ThomasCine - Kommentare

Alle Kommentare von ThomasCine

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    „Knives Out“ funktioniert als Kommentar. Hier ist ganz viel scharfsinniger, schwarzhumoriger Subtext verwoben, der die reale Gegenwart kommentiert. (Da sind Donuts in der Mitte dieses Donuts.) Ist nicht die Figurenkonstellation symptomatisch für die letzte Zeit? Man findet schließlich alles wieder. Vorväter, die Reichtum aufgebaut haben. Linke idealistische Studenten, die korrumpiert sind. Rechte Studenten, durch das Internet verseucht in ihrer Blase der Hochnäsigkeit. Emporkömmlinge und Gutmenschen, die im Angesicht des Verlusts reagieren wie, ja wie wohl? Menschen, die ihre eigene Vergangenheit vergessen haben und nun gegenüber Gleichen von oben herab agieren. Johnsons Kommentar ist teilweise böse, teilweise zynisch, immer unterhaltsam und vielleicht die größte Überraschung in diesem Film. Und er zieht sich durch. Von den Figuren bis zu Plotdetails und Dialogen und dem famosen letzten Bild des Films. Letzteres ist so treffend und bissig, die reinste Wonne.
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    https://thomasschroers.wordpress.com/2020/01/05/mein-haus-meine-regeln-mein-kaffee-knives-out-rian-johnson/

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      ThomasCine 29.12.2019, 09:33 Geändert 29.12.2019, 09:34

      Zu Staffel 3:
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      Alzheimer ist eine schwierige, unvorstellbare Angelegenheit. Die Krankheit ernsthaft und mit emotionaler Relevanz in das Zentrum eines Krimis zu setzen ist eine wunderbare Errungenschaft. In „True Detective“ ist Alzheimer kein Twist, der Plotpunkte voranb bringen soll, sondern elementarer Bestandteil der Figur und damit das eigentliche Thema der Erzählung. Auch aus diesem Grund, weil wir alles durch die Brille der Krankheit erfahren müssen, verblasst das Krimi und geht in ein zutiefst menschliches Drama über.

      Schon immer ist es diese Menschlichkeit gewesen, die das Schreiben von Pizzolatto ausmacht. Hier haben wir einen Autor, der tiefer in die Figuren eindringt und sie als Menschen vollumfänglich begreift und zeichnet. Hervorragend verfasst er die Chronik der Beziehung zwischen Hays und seiner Frau Amelia (wunderbar verführerisch und die Handlung führend gespielt von Carmen Ejogo). Die Konflikte sind echt. Die Bedürfnisse der beiden Figuren sind echt. Und jede Szene baut so asynchron aufeinander auf, bis sich ein perfektes Bild ergibt. Hier existiert ein bedeutsamer Unterschied zwischen dem Zuschauer und der Identifikationsfigur Hays. Während er das Bild zusammen puzzelt ist stets klar, dass er es, dank seiner Krankheit niemals vollständig behalten kann. Der Zuschauer kann dies schon. Am Ende ist jedes Teilchen am Platz und wir sehen nicht nur eine aufgelöste Kriminalhandlung, sondern ein ganzes Leben. Oder mehrere Leben, wenn man es genau nimmt.

      [...]

      https://thomasschroers.wordpress.com/2019/12/29/true-detective-staffel-3/

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      • 10

        [...]
        Im Grunde besitzt „Der Clou“ die Eigenschaften, die auch seine beiden Hauptfiguren auszeichnen. Er ist ausgeklügelt wie der Plan, den Henry Gondorff im Sinn hat. Er ist lässig und sorglos wie Johnny Hooker. Er ist voller Leben wie Hooker und er flößt uns Zuschauern dieses Leben genauso ein, wie er es dem melancholischen Gondorff tut. Er ist schlagfertig, elegant gekleidet, mit einem Zwinkern im Auge und einem Lachen im Gesicht. Er hat ein Pfeifen auf den Lippen und einen schief sitzenden Hut. Er ist nach-mir-die-Sinnflut und möchte dennoch, dass alles gut geht. „Der Clou“ ist ehrlich, verspielt, ernsthaft und spannend. Er lebt von seinen Gegensätzen und er atmet durch die Verbindung dieser Ambivalenzen. Er ist uns immer einen Schritt voraus, aber niemals arrogant. „Der Clou“ ist wie ein guter Freund, dem wir immer wieder begegnen können und wollen. Zwischen uns und dem Film entsteht das, was auch zwischen Redford und Newman entstand. Langjährige Freundschaft, die Zeiten überdauert und immer wieder neu entdeckt werden darf.

        https://thomasschroers.wordpress.com/2019/12/15/wie-ein-alter-freund-der-clou-von-george-roy-hill/

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        • Man kann de Niro nur Recht geben. Wer den Film gesehen hat weiß, dass die Beziehung zwischen den Kindern vielleicht das tiefste und emotionalste Element des gesamten Streifens ist. Und die Darstellung trägt dazu bei. Sie ist realistisch und kommentiert das Verhalten Franks. Zusätzlich finden wir Zuschauer uns in Peggy wieder. Wir schauen auch still zu und am Ende wenden wir uns von Frank ab, denn erstmals ist da nichts Cooles mehr am Gangstertum. Es ist nur noch Gehabe, dass von der stetig fortlaufenden Zeit eingeordnet wird.

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          • 8

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            The Irishman“ steht in einem direkten Dialog mit Scorseses früheren Werken „Goodfellas“ und „Casino“. Es ist der logische Schluss zu dieser inoffiziellen Trilogie. Während die beiden Vorgänger irgendwann aufhörten zu erzählen, geht der Regisseur in „The Irishman“ bis ans Ende. Dieser Film ist endgültig. Krönung und Schlusspunkt zugleich und vermutlich das Ende derartiger großer Gangsterfilme. Das Ganze ist nur konsequent. Es ist die brutale Konsequenz eines jeden Lebens. Die Zeit schreitet fort und rückt alles in ihr rechtes Licht. In diesem Fall ist es das Licht der ultimativen Wertlosigkeit. Das Konzept des Gangsters ist überholt. Was früher ernst war, ist im Licht der fortschreitenden Zeit nur noch lächerlich. Was früher witziges, ja unterhaltsames Gangstergehabe war, ist heute nur noch gerade so zu ertragen. Selbst der Soundtrack und Score des Filmes überträgt dieses Gefühl. Früher groß angelegt, ist er heute kaum noch da, nur manchmal gibt es noch echte Musikmomente. Wo früher glorreiche Erschießungsszenen stattfanden, in denen die Gangster ihre Feinde zur Strecke brachten, ist es heute minutenlange Stille, die den tödlichen Verrat an Freunden kommentiert.

            Gangster im Film sind zumindest teilweise immer auch Männlichkeitsideal gewesen. So ein de Niro in „Casino“ mit seinen teuren Anzügen, das hat schon was. Auch hiermit ist in „The Irishman“ Schluss. Sheeran ist niemals cool und tut auch niemals etwas Cooles. Er tut was er tut und wir sehen was er tut in genau der nackten Wahrheit, die seine Taten auszeichnet. Wir sind in diesen Beobachtungen nicht allein. Sheeran hat vier Töchter und wenn man so will sind sie das Herz des Filmes. Sie sind der Kern der Handlung. Sie sind stille Zeugen. Wir sehen sie im Hintergrund aufwachsen, in Stille und Furcht vor ihrem Vater. „The Irishman“ ist auch ein Film über den Blick der Kinder auf die Taten ihrer Eltern. Natürlich bekommen sie alles mit und Scorsese zeigt uns dies in wunderbar komponierten Sequenzen. Eine der stärksten Beziehungen im Film besteht zwischen Sheeran und seiner Tochter Peggy. Nahezu ohne Worte inszeniert, aber doch von fundamentaler Tragik und Schwere. Es ist auch diese Beziehung, die das Leben Sheerans in das rechte Licht rückt. Und in der Darstellung dieser Beziehung geht Scorsese ebenfalls den realistischen Weg, mit Konsequenz und ohne Rücksicht auf die fatale, männliche Hauptfigur.

            Am Ende kann es dann auch keine Vergebung mehr geben. Für den alternden Mann gibt es keine Rechtfertigung. Keine seiner Erklärungen ergeben mehr einen Sinn. Gespräche sind zwecklos. Ganz ohne Waffen und Mord ist dies die brutale Wahrheit. Frank Sheeran blickt auf ein vergeudetes Leben. Jetzt kann nur Gott ihn noch retten.

            https://thomasschroers.wordpress.com/2019/12/01/was-am-ende-bleibt-the-irishman-von-martin-scorsese/

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            • 7

              „The Beach Bum“ im Kino zu sehen war ein etwas skurriles Erlebnis für mich. „Spring Breakers“ hatte ich damals auch im Kino erwischt und mit einem Publikum gesehen, dass nicht vorbereitet war. Ein Publikum, welches mit einem ganz anderen Film gerechnet hatte. Bei „The Beach Bum“ war im Grunde klar, dass sich dies nicht wiederholen würde. Zwar schaffte es auch dieser Film in das Multiplex um die Ecke, aber das Marketing war im Grunde eher verhalten. Und auch wenn McConaughey Menschen anzieht, sind wohl ein paar Disney Prinzessinnen in Bikinis für gewisse Zielgruppen attraktiver als ein mittelalter Hippie in Frauenkleidern. Ich habe „The Beach Bum“ trotzdem am Startwochenende gesehen. Natürlich findet sich für so einen Film nur schwer eine Begleitung. Also halt alleine in die Straßenbahn und in den Kinosaal. An der Kasse hat man dann auch kurz das Gefühl eine einzigartige Spezies zu sein. Und im Saal selbst ebenfalls, denn abseits von mir (Mitte-Mitte wie immer) gab es nur ein weiteren Typen (drei-vier Reihen hinter mir). Also sitzen wir im Grunde zu zweit in einer Privatvorstellung von DIESEM Film. Und der Film bringt Einiges auf die Leinwand. Nicht zuletzt eine Menge Humor, den der Typ hinter mir und ich mit leisem Kichern abgelten.

              Wenn ich es genau nehme, dann möchte ich „The Beach Bum“ nicht wirklich beschreiben, sondern dieses Werk vielmehr als einen inspirierenden Film deklarieren. Wir leben in einer Kultur des Drangs. Einer Kultur des endlosen Wachstums des stetigen Wandels und der fortlaufenden Selbstoptimierung. „The Beach Bum“ ist in großen Teilen die Antithese zu dieser Kultur und das ist auf verschiedene Weisen inspirierend und im Kern ungemein attraktiv.

              [...]
              https://thomasschroers.wordpress.com/2019/11/24/the-beach-bum-harmony-korine-2019/

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              • 10

                Vor einer gefühlten Ewigkeit habe ich in einem namenlosen Interview Quentin Tarantinos Beschreibung des Westerns „Rio Bravo“ gelesen oder gehört. Tarantino beschrieb jenen Film mit John Wayne als Hangout-Movie, einen Film, in den der Zuschauer jederzeit wieder reinkommen kann. Einen Film, der sich im Grunde nicht durch eine komplexe Handlung, sondern durch einnehmende Figuren auszeichnet. Figuren, die der geneigte Zuschauer derart aus dem Film mitnimmt, dass er oder sie gerne mal wieder mit ihnen zusammentrifft. Tarantinos eigene Filme haben seit je her diese Qualität. Und zumindest in meiner Wahrnehmung kann er sie mit „Once Upon a Time in Hollywood“ noch einmal auf ein neues Level bringen. Dieser Film ist das ultimative Hangout-Movie. Er besitzt eine klar abgesteckte Rahmenhandlung in der sich für die Charaktere größtenteils alltägliche Szenen abspielen. Innerhalb dieser Szenen lernen wir unsere Hauptfiguren kennen und, wenn man dazu geneigt ist, lernt man sie schätzen und freut sich auf das nächste Wiedersehen.

                Ich habe „Once Upon a Time in Hollywood“ bisher zweimal gesehen. Dazwischen lagen ungefähr drei Wochen und die Vorfreude vor der zweiten Sichtung war ungebrochen. Irgendetwas, vielleicht sind es auch viele kleine Dinge, an diesem Film spricht mich sehr an und begeistert mich derart nachhaltig, dass ich, wenn ich ehrlich bin, denke: Ich könnte das Teil andauernd schauen.

                Was genau das ist lässt sich durchaus beschreiben, lässt es sich doch in fast jeder Szene ablesen. Einige Beispiele: Ich liebe diesen ersten Moment, wenn Rick Dalton (Leonardo DiCaprio) und Cliff Booth (Brad Pitt) in das Auto steigen, Cliff den Schlüssel dreht, das Radio anspringt und sie hinaus in die Welt fahren. Ganz ohne Worte, aber mit so viel Charme. Was für ein Einstieg. Oder nehmen wir diese gelbe Titelschrift, die Tarantino immer in seinem Vorspann verwendet. Das ist ein Gefühl von Heimat. Hier kommt man in einen filmischen Hafen, den es sonst fast nicht mehr gibt. Dieses Eventkino, dass nicht durch Effekte gesteuert ist, sondern durch ein einzigartiges Kinoerlebnis, welches nur aus einer ganz bestimmten Hand kommen kann. Momentan besitzt nur Christopher Nolan auf dem gleichen Budgetlevel ähnliche künstlerische Freiheiten. Es gibt in diesem Film lange Sequenzen an Filmsets und alle davon sind großartig. Das geht dann bei mir so weit, dass wir einem Film im Film beiwohnen und diese Szenen, die vor unseren Augen für eine fiktive Serie gedreht werden, ebenfalls spannend sind, ebenfalls gefangen nehmen und ganz für sich funktionieren.

                Beschreibt man so eine Szene, dann klingt es ungefähr so: Der Schauspieler DiCaprio spielt einen Schauspieler namens Rick Dalton, der auf ein Filmset geht und dort eine Rolle spielt. Und all dies hat Zwischentöne. Rick Dalton hat eine Geschichte. DiCaprio hat eine Geschichte und die Figur, die Dalton darstellt hat auch eine Geschichte. In „Once Upon a Time in Hollywood“ gibt es Szenen die all diese Zwischentöne vereinen. Diese Szenen kann man sich immer und immer wieder aus verschiedenen Blickwinkeln ansehen und jedes Mal etwas Neues aus Ihnen ziehen.

                Viel wurde im Vorfeld der Veröffentlichung über den Umgang mit Sharon Tate und den Manson Morden spekuliert und geschrieben. Schon Jahre vorher wurde „Once Upon a Time in Hollywood“ als Tarantinos Manson Film abgestempelt. Wie wunderbar, dass Tarantino derartige Erwartungen geschickt zu unterwandern weiß. Hier geht es nicht direkt um die Manson Family. Sie taucht auf und sie schwebt im Hintergrund, aber hier geht es um sehr persönliche Empfindungen in Bezug auf eine vergangene Zeit. So wird dann auch Sharon Tate nicht durch ihr trauriges reales Schicksal definiert, sondern von Tarantino wunderbar zu einer echten Person gemacht. Wir sehen sie in alltäglichen Situation. Wir sehen sie als eine positive Macht, sie ist der strahlende Mittelpunkt der Handlung. Sie ist all das Gute und Schöne in der Welt des Kinos. Tarantino setzt ihr so das einzig richtige Denkmal, welches sie im wahren Leben nie erhalten hat.

                Abgerundet wird das Dreigestirn der Hauptfiguren durch Cliff Booth (Brad Pitt), seines Zeichens Stuntdouble von Rick Dalton, aber auch Handwerker und Chauffeur für seinen berühmten Freund. Cliff hier in diesem Film zu sehen und durch Brad Pitt dargestellt zu erleben ist vielleicht die schönste Erfahrung, die man dieses Jahr im Kino machen kann. Trotz seiner zweifelhaften Vergangenheit (hier macht Tarantino etwas, dass dem Inhalt des Koffers aus „Pulp Fiction“ ähnelt) finde ich diese Figur unendlich sympathisch. Was wir hier sehen ist abgeklärte Kompetenz auf jedem Level. Allein Pitts Schauspiel ist derart kompetent, dass er hierfür zumindest für den Oscar nominiert werden wird. Eine Performance die vor Leichtigkeit strotzt ist schließlich niemals leicht. Pitt verschmilzt mit Cliff und schafft es zumindest in meinen Augen auch, dass der Zuschauer irgendwann nicht mehr Brad sondern Cliff denkt. Zusätzlich ist da auch eine Menge Tiefe in diesem Menschen. In einem Gespräch mit Paul Thomas Anderson hat Tarantino gesagt: „Cliff in the war. That alone is five movies.“ Tarantino hat diese Figur, wie alle seine Figuren, als ganzheitliche Person konzipiert. In Pitts Gesicht sieht man all diese Historie und in der Art und Weise wie er lebt sieht man einen Menschen, der in seinem Leben eine gewisse Ruhe gefunden hat. Abgesehen davon: Cliff in the war! Das wäre auch ein Film, den ich gerne sehen würde.

                Am Ende ist „Once upon a time … in Hollywood“ wohl Tarantinos gefühlvollster Film. Es ist ein melancholischer Abgesang auf eine vergangene Zeit und er geht in diesem Moment, in dem wir uns auch von Filmemachern wie Tarantino verabschieden einem echten Filmfan so richtig ans Herz. Doch selbst wenn man diese Melancholie in Bezug auf das Kino nicht spürt, so sind es die Figuren, die eine weitere emotionale Welt eröffnen. Die inspirative Ausgeglichenheit von Cliff. Sein Sinn für Gerechtigkeit. Die aufgedrehte Unsicherheit von Rick. Sein Kampf mit dem Alter und Alltag. Die rückhaltlose Neugier von Sharon. Ihr selbstbewusstes Lächeln auf der Straße. All dies verpackt in einer filmischen Hülle, die in jeder Abteilung, ob Kamera, ob Schnitt, ob Ausstattung meisterhaft erstrahlt, macht Tarantinos 9. Film zu einem unbestreitbaren Erlebnis in diesem Jahr und für Jahre in der Zukunft.

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                • Wunderbare Performance von Pitt. Absoluter Magnet auf der Leinwand. Hier konkurriert er einmal mehr mit den Coolness-Größen vergangener Zeiten (Newman, Redford, McQueen, Grant, Reynolds, etc.) und muss sich nicht verstecken.
                  Spielt er aber in "Once.." alle an die Wand? Meiner Meinung nach nicht, da die Schauspielaufgaben zwischen den drei Hauptfiguren sich kaum vergleichen lassen und unterschiedlicher nicht sein könnten. Jeder der drei ist auf seine Weise einzigartig und liefert auf seine Weise eine großartige Performance.

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                  • 9

                    ....All dies findet auch in der von Christian Bale verkörperten Figur statt. Einem Veteran des Bürgerkrieges und der Indianerkriege. Einem wandelnden Toten und zu einem gewissen Teil auch dem wandelnden Tod. Die Darstellung dieser Figur, ihrer Einsichten über sich selbst und ihrem Bezug zu Vergangenheit und Zukunft seiner eigenen Person und der Welt um ihn herum, schwankt zwischen Subtilität und Dampfwalze. Während Bale unfassbar subtil zu Werke geht. Ganz in der Person aufgeht, sie durch und durch ist und den Zuschauer mit Gesichtsausdrücken bannt, gibt es immer wieder Szenen in denen Max Richters Musik zu einem wilden Dröhnen anschwillt. Das sind Szenen die expressionistisch an den Figuren reißen und innere Kämpfe nach außen stülpen. Es ist kein Zufall, dass den Personen in diesen Sequenzen oft kein anderer Weg bleibt, als die eigene Gefühlswelt in die Weite hinauszuschreien.

                    https://thomasschroers.wordpress.com/2019/06/12/hostiles-scott-cooper-2017/

                    • 8

                      [...]
                      Ich erlebe Filme wie „Mary“ immer vor allem auf einer emotionalen Ebene. Hier muss für mich nicht jede Metapher oder jeder Charakterzug ausgedeutet werden. Vielmehr sind es die Gefühle, die geweckt werden, die mich interessieren. „Mary“ hat, was dies angeht, keinen ganz so großen Eindruck hinterlassen, wie andere Vertreter, wusste aber eine spürbare Sehnsucht zu wecken. Frage ich mich, wie dieser Film so etwas schafft, gibt es keine eindeutige Antwort. Film ist das Zusammenspiel aller Elemente. Sicher, manchmal gibt es ein Element, zum Beispiel das Schauspiel, welches einen Film erst rund macht. Hier ist das nicht so. Es gibt nicht das eine Element, sondern tatsächlich nur die Gesamtkomposition, die einfach funktioniert. Bild, Musik, Drehbuch. All dies und mehr agieren gemeinsam und erzeugen gemeinsam Gefühle.
                      [...]
                      https://thomasschroers.wordpress.com/2019/01/17/mary-und-die-blume-der-hexen-hiromasa-yonebayashi-2017/

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                      • 8

                        [...]
                        Gerade am Anfang hat mich vor allem die Perspektive des Films erfreut. Es ist für Werke in diesem Kontext nicht typisch als Hauptfigur einen Konföderierten vorzustellen. Zumindest kommt es nicht so häufig vor. Erzählt wird hier zudem die Geschichte eines Außenseiters. Newton Knight ist in der Armee einer der am Rande steht und nach seinem Wiedereintritt in die Gesellschaft wird er noch weiter an deren Rand geschoben. Dort bleibt er auch nach dem Krieg. In der Hinsicht ist er bezeichnend für die Handlung selbst. Hier ist ein Film, der sich einer Randnotiz der Geschichte widmet, die jedoch symbolisch für den großen Kontext stehen kann. Sie erzählt im Kleinen vom Großen. Gleichzeitig darf man die Perspektive auch im Zusammenhang mit gegenwärtiger Politik sehen. Der Süden der vereinigten Staaten ist hier Schauplatz und Protagonist. Jener Süden auf den die Demokraten seit Jahren und Jahrzehnten schimpfen. Der Eigenheiten hat, Überreste von Rassismus aufweisen mag, aber im Endeffekt auch oft aus Menschen besteht, die von den Technologiezentren an den Küsten der USA nicht weiter entfernt sein könnte. Auch wenn die Handlung im späten 19. Jahrhundert spielt ist diese Perspektive spannend, weil sie ein differenziertes Bild der Südstaaten zeichnet. Die alte Erkenntnis, dass es nicht nur gut oder schlecht an einem Ort gibt, wird verstärkt. Es könnte ein Zufall sein, dass dieser Film im Klima Trump nicht beachtet wurde, vom Publikum verschmäht wurde, aber vielleicht passt es ins aktuelle Bild. Schade ist es in jedem Fall.
                        [...]
                        https://thomasschroers.wordpress.com/2019/01/21/free-state-of-jones-gary-ross-2016/

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                        • 6

                          "Ganz gut" ist das Ganze, wegen dem Erwartbaren. Action allererster Güte. Hier ist Erwartungsmanagement gefragt und am Ende opfert man dann schon vor dem Filmstart alles der Action. Das ist für mich auch vollkommen in Ordnung. Dennoch war es dann nicht der große Wurf. Einfallsreiche Action, ja, aber wer schon ein paar dieser Filme gesehen hat, sieht hier nicht viel Neues. Vor allem leidet die Spannung. Es ist dann fast wie eine Sportveranstaltung bei der man schon vorher weiß wer gewinnen wird. Lediglich der Endkampf kann hier wieder ein wenig Unvorhersehbarkeit hereinbringen.

                          • 7

                            Spannender kleiner Film, der sich gar nicht so sehr um Richards dreht, wie man vermuten könnte. Klar, es gibt ein paar Biografiemomente, aber im Grunde ist dies eher die Geschichte der Musik, die Richards beeinflusst hat und ihn auch bei den Aufnahmen zu "Crosseyed Heart", dessen Aufnahme als Rahmen dient, beeinflusste.
                            Magic Moment: Richards zusammen mit Tom Waits im Studio. Die Beiden singen ein Duett. Es endet und dann stehen die beiden Querköpfe sich da gegenüber und blicken unschuldig wie Schuljungen in die Kamera. Herrlich!

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                            • 8
                              über Arrival

                              [...]Villeneuve gelingt trotz der offenen Anlage des Werks ein runder Film. Von Beginn an weiß er, was der Kern der erzählten Handlung ist und steuert sicher darauf zu. Visuell ist das Ganze teilweise genial (hier sind vor allem die Szenen im Raumschiff zu nennen) und teilweise merkwürdig trocken, vielleicht sogar kalt. Dennoch ist dieser Regisseur ein Meister visuellen Erzählens. Innerhalb der Bilder findet er Parallelen von einer Szene in die Nächste, verbindet so Sequenzen und verdichtet das Gezeigte. Will man ihn so lesen, dann ist „Arrival“ auch ein Film über Filme an sich. Er zeigt uns eine universelle Sprache nicht unähnlich der Filmsprache. In dieser Sprache, wie auch im Film gibt es die Möglichkeit Zeitebenen zu vermischen, Erinnerungen aufleben zu lassen. Die Sprache der Wesen und von Filmen kennt auf ihre Art weder Anfang noch Ende. Gleichzeitig ist diese Sprache bildlich, ganz wie Filme es sind. Und was ist diese große, weiße Fläche im Bauch des dunklen Raumes innerhalb des Raumschiffes anderes als eine Leinwand? Ganz wie Louise müssen schließlich auch wir nah herantreten, uns in das Gezeigte vertiefen, damit das Rätsel vollends funktioniert.
                              [...]
                              https://thomasschroers.wordpress.com/2019/01/02/arrival-denis-villeneuve-2016/

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                              • 8

                                [...]Was wir sehen ist eine Welt im Wandel. London wird von einer Ansammlung Häuser im Schlamm zu einer Metropole. Alt und neu kämpft gegen einander und die Armen versuchen irgendwie mitzukommen. Wir haben die Verwandlung der Behörden. Plötzlich rücken Staat und Kirche ein wenig auseinander, werden zu Gegenspielern. Da gibt es dann die Polizei der Gesetzgeber und die Polizei der Kirche und beide besitzen mächtige Hintermänner. Wir sehen auch Medizin im Kampf gegen den Aberglauben. Sicherlich hat diese Medizin mit ihren Ideen von Wiederauferstehung einen abergläubischen Charakter. Im Grunde jedoch konkurriert sie mit der damaligen Ansicht, dass selbst eine Obduktion eine Entweihung darstellt.

                                All dies wird mit einer umfassenden Ernsthaftigkeit präsentiert. Das Leben ist hart und so stellt es die Serie dar. Dazu werden großartige Bilder verwendet, die oft mit ordentlich visueller Wucht daherkommen. Gleiches gilt für die Musik, welche sich thematisch immer wieder um sich selbst dreht und so gekonnt Emotionen wieder und wieder neu wecken kann. Gewichtige Themen, ob Tod oder Leben, werden so in einer eindringlichen Verpackung präsentiert und so schafft es die Serie uns in eine Stimmung zu versetzen, die dem Ringen Marlotts gerecht werden kann. Nicht zuletzt durch diese Mechanismen schafft es „The Frankenstein Chronicles“ trotz der vermeintlich fernen Zeit, die hier beschrieben wird den Zuschauer zu emotionalisieren. [...]

                                Vollständig hier:
                                https://thomasschroers.wordpress.com/2018/12/19/the-frankenstein-chronicles-s12/

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                                • 8
                                  über Aquaman

                                  [...] Mit Sicherheit ist hier jene Sequenz hervorzuheben, die über den Dächern Siziliens spielt. Eine Verfolgungsjagd auf mehreren Ebenen, die so gekonnt inszeniert ist, dass sie abseits jedweden Interesses an den Figuren schon viel Freude macht. Wie Wan hier Geografie schafft, dem Zuschauer Überblick gibt und uns sehen lässt was wirklich passiert, ist einfach genial. Fernab der Wackelkamera wird mit Bedacht bebildert. Das ist Actionkino, wie ich es mir im Idealfall vorstelle und man merkt, dass hier ein Regisseur am Werk ist, der nicht nur sein Fach versteht, sondern auch Innovationsgedanken vertritt.

                                  Inhaltlich gilt es zu wissen, in welchem Gewässer man sich befindet. „Aquaman“ bietet eine gut erzählte, klassische Handlung mit sinnvoll agierenden Figuren, die wir mögen können. Ein kleiner Subtext findet sich in der Motivation des Antagonisten Orm (Patrick Wilson), der sein Reich Atlantis gegen die Verschmutzung der Ozeane und damit gegen den Menschen an Land verteidigen will. Das ist eine gute Motivation und eine Angemessene für unsere Gegenwart. Selbstverständlich ist Orm dennoch nicht derjenige mit der richtigen Lösung, sodass der Film erkennen darf, dass eine Lösung nie einseitig sein kann. Sinnbildlich steht hierfür ja auch die Figur Aquaman (Jason Momoa). Er löst Probleme und Hindernisse auf und lebt gerade von seiner doppelten Identität als Atlanter und Mensch an Land. [...]

                                  Vollständig hier:
                                  https://thomasschroers.wordpress.com/2018/12/27/aquaman-james-wan-2018/

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                                  • 6

                                    "Mortal Engines" fährt so ziemlich jedes Handlungsklischee auf, dass ich mir vorstellen kann. Das trägt dann vor allem dazu bei, dass die Figuren nicht die Bohne interessieren und der Film kaum packen kann. All dies wird jedoch vom Ideenreichtum und der Welt an sich aufgewogen. Dieser Genremix und diese Bilder hätten eine bessere Handlung verdient gehabt.

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                                    • 6

                                      Ein durchaus interessanter Film. Zeitweise sehr erwachsen. Dann wieder eher nicht. Man ahnt (hofft), dass hier Dinge auf dem Boden des Schneideraum liegen. Vielleicht eine Bagheera ähnliche Backstory für Balu oder Shir Khan. Mehr Tiefe. Vielleicht ist es der schwierige Prozess, der den Film zerstückelt hat.
                                      Dennoch bin ich irgendwie zufrieden damit. Auch wenn er nicht in Erinnerung bleiben wird.

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                                      • 7

                                        Kaum zu bewertender Film, der plakativ für ein Hollywood längst vergangener Tage steht. Für mich mehr ein filmhistorisches Erlebnis, als alles andere. Dennoch kann er auch als Abenteuerfilm gut überzeugen. In Erinnerung bleibt aber die Art und Weise, wie gedreht wurde und das wofür er steht. Monumentalkino, Blockbusterkino, bevor es diesen Begriff gab.

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                                        • Nolte war bei Marc Maron zu Gast. Toller Podcast. Was für ein Charakter. Großartig.
                                          http://www.wtfpod.com/podcast/episode-900-nick-nolte

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                                          • Sean Penn war bei Marc Maron zu Gast:
                                            http://www.wtfpod.com/podcast/episode-901-sean-penn-lynn-shelton

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                                              Gute Kino gibt es hier zu erleben. Aaron Sorkin hat bei den Regisseuren, die seine letzten Drehbücher verfilmt haben gut aufgepasst. Man sieht die Einflüsse und man sieht auch, dass hier jemand eine ganze Menge eigene Kreativität an den Tag legt. Dazu kommt das Sorkin Drehbuch. Man kennt den Stil, kennt die schnellen Dialoge, die sich manchmal im Kreis drehen. Sorkin erzählt oft elliptisch. Nicht nur innerhalb von Gesprächen, sondern auch über ein ganzes Werk hinweg. Das passiert auch hier. Am Ende sind wir am Anfang.

                                              Dazwischen liegt eine ganze Menge Film, die aber sehr kurzweilig daherkommt. Ja, tatsächlich. Mehr als 2 Stunden Lauflänge habe ich gar nicht wirklich gemerkt. Das ist alles sehr wohl aufgeteilt. Im Grunde ist hinter der Story zwar eine Menge, aber auch gar nicht so viel. Das klingt merkwürdig und könnte eigentlich auch als große Kritik gelten, aber ich meine es nicht negativ und habe es auch nicht negativ empfunden. Was ich meine ist, dass hier doch eigentlich unter dem Strich gar nicht so viel passiert ist. Aber vielleicht ist das auch Sorkin, vielleicht ist das seine Kunst. Er schreibt und schreibt und erzählt dabei eigentlich einfache Geschichten. Wie alle seine Werke lebt auch dieses von den Figuren und dort ist dann eine ganze Menge zu erleben. Chastain, Elba, Costner und die gesamte Riege der Nebendarsteller ist ganz große Klasse. Man merkt, dass sich Sorkin für ihren emotionalen Kern interessiert. Und er schaffte es mich auch dafür zu interessieren. Er schaffte es sogar diese Gefühle, gerade die Vater/Tochter Beziehung so greifbar zu machen, dass es berühren konnte.

                                              Hier wird ja oft mit den großen Gangsterfilmen verglichen. Scorsese und dergleichen. Ich kann verstehen, woher diese Vergleiche kommen, aber unter dem Strich sind sie meiner Meinung nach nicht haltbar. Klar, die Inszenierung mit ihren Ideen ist ähnlich. Aber das hier ist KEINE Crime Saga. Das ist eigentlich ein menschliches Drama, mit einer ganz klaren Hauptfigur und zwei Nebenfiguren, die spannende Beziehungen zu ihr aufweisen.

                                              Gutes Kino. Sogar ausgezeichnetes Kino. Und eine erneute Lektion in Sachen Drehbuch und Charakteren von einem meiner Lieblingsschreiberlinge in Hollywood.

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                                              • "Paul Newman on Dying"
                                                Im Jahr 2000 hat Journalist Scott Raab Zeit mit Paul Newman verbracht und ein must-read Interview/Profile geschrieben. Was für ein Mensch dieser Paul Newman war.

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                                                • What ever happened to Brendan Fraser? Die ganze Geschichte gibt es hier: https://www.gq.com/story/what-ever-happened-to-brendan-fraser

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                                                    ThomasCine 12.02.2018, 14:28 Geändert 12.02.2018, 16:48

                                                    Eines vorab: Vielleicht hat "Mrs. Maisel" die lustigsten Szenen, die ich je in einer Serie gesehen habe. Vielleicht. Das kann man bei solchen Dingen ja nie so genau sagen.

                                                    Definitiv ist dieses neueste Wunderwerk von Jedermanns liebstem Onlinehändler ein tolles Argument für die Verlängerung des Prime Abos. Ich will gar nicht viele Worte verlieren. Manchmal zerstört man die Magie mit zu vielen Worten. Magie liegt in dem Setting der späten 50er. Auch in den Schauspielern. Brosnahan in der Hauptrolle ist eine Wonne. Bornstein, Zegen und Shalhoub, gerade Shalhoub (ein Dreh- und Angelpunkt der Maisel Magie, des Maisel Humors. Er spielt eine absolute Prachtrolle) sind alle großartig. Luke Kirby, den ich bei "Rectify" ins Herz geschlossen habe, als Lenny Bruce hier wieder zusehen, war in der ersten Folge ein glücklicher Moment und jede seiner Szenen ist Gold wert. Hoffentlich bleiben uns diese Figuren und Schauspieler noch eine ganze Weile erhalten.

                                                    Alles steht und fällt mit dem Drehbuch. Das arbeitet sich an einigen Themen ab, darf in Zukunft gerne noch mutiger werden, noch zeitgeschichtlicher und reißt in den ersten 8 Folgen bereits eine Menge an. Das am Ende der Fokus vor allem auf der Beziehung zwischen Hauptfigur und Ehemann liegt, war für mich ein kleiner Stolperstein. All das drumherum birgt das Potential für die Zukunft. Ich hoffe man kann da in der zweiten Staffel noch mehr Mut zu großen, so bisher nicht gesehenen Themen aufbringen. Abgesehen davon sind die Drehbücher besser als gut. Szenerie, Dramaturgie und Dialoge sind ein Wirbelwind, sind ach einfach nur herrlich.

                                                    Und dann ist da das Stand-Up Thema. Als langjähriger Fan von Comedy Podcasts wie WTF, JRE und Nerdist, Fan von George Carlin und amerikanischer Comedy kommt hier zum Leben worüber Marc Maron und Co. gerne mit ihren Gästen sprechen. Stand Up, wie es einst begann. Wie es damals aussah. Und wie es sich veränderte. Es bleibt zu hoffen, dass "Mrs. Maisel" einige Staffeln bekommen wird. Am Ende der ersten Staffel möchte man von allem mehr. Das ist das Amazon Prinzip und bei Serien haben sie dafür auch meinen Segen.

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