machte in seiner Biografie deutlich, dass RWF am Set unerträglich, im Leben furchtbar anstrengend war, aber hervorragende Kunst geschaffen hat. Was war das für ein Leben?
                  Oskar Roehler ist tief in RWFs Seele eingedrungen, um sein Bedürfnis nach Liebe und Anerkennung sichtbar zu machen.
                  Die Suche nach Anerkennung und Liebe im Leben, wie auch im Film, die Fassbinder trieb und ihm keine Ruhe finden ließ.
                  Es ist die Authentizität und Unbestechlichkeit die RWFs Leben prägten und sein unangepasstes Leben chaotisch scheinen lässt.

                  Mit stilistischen Effekten verschmelzen im Film Realität und Fiktion. Sie werden zu einem großen Ganzen, so wie wohl auch in der Fassbinder’schen Realität die Grenzen oft fließend waren, zwischenmenschliche Konflikte seiner Clique die Filme befruchteten und umgekehrt. Wie die Wechselbeziehung von Innen und Außen eines fließenden Prozesses.
                  Dies hat sicherlich auch die Magie der Fassbinder Ersatzfamilie ausgemacht, wo es auch schwer war, sich ihr zu entziehen.
                  Denn es gab immer den künstlerischen Anspruch mit seinem konkreten Fokus, nämlich dem gerade zu drehenden Film .

                  RWF als tragische Figur, als Berserker, schonte sich nicht, er stellte alles in seinem Leben zurück und trieb sein Umfeld zu außerordentlichen, künstlerischen Leistungen. Was ja auch der Grund von Ballhaus war, sich diesem "Wahnsinn" auszusetzen. Oliver Masucci läßt seine eigene Person komplett in der Figur Fassbinders verschwinden. Er ist so sehr in der Rolle Fassbinder. Masucci war für mich der Grund und der Reiz mir dieses Werk reinzuziehen. Wir wissen ja von den vielen missglückten Versuchen einer Biografie-Verfilmung.
                  Als Betrachter ging ich die getriebenen Stationen im Leben Fassbinders fast schmerzhaft mit.
                  Ich hatte im Kino das Gefühl den Geruch von Zigarette, Schweiß und Alkohol wahrnehmen zu können.

                  Als Gesamtkunstwerk inszeniert Oskar Roehler das Leben und Werk von Rainer Werner Fassbinder, als exzessive, zunehmend tragische, von rastlosem Schaffensdrang befeuerte Existenz. Erst ganz am Ende seines Lebens, im Februar 1982, kam die wirkliche Anerkennung im eigenen Land, der Goldene Bär für „Die Sehnsucht der Veronika Voss“.
                  Vier Monate später stirbt Fassbinder.

                  Der Film rüttelt auch an mein eigenes Leben. Was könnte ich noch besser machen?
                  Kann ich mit mehr Authentizät und Risiko im Leben stehen?
                  Aber auch mehr Gelassenheit zu haben, Vieles nicht so wichtig zu nehmen. Mich als Person eingeschlossen.

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                  • 10

                    Das Problem einer Fortführung einer so erfolgreichen Serie wie ST-Trek ist immer die Erwartungshaltung der Fans und Zuschauer.
                    D.h. theoretisch kann eigentlich ein geplantes Wiederbeleben und Weiterentwicklung von TNG nicht funktionieren, denn es wird immer Leute geben, die aus ihrem Vergleichsmuster zum Vorläufer nicht herauskommen und dementsprechend bewerten.
                    Natürlich habe ich auch eine große Erwartungshaltung , wenn ich höre Admiral Picard startet wieder los und steht komplett im Mittelpunkt der Serie.
                    Aber glaubt man als Fan wirklich, dass es in der filmischen Struktur und Umsetzung von ST-Trek Picard soo genial weiter, geht wie es 1994 endete? Der dynamische Vorspann, die episodenhafte Erzählweise, viele Hauptdarsteller von damals...
                    Wohl kaum.

                    Das Erste was mir, im Vergleich zu den neuen ST-Trek Kinofilmen, positiv auffiel sind: die ruhige Erzählweise und Kameraführung,
                    keine überfrachtende Action.
                    Um dem etwas romantisch wirkenden Vorspann meine Befremdlichkeit zu nehmen, brauchte ich jedoch etwas Zeit.

                    Für mich ist es der Spirit von ST-Trek, der mich seit den 90er Jahren fesselt.
                    Der Mensch, als Wesen, bestrebt sich immer weiterzuentwickeln, sich selbst zu hinterfragen. Wo Kameradschaft, Loyalität, Verbindlichkeit, Akzeptanz, Mitgefühl, Vergebung gelebte Eigenschaften bei den Protagonisten sind.
                    Auch der Prozess mit sich selbst hört nicht auf.
                    Der Respekt für alle Wesen im Universum stehen im Vordergrund! Das ist für mich Star-Trek.

                    Und nun kommt Patrick Stewart mit fast 80 Jahren: jünger wirkend, gutaussehend, einem unglaublichen Charme und Reife und verkörpert sein Alter Ego Jean-Luc Picard.
                    Picard ist noch der besonnene Mann mit denselben Idealen und Prinzipien – nur etwas desillusionierter, da seine Wertvorstellungen und die der Sternenflotte über die Jahre offenbar zunehmend auseinander gegangen sind.
                    Verweise und Anspielungen auf die TNG-Geschichte finden sich so wieder, dass sie niemals zu bloßem Namedropping verkommen, sondern entweder direkt in der Story verwurzelt sind oder zumindest den Gemütszustand des vom Leben gezeichneten Picard illistrieren. Jeri Ryan kommt enorm gereift in ihre Rolle Seven of Nine und gibt ihr eine tolle kämpferische Note.
                    Eine berührende Überraschung war für mich, Borg Hugh wieder zu treffen.
                    Letztendlich trägt Patrick Stewart alles. Er lässt Picard problemlos wieder beleben.
                    Aber ist das verwunderlich?
                    Somit wird es für seine Schauspielerkollegen/innen zur Herausforderung neben ihm nicht zu verblassen.
                    Für mich gelingt es. Ich glaube an die schauspielerische Entwicklung in einer Serie.

                    Nach 3 eher schleppenden Anfangsfolgen kommt nun doch Fahrt auf.
                    Das Grundthema der Serie, ist empfindungsfähiges, künstliches Leben möglich und wenn ja, wie kann es geschützt werden,
                    birgt eine Menge Potenzial für eine fortlaufende Serie in sich. Dafür lohnt es sicher dran zu bleiben.
                    Zumal Executive Producer Patrick Stewart sicher seine Vorstellungen zur Entwicklung der Story miteingebracht hat.

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                    • 9 .5

                      Nach etwa einer Stunde des Films war ich derart mit gerissen, von seiner gesellschaftlichen Direktheit und der genialen Umsetzung, dass ich nur ein Wort im Kopf hatte: OSKAR.
                      Das ist ein Film, der es für mich verdient einen Oskar zu bekommen.
                      Eine derartige Eingebung hatte ich tatsächlich noch nie.

                      Im weiteren Verlauf des Films trat für mich die Person Bertold Brechts immer mehr in den Vordergrund. Seine politische, menschliche Haltung und sein künstlerisches Schaffen bildeten eine so starke Einheit, dass es für ihn kein Misserfolg im üblichen Kontext gab. Eher wird über den Film deutlich, wie Brecht die gesellschaftlichen Verhältnisse, denen er ja unterlag, zum gesamtkünstlerischen Prozeß und dessen Interpretation dazu gehörten.
                      Und das ist bis heute so. Beuys tat dies dann später in den 80er Jahren.
                      Am Ende des Films überkam mich der Impuls zu applaudieren.
                      Zum Glück hatten andere Zuschauer auch diesen Impuls.
                      Ich empfand es sehr befriedigend im Kreis Gleichgesinnter meine Begeisterung über diesen großartigen Film auszudrücken.

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                      • 9
                        MeisterYoda 01.05.2017, 13:44 Geändert 13.05.2017, 23:17

                        Es ist die Stimmung, die Stimmung, die Stimmung, einfach die Stimmung, die stimmt. Vaschteste?

                        .....es darf einfach auch mal nur lustig sein, ohne geniale Bildsprache, Tiefgang und was sonst üblicherweise für einen genialen Film stimmen muss.
                        Anmerkung: die Dynamik des Films, die Schnitte und auch die Gags haben sich sehr gut in den 15 Jahren entwickelt. Und die Musik nicht zu vergessen. Superb!

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                        • 10

                          „I Am Love" ist ein grandioses Filmkunstwerk, nach einer Idee von Tilda Swinton.
                          Sieben Jahre arbeiteten Luca Guadagnino und sie daran, ein Film über die Liebe und über die Lebenswelt zu schaffen, mit allen Gegensätzen, wie sie die heutige Gesellschaft hervorbringt. Makellos und mit hoher Intensität läuft der Film fast zwei Stunden lang - ein sinnliches audiovisuelles Erlebnis.
                          Der, auf das Wesentliche bezogene, Handlungsablauf schafft eine bildgewandte neorealistische Atmosphäre a`la Visconti.

                          Im Mittelpunkt steht Tilda Swinton, als Emma, Gattin des Mailänder Großindustriellen Recchi in einer minimalistischen Barockwelt. Reich und elegant bewegt sich Emma, wie hinter einer Maske, in einer auf äußeren Schein ausgerichteten Welt. Sie ist gefangen in einem strikt organisierten Leben, das ausschließlich von familiären Pflichten und ehrfürchtiger Loyalität zu ihrem Ehemann bestimmt ist. Es wird kein Makel der Etikette zu gelassen.
                          In den Begegnungen mit ihren erwachsenen Kindern erhält sich Emma
                          die Kraft, dieses Leben aufrecht zu halten.
                          Durch ihren Sohn lernt sie den Koch Antonio kennen. Sie ist fasziniert von seinen kulinarische Kreationen und spürt seine Sinnlichkeit und sein Feingefühl. Emma ist angezogen von dem jüngeren Mann, der ihr auch ein Leben jenseits des Recchi-Clans zeigt. Sie erkennt, was ihr im Leben wirklich wichtig ist und folgt ihren Gefühlen zu einer hingebungsvollen Affäre.

                          Der Film verzichtet auf Dialoglastigkeit, um die Bilder mit der Musik wirken zu lassen. Es ist die Musik des amerikanischen Komponisten John Adams, die einen großen Anteil an der gelungenen Atmosphäre des Films hat. Er zählt zu den bekanntesten Vertretern der Minimal Musik, speziell Post-Minimalismus.

                          Der Film ist geprägt von artifiziellen Bildkompositionen und durchdachten Schnittfolgen. Die entstandenen Bilder, ob die Szenerie von Mailand im Winter, ob die Nahaufnahmen von kulinarischen Genüssen, ob die wunderschönen Aufnahmen eines Sommers an der Cote d'Azur mit dem natürlichen erotischen Liebesspiel der Protagonisten, oder gar jene Bilder, die einfach nur die Webstühle der Familien eigenen Fabriken bei der Arbeit zeigen, sind Bilder mit starkem Symbolcharakter. Das verschneite Mailand steht für die Gefühlskälte im Recchi-Clan, im Gegensatz die Gräser, Blumen und Insekten, während sich Emma und Antonio auf der sonnigen Wiese lieben.

                          Am Ende des Films stellen die einzigartigen Bilder mit der Musik
                          ein dramatisches Finale dar, ohne die Wendung der verhängnisvollen Affäre zu nehmen.

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                            MeisterYoda 05.02.2017, 17:24 Geändert 18.02.2017, 13:35

                            Larry Gopnik steht auf dem Dach seines Hauses und wartet auf ein Zeichen von Gott. Zuviele Dinge sind in den letzten Tagen in Häufigkeit und Koinzidenz passiert, so dass er sich fragt: Was will Gott von mir? Weshalb werde ich so geprüft?
                            Er, ein jüdischer Physikdozent, Lehrstuhlanwärter und Familienvater 1967 im mittleren Westen der USA , der doch nur ein rechtschaffener Mensch sein möchte, eine Stütze seiner Gemeinde, ein "serious man"?
                            Auch wenn Larry nicht furchtbar krank ist und keinen großen materiellen Verlust erleidet, gleicht doch einiges der Bibelfigur Hiob. Die Anhäufung von schwierigen Ereignissen in seinem Leben machen Larry sehr zu schaffen. Als gläubiger Jude versucht Larry aus seinem religiösen Kontext heraus zu verstehen, was mit ihm passiert.
                            Larry Gopnik sieht sich Prüfungen ausgesetzt, in denen er das Gefühl hat dem nicht gewachsen zu sein. So versucht er sich Rat beim Rabbi zu holen. Die missglückten Versuche von Larry, Antwort auf seine so wichtigen Fragen zu bekommen, bei denen er dann insgesamt drei Rabbis aufsucht, werden zu einer skurrilen Begegnung dieser Instution im jüdischen Leben.
                            Von Anfang an verweist der Film in metapherhafter Form auf den Talmud, den heiligen jüdischen Schriftrollen. Vielleicht liegt ja da die Antwort auf Larrys Fragen? Da sind die kryptische Aufzeichnungen: das Tafelbild in Larrys Vorlesung oder in dem Heft des Bruders. Sein Sohn Danny bereitet sich auf die Bar Mitzwa, der religiösen Mündigkeit, vor. Immer wieder lies Danny den Text aus der Haftara (Prophetenbücher), fasst mandrahaft wirkt die Rezitation.
                            Aber Larry scheint nicht vorwärts zu kommen. Nun steht er in seinem Dilemma auf dem besagten Dach und sieht die nackte Nachbarin in der Sonne. Hypnotisiert folgt Larry dem erotischen Reiz, nach dem ja seine Frau die Scheidung will. Sie hat sich in den jovialen Freund der Familie, Sy Ableman, verliebt . Aber die permanent kiffende Frau entpuppt sich eher als langweilige Verführerin, als das er Trost erfährt. Weitere Verwicklungen lassen Larry nicht in Ruhe („Kulturkonflikt“ mit einem südkoreanischen Studenten, Anruf von einem Plattenlabel). Er bleibt weiterhin fragend, aber gefasst in seiner Situation. Larry steht zwischen der Wissenschaft und dem Glauben. Und der Glaube kann nicht wissentschaftlich erklärt werden.
                            Somit geht es nicht um das Finden von Glaubenssätzen, sondern um den realen individuellen Prozeß, dem letztendlich jeder Mensch unterliegt.
                            Die Coen-Brüder tun dies aus der Perspektive, die sie am Besten haben, nämlich dem jüdischen Glauben mit all seinen Widersprüchen. Der Film besticht durch seine subtile Atmosphäre zwischen Religionshingabe und Kritik an den Vertretern. Den strengen jüdischen Regeln, die im Alltag Anwendung finden, wird der gesunde Menschenverstand auf humorvolle, slapstickartige Weise entgegen gebracht (z.B. wenn wiederholt der „Gat“ erklärt werden muss). Die allgegenwärtige Komik, durch die vielen kleine Seitenhiebe auf die jüdische Religions-und Lebensweisen, ist eine gütige Komik. Sie spielt mit der ernsthaften Realität, ohne sie zu bloß zustellen.

                            Die Desillusionierung bestimmt unser Leben und wenn der Rabbi zu Danny Gopnik, dem Sohn, den Text von Jefferson Airplane zitiert:
                            "When the truth is found to be lies/ And all the joy within you dies/You better find somebody to love" erweitert sich die Bedeutung über den weltlichen Rahmen hinaus.

                            Am Ende ändert der locker gewordene Larry Gopnik die Note des südkoreanischen Studenten. Es wirkt, als würde er sagen: es wird die Welt nicht zerstören, aber ihm sicher helfen.
                            Die letzte Szene: eine apokalyptische Bedrohung in Form eines Tornados naht und Larry bekommt einen Anruf vom Arzt, was nichts Gutes heißen kann....
                            Wir erinnern uns an den Beginn des Films: "Receive with simplicity everything that happens to you" - ein Leitspruch des großen Rabbi Shlomo Yitzchaki, Rashi genannt.

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                              MeisterYoda 08.01.2017, 18:58 Geändert 08.02.2017, 20:49

                              Kann es etwas Reizvolleres geben, als eine Intrige, die an der Liebe scheitert?
                              „Die Taschendiebin“ entführt den Betrachter mit ästhetischen Nahaufnahmen, opulenter Gestaltung von Architektur und Kleidung und der Musik von Yeong-wook Jo, die an Philip Glass erinnert, in eine, für uns, fremde Welt: in das Korea von 1930.

                              Das Anwesen, in dem die Geschichte spielt, ist eine Verschmelzung europäischer und japanischer Architektur und verleiht dem Film so einen faszinierenden, universellen Charakter. Dieses Zusammentreffen von so unterschiedlichen Kulturen schafft einen kreativen Unruhepunkt, der trotzdem harmonisch anmuten lässt. Dafür sorgt die ruhige und langsame Kameraführung in prächtigen Cinemascope-Bildern und verhindert dabei eine Bildüberfrachtung. Diese scheinbare Ambivalenz der beiden unterschiedlichen Kulturen durchzieht sich durch den ganzen Film und schafft den filmischen Rahmen.

                              Aber das, für mich beeindruckende an dem Film ist seine ruhige Erzählweise aus mehreren Perspektiven, die insgesamt drei Kapitel gestalten, die zum Ende zu einer Perspektive münden. Ein klassisches Element der Literatur, was auch im Film immer wieder funktioniert.
                              Der innere Dialog ist ein großer Bestandteil unseres menschlichen Wesens. Mehr oder weniger gehen uns ständig Gedanken durch den Kopf, die zu unseren wohlbehütesteten Geheimnisses gehören können. Einblick zu einem anderen, mir nahe stehenden, Menschen zu bekommen, hat in mir immer schon eine Faszination ausgelöst. Was denkt er in bestimmten Situationen, was plant er? Diese Innenschau erlebe ich, wenn ich Sook-Hee zu Beginn der Geschichte begleite und ihr näher komme. Ich verfolge ihre subjektive Perspektive in Betrachtung und Bewertung der Geschehnisse und Personen und fühle, hoffe mit ihr und darf ihre Intimität der Gedanken mit erleben.Es offenbart sich mir ihre persönliche Welt, in der sie Ängste, Verunsicherungen, Sehnsüchte und Gefühle erlebt. Gerade die Gefühle sind es, die eine Veränderung ihrer eigentlichen Motivation, als Betrügerin zu fungieren, verursacht. Von ihrer Zuneigung und deren Erwiderung von der Herrin verwirft sie ihren hinterhältigen Plan und tut sich mit ihr zusammen. Dann die Wendung, als ich im Kopf einer anderen Person bin. Ziemlich überrascht bin ich angespannt und frage mich in der zunehmenden Dramatik: wie wird die Geschichte enden? Park choreografiert geschickt die Annäherung zweier, in unterschiedlichen Welten aufgewachsenen, Waisenkinder zu einer erotischen Geschichte. In der das Entgraten eines Zahns mittels eines Fingerhutes zu einem knisternden, erotischen Erlebnis wird. Dieses Liebesspiel zwischen den beiden Frauen steigert sich zunehmend zum Höhepunkt. Sehr schön anzusehen und sinnlich. Jedoch lassen die weiteren Liebesszenen der Frauen den Film, neben der zunehmenden Gewaltdarstellung bei den Männern, etwas an künstlerischen Wert verlieren. Sicherlich lassen sich archaische Grundmuster zwischen den Männern und den beiden Frauen erkennen. Aber ich finde, der Film würde auch ohne sie gut auskommen. Die berühmte Feststellung der klassischen Filmemacher: das die Andeutung einer Erotik, erotischer ist als seine genaue Darstellung, wäre wohl bei Parks Film angebrachter

                              Die düsteren Folgen männlicher, erotischer Vorstellungskraft werden im zweiten Teil des Films von Park offenbart.
                              Hinter der schönen Kulisse des prachtvollen Anwesens fristet Lady Hideko ein schauriges Dasein. Von klein auf vom Onkel gedemütigt und gezüchtet, nur um dann als Vorlese-Geisha frivoler Literatur den Männern im Anregen ihrer Fantasie, Vergnügungen zu bereiten.
                              Diese Beraubung ihrer Freiheit als Frau wird zum sexuellen Mißbrauch. Regelmäßig finden diese für die Männer erregenden Abende statt, wo Lady Hideko als Fantasieobjekt mißbraucht wird, jenseits ihrer wahren weiblichen Identität. Auch wenn sie selbst nicht einmal körperlich berührt wird, findet dieser Mißbrauch statt!
                              Der daraus folgende Weg für Lady Hideko in die Freiheit schafft ein tröstliches Ende.

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                                MeisterYoda 31.07.2016, 19:37 Geändert 01.08.2016, 13:15

                                Seit 2009, die Reboot-Reihe bei Star-Trek gestartet wurde , unterliegt nun jeder neugeschaffene Film der Bewertung und Kritik, ob er den typischen Star-Trekkriterien gewachsen ist. Es gab die große Pause bis J.J. Adams den Neustart wagte, da wird es immer schwerer Originaldarsteller in die Filme zu bringen, gleichzeitig werden technischen Möglichkeiten und auch Ansprüche immer gigantischer, die man zeitgemäß ausnutzen muss.
                                Da kommt es zur Frage, ob sich dies alles im Wege steht oder schafft man es das Anliegen und den Geist Gene Roddenberrys hoch zu halten.

                                "Beyond", ist in dieser Reihe wiederum ein actionsgeladenes Spektakel mit faszinierenden 3D-Effekten, die zu einem bildgewaltigen Film wurde, der zum unterhaltsamen Zurücklehnen einlädt.
                                Es wurden schöne und spektakuläre SciFi-Realitäten geschaffen: die Raumschiffe, die Weltraumszenen, die Architektur auf den Planeten, die Landschaften und vorallem die Ausserirdischen mit ihren Designs.
                                Alles großartig.
                                Aber für das Star-Trek Universum mit seinen Kulturen( wo sind die Klingonen, die Andorianer, Romulaner?) und einer langen Tradition über die Auseinandersetzung menschlicher Werte und Persönlichkeitsentwicklungen ist "Beyond" recht schwach.
                                Auch wenn Capt. Kirk sich über den Sinn seines Leben Gedanken macht , Spock und Pille ihre Berühungspunkte haben und Scottys Rolle klarer gezeichnet ist, haben doch die Crewmitglieder insgesamt zu wenig Screamtime. Die Einflussnahme von Simon Pegg am Drehbuch haben deutliche Defizite vom Vorgänger wett machen können: eine klarer Story Verlauf mit einzelnen Wandlungen. Die unlaubwürdige Darstellung des Antagonisten Khan in „Into Darkness“ konnte nun mit Krall überwunden werden. Das ist zumindest Gelungen und die Schaffung neuer Kreaturen setzt man eigentlich voraus. Der Showdown ist etwas an den Haaren herbei geholt, wenn "Beastie Boys"- Sabotage zum Retter der Crew wird. Aber was sollts, das Spektakel ist sehr unterhaltsam.
                                Wurden in „Star Trek“ die Werte der Förderation noch hoch gehalten, ist nach „Into Darkness“ nun auch im 3.Film nicht viel davon zu erleben. Bis auf Kirk gibt es keine Reflexion der Protagonisten mit sich selbst, Loyalität, Kameradschaft , Uneigenützigkeit werden nur schwach skizziert. In den Star-Trek Filmen vor dem Reboot war die Story mit seinen kaum zu überwindenten Schwierigkeiten ein Vehikel, um eine Auseinandersetzung mit menschlichen Werten erleben zu lassen.
                                Es war die Balance von tiefer Berührtheit, Action und auch Humor was Star Trek aus gemacht hat, unaufgesetzt und unverkrampft. Ich will damit einfach sagen, dass nun auch im 3. filmischen Versuch ausser den Crewmitgliedern und einigen Klischees vom typischen Star Trek-Feeling nicht viel zu erleben ist.
                                Der Film funktioniert als SciFi-Kracher optisch und Story mäßig super und wird viele ausserhalb der Star Trek- Fangemeinde begeistern.
                                Aber der Fan von Star Trek wird sich seine Gedanken machen, ob oder an was er sich in dem Film klammert, damit seine Welt in Ordnung ist.

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                                  MeisterYoda 09.05.2016, 19:43 Geändert 23.07.2016, 13:01

                                  Es gibt diese Schauspieler, diese Antihelden in der zweiten oder dritten Scheinwerferreihe, die durch ihre Einzigartigkeit eine ganz eigene Charaktere in ihre Rollen bringen. Dieser Reiz, der ganz speziellen Entdeckung, ist manchmal interessanter als die Story des Films selbst. Bzw. geben diese Darsteller ihren Filmen eine bestimmte Faszination nur durch ihre Präsenz. Somit wird es einfach genial diese Typen im Film zu sehen.
                                  Da sind z.B. Frederick Lau und Lars Rudolph, beide in einem Film war für mich Grund "Schrotten!" anzuschauen.
                                  Der Versuch der feindliche Übernahme des Goliaths der Schrottplatzszene von David ist ,in klassischer Western Manier, hier Thema . Auch der Konflikt zweier ungleichen Brüder ist klassisch. Aber wie läuft das Ganze. Und da bin ich wieder
                                  bei den Typen, auch Heiko Pinkowski kommt super, die die schrägen, schrulligen Dialoge und Parolen wie "Lieber tot, als Sklave!" cool und rotzig rüberbringen.
                                  Lukas Gregorowicz passend als der Gegenpart zum Proletenmilieu muß über seine Lebenskrise erkennen, was ihm diese lausige Schrottplatz-Familie wert ist.
                                  Jan-Gegor Kremp eher unauffällig, kommt aus seiner "Der Alte"-Rolle nicht weit heraus.
                                  Es macht keinen Sinn die oben genannten Darsteller mit ihren Krachern (Der Krieger und die Königin, Victoria oder Lammbock)) zu vergleichen.
                                  Aber "Schrotten!" ist sehr unterhaltsam und lässt viele deutsche Comedy- Versuche hinter sich.

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                                    MeisterYoda 13.03.2016, 23:29 Geändert 14.03.2016, 19:45
                                    über Orphée

                                    Gemäß der Sage ist Orpheus ein berühmter Sänger der griechischen Mythologie. Seine Braut ist die Nymphe Eurydike, die durch einen Schlangenbiss zu Tode kommt. Orpheus steigt in die Unterwelt herab und betört die Götter mit seinem Gesang. Unter der Bedingung, dass er sich beim Aufstieg in die Oberwelt nicht nach seiner Braut umschaut, darf er sie aus dem Reich des Todes retten. Orpheus kann sich nicht an die Vorgabe halten und so verschwindet Eurydike auf ewig in der Unterwelt.

                                    Cocteau nimmt diesen Stoff und platziert ihn ins Dichtermilieu des Paris der 50er Jahre. Als Dichter und Künstler schuf er mithilfe seines visuellen Einfallsreichtums und der großartigen Schauspieldarbietungen, ein poetisches Werk von hohem Anspruch .
                                    Cocteau spielt in der Welt der Schatten mit metapherhaften Bildern von Liebe und Tod, für die damalige Zeit mit raffinierten Kamera- und technischen Tricks voller Anspielungen.
                                    Der dichterische Wechsel zwischen Leben und Tod, zwischen Wachsein und Träumen, steht im Mittelpunkt von Cocteaus Orpheus-Film und macht ihn so reizvoll.

                                    In Cocteaus Verwandlung ist Orpheè (Jean Marais) ein beliebter und narzisstischer Pariser Dichter. Er ist fasziniert von der hübschen Prinzessin und der Parallelwelt.
                                    Er ahnt nicht, dass es sich dabei um den personifizierten Tod handelt, der dabei ist, sich unsterblich in ihn zu verlieben. Zurück in seiner bürgerlichen Existenz belasten die Erlebnisse die Ehe zwischen Orphée und Eurydice zusehends. Immer mehr entfremdet sich der Dichter von seiner einstigen Liebe.
                                    Heurtebise, der Chauffeur des Todes, sieht das Unglück kommen, kann er es noch aufhalten? Er, der Fährmann zwischen den Welten.
                                    Der Wechsel aus dem Diesseits ins Jenseits durch den Spiegel, vom modernen Paris in die karg ausgestattete Schattenwelt birgt das Unheimliche in sich und beflügelt die Fantasie . Der Spiegel wird somit zur Hauptmetapher der Geschichte (s.Titelbild)und zeigt, was tatsächlich da ist und konfrontiert Orpheè mit dem, was er nicht sehen will: Orpheè, ist so sehr in seine Kunst verliebt, dass er nicht mitbekommt wie seine Frau Eurydike stirbt. Jedoch macht er sich auf den Weg in die Unterwelt um sie wiederzuholen. Seine Bitte wird ihm gewährt, jedoch unter der Bedingung, dass er sich nicht umdrehen darf um sie anzusehen, da sie ansonsten für immer in der Unterwelt bleiben müsse.
                                    Cocteau zieht den Zuschauer in ein kunstvoll verschachteltes Labyrinth aus poetischen Metaphern, mythologischen Anspielungen und ironischen Sticheleien auf die Schattenseite des modernen Künstlers. Der Film thematisiert einen zwischen kompromisslosem Willen zur Kunst und Todestrieb gebeutelten Künstler, der sich in seiner eigenen Traumwelt verliert. Damit offenbart sich das ewige Thema in der Kunst: das Verhältnis zwischen dem Künstler und seinem Werk bzw. wie weit steht der Künstler seinem eigenen Werk im Wege. Immer wieder verweisen Metapher,
                                    auf die Vergänglichkeit des Irdischen bzw. materiellen Reichtums.
                                    Sogar der Tod bedient sich der Anhaftung des Menschen am äußeren Reichtum.

                                    Aus der Recherche finden sich einige Statements Cocteaus zu dem Film:
                                    „Es gibt im Orpheus-Film keine Hintergründe. Ich habe mit ihm auch keine Thesen aufstellen wollen. Es ist ein Werk von jener Art höheren Realismus, wie er zum Sieg der modernen Dichtung geführt habe.“
                                    „Man werde, sagte Cocteau, den Film nie begreifen, wenn man das Mysterium der Liebe mit dem Verstande und nicht mit dem Gefühl erfassen wolle. Dem Stil nach ähnele der Film weder einer Komödie noch einem Drama, eher einem großen Kriminalfilm. Die Rolle der Prinzessin des Todes z. B. entspreche der in Liebe entflammten Spionin in einer Kriminalstory. Sie richte sich selbst zugrunde für den, den sie liebe.“
                                    "Regisseur Jean Cocteau meinte, er sei ein Dichter, der die Kamera als Vehikel benutze um es allen zu ermöglichen ein und denselben Traum zu träumen. Der Traum als Variation der Realität, als metaphorische Annäherung an die Wirklichkeit.
                                    Also träumte Cocteau seinen Lieblingstraum, die Sage von Orpheus und Eurydike, die er in seinem schmalen filmischen Opus von gerade einmal 12 Werken gleich dreimal bearbeitet bzw. adaptiert hat." aus Filmtipps.at

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                                      MeisterYoda 04.02.2016, 18:46 Geändert 04.02.2016, 19:10

                                      "...wenn ich alt bin will ich auch Alzheimer haben , das ist ja so lustig." hörte ich einen Jungen nach dem Kinobesuch sagen.

                                      Na, Herr Schweigtschiller das war doch mal ein Volltreffer.
                                      Egal ob es pietätlos Betroffene und Angehörige kränkt, Hauptsache die Kasse stimmt und Nick-Tilniko steht im Rampenlicht und kann sich wichtig tun.

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                                        MeisterYoda 24.01.2016, 09:56 Geändert 23.03.2016, 10:39

                                        Es ist das Paris im Jahre 1827: Auf dem Boulevard du Crime herrscht reges Treiben. Straßenkünstler und Gaukler beherrschen den pittoresken Schauplatz, auf dem es dicht gedrängt von schaulustigen Besuchern nur so wimmelt.
                                        Hier begegnen sich eine Handvoll Menschen, deren Schicksale zeitlebens miteinander verbunden sein werden: die schöne Garance, der sensible Pantomime Baptiste Debureau, der Schauspieler und Frauenliebhaber Frédéric Lemaïtre, der Graf Eduard von Monteray und der anarchistische Gauner Lacenaire.
                                        Und ein leidenschaftliches Beziehungskarussell nimmt seinen Lauf.
                                        Liebe und Schicksale, scheiternde Hoffnungen und Enttäuschungen verweben sich in der kunstvollen Arbeit Carnés und Préverts. Vor dem Hintergrund der illusionären Welt der Bühne entstand ein gleichnishaftes Gesamtbild vom Leben als Theater und vom Theater als Lebensbühne.

                                        Von Beginn an offenbart der Film eine einzigartige Erzählweise. Jede Szene ist mit vielen Informationen über diese unterschiedlichen Charakteren angereichert und treibt in ausgewogener Weise den filmischen Spannungsbogen in verschiedene Richtungen.
                                        Beim Betrachten des Films erlebe ich einzelne kleine Episoden, wie an einer Perlenschnur aneinander gereiht:
                                        Die Melancholie des Pantominen Debureau und einer wie von Balsac geschaffenen Kurtisane, die Verzweiflung einer treuen Gattin, die Bohème eines berühmten Schauspielers , der Anarchismus eines intellektuellen Mörders , die populären Theater, der Boulevard du Crime, die türkischen Bäder, die Kaschemmen und natürlich die Menschen dieser Zeit im Spiel des Lebens.
                                        Sie sind Elemente einer prächtigen Unterhaltung, deren Vollkommenheit fast unvergleichlich ist. Ich habe den Film schon oft gesehen und bin immer wieder von seiner Vielschichtigkeit und Balance begeistert.
                                        Alle Figuren sind, gemäß eines Shakespeare-Theater, klar skizziert und mit großartigen Dialogen ausgestattet, die eine poetisch-dramatische Grundstimmung erzeugen.

                                        Der Film vereint in bestechender Harmonie Romantik und Realismus, Melancholie und Lebensfreude. Eine ganze Epoche, der Aufbruch künstlerischer und philosophischer Ideen werden in der Handlung und im Bild lebendig.
                                        Ich finde ein wesentlicher Aspekt, der die Faszination des Filmes begründet, liegt in der Konsequenz der Handlung. Alle Männer, so unterschiedlichen Charakters sie auch sind, verhalten sich der Frau gegenüber auf die ihnen durch ihr jeweiliges Wesen vorgegebene Weise. Die vielschichtige und immer wieder abgebrochene und kommentierte Handlung folgt den fünf Personen, die aneinander gekettet sind und ihr Schicksal nicht selbst bestimmen können. Besonders bemerkenswert finde ich die filmische Metapher der tragischen Ironie, wenn – zum Schluss des Films – Baptiste die Spur Garances im Gewühl als Pierrot verkleideter Karnevalisten verliert, eben jenem Kostüm, in dem er selbst vorher auf der Bühne brilliert hat.

                                        Den Hintergrund des Films bildet ein Diskurs über Kunst und Wirklichkeit, gestützt durch das Nebeneinander verschiedenen Formen der Schauspielerei: Melodram , Tragödie , Pantomime.
                                        Dieses Werk verdiente sich den großen internationalen Erfolg auf Grund seiner Noblesse, seiner Balance, seiner Qualität, seines Raffinements und der schauspielerischen Leistung.
                                        Ein Meisterwerk der Filmgeschichte.

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                                          ....Til Schweiger reitet jeden Film runter, gute Story halt falsch besetzt

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                                            MeisterYoda 24.01.2016, 00:02 Geändert 23.07.2016, 13:16

                                            Erwischt.....
                                            Seit Jahren begleitet mich Star Trek, ohne mich als Trekkie zu bezeichnen,
                                            das ist mir zu platt.
                                            Meine Faszination beginnt bei TNG über Voyager bis zu DS9, bei Enterprise habe ich nur ein "sehr gut" zu bezeichnen.
                                            Bei diesen erst 3 genannten Serien ist ein entwickelter, menschlicher Umgang zu erleben, wie es seines Gleichen bei anderen Serien, in dieser Intensität und vorallem Kontinuität, vergebens sucht.
                                            Gerade die aktuelle Weltsituation macht deutlich wie weit der Mensch von diesem einfachen auf Respekt und Liebe beruhenden Prinzip entfernt ist.
                                            Die Crew-Mitglieder diser Serien werden in ihrem Handeln nicht von Gier, Neid und Eifersucht beherrscht. Das "Dunkle" wird von ihnen thematisiert und mit einem hohen Maß an Selbstreflexion überwunden. Sie verfallen nicht der Selbstsucht, Egozentrik und nehmen Kritik nicht persönlich. Ich habe schon das Gefühl, dass das Loslassen ein Grundprinzip der Kommunikation darstellt. Die hohe Vision einer friedlichen Galaxie, nicht nur der Erde, da die schon friedlich ist, wird zum obersten Ziel, dem sich das Handeln unserer Helden, trotz aller persönlicher Schwierigkeiten, unterordnet. Dabei folgen sie keinem Diktat von "oben", sondern einem kollektiven Zusammensein. Sie erleben ihre eigene Individualität und achten diese auch in den anderen, fremden Kulturen.
                                            Zu Erkennen ist auch ein mythologische Hintergrund dabei. Ähnlich wie bei Star Wars sind Elemente aus verschieden Relegionen und Mythen zu finden. (Es gibt z.B. ein super Doku über Star Wars -Die Geschichte einer Saga).
                                            Mich begeistert auch die Entwicklungsfähigkeit der Crewmitglieder innerhalb der Serie. Von Folge zu Folge mit zu erleben, wie sie in ihrer Persönlichkeit wachsen finde ich faszinierend. Es offenbart sich
                                            ein großer ,menschlicher Facettenreichtum dabei.
                                            Gerade bei DS9 fällt mir das sehr, die sowieso am Stärksten von den zwischenmenschlichen Prozessen geprägt ist.
                                            Es ist sicher einzigartig, dass es in den Serien kein fertiges, endgültiges Konzept gibt. Viele kleine Puzzle von Ideen fliesen im Laufe der Serien zusammen und lassen die jeweilige Serie zu etwas werden, wie es keiner so angelegt hat. Und es ist am Ende großartig.
                                            Mir fällt dabei auf, dass sich Star Trek für mich persönlich nicht abnutzt und beim wiederholten Schauen einer Folge sich immer wieder neue Dinge entdecken lassen.

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                                              MeisterYoda 11.12.2015, 14:15 Geändert 11.12.2015, 14:18

                                              „Goodbye, Blacky“....
                                              …..Clarke Gable: „Stirb so, wie du gelebt hast“.....

                                              die letzten Worte in dem Film „Manhattan Melodram“ mit Clarke Gable, den John Dillinger gesehen hat, bevor er erschossen wird.

                                              100 Minuten Prolog, bevor ein großartiges, dramatisches Ende erfolgt.
                                              Eine einzigartig, intensiv geführte Kamera mit atmosphärischem Tempo, verbunden mit einer stimmungssteigernden Musik gestalten ein Filmende, wie es ergreifender und einzigartiger nicht sein kann. Ein Ende vom Leben erschaffen, das eine Fiktion nicht toppen kann.
                                              Das muss es gewesen sein, was Michael Mann wahrnahm und DIESES Film-Ende schuf.

                                              Michael Mann präsentiert mit ungewöhnlichen Mitteln seine Sichtweise auf die wahre Story von John Dillinger. Mit dem Verzicht der spektakulären Action und einer glasklaren Bildauflösung sowie einer Entschleunigung der dramaturgischen Tiefe entsteht eine filmischen Ambivalenz auf die man sich einstellen muss. In der kühnen, unkonventionellen Gestaltung des Films passen seine Charaktere in keine greifbare Schablonen.
                                              Die Protagonisten erscheinen vielschichtig und widersprüchlich deren sichtbare Merkmale mit verschiedenen Grauzonen verwischt werden. Man hat nicht das Gefühl sie irgendwie fassen zu können. Ob Dillinger, Purvais, Billie, Hoover sie wirken charismatisch und doch kühl. Die schauspielerische Leistung von Johnny Depp, Christain Bale, Marion Cotillard, Billie Crudrup, Stephan Lang und Giovanni Ribisi ,der sich auf eine kleine Rolle einließ, ist großartig.
                                              Ebenso bleibt in der Handlung einiges ungeklärt, es entstehen Sprünge und der Spannungsbogen wird immer wieder unterbrochen, was alles eine hohe Aufmerksamkeit erfordert.
                                              Diese Widersprüchlichkeit ist jedoch gewollt und bringt den Betrachter dazu, wirklich in den Film einzutauchen oder uninteressiert „auszusteigen“.
                                              Einen großen Anteil für die ambivalente Stimmung des Films hat der Kameramann Dante Spinotti. Er drehte wie schon zuvor (Heat, Collateral) mit einer digitalen HD-Handkamera. Mit HD-Video ist eine opulente Bildgestaltung mit einem sehr hohem Schärfegrad und Farbkontrast möglich und lässt Spinotti die Realität zu einem filmischen Overflow erscheinen. Jedes Bild, jede Szene ist mit so viel Informationen voll gestopft, dass weitere Sichtungen des Films zur Herausforderung werden, noch mehr offensichtliche oder versteckte Details zu entdecken. Der Schärfegrad lässt alles so echt erscheinen und ist auf mehreren Ebenen noch glasklar präsent. Die fett aufgetragenen Klischees der 30er, die Texturen, das Licht und die Bewegung wirken teilweise surreal und können auch nur so gesehen werden.
                                              Dann das Ende des Films: alles zusammen fließt und wird zum Höhepunkt.

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                                                Herzen in Aufruhr , was für ein unpassender Titel.
                                                Kate Winslet machte mich auf die Romanverfilmung von Thomas Hardys "Jude the Obscure" neugierig. Und ich erlebte überraschender Weise einen sehr vielschichtigen, gesellschaftskritischen und in die menschliche Psyche gehenden Film. Leider wurde er sehr unterschätzt und bekam wenig Beachtung.

                                                Literaturverfilmungen haben es grundsätzlich schwer gegenüber ihrer Vorlage anerkannt zu sein. Ich finde es generell sinnlos eine Romanverfilmung mit seinem literarischen Werk zu vergleichen. Da es sich um zwei völlig unterschiedliche Kunstformen mit dem entsprechenden unterschiedlichen Ausdrucksmitteln handelt. Eine Welt im Kopf entstehen zu lassen, ausschließlich durch Worte ist doch ein so fantastisches und komplexes Erlebnis. Somit muss der Film für sich als Kunstwerk funktionieren.
                                                Der Regisseur Michael Winterbottom versetzt uns in das viktorianische Zeitalter Englands zum Ende des 19. Jahrhunderts. Diese Zeit ist geprägt von den gesellschaftlichen Konventionen und Moralvorstellungen der anglikanischen Kirche. Atmosphärisch führt uns der Regisseur in schwarz-weiß Bildern durch Judes Kindheit, die seine Unangepasstheit und seinen Wissensdrang erkennen läßt. Judes Ehrgeiz wird nicht belohnt, sein gesellschaftlicher Stand verhindert eine naturwissenschaftliche Karriere. Er akzeptiert es, gibt aber nicht auf, sein Ziel später zu verwirklichen.
                                                Mit seiner couragierten Cousine Sue findet Jude später eine Frau, die wie er sich nicht um gesellschaftlichen Konventionen kümmert. Er ist begeistert von Sues Kraft nach geistiger Freiheit und innerer Unabhängigkeit. Und beide lassen eine Liebe zu, die nicht sein darf. Als Cousin und Cousine und gefangen in gescheiterten Ehen, versuchen sie dennoch, ihre Liebe zu leben.
                                                Düster und tragisch ist der Grundton von Herzen in Aufruhr und dementsprechend grau und trist sind auch die Bilder, die der Kameramann Eduardo Serra für die Konflikte des Paares mit der Außenwelt findet. Aber ihre beider Entschlossenheit und ihr Mut hält, trotz der immer wieder kehrenden Enttäuschungen, den Optimismus des Films aufrecht. Jude und Sue scheinen für eine Zeit lang eine Alternative zu dem starren Lebenskonzept der damaligen Zeit gefunden zu haben. Wir Menschen kämpfen aber nicht nur gegen gesellschaftliche Verhältnissen, größer kann auch das Schicksal sein und uns auf die Probe stellen. Erst die Tragödie entzieht beiden die Kraft und lässt sie vor dem Abgrund stehen. Der Nähe zum Roman entsprechend, folgen viele Wendungen und Begebenheiten, die in ihren vielschichtigen Interpretationsmöglichkeiten reizvoll bleiben. Die damals 19 jährige Winslet beeindruckt mit ihrer typischen, intensiven Charakterdarstellung. Sie verkörpert mit Sue eine charakterfeste Frau mit weiblicher Sinnlichkeit. Sue bleibt nicht in ihrer hölzernen Kampfhaltung gegenüber der Gesellschaft stecken, sie ist auch reizvoll und erotisch. Entschlossen bleibt Sue in ihrer Haltung wahrhaftig und authentisch, um keinerlei persönliche Verbiegung zu zu lassen. Aber sie hat eine Verantwortung für die Familie und ihre Kinder. Jude sagt zu ihr, dass sie klüger sei als er. Aber Jude ist weltklug. Er würde einen Weg in der Welt finden. Denn er erkennt, wie wichtig es ist, für die Familie da zu sein. Im Zorn macht Sue eine Aussage, ohne auf die Konsequenzen zu achten, die zur Tragödie führt. Hiermit beginnt die Diskussionen über Helden, Idole und Vorbilder. Wie weit darf man für seine Ideale kämpfen und alle Konsequenzen dafür in Kauf nehmen? Lenin , Che Guevara , Jim Morrison hatten keine Familie mit Kindern. John Lennon hat sich rechtzeitig für die Familie zurück gezogen. Thomas Hardy setzte der destruktiven Gesellschaft ein Weltbild entgegen, in dem der Mensch von einem irrationalen Willen beherrscht ist, der die Hauptfiguren ins Unglück stürzt. Es kann auch Widerstand sein, seine Überzeugungen für sich zu leben, ohne eine große Rebellion . Jeder kann den Frieden im Inneren leben, in seiner kleinen Welt mit seiner Familie und Mitmenschen. Es sind Kompromisse nötig für den Erhalt seiner kleinen Welt.
                                                Das Schicksal führte Thomas Hardy in eine tiefgreifende Entscheidung: Nach dem Erscheinen von "Jude the Obscure" geriet er wegen allzu starker Gesellschaftskritik ins Kreuzfeuer der Journaille und schrieb fortan nur noch Gedichte.

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                                                  MeisterYoda 28.10.2015, 15:19 Geändert 21.02.2016, 10:35

                                                  Ein modernes Märchen
                                                  Egal, ob man von Wes Andersons Filmen sehr oder wenig begeistert ist,
                                                  auf jeden Fall wird der Zuschauer immer in eine sehr eigene und fantastische Welt hineingezogen.
                                                  Moonrise Kingdom, wie ein modernes Märchen inszeniert, drückt in besonderer Weise Andersons Kreativität und Taktgefühl aus.
                                                  Eine leicht überschaubare Geschichte dient für ihn als Anlass Filmset, Kamera, Dialoge, Charaktere und Musik zu einer durchkomponierten Einheit zu verschmelzen und dem Zuschauer seine Botschaft über eine verkorkste Erwachsenenwelt zu vermitteln. Dabei ist, wie könnte es auch anders sein, Andersons typische Bildsymmetrie, seine aufwendige Detailtreue in Kostümen, Utensillien und auffällige Farbgestaltung im gesamten Film durchzogen.
                                                  Andersons Film lebt von permanenten Gegensätze, die sich jedoch nicht ausschließen: exzessiv und gehemmte Erzählweise, das Set schwelgt mit Detailgenauigkeit im Überfluss und dennoch wird, wie auf einer Theaterbühne, reduziert, die eine Tendenz bedroht dabei die andere. Zum optischen Erlebnis werden die knallig farbigen Sets, übervoll an kitschigen Kleinkram, die millimetergenauen Schwenks und mechanischen Fahrten der Kamera. Das alles wird gesteigert durch die vielen handlungsbezogenen Details, die jedem 60er Jahre Vintage-Fetischisten Tränen in die Augen treiben müssen: tragbarer Plastik-Plattenspieler, Tapete und Lampenschirm, Kleidung und Accessoires uvm. Obendrein die Figuren: mehr Neurosen und Marotten als Finger an den Händen und dabei doch nur Gefangene in den Abgründen von Automatismus, Selbstwichtigkeit und Weltentfremdung.
                                                  Aber zwischen den karikierten Figuren und dem schrulligen Humor verbirgt sich die wunderbar gefühlvolle Liebesgeschichte zweier zwölfjähriger Kinder, untermalt von sensiblen Orchesterklängen (Benjamin Britten , Alexandre Desplat).
                                                  Die erste Begegnung, der hoffnungsvolle Briefwechsel, das herrlich unsichere Wiedersehen, die mit augenzwinkernder Lagerfeuerromantik angereicherte Pfadfinder-Odyssee, der erste Kuss …, drücken in ergreifender Weise die Unschuld und infantile Entschlossenheit der beiden jung Verliebten aus. Und alles ohne Pathos und ohne Kitsch!
                                                  Das alles würde so schön dahin plätschern, wäre nicht die eigentliche Tragik hinter den beiden liebenswerten Ausreißern: die Eltern bzw. Pflegeeltern, die aus Egoismus und fehlender Empathie jede Verbindung zu ihren Kindern verloren haben. In eine Außenseiter-Rolle gedrängt werden Suzy und Sam zu Monstern, Abtrünnigen, die von Kindern und Erwachsene gemieden werden. Wie ein Pendelschlag schlägt meine humorvolle, entspannte Stimmung in die traurige Betroffenheit über die destruktive Haltung der Pflegeeltern des Jungen als sie dem Lagerkommando mitteilen, dass sie Sam als Pflegekind nicht mehr haben wollen. Einfach so braucht das angenommene Waisenkind nicht mehr zu ihnen zurück kommen. Suzy in ihrem stereotypen Elternhaus schon längst als abartig abgestempelt, fühlt sich vom Rest der Welt isoliert. In ihrer Einsamkeit flüchtet sie in ihre eigene Fantasiewelt. Suzys Fernglas ist ein magischer Gegenstand, der ihre Sehnsucht, der Ferne näher zu kommen, erfüllt.
                                                  Wir erleben die Welt der Erziehungsberechtigten in ihre Arroganz und Gefühllosigkeit. Schaurig !
                                                  Das gemeinsame Schicksal bringt die beiden Kinder zusammen und als sie sich begegnen geht für sie die Sonne auf. Das Märchen wird spürbar.
                                                  Ihre abenteuerliche Reise ist somit nicht nur eine Folge kindlichen Leichtsinns beim Suchen und Finden ihrer jungen Liebe. Es ist in erster Linie eine Flucht aus ihren häuslichen Welten, Gefängnissen der Ordnung und Lieblosigkeit. Grandiose Kamerabilder stellen das Haus der Bishops bzw. Sams Pfadfinderlager als reinen Komplex aus Symmetrien dar. Die straffe Ordnung spiegelt die Zwanghaftigkeit und Bewegungslosigkeit der Erwachsenen wider, denen die Kinder ausgesetzt sind.
                                                  Erst als die beiden Jung-Rebellen diese Welten mehr und mehr hinter sich lassen und in die reine Natur als rührend-utopischen Ort kindlicher Unschuld und Freiheit drängen, wird diese aufdringliche Bildsymmetrie exponentiell abgebaut. Ihre Sehnsucht nach Freiheit erfüllt sich in der kleinen Bucht: Moonrise Kingdom.

                                                  Es spricht jedoch auch erheblich für Anderson, dass er die Erwachsenen, jene "Oberhäupter" dieser beherrschenden Komplexe, auch nie direkt verurteilt, denn eigentlich sind sie seelisch noch viel ärmer dran als ihre offiziell für psychisch gestört erklärten Schützlinge Sam und Suzy. Lediglich der Rundumschlag der, zu Karikaturen reduzierten Erwachsenen findet seinen Höhepunkt in der Frau vom Jugendamt , die mit der Anrede „Jugendamt“ zu einer zum Grausamen neigenden Person abgestempelt ist.
                                                  Und so jagen nach einiger Zeit ein lächerlich wirkender Pfadfingerführer mit Generalallüren (Edward Norton), zwei im Ehewahnsinn gefangene Juristen (Bill Murray, Frances McDormand), ein leicht verpennter Insel-Polizist (Bruce Willis) und eine dämonischen Sozialarbeiterin (Tilda Swinton) auf einer winzigen Insel im Neuengland der 1960er Jahre nach den Runaway Lovers.
                                                  Wes Andersons Kinder sind das, was die Erwachsenen gerne wären: authentisch, offen, gefühlvoll. Mit rücksichtsloser Ehrlichkeit sagen sie einander stets unumwunden die Wahrheit, finden auch immer die wenigen nötigen Worte, um sich zu sagen, was sie lieben, was sie hassen, was sie wollen, was sie fürchten. Einmal streiten sich Suzy und Sam, und sie verkriecht sich ins knallgelbe Zelt. Er braucht nur einen kurzen Moment , um den Reißverschluss zu öffnen, um alles wieder gutzumachen: „I’'m sorry. I’m on your side.“ Die Erwachsenen, hingegen sind widersprüchlich, verlieren sich in ihren Rollenspielen von Räuber und Gendarm, Ehemann und Geliebtem, Vollstreckungsbeamten und Gericht.
                                                  Die Welt scheint auf dem Kopf zu stehen. Grönemeyers „Kinder an die Macht“ lebt auch bei Wes Anderson.
                                                  Er hegt unbestreitbar Sympathien für alle seine Figuren und will sie Wege finden lassen, die aus der Misere des neurotischen Erwachsenen- und des gehemmten Kinderlebens führen. Die Kinder entwickeln Solidarität und Erwachsene erkennen ihre Fehltritte. Gibt es eine bessere Motivation, um zur Erkenntnis zu kommen: Never give up!
                                                  Dieser spürbare Optimismus wirkt aufbauend und macht mit dem
                                                  Happy End das Märchen komplett.

                                                  Moonrise Kingdom ist ein liebenswerter, tragikkomischer und gewollt aus der Sicht der Kinder gemachter Film. Ohne Scheu schwelgt Anderson in regressiven Fantasien, er idealisiert eine Jugend, die wahrscheinlich so nur aus der Perspektive eines Erwachsenen Sinn ergibt. Die Schwächen des Films liegen sicher in zu viel Kontrolle, die Verfremdung wirkt sehr von außen determiniert, die Überraschungen sind geplant. Dennoch hat Wes Anderson sehr überzeugend alle Stärken seines stilistischen Repertoires ausgespielt und damit ein weiteres Kunststück vollbracht: unverkennbar zu bleiben und doch immer weiter Neuland zu erschließen. Den Beweis erbringt er dann mit „Grand Budapest Hotel“ .

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                                                    Lass die ersten 30 Minuten des Films weg,
                                                    mach dich locker, (du weist schon was DICH locker macht) und die wilde Fahrt im 68er Shelby Ford Mustang nimmt dich mit.....

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