Muffin Man - Kommentare

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    Muffin Man 12.10.2017, 23:23 Geändert 12.10.2017, 23:35

    "Hacksaw Ridge" watet durch das Pathos wie seine Soldaten durch Gedärme. Vom dümmlichen Anfang mit seiner grässlich geschriebenen und gespielten Romanze und einem Vince Vaughn hart an der Grenze zur völligen Selbstparodie bis zum Ende, bei dem ein moderner Jesus auf einer Bahre durch die Lüfte gehievt wird, bietet Mel Gibson als Gott des Gemetzels ein Kuriosum eines Kriegsfilms, der mit geheucheltem Pazifismus irritiert und mit inkonsistentem Ton unfreiwillig amüsiert.

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    • Wie ich vor 8(!) Jahren geschrieben habe: Tom Petty hat mein musikalisches Leben geprägt, seine Musik hat mich die erlebnisreichen Jahre des Erwachsenwerdens hindurch immer begleitet. Die melancholische Sehnsucht des Westküstenhighwayrocks hat mich, wie das Andy formuliert, komplett mitgenommen. Ich habe ihn leider nie live gesehen.
      Der Rock'n'Roll-Star hat nun seinen letzten Tanz getanzt, aber die Musik wird auf dem Parkett noch lange hallen. Mach's gut, Tom.

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        Muffin Man 18.01.2017, 00:39 Geändert 18.01.2017, 00:41

        Was sich mit "The Force Awakens" ankündigte, wird mit "Rogue One" bestätigt: Die Disney-Maschinerie liefert in ihrer jährlichen Fließbandarbeit mediokren Müll à la Marvel, zum Sterben zu viel, zum Leben zu wenig. "Rogue One" ist dabei durch das hilflose Abgleiten des Drehbuchs in bemühtes Vater-Tochter-Trauma und die vollkommen uninspirierte Deutung des zentralen Datenklaus als reines Brute-Force-Unterfangen sogar noch vergessenswerter als letztjähriges "Star Wars"-Filmprodukt. Eine tatsächlich phantastische Szene gegen Schluss macht den Kinobesuch immerhin nicht ganz zur reinen Geldverschwendung, täuscht aber auch nicht darüber hinweg, dass die besten filmischen Zeiten des Franchises Jahrzehnte zurückliegen und auch unter dem neuen Management wahrscheinlich nicht wieder auferstehen werden.

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        • Ich hatte bis heute keine Ahnung. Ich bin fassungslos und weiß gar nicht, was ich sagen soll.

          Ich erinnere mich gerne an unsere Austausche im Gästebuch oder per PM; über "A Serbian Film", "Krieg und Frieden", Musikvideos, Russland, alles zusammen haben wir diskutiert. Er hatte einen tollen Sinn für Humor und es hat immer Spaß gemacht, sich mit ihm auszutauschen.

          Ich bin tief betroffen, dass er nun einfach so aus dem Leben gerissen wurde.

          Mach's gut, lieber Dimi. Ich werde an dich denken.

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            Dieser Kommentar ist in kleine Einzelkommentare zu jeder Folge aufgeteilt. Entstanden sind sie direkt nach der jeweiligen Sichtung. Ich dachte, es könnte interessant sein, so meine Eindrücke über den Verlauf der Staffel nachzuvollziehen.

            Folge 1:
            - Ganz allgemein: Das scheint so eine Mischung aus "Twin Peaks" und den M83-Musikvideos mit den telekinetischen Kiddies zu sein (https://www.youtube.com/watch?v=dX3k_QDnzHE; https://www.youtube.com/watch?v=DJQQrjVmQG0)
            - Das Intro ist praktisch 1:1 aus "The Terminator". Okay.
            - Soundtrack, von dem ich Gutes gehört habe, ist schon nach einem Track klasse.
            - Sheriff ist versifft und tablettensüchtig. So ein bisschen Klischee muss sein.
            - Bin nicht überzeugt von dem ganzen Elektromonster und dem Kind-als-übernatürliches-Experiment-Zeug. Ist mir alles zu on the nose. Mag die Art von Mystery, die langsam stranger (things) wird, lieber, als das hier.
            - Ich wette, das Kind ist jetzt im Stromkabel. War nicht so was Ähnliches im "Twin Peaks"-Film?
            - "Africa" von Toto, während's draußen regnet. Nice.
            - Ist ja da auch ein Gewitter. Strom und so.
            - War abzusehen, dass das mit dem Restaurantbetreiber und Numero 11 nicht lange gutgeht.
            - Ich wette, die Kinder benutzen den fetten Radiokommunikator des Lehrers später plotrelevant.

            Folge 2:
            Gefällt mir deutlich besser. Das Übernatürliche ist weniger plakativ, und mit mehr Einblick in das Leben der Charaktere steigt auch das Interesse an ihnen. Kann aber nicht umhin zu denken, dass das alles deutlich besser wäre, wenn das Ganze mit der Forschungseinrichtung und dem Strommonster nicht schon bekannt wäre. Weiteres:
            -Weiß nicht, warum der Bruder von Will in der Schule auf einmal zum geschassten Nerd mit runterhängender Postur wird. Macht sonst einen anderen Eindruck.
            - Guter Schluss.
            - Nie im Leben hat er mit der Kamera solche Bilder schießen können - das Objektiv hat nicht die Reichweite, außerdem war's zu dunkel.
            - Sehr schöner Shot, als der Sheriff nachts auf der Veranda steht. Links durch den Türrahmen tiefes Blau, rechts durch die Lampe gelb-orange.

            Folge 3:
            Schlechteste Folge bisher. Der ganze Subplot um die bösen Experimente der bösen Wissenschaftler ist mir zu dämlich (hatte auch was von "Beyond: Two Souls", was auch gleich mal für Brechreiz sorgt). Ist vielleicht ein gewisser B-Movie-Charme gewollt, reißt für mich aber alles runter. Hab die Befürchtung, dass die Serie schon auseinanderbricht. Da muss jetzt was kommen, was mich unerwartet trifft. Weiteres:
            - Sah das Monster nicht ein bisschen aus wie so eins aus "Silent Hill 2"? So mit Schlitz als Gesicht?
            - Winona Ryder ist richtig gut.
            - So Schul-Jocks mussten da auch noch rein, wa.
            - Will ist nicht tot, er ist im Stromkabel! Kann sich Casper der Geist nicht auch so fortbewegen?

            Folge 4:
            Das war deutlich besser, einfach weil das Pacing dermaßen anzieht und sich der Wissensvorsprung des Zuschauers über die Charaktere deutlich verringert. So taugt die Mystery auch mehr. Ich habe zum Schluss der Folge auch zum ersten Mal einen guten "Akte X"-Vibe verspürt. Ich glaube, das kann doch noch was werden. Weiteres:
            - Noch mehr Photomagie, hä?
            - David Harbour ist richtig gut.
            - Aha, der fette Radiokommunikator wurde plotrelevant eingesetzt!
            - Der Bruder von Will - das sind doch zwei Charaktere. Einer für das Schulumfeld, einer für den Rest.
            - Ach, diese Klischee-Sätze. "Ich beobachte Leute lieber, als mit ihnen zu interagieren, weil sie nicht immer sagen, was sie meinen".

            Folge 5:
            Uuund.. wieder Schrott. Die Anschaubarkeit dieser Serie fluktuiert wie mein Ausschlag. Risse in der Wirklichkeit, Paralleluniversum, Schleimmonster... Das ist ordentlich gemachter Schrott, nicht mehr, nicht weniger. Verstehe den Hype nicht. Am schlimmsten: das ist keine gute Mystery. Da ist ja kaum was Mysteriöses dabei! Die Spannung ist auch wieder total erlahmt. Weiteres:
            - Die Szene mit dem Physiklehrer war doch aus "Donnie Darko".
            - Ich hab die Schnauze voll von den Untersuchungen der Kinder. "What's wrong with you?!", schon wieder? Das dreht sich derbst im Kreis.

            Folge 6:
            Wie jede gerade Folge hat mir die wieder besser gefallen, da erneut erhöhtes Pacing. Sonst bleibt halt alles beim Alten: stark vorhersehbar.

            Folge 7:
            Was soll ich schon sagen. Schlussspurt.

            Folge 8:
            Endlich fertig. Ich bleib dabei: Das ist gut gemachter Ramsch, zusammengestückelt aus Millionen Versatzstücken. Was ist der Appeal an dem? Die Nostalgie? Die Charaktere geben mir kaum was, das Pacing ist völlig inkonsistent und spannend ist das Ganze erst recht nur selten. Zweite Staffel dann ohne mich. Weiteres:
            - Das Moby-Lied war aber nicht aus den 80ern. Bähm.
            - Nochmal zum Soundtrack: Ein einziges Lied blieb mir haften. Das heißt nicht, dass der Soundtrack schlecht ist - er ist einfach funktionabel. Nochmal so ein Hype.

            So, habe fertig.

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              Christian Bale. In einem Armani-Anzug. Manchmal den Mund offen, manchmal nicht. Voice-over. „There is so much love in us“. Palmen, Strand. Christian Bale. Im Cabrio. Eine Blondine springt in einen Swimming Pool. Voice-over. „Father… give me courage. Strength”. Christian Bale. Wird in seinem sonnendurchfluteten Appartement ausgeraubt. Er sieht gelangweilt aus. Cate Blanchett sitzt auf einem Stuhl. Ein Hund springt in einen Swimming Pool. Voice-over. „I spent 30 years of my life not living it, but ruining it for myself”. Antonio Banderas trinkt Champagner. Armin Müller-Stahl hält eine Predigt. Emmanuel Lubezki dreht die Kamera. Voice-over. „Where did I go wrong?”. Christian Bale. Irrt am Rande der Wüste herum. Dann springt er in einen Swimming Pool.
              Zwei Stunden lang.

              Terrence Malick ist endgültig zu einer Parodie seiner selbst geworden.

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              • And I’ll see you
                And you’ll see me
                And I’ll see you in the branches that blow
                In the breeze,
                I’ll see you in the trees.

                RIP, little man.

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                • YES! Darauf wart ich ja schon ewig...

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                    „Passion Play“ – zumindest was das Drehbuch anbelangt, kann leider nicht von Leidenschaft gesprochen werden. Müde schleppt sich der Film über die obligate 90-Minuten-Grenze, die Geschichte ein wirres Versatzstückgemisch, das alle Klischees bedient, bis zum Schluss konsequent absurd-lächerlich bleibt und ab und an ins unfreiwillig Komische abdriftet. Von dreidimensionalen Charakteren kann ebenso nicht gesprochen werden; sie erfüllen tatsächlich nur Stereotypen der jeweiligen Schauspieler: Früher mal berühmter, heute völlig kaputter Trompetenspieler mit Cowboyhut und Zahnstocher im Mundwinkel? Mickey Rourke. Mime, der für stark reduziertes Spielen einmal eine Oscarnomination erhielt und hier erneut keine Miene zu verziehen hat? Bill Murray. Frau, die man mal wieder gnadenlos auf ihr Äußeres reduzieren kann? Megan Fox (der in einer Szene völlig irritierenderweise halb die Brüste aus einem Armani-Kleid quellen).
                    Einsamer Höhepunkt bildet bei der Chose der Soundtrack. Leider des Öfteren etwas penetrant eingesetzt, sind die einzelnen Tracks für sich genommen sehr schön. Allein deswegen empfehle ich die letzte Szene plus den gesamten Abspann; der Rest des Films bietet einfach zu wenig.

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                    • Diese Rubrik ist also auch schon vor die Hunde gegangen. Wann gibt's das Unboxing zum neuen Kylie Minogue Album?

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                        Besonders beim Konstruieren des ersten und letzten Abschnitts, die sich inhaltlich und vom Satzablauf her spiegelbildlich verhalten, war ich übrigens auf musikalische Inspiration angewiesen:
                        http://www.youtube.com/watch?v=-_ivA4Li9B0
                        http://www.youtube.com/watch?v=rLFxMXlZYbo
                        http://www.youtube.com/watch?v=RnROqy8NyaE
                        http://www.youtube.com/watch?v=RqbTpkq62VA
                        http://www.youtube.com/watch?v=UMU5EeMEt4s
                        http://www.youtube.com/watch?v=pmnAjClz7rk
                        http://www.youtube.com/watch?v=n9Bc4BSqULU

                        • Der Herzschmerzbus brettert durch die kroatische Landschaft, Regen klatscht an die Scheibe, ihre roten Haare irgendwo vor mir, neben mir niemand, meine Ohren zugestöpselt, ich höre eine Stimme.

                          On my way up north
                          Up on the ventura
                          I pulled back the hood
                          And I was talking to you

                          Der Rhythmus ist meinem Herz eine Krücke, meine Augen schließen.

                          A sorta fairytale
                          With you
                          A sorta fairytale
                          With you

                          Die Melodie schwillt an, ich will vergessen, was war.

                          And I ride along side
                          And I rode along side
                          You then
                          And I rode along side
                          Till you lost me there
                          In the open road

                          Verlangsamung. Der Bus fährt weiter. Sie steht auf. Blickt nach hinten. Wer schläft schon, wer wacht noch? Ihre Augen blitzen vor Interesse, ihr Mund kräuselt sich. Der Schmerz ihres plötzlichen Stiches lässt mich zusammenzucken. Unsere Augen treffen sich. Bedeutungslos.

                          I could pick back up
                          Whenever I feel

                          Irgendeine Frittenbude in Slowenien, oder Italien, oder sonstwo. Zwei-Kilo-Ketchuppulle. Gelaber über Shishapfeifen. Zahlt man hier schon mit Euro?

                          Down new Mexico way
                          Something about
                          The open road

                          Open Road. Ja.

                          Lily is dancing
                          On the table

                          Tanzen... Vodka-Lemon, ein paar Bier, Cocktail, Schnaps, da tanzt man dann. Hüpft herum. Stolpert. Fällt.

                          And I'm down to
                          Your last cigarette

                          Zigarettenqualm in der Dunkelheit. Türsteher. Was mach ich hier überhaupt? Nach Hause stolpern. Sieht sie mich denn nicht?

                          Father Lucifer
                          You never looked so sane
                          You always did prefer the drizzle to the rain

                          Tropfen auf meiner Haut... Regen. Zwei Verliebte am Markt. Krimskrams. Kellner, noch ein Bier. Ertränk mich.
                          Es hat aufgehört zu regnen. Der Bus fährt weiter. Der Schmerz bleibt.

                          She runs like a fire does
                          Just picking up daises
                          Comes in for a landing
                          A pure flash of lightning

                          Ja. Und sie sitzt etwa fünf Reihen vor mir.

                          Run run darlin'
                          Ribbons undo –

                          Scheiße. Jetzt hab ich den Bus versaut. Wo ist das Toilettenpapier? Das Zeug muss aufgewischt werden...
                          Okay. Die Musik läuft wieder.

                          Clouds descending
                          I'm not policing what you think and dream
                          I run into your thought from across the room

                          Es ist dunkel geworden. Alle schlafen. Ich mach kein Auge zu.

                          I know the truth lies in between the 1st and the 40th drink

                          Wahrere Worte wurden nie gesungen.

                          Past the mission
                          Behind the prison tower
                          Past the mission
                          I once knew a hot girl
                          Past the mission
                          They're closing every hour
                          Past the mission
                          I smell the roses

                          Ich verliere mich in den Lyrics. Sie spenden Trost.

                          Everyone wanted something from him
                          I did too but I shut my mouth
                          He just gave me a smile

                          Die Sonne kriecht den Berg hinauf. Das müssen schon die Alpen sein.

                          You better bring your own sun, sweet girl
                          You gotta bring your own sun
                          Don’t you forget you
                          Bring your own sun
                          Just enough for everyone

                          Die Sonne erhebt sich über den Gipfeln. Schein für mich.

                          Sometimes I watch
                          The wonder in your eyes
                          That and you leaving
                          I have memorized
                          That and you leaving
                          I have memorized

                          Schlagzeug.

                          Do you even see me now
                          Do you think of us still

                          Es hat geendet, bevor es begann. Verschlungene Umarmungen, unsichere Schritte, verliebtes Lächeln... Jemand anderes. Mir bleibt nur mein Heineken. Oder was auch immer das war.

                          So you say you don't wanna stay together anymore
                          Let me take a deep breath babe
                          If you need me

                          Der Bus erreicht Zürich. Es ist noch nicht einmal sieben Uhr. Bekannte Straßen. Unbekannte Umstände.

                          Maybe it's time to wave goodbye now
                          Time to wave goodbye now

                          Ja. Es ist alles verloren. Aber es ist schon in Ordnung. Schon in Ordnung.

                          You caught me lingering
                          In another girl's paradise

                          Der Bus hält. Gleißendes Licht empfängt mich. Rote Haare. Ich wende mich wortlos ab. Ich lasse sie zurück.

                          Does it all come down
                          To the thing one girl fears in the night

                          Die nächsten Monate werden die Hölle.
                          Danke, Tori, dass ich sie überlebt habe.

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                          • Erwähnt werden muss hier sein famoser Score zum grandiosen PS3-Game "The Last of Us":
                            http://www.youtube.com/watch?v=Y97u-U0nvJM
                            http://www.youtube.com/watch?v=XYUErkvORWA
                            http://www.youtube.com/watch?v=nV8sY2Xv3Os
                            http://www.youtube.com/watch?v=_cHw9K2R1Y4
                            http://www.youtube.com/watch?v=Ejdjcun2Jo4

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                              "Stalin vs. bin Laden: Die Abrechnung" (2013, Katastrophenfilm)

                              Cast: überbezahlt

                              Regie: irrelevant

                              Drehbuch: aus der Mülltonne

                              Musik: Eiffel 65

                              ...dabba dee-a dabba da da ba dee dabba da...

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                              • 3 .5

                                SPOILER

                                "Prometheus" (aka "Menschen, verschlungen von horrendem Creature Design") ist ein Film, von hinten her gedacht. Denn wenn die Schlussszene von "Prometheus" eine Reminiszenz an diejenige von "Alien", mitsamt dem "lone survivor"-Monolog, sein, die Anzahl Crewmitglieder des ersterwähnten Films aber mehr als doppelt so hoch bleiben soll, scheint die Lösung, zum selben Ende zu gelangen, grassierende Dummheit und/oder nie erklärte zwischenmenschliche Bösartigkeiten walten zu lassen.

                                Lindelof ist der Smithee des Drehbuchs.

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                                • "Doch dann knurrte er nur irgendwas in sich hinein, steckte sich einen frischen Bonbon in den Mund und beugte sich zur Musikanlage. Als er den Power-Knopf drückte, begann sie in zig verschiedenen Farben zu strahlen und zu blinken wie ein kleiner Rummelplatz. Er schob die einzige rumliegende CD rein, irgendein Techno-Geballer mit Schwuchtel-Singsang. Slibulsky ließ es laufen. Volle Lautstärke. Ich faßte es nicht.
                                  'Slibulsky, mach die Scheiße aus!'
                                  Mit dem Kopf vor und zurück wippend, schrie er durch den Krach: 'Warte mal! Erst mal reinhören! Das ist gar nicht so schlecht!'
                                  Aber ich wartete nicht. Und weil ich unter dem Beschuß aus vier Baßlautsprechern und mit den Bildern zerplatzender Gesichter im Hinterkopf und mit den Leichen im Kofferraum und den Lichtern der Anlage neben mir und der dunklen Landstraße vor mir für einen Moment das Gefühl hatte, geradewegs in die Hölle zu rasen, drückte ich nicht den Power-Knopf, sondern nahm den Fuß vom Gas und trat den Rummelplatz zu Schrott."
                                  "Kismet", S. 29

                                  Ruhe in Frieden, Türke. Hoffe, die haben genug Bier dort, wo du jetzt bist.

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                                  • Das „Goldene Zeitalter“. Das fiebrige Blättern in „Playboy“-Magazinen. Bahnhofskinos. Regenmäntel.

                                    Einem, der diese Zeiten nicht erlebt hat, präsentiert sich die Verknüpfung solcher Schlagworte wie eine melancholisch-verklärend aufgeladene Erinnerungswelt, Perioden und Zeiten („die 70er, wenn niemand zu Hause war, an einem regnerischen Sonntagnachmittag“) und Areale und Orte („BRD, gleich um die Ecke, in der Nähe des Bahnhofs“) miteinander verknüpfend. Eine Nostalgie, genährt aus jugendlicher, zumeist männlicher, sexueller Entdeckungswut, die sich damals in die Gehirne der Entdecker gebrannt hat wegen der betörenden Mischung aus Verbotenem und trotzdem Nichtzuwiderstehendem.

                                    Menschliche Gehirne ändern sich nicht so schnell. Die Medien schon.
                                    Internet, immobil. Internet, mobil. Schlangen vor den Apple-Stores: „Gadgets“ nennt man sie. Diese Dinger, des Menschen bester Freund. Browsen ohne Ende. URL um URL. Egal wann. Egal wo.
                                    Keine Bahnhofskinos mehr. Kein „Playboy“ mehr. Das „Goldene Zeitalter“ schon längst vergessen. Wozu auch? Ein Mausklick macht’s nun möglich. Sei’s zu Hause oder unterwegs. Für alle von uns.

                                    „Aha, hier liegt der Hund begraben. Doppelspuriger Kulturpessimismus: Niedergang einer Kunstform zu billig produzierter, menschenverachtender Bildware einerseits, als negativ empfundene, zunehmende Komplettdigitalisierung des modernen Selbst andererseits.“

                                    Nein. Es geht nicht um Kunst. Es geht nicht um Fratzenbücher.

                                    Es geht darum, dass heute Kinder teilweise 10 Jahre, bevor sie reale sexuelle Erfahrungen machen, auf Hardcore stossen. Es geht darum, dass die Flut an Material, das ohne Probleme aufrufbar ist, dem primitiven Teil des Gehirns weismacht, es habe unendlich viele Fortpflanzungsmöglichkeiten vor sich. Es geht darum, dass Internetpornographie durch die Überschwemmung an Dopamin süchtig macht. Dass diese Sucht das Gehirn verändert, wie dies sonst nur anerkannte Drogen können.
                                    Es geht darum, dass junge Männer zunehmend an erektiler Dysfunktion leiden, d.h. „keinen mehr hochkriegen“. Weil keine Frau an die Droge heranreicht. Es geht darum, dass Sex als anstrengend und nicht lohnenswert angesehen wird im Vergleich zu ein paar Mausklicks. Es geht darum, dass Männer nach mehr als einem Jahrzehnt täglichen Konsums keine Ahnung haben, wie sie eine Frau ansprechen sollen. Dass sie nicht wissen, wie sie sich in sozialen Situationen verhalten sollen. Dass sie an Selbstzweifeln und Depressionen ersticken und dabei nicht merken, dass der Grund für ihr Leid ihre Droge ist. Ihre Droge, ihr Gift. Tote Pixel auf einem toten Bildschirm rauben ihnen ihr Leben.

                                    „Es ist nichts dabei. Jeder macht das.“
                                    Deswegen ist ein solches Problem. Weil es „jeder macht“.
                                    Es spriessen die Selbsthilfeforen, initiiert und besucht von Leuten, denen klar geworden ist, dass Internetpornographie ihr Leben ruiniert. Sie werden alle feststellen, dass es unheimlich schwer ist, davon loszukommen. Aber sie werden auch feststellen, dass sie letztlich keine Wahl haben, wenn sie jemals ein annähernd glückliches Leben führen wollen.

                                    Wie wird sich in 30 Jahren die heutige Genration an diese Zeit zurückerinnern?
                                    „youpornredtubexvideosxhamsterpornstartubesvivthomas – ja, ich komm gleich – girlfriendsfilmskinxxxsapphicerotica – wo sind die Taschentücher – etcetcetcetc…“?

                                    Die Entdeckungswut und die Faszination der Mischung aus Verbotenem und trotzdem Nichtzuwiderstehendem wird nicht versiegen. Aber zusammen mit den unendlichen Neuartigkeiten des Internets, je länger desto mehr auch „on the fly“, ergibt sich daraus eine Mixtur, die einen Fall in die Pornosucht nur allzu wahrscheinlich macht. Egal, wie alt man ist. Egal, wo man sich befindet.

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                                    http://yourbrainonporn.com/

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                                    Man kann sich seine Obsessionen schönreden. Man kann irgendwelche stocklangweiligen Pornos mit miesen Schauspielleistungen (eben gerade weil keine Schauspieler in ihnen agieren, sondern irgendwo angeheuerte „Models“) exkulpieren. Man kann mit Wörtern wie „Pornotopie“ um sich schmeissen, um der Frage zu entgehen, weshalb man fickenden Leuten zusieht. Man kann ein Pornokino als „pornographisches Soziotop“ bezeichnen und die Augen davor verschliessen, dass die alten, grau melierten Männer mit Rucksack, die Stricher und die Prostituierten (die, grässlich euphemistisch, auch als „Working Girls“ („WGs“) bezeichnet werden), die selbiges Kino frequentieren, höchstens ein trauriges Milieu ausmachen, für welches Teil zu sein es keinen Grund gibt.
                                    Oder man kann aus diesem lächerlichen Dornröschenschlaf endlich aufwachen, Pornographie (in all seinen Manifestationen) jemand anderem überlassen und endlich mal drauf scheissen. Über sich selber lachen. Und sein Leben ohne dieses Zeug weiterleben. Denn die Konsequenzen, die einen früher oder später einzuholen vermögen, sind das alles nicht wert.

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                                      über Strähl

                                      Bad Lieutenant Strähl hetzt durch die Zürcher Langstrasse: schlafgestört, geschieden, tablettensüchtig. Stets vollgepumpt und mit geringer Toleranzschwelle seinen Mitmenschen gegenüber prügelt, flucht, bescheisst und brüllt er sich durch auf dem Weg, seinen ruinierten Ruf wiederherzustellen, seinen Job zurückzubekommen und einen berüchtigten, albanischen Drogenboss einzubuchten. Roeland Wiesnekker spielt diesen Mann mit virtuoser Wucht und stellt den klaren Höhepunkt des Films dar.
                                      Das Drehbuch ist über weite Strecken clever und sorgt zusammen mit dem rastlosen Schnitt und der mobilen Digitalkamera dafür, dass „Strähl“ nicht lange herumfackelt, sondern von Beginn an Gas gibt und kontinuierlich eskaliert. Dennoch ist nicht alles gelungen: So ergeben sich einige Peinlichkeiten im Verlauf des Films, sei es wegen einer kaum nachvollziehbaren Liebesgeschichte, sei es wegen abstrusen Evozierens Schweizer Geschichte gegenüber Drogendealern, sei es wegen Mike Müller.
                                      Dennoch: Roeland Wiesnekker in Topform rechtfertigt allein die Sichtung von „Strähl“. Und hundertmal besser als „Achtung, Fertig, Charlie!“, der meinem Vernehmen nach erfolgreichste Schweizer Film der letzten 30 Jahre (!), ist er sowieso.

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                                        Im Laboratorium der Arschgeigen blubbert es bedrohlich: "Achtung, Fertig, Charlie!", die aus mir unerklärlichen Gründen damals überaus erfolgreiche Schweizer Komödie, deren Titellied in Dauerbeschallung am Radio noch nicht so schlimm gewesen wäre, da besagtes Gerät ausschaltbar ist, sein Einzug in den Musikunterricht und sein Erklingen aus den jeweiligen, primitiven Fressen der Umkleidekabinengemeinschaft aber durch seine so geartete Unausweichlichkeit zu kaum verkraftbarem Nervenverlust führte, kann auch nach kürzlich erfolgter Zweitsichtung als nicht mehr als hochnotpeinlicher Klamaukquatsch eingestuft werden, in dem sich die Riege Deutschschweizer Zotenbrüder und -schwestern durch ein Drehbuch kaspert, das sämtlichen baren Brüsten in einer Bibel, fickenden Füsilieren oder Vollkotzungen Vorgesetzter zum Trotz in Bieder- und Beliebigkeit absäuft und dabei alles vermeidet, der Armee, die letztlich als durchaus sympathische Organisation mit durchaus liebenswürdigen Köpfen gezeichnet wird, auf den Schlips zu treten. Da ist jedes Werbevideo fürs Schweizer Militär hundertmal lustiger.

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                                        • Na, dann hat es sich ja ausbezahlt, dass ich im letzten Moment doch noch im Schweisse meines Angesichts einen Text verfasst und eingeschickt habe. Seit es auf mp Serien gibt, wollte ich mal was zu "Six Feet Under" schreiben, fand aber nie die richtigen Worte dafür. Selbst wenn es mir auch diesmal nicht ganz gelungen ist, so war der Text für mich doch so eine Art Befreiungsschlag, und die ALS war der perfekte Kontext, mehr Leser als sonst ansprechen zu können.

                                          Ich gratuliere den übrigen, verdienten Gewinnern, bedanke mich selber einerseits bei meinen mp-Likern, andererseits bei der Jury und freue mich wie letztes Jahr über die coolen Preise.

                                          P.S.: Zur Entstehung meines Textes hat nicht nur ein biertechnisch berauschter Kopf beigetragen, sondern auch folgende SFU-Playlist:
                                          http://www.youtube.com/watch?v=Qo35FEN3C7U&feature=g-vrec
                                          http://www.youtube.com/watch?feature=endscreen&NR=1&v=cWJ6x05KYlY
                                          http://www.youtube.com/watch?v=XLrDBb1YuXU&feature=relmfu
                                          http://www.youtube.com/watch?v=U99qJEHyulA&feature=relmfu
                                          http://www.youtube.com/watch?v=hSH7fblcGWM
                                          http://www.youtube.com/watch?v=ACswJGggCDA

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                                          • Ich weise jetzt schon mal darauf hin, dass ich sehr, sehr gerne eine Auflistung aller Texte mit den dazugehörigen Autoren sehen würde, weil, und ich zitiere mich von letztem Jahr, "[d]er Autorschaft der Texte Rechnung zu tragen und sicherzustellen, dass ein jeder Text mit dem zugehörigen Autor identifiziert werden kann, für mich ein Recht aller [ist], die etwas eingereicht haben".

                                            Ach ja, bezüglich Textauswahl: passt.

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                                            • Schön. Den dritten "Transformers" fand ich übrigens noch schlimmer als den zweiten.

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                                              • 8 .5

                                                Niveautechnischer Tiefflieger über allen Wolken. Wortschatzerweiternder Trip in die Regionen des Kaulquappenintelligenziums. Lusttropfenschürendes Brachialformat von titanenhafter Grösse. Vormfollendete Endstufenunterhaltung im Urzustand.
                                                Hier bin ich Mensch.

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                                                • Vorschlag: Könnt ihr bei den "Aktion Lieblingsserie"-Texten der Redakteure schon das später zu benutzende Bewertungssystem einbauen, damit wir über die Texte abstimmen können? Auf diese Weise kann man sicherstellen, dass das Bewertungssystem, anders als letztes mal, funktioniert.

                                                  • 2

                                                    Die Geldmaschine dieses qualitativ pränatal toten Franchises surrt weiter. Wenn Keith Richards die rhetorische Frage "Does this face look like it's seen the fountain of youth?" stellt, handelt sich dabei um den einzigen Satz, der einem ein Schmunzeln entlocken kann, bevor die mentale Vergewaltigung dieses feuchten Waschlappens eines Films, in dem ein Haufen Papppiraten von A nach B gescheucht wird, weitergeht.
                                                    Aufhören, bitte.

                                                    PS: Die deutsche DVD dieses Machwerks fällt mit einem Novum für mich auf: Als Untertitel werden da Kroatisch und Serbisch separat gelistet. So dumm kann politische Korrektheit sein.

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