Prolog
Wie drückt man seine Liebe zu einem Schauspieler aus, der einem in absolut jedem seiner Werke begeistert? Es gibt so viele Schauspieler, die ich bewundere, die man begleitet hat, wie sie durch Scheißekanäle kriechen, auf einsamen Inseln mit Volleybällen reden, Crystal Meth kochen, um Geld für die Familie zusammenzubekommen. Ja, aber all jene Schauspieler wurden auch belohnt für ihre Taten, seien es Emmys, Oscars oder Golden Globes. Doch nicht so jener einer, jener Schauspieler, der zu meiner persönlichen Nummer eins geworden ist. Er ist der König der B-, wenn nicht sogar C-Movies und um meiner Liebe Ausdruck zu verleihen, müssen wir ein paar Jahre zurückreisen.
Also ab ins Jahr 2005
Es war ein Sommertag, soviel weiß ich noch, als ich beschloss, im Supermarkt bei den Magazinen zu stöbern. Nach kurzer Suche nach irgendetwas, das mich interessierte, fand ich eine Zeitschrift namens “SFT”. Diese sagt über ihre Inhalte: “Unterhaltung und Information aus den Bereichen Technik, Spiele, Musik, Filme und Web”. Das Besondere hierbei war, dass der Zeitschrift eine DVD begelegt war, die zwei Filme enthielt. An den einen kann ich mich nicht mehr erinnern, der andere jedoch, ist mittlerweile einer meiner Lieblingsfilme. Hierbei handelt es sich um You’re Fired! – Du bist gefeuert!. Somit befinden wir uns nun bei meiner ersten Begegnung mit Steve Zahn, also los.
You’re Fired!
Amerikanischer könnte der Film wohl zu Beginn kaum sein, auch wenn der Twist schon fast an Departed – Unter Feinden erinnert. Matt Dillon verliert Job & Freundin, und die einzigen, die ihm beistehen, sind ein schwuler Zahnarzt, der seine Qualifikation verloren hat, und ein recht bärtiger Steve Zahn, in einer absoluten Paraderolle. Wo Matt Dillon als ehemaliger Loser, der nach kurzer Erfolgsspur wieder zum Loser wird, die Protagonistenrolle mimt, funkt Steve Zahn durch brillant gespielte Gag-Einlagen dazwischen und wird somit zum Hauptaspekt des Humors. Der Film bietet nicht nur skurille, sondern ebenso pseudophilosophische Ansätze, die dennoch stets einen Kern Wahrheit beinhalten.
Ein Beispiel? Matt Dillon und Steve Zahn sitzen an der Bar in einem Stripclub. Der arme Matt, der im Film David Walsh heißt, heult sich darüber aus, dass seine Beziehung zu Christina Applegate (hier: Sara Goodwin) in die Brüche gegangen ist. Daraufhin erklärt ihm Steve Zahn (hier: Jack), dass es im Grunde gar keine Liebe gibt und David sich das alles nur einbilde. Das klingt noch nicht sooo besonders, stimmt, doch wartet auf die Ausführung:
Doch war dies erst der Anfang. Ein Film reicht gewiss nicht, um mich so zu begeistern. Wie hat es also dieser flippige Mann geschafft? Hier ein Rundumblick:
Mittlerweile habe ich 23 Filme von Steve Zahn gesehen. Nach You’re Fired! – Du bist gefeuert! entdeckte ich ihn ab und an in kleineren Filmen. Dabei ist ihm der “Nebenrollen-Stempel” wohl auf die Stirn gepresst worden. Es ist so: Nicht jeder Film mit Steve Zahn ist gut, doch gibt dieser Mann immer alles, egal wie affig, langweilig oder skurril seine Rolle auch sein mag und das ist der Beweis für die Liebe zu seinem Job. Immer merkt man ihm den Spaß an, und wie dämlich das Drehbuch auch sei oder wie wenig Screentime der ehemalige Harvard Student abbekommen mag, es gelingt ihm jeden Streifen aufzuwerten. Auch wenn er meist alberne Figuren mimen muss, verpasst er diesen mit stoischer Ruhe immer wieder etwas Kultiges. Ob als Safe-knackender Milchbubi in Safe Men – Die Safe-Spezialisten, Tierdokumentarist in Strange Wilderness oder wahnsinniger Kriegsgefangener an der Seite von Christian Bale in Rescue Dawn, in Steve Zahns Augen sieht man immer die Intensität, mit der er sich seinen Rollen verschreibt. Doch es ist umso interessanter, sich die Filme anzusehen, in denen er seriösere Charaktere spielt. In Sunshine Cleaning ist er ein Cop, der seine Frau betrügt, in Management beweist er, dass er selbst eine Rom-Com mit Jennifer Aniston richtig gut aussehen lassen kann, und in Speak – Die Wahrheit ändert alles ist er der hilfsbereite Kunstlehrer, den Kristen Stewart braucht, um über eine Vergewaltigung hinwegzukommen.
Doch genug dieses aufzählerischen Umrisses. Meinen Punkt habe ich wohl soweit klar gemacht: Steve Zahn ist ein Großer. Ein Ausnahmetalent, das jede Rolle überzeugend spielt, und ein Mann, den ich ohne weiteres in einer Reihe mit Bryan Cranston und Co. sehe. Doch auch hier sieht man wieder einen massiven Unterschied, vergleicht man die Karrieren von Cranston und Zahn. Bryan Cranston ist mittlerweile überall bekannt und in aller Munde. Dank seines Parts in Breaking Bad, der sein persönlicher Zenit ist, wurde er mit Emmys überhäuft und ist seinen Ruf als alberner Serienvater losgeworden. So kann man für Steve Zahn hoffen, dass auch er noch die Anerkennung erhält, die er verdient. Momentan ist er wesentlicher Bestandteil der HBO-Serie Treme, die in New Orleans kurz nach Hurrikan Katrina spielt. Als Davis McAlary spielt Zahn hier nicht nur einen der wenigen Weißen in der Serie, sondern ist wohl auch zusammen mit Antoine Batiste, gespielt von Wendell Pierce (The Wire), einer der Charaktere mit dem höchsten Sympathie-Faktor. HBO ist ja gewissermaßen nicht klein, doch schaut man sich die Einschaltquoten dieser brillanten Milieustudie an, kommt einem das Schaudern. Glücklicherweise hat HBO den Machern die Versicherung gegeben, so viele Staffeln machen zu können, wie sie brauchen, um ihre Geschichte zu erzählen, sodass wir Steve Zahn wohl noch ein ganzes Stück im Pay TV begutachten dürfen.
Ihr merkt selbst, meine schwärmerische Plapperphase findet kaum ein Ende und so möchte ich einmal direkt sagen, was ich weitergeben möchte. Es geht hier um Anerkennung, nicht nur für Steve Zahn, sondern auch für andere Schauspieler, deren Licht noch unterm Scheffel steht. Na gut, vor allem geht’s natürlich um Steve Zahn, aber ich finde, dieser Mann hat auch einfach Werbung verdient und so habe ich noch einen letzten Film, der einer der Gründe dafür ist, wieso ich Steve Zahn so abgöttisch verehre.
Freak Talks About Sex
In einer Phase, in der ich Steve Zahns Filmografie regelrecht abgearbeitet habe (auch wenn noch immer einige fehlen), stieß ich auf den Titel Freak Talks About Sex . Das war ein Film, den man nur über Auslandslieferung bei Amazon bekommt, dessen der US-amerikanische DVD-Titel Blowin’ Smoke hießt. Den Film Film gibt es gar nicht auf Deutsch, sodass sich mir dieses Phänomen noch jeglicher Erklärung entzieht. Jedenfalls ist dieser Film mit einer IMDb-Wertung von 5,6 eine wahre Perle: David Keenan ist ein typischer Loser, der sich dachte, er würde seiner Heimatstadt den Mittelfinger zeigen, indem er wegziehen würde. Doch fehl am Platz, letzten Endes sitzt er wieder im eben genanntem Kaff fest und verbringt seine Tage damit, mit seinem Kumpel einen durchzuziehen oder es an der Mädchen-Front zu versuchen. Die Art und Weise, wie Steve Zahn hier die Skurrilität der Figur mit einer todernsten Lebenseinstellung, philosphischem Lebensdenken und dem Wandel des Charakters vereint ist einmalig und so ist dieser Film für mich einer der wertvollsten, da er mir nichts anderes übrig ließ, als mir Gedanken über meine eigene Zukunft zu machen.
Doch wie enden Geschichten und ewig lange Schwärm-tiraden von J!GS4W? Natürlich mit einem Zitat, einem rhethorischen Mittel, dem ich mich stets gern bediene. Und welcher Film käme da natürlich gelegener als der eben besprochene?
Freak: Hey, my mom gave me some advice today. She said there are four stages of consciousness development:
Stage one is when you’re like a kid, you know, everything is new, nothing really bothers you, you’re not self conscious, but you’re little.
Stage two is the existential stage when you like become aware of your own existence, you know, you look around, everything seems hopeless, you know? You’re like, “Ah whats the point in doing anything, man? We’re all gonna die anyway,” and all that shit.
And then there’s stage three, where you realize that everything isn’t hopeless and you get a glimmer of it, you just gotta get there.
David Keenan: Get where?
Freak: To stage four, nirvana.
David Keenan: So, ok, so like that make me what like a stage two and I suppose you’re like a stage four.
Freak: No man, I’m a stage one.
David Keenan: You’re so full of shit!
Freak: It’s just some shit my mom told me. You use it as you will.
Vorschau: Auch nächste Woche bekommt ihr eine Hommage einen einzigartigen Künstler zu lesen, der es seinen Zuschauern jedoch nicht immer leicht macht.
Dieser Text stammt von unserem User J!GS4W. Wenn ihr die Moviepilot Speakers’ Corner auch nutzen möchtet, dann werft zuerst einen kurzen Blick auf die Regeln und schickt anschließend euren Text an ines[@]moviepilot.de