Die letzten Zeilen meines Praktikums

24.06.2014 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Sherlock Jr.
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Gestern saß ich noch an meinem Vorstellungstext, heute steht schon die Verabschiedung an. Schweren Herzens verlasse ich den Platz am Fenster, lasse mein widerspenstiges Schreibwerkzeug zurück und sage meinen liebgewonnen Kollegen & Kolleginnen Adieu.

Praktikanten kommen, Praktikanten gehen. Leider trifft für mich Letzeres zu, denn nach 210 Artikeln, 1585 selbstverschuldeten Überstunden, einem zerstörten PC, 60 Curry-Würsten, 80 Litern Mate und einer ansehnlichen Bildschirmbräune geht meine Zeit bei moviepilot zu Ende. In den drei Monaten habe ich so viele Wörter getippt, dass ich beinahe dachte, diese letzten 4997 Buchstaben wären ein Leichtes. Doch weit gefehlt. Tatsächlich ist es so, dass sich hinter meinen dicken Brillengläsern ein emotionaler Zusammenbruch ankündigt. Ich werde meine Co-Piloten und den Platz am Fenster vermissen, versuche aber nun ganz stark zu sein und das Praktikum gebührend Revue passieren zu lassen.

Kleine Schummelei und Freudentanz
Als das Jahr noch in seinen Anfängen stand, begab ich mich für das Vorstellungsgespräch in die große Stadt. Meine Erfahrungen in dem Bereich waren zu dem Zeitpunkt überschaubar und ich befürchtete Fragen wie “Was sind Ihre größten Schwächen?”, auf die ich dann idealerweise mit Lügen hätte antworten können. Doch glücklicherweise stellte sich meine Angst als unbegründet heraus. The gaffer nahm mir mit ihrem trockenen Humor (wobei ich mir im Nachhinein nicht sicher war, ob ich an den richtigen Stellen gelacht hatte) die Nervosität und so konnte ich mich frohen Mutes auf den obligatorischen Film-Test stürzen. Zu meiner Erheiterung trickste sich dieser bei einer Frage selbst aus. Die Schwachstelle wurde aber mittlerweile behoben, weshalb ich euch, liebe Bewerber in spé, leider keinen Geheimtipp mit auf den Weg geben kann. Schlussendlich landete kurze Zeit später eine Nachricht mit der Zusage für die dreimonatige Pilotenausbildung in meinem Postfach und ich führte (ungelogen) einen Freudentanz auf.

TV-Tipps und Dinoschatten
Die drei Monate sind wie im Flug vergangen und ich erinnere mich noch gut an meinen ersten Artikel, in dem es um Palo Alto, das Regiedebüt von Gia Coppola, ging. Zwischen diesen ersten Redaktionsschritten und dem Text, den ihr gerade lest, beschäftigten mich unendlich viele Fragen: Woher nehme ich 35 wissenswerte (!) Fakten zu Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt? Wie werden die ARD-Zuschauer auf den Film von Daniela Katzenberger reagieren? Und was sagen eigentlich die Kritiker zu Die Bestimmung – Divergent? Einen Artikel werde ich dagegen hoffentlich bald aus meinem Gedächtnis streichen können. Aus unerklärlichen Gründen veröffentlichte der Jurassic-World-Regisseur Colin Trevorrow kürzlich einen Dinoschatten und ich wurde für den dazugehörigen Aritkel als News-Terrorist. auserkoren. Ansonsten habe ich nicht nur unglaublich viel Wissen in dem Vierteljahr aufgesogen, sondern auch meinen Wortschatz grundlegend erweitert: Beispielsweise sind mir Begriffe wie Inbetweequel und Prebooquel nicht mehr fremd. Außerdem vermisse ich jetzt schon das Verfassen der TV-Tipps, denn die Rubrik ist mir ans Herz gewachsen.

Zusammen sind wir weniger allein
In neuen Umgebungen verhalte ich mich anfangs nicht wie ein Wolf, sondern wie ein verhuschtes Rehkitz. Doch dank meiner lieben Redaktionskollegen und kolleginnen wurde ich schnell zutraulicher, und das Büro mein eigentliches Zuhause. An dieser Stelle möchte ich mich für die gemeinsame und prägende Zeit bedanken bei Mave, der – weil er so eine coole Sau ist – der Einzige ist, der mich Peterchen nennen darf; BetterCaulSaul, der eine große Inspiration war, was die Gestaltung der Dachzeile angeht; Ines, die mir in finsteren Zeiten, wenn ein Text nicht geschrieben werden wollte, den Weg leuchtete; the gaffer, die alles weiß und stets nur kluge Sachen sagt und schreibt; sciencefiction, die immer ihre Tic Tacs mit mir teilte und mit der ich bald die Boyband The Crises managen werde; Surfer Rosa, der zeitgleich den Dienst im Cockpit antrat und mir daher ein Bruder im Geiste war und liverbird92, auf den ich neidisch bin, weil er noch am Beginn seiner Pilotenausbildung steht. Geht es um unsere kulinarischen Streifzüge durch Kreuzberg, muss natürlich auch der kleine, aber feine Beeblebrox erwähnt werden, der meine Meinung zu teilen scheint, dass eine Calzone beim 4,50€-Italiener die einzig richtige Entscheidung ist. Die letzten Worte gebühren den treuen Lesern und Leserinnen sowie den Community-Mitgliedern von moviepilot. Ich habe mich über jedes einzelne virtuelle Schulterklopfen, aber auch über konstruktive Kritik gefreut. Macht’s gut und bleibt eurer Leidenschaft, den Filmen, treu!
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