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Wenn die Hemmungen fallen

14.10.2014 - 12:00 Uhr
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Pt. Merantau Films
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Meine Lieblingsszene:

Als ich im Kindesalter mit großen Augen vor dem Fernseher saß und Son-Goku dabei zusah wie er gegen Vegeta kämpfte, hatte ich keine Angst. Schon als kleiner Pimpf durchschaut man die dramaturgischen Muster einer Zeichentrickserie, man weiß, dass der Held gewinnen und das Böse niederschlagen wird, so wie er es schon immer gemacht hat. Und so geschah es auch an diesem Tag: der nette Saiyajin triumphierte über seinen grausamen Artgenossen, überstand die Auseinandersetzung verletzt aber siegreich. Auch aus vielen folgenden Keilereien ging er unbesiegt hervor - die Auseinandersetzungen mit seinen Feinden davor hatten es aber natürlich trotzdem verdammt in sich. Diese Kämpfe faszinierten mich. Erst in Animes, dann in zackigen Realfilmen rief Martial Arts das Maximum an Emotionen in mir hervor.

Mit den Jahren verschob sich mein Interesse an kunstvollem Gedresche dann aber doch in andere Richtungen und der erzählerische Anteil der Filmkunst rückte in den Vordergrund. Rückblickend betrachtet, dachte ich, sind Martial-Arts-Sachen vielleicht doch nur cineastisches Junk Food. Toll anzusehen, aber wenig dahinter. Die Erinnerungen an frühe Tage waren mir viel wert, aber dass ich jemals wieder von einer bloßen Kampfszene so weggeboxt werden würde wie früher, konnte ich mir wahrlich nicht vorstellen.

Noch weniger hätte ich mir vorstellen können, dass meine absolute Lieblingszene aller Zeiten in einer Küche stattfinden würde. Aber das was ich an jenem Abend im Kino sah, war so überwältigend, das für mich überhaupt kein Zweifel besteht: diese Szene ist mein Favorit.

Sie entstammt The Raid 2 - ein Film, der randvoll ist mit fantastischen Szenen. Am liebsten würde ich ausgiebig über die zahlreichen grandiosen Aspekte dieses Glanzwerkes schwärmen, aber eine Szene im Speziellen möchte ich hiermit so gut ich es vermag würdigen: das finale Duell von Protagonist Rama gegen den irren Kampfteufel, der uns nur als „The Assassin“ bekannt ist.

Zu Beginn erstmal: Rama ist eine harte Sau. Im Verlauf der beiden Filme hat er bereits Horden von Gegnern eingestampft. Als gegen Ende des Sequels dann aber die Pferde mit ihm durchgehen ist die Kacke erst so richtig am Dampfen: ins Quartier seiner Gegenspieler hereingestürzt klatscht er zuerst ein gutes Dutzend Yakuza-Mobster an die Wand und vernichtet im direkten Anschluss das mächtige Killer-Duo Hammerbitch und Joe McBaseballschläger in furioser Manier. Dieser Kampf ist für sich schon derart gelungen inszeniert und mächtig in seiner Wirkung, dass er problemlos als Klimax hätte durchgehen können. Doch da gibt es noch eine letzte Tür zu durchschreiten.

Und so betritt unser Protagonist den gefährlichen Ort, der als epischer Schauplatz seines vorerst letztens Kampfes dienen wird: die Küche.

In dieser erwartet ihn allerdings nicht Jamie Oliver mit gezücktem Filettiermesser und Fleischklopfer (schade eigentlich), sondern das letzte Hindernis auf dem Weg zum Feierabend: ein namentlich unbekannter Knochenbrecher, der Rama im finalen Zweikampf nochmal alles abverlangen soll. Blut wird fließen. Gegenstände kaputt gehen. Das anwesende Küchenpersonal erkennt die Dimension der bevorstehenden Schlägerei und verkrümelt sich in weiser Voraussicht aus dem Raum. Ich musste lächeln.

Dieses Finale ist genau so, wie es zu sein hat. Es setzt diesem überragenden Film die Krone auf. Zieht alle Register. Ein purer Zweikampf, hart, dynamisch, spannend, schnell und schlagkräftig. Mann gegen Mann.

Sobald Rama die anfängliche Angespanntheit mit einem Angriff durchbricht, stürzt ein regelrechter Hagel an Attacken und Kontern auf den Zuschauer herab und das Fest ist eröffnet. In unglaublicher Geschwindigkeit beharken sich die Verfeindeten mit Hieben und Tritten, wechseln fließend zwischen Grifftechniken und Würfen und halten sich augenscheinlich zuerst noch die Waage – doch dann gewinnt unserer Held kurz die Überhand und kickt seinen Gegner mit einer deftigen Combo über den Tisch in der Mitte des Raumes. Fuck yeah!

Jetzt sind die Hemmungen sind gefallen. Beide hauen sich Küchengegenstände um die Ohren und kämpfen völlig entfesselt während die herausragende Kameraarbeit die volle Dynamik der Choreographie zum Leuchten bringt. Ich saß im Kinosaal und fieberte vollkommen mit, sah wie der Assassin in einer präzise platzierten Zeitlupe von Rama durch eine Glasscheibe befördert wurde, darauf die Messer zog und sich beide nach der Prügelei ihres Lebens noch einmal kurz sammelten. Sich verbissen in die Augen starrten, einen Moment verweilten. Und dann noch einmal aufeinander losstürmten.

Und dann kam die Musik dazu. Der unglaublich intensive Score machte diese Szene zum absoluten Erlebnis. Als er die Dramatik mit der zusehenden Eskalation des Geschehens in unbeschreibliche Höhen bewegt und die Kämpfenden durch den Einsatz der Klingewaffe auch noch anfangen so richtig Blut zu vergiessen, war ich endgültig hin und weg. Dieser Kampf steigerte sich tatsächlich noch weiter und stand kurz vor seiner Entscheidung. Blanke Angriffwut. Adrenalin. Immer mehr Schlitzer. Kampfschreie. Überall Blut. In einem gewaltigem Blutrausch dann der brutale Treffer mit der Klinge des Karambit direkt in die Kehle des Gegners. Klinge raus. Gegner sackt zusammen, die Schlacht ist vorbei. Meine Augen sind weit, ich atme aus und zittere vor Euphorie. Rama wins. Fatality.


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