Auf den Fantasy Filmfest Nights läuft dieses Jahr der neuseeländische Psychothriller The Rule of Jenny Pen und bevor John Lithgow in die Rolle des gutmütigen Hogwarts-Schulleiters Albus Dumbledore in der Harry Potter-Serie schlüpft, lehrt er uns hier noch einmal gehörig das Gruseln.
The Rule of Jenny Pen: Dumbledore terrorisiert ein Pflegeheim
Älterwerden ist der Horror. Zumindest ab dem Punkt, wo der Körper den Dienst versagt und der Weg nur noch bergab geht. So zumindest erlebt es der Richter Stefan Mortensen (Geoffrey Rush), der im Gerichtssaal einen Schlaganfall erleidet und daraufhin ins Pflegeheim verfrachtet wird.
Neuerdings auf einen Rollstuhl angewiesen, hat er keine große Lust, Kontakt zu anderen Bewohner:innen zu pflegen. Zu einem unerwarteten Gegenspieler steigt der langjährige Altersheimbewohner Dave Crealy (John Lithgow) auf, der ihm mit seiner Puppe Jenny Pen das Leben zur Hölle macht.
Schaut hier den Trailer zu The Rule of Jenny Pen mit John Lithgow:
Die von Geoffrey Rush (The King's Speech) gespielte Hauptfigur kommt von Anfang an nicht gerade als Sympath daher. Sein unnachsichtiger Richter verurteilt zu Beginn Straftäter und Angehörige gleichermaßen und macht sich auch später mit Beschwerden über das Pflegepersonal und Zimmernachbarn keine Freunde. Doch ein gemeinsamer Feind hat bekanntlich schon widerwilligere Verbündete zusammengeschweißt und diesen erschafft John Lithgow mit inbrünstiger Überzeugung.
James Ashcroft (Black Sheep) drehte The Rule of Jenny Pen nach einer Kurzgeschichte von Owen Marshall und lässt Rentner Dave zunehmend unheimlicher werden. Erst erscheint er nur als verwirrter Mann, der mit der konstanten Begleiterin einer Babypuppe auf der linken Hand vor allem ein Sonderling auftritt. Nach und nach offenbart sich aber sein geheimes Terror-Regime.
Psycho-Horror mit Babypuppe: John Lithgow demonstriert seine düstere Brillanz
Wer den mittlerweile 79-jährigen John Lithgow schon vor seiner Harry Potter-Besetzung kannte, weiß natürlich, dass der zukünftige Dumbledore sein schauspielerisches Profil in Bösewicht-Rollen verfeinert hat. Ob sein Terroristen-Anführer in Cliffhanger, sein Trinity-Killer in Dexter oder sein zwielichtiger Kardinal in Konklave: Mit Lithgows Figuren war selten gut Kirschenessen.
Die titelgebende, "herrschende" Puppe aus The Rule of Jenny Pen mag mit ihren leeren Augenhöhlen, winzigen Händchen und der allzu glatten Oberfläche an sich schon Grusel bei Horror-Fans hervorrufen. Aber zu keinem Zeitpunkt bestehen Zweifel, wer hier im Altersheim herrscht: John Lithgow, der für die Rolle seine falschen schiefen Zähne und hellen Kontaktlinsen gar nicht notwendig gehabt hätte. Mit kalten Blicken und wechselnder Stimmhöhe spielt er sich nochmal den Schurken aus der Seele, als ahne er schon, dass die Welt ihn in Zukunft nur als sanftmütigen Harry Potter-Schulleiter sehen wird.
Manchmal sind es nur kleinere Spitzen, die sein Dave hervorholt: Wenn er beim Seniorentanz andere von der Tanzfläche rempelt und rassistische Maori-Witze erzählt. Wenn er Enkel-Zeichnungen zerreißt oder Diebesgut unter Matratzen versteckt. Aber spätestens, wenn er nachts in Nachbarzimmern auftaucht, damit Stefans Mitbewohner Tony (George Henare) den Hintern der Puppe küsst und ihn anschließend trotzdem mit einem gezogenen Katheter foltert, nimmt das Mobbing extrem düstere Formen an. In anderen Händen hätte die Puppe lächerlich wirken können, an John Lithgows Arm verschmilzt sie mit ihm zur Horrorgestalt.
Der abgründig reale Thriller The Rule of Jenny Pen zeigt das Älterwerden als Gefängnis
Eine "Todeskatze" streift durchs Altersheim von The Rule of Jenny Pen. Es heißt, vor wem sie Halt macht, der muss als Nächstes sterben. Die Todesfälle reichen von "versehentlich" aus dem Haus gelassenen dementen Damen bis zu in Flammen stehenden Rollstuhlfahrern. Aber immer schwingt die Hilflosigkeit angesichts der eigenen körperlichen Gebrechen mit und bringt die Senior:innen (gepaart mit dem Sadismus von John Lithgows Dave) zu Fall.
So wie Stefan zu Beginn eine Fliege auf der Richterbank zerquetscht, drohen auch die wehrlosen alten Leute zu sterben, ohne dass jemand etwas dagegen unternimmt. Einfach, weil sie an ihrem Lebensabend angekommen sind und in dem Heim festsitzen.
Die Senioren-Residenz ist keine Luxus-Einrichtung (Richter Stefan hat sein Vermögen mit Aktien verloren), aber das ist zweitrangig. Der Kreislauf singender Amateur-Entertainer und einer penetranten Geräuschkulisse schmatzender, klingelnder und schreiender Anwohner:innen lässt das Altersheim zur Folterkammer werden, lange bevor wir in Daves Machenschaften eingeweiht werden.
John Lithgow verkörpert nur denjenigen, der diesem allzu realen Schreckensszenario die Krone aufsetzt. Denn er tritt auf, wenn die Lähmung einsetzt und man sich nicht mehr wehren kann (für Harry-Potter-Fans: Petrificus Totalus). Und niemand möchte nachts aufwachen und ihn mit stechendem Blick über sich gebeugt vorfinden (sorry schon mal, Harry im Hogwarts-Krankenflügel).
Als Film entfaltet sich The Rule of Jenny Pen dabei nicht ohne erzählerische Längen. Gerade in der zweiten Hälfte kann es in einer Spätvorstellung schon mal zu kurzen Aufmerksamkeitsaussetzern kommen, wie auch Geoffrey Rushs Figur sie zunehmen erlebt. Doch nicht zuletzt für die Gänsehaut-Performance des zukünftigen Dumbledores vor dem "letzte Kapitel seines Lebens" lohnt es sich, ihn noch einmal eindrucksvoll seine düstere Freak-Flagge schwenken zu sehen.
Mehr von den Fantasy Filmfest Nights 2025:
- The Ugly Stepsister kreuzt Wicked mit The Substance
- Sci-Fi-Thriller Redux Redux entfesselt Serienkillerjagd im Multiversum
- Batman-Bösewicht brilliert im Schafs-Thriller Bring Them Down
- Eiskalter Historien-Horrorfilm The Damned lässt euch frösteln
Podcast: Was erwartet uns mit der Harry Potter-Serie mit John Lithgow?
Der US-Sender HBO verfilmt die Harry Potter-Bücher erneut, nach der beliebten Fantasy-Filmreihe erstmals als Serie. Wir sprechen über den Start (voraussichtlich 2025/27) und die schon bekannten Stars im neuen Cast rund um John Lithgows Dumbledore.
An dieser Stelle findest du einen externen Inhalt, der den Artikel ergänzt. Du kannst ihn dir mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.
Externe Inhalte zulassenMehr dazu in unserer Datenschutzerklärung
Welche Änderungen nimmt die Harry Potter-Serie gegenüber den Romanen und Filmen vor? Und kann man sich auf die Serie freuen und trotzdem die Debatte um J.K. Rowlings transfeindliche Aussagen nicht ignorieren? Das und mehr diskutieren wir im Podcast.
The Role of Jenny Penn lief schon in einigen deutschen Städten auf den Fantasy Filmfest Nights 2025 und ist im Rahmen des Genre-Festivals am 18. Mai noch in Hamburg und am 25. Mai in München zu sehen. Einen regulären deutschen Start hat der Film darüber hinaus noch nicht.