Darf ich vorstellen:
Der weltweit erfolgreichste
indische Film des Jahres 2021!

Wer hätte das am Anfang des Jahres gedacht? Vor ein paar Tagen ist es nun also tatsächlich passiert. Tollywood-Star Allu Arjun fährt für das ausgehende, von Pandemie, Kinoschließungen und Filmstartverschiebungen malträtierte Kinojahr nicht nur ein veritables Kassenergebnis ein, wie etwa die letzten Jahre, sondern holt sich unerwartet mit seinem aktuellsten Film die gesamtindische Box-Office-Krone 2021. Erst zum 3. Mal überhaupt geht diese nach den Baahubali-Filmen an einen Telugu-sprachigen Streifen aus Südindien. Am 17. Dezember gestartet, hat der Leinwandhit in den letzten Wochen pan-indisch alles platt gemacht, sogar „Spider-Man: No Way Home“ (hihihi). Und das Schöne ist, dieser massentaugliche Unterhaltungsfilm kann sich trotz einiger Probleme tatsächlich über weite Strecken sehen lassen. Schon die Bilder des Trailers flüsterten: Das könnte fett werden!

Eröffnet wird mit einer Animationsfilmsequenz, die dem Zuschauer eine Hochzeit in Japan zeigt, bei der ein japanisches Saiteninstrument als Hochzeitsgeschenk überreicht wird. Der Erzähler weist sogleich darauf hin, dass es im Film nicht um Hochzeiten und Liebespaare aus dem Land der aufgehenden Sonne gehen soll, sondern um das Holz selbst, aus dem dieses Musikinstrument hergestellt wurde. Das Rote Sandalholz, ein laubabwerfender Hülsenfrüchtler von 10 bis 15 Meter Höhe, wächst nämlich nur in Indien in den tropischen Trockenwäldern an den Hängen der Ostghats und unterliegt dem Washingtoner Artenschutzabkommen, da es wegen geringer Vermehrung (Fruktifikationsrate) gefährdet ist. Aufgrund der Nachfrage wird es aber trotzdem illegal abgeholzt, der einträgliche Handel damit blüht und liegt zum Teil in den Händen des organisierten Verbrechens. In dieses Milieu eingeführt, kann der Zuschauer nun dem Aufstieg des unehelichen Bastards Pushpa Raj folgen, der sich mit List und Gewalt vom einfachen Coolie zum Gangsterboss hocharbeitet.

Eines sollte jedem westlichen Zuschauer jedoch klar sein. Hierbei handelt es sich um einen südindischen Entertainmentfilm, einen Masala-Action-Reißer für die Volksmasse, der mit allen (dem Kenner) wohlbekannten Stilmitteln und Manierismen des südindischen Masala-Kinos daherkommt. Wer also jetzt „Gangs of Wasseypur“ erwartet, ist bei diesem Filmwerk völlig falsch. Zwei unterschiedliche Baustellen, wie man so schön sagt/schreibt. Nur, um das mal richtig einzuordnen und Enttäuschungen vorzubeugen. Die Laufzeit beträgt 179 Minuten, auch das dürfte sicherlich für viele ein Knackpunkt sein. Dass überhaupt nicht bezüglich des Tropenholzeinschlages auf den Umweltaspekt eingegangen wird, könnte einigen ebenso sauer aufstoßen. Der Film hat null Interesse daran, Umweltbewusstsein zu vermitteln!

Regisseur Sukumar Bandreddi, dessen letzte Arbeit „Rangasthalam“ mir als einer der wenigen Masala-Filme wirklich richtig gut gefallen hat, zeigt erneut, dass er sein Handwerk versteht, vor allem in der grandiosen ersten Hälfte. Flüssig inszeniert, unterstützt von der tollen Kameraarbeit des Polen (!) Mirosław Kuba Brożek, gefällt auch der Schnitt, insbesondere der Spannungsgegenschnitt mehrere Schauplätze und die Einarbeitung der Zeitrückblenden. Das wunderbare Dschungelambiente als Kulisse für wahnwitzige Actionchoreografien haut natürlich ordentlich rein. Ich liebe diese Filme, die im urigen indischen Hinterland spielen, fern von jeglichem Großstadtglitzerschick und westlichen Einflüssen. Ein weiteres Highlight sind die bombastisch choreografierten Musical-Song-Tanz-Nummern, die ziemlich vieles, was im sogenannten „Musicaljahr“ 2021 aus dem Westen kommt, einfach mal locker und leicht in die Tasche stecken, natürlich unterlegt mit der routiniert guten Musik von DSP (den ich als Song Composer ebenso mag).

Gerade die zweite Hälfte des Films und die ultraspäte, wie rangeklatscht wirkende Einführung des eigentlichen Hauptantagonisten für Pushpa, die in einer lächerlichen Wir-ziehen-uns-bis-auf-die-Unterhosen-aus-Szene mündet, in der sich zünftig zugediggert wird, wer denn nun der größte und böseste und authentischste Macker in der Provinz ist (wobei Klamottenmarken eine Rolle spielen), zeigt sich, dass Sukumar nicht der beste Drehbuchschreiber ist. Gesamtstorytechnisch läuft etliches unrund und schief. Der Mollywoodstar und begabte Charaktermime Fahadh Faasil (fast nur Kritikerhits in letzter Zeit und zuletzt in „Malik“ selbst Pate-ähnlicher Gangsterboss) hätte in seinem ersten Telugu-Film überhaupt viel früher gebracht werden müssen oder aber gänzlich nur im 2. Teil auftreten sollen. Vielleicht hatte man ja Angst, dass er dem Hauptdarsteller die Show stielt, was im Bereich des Möglichen liegt.

Star Allu Arjun (den ich nicht mag), erneut mit grenzwertiger Frisur unterwegs (scheint wohl sein Ding zu sein), ist auf jeden Fall ab den ersten Filmminuten präsent, macht eine verdammt gute, besetzungstechnisch passende Figur und liefert ab, ja, er macht den ganzen Film zu seinem Film und drückt ihm komplett seinen Stempel auf. Allu Arjun ist Pushpa, gerade im Rahmen der emotional-traurigen Kindheitsrückerinnerungsszenen unerwartet überzeugend, und wird dafür in die Analen eingehen. Ein Axthieb drauf! Die betörend schöne Rashmika Mandanna darf leider mal wieder nur das 08/15-Love-Interest spielen, ist bezaubernd in vielen Szenen, wie sie mit Allu Arjun rumkocketiert, verreißt aber auch in einer Sequenz völlig. Solch schwach geschriebenen, klischeehaften „Beiwerk“-.Frauenrollen sind mittlerweile so langweilig und gestrig. Bei ihrem potenziellen Können eine Verschwendrung. Dann doch lieber gleich nur eine Item-Nummer, wie es uns die von mir ebenso sehr geschätzte Samantha Ruth Prabhu – frisch geschieden by the way – vormacht, die einen megasexy Auftritt im Lied „Oo Antava Oo Oo Antava“ hat.

Natürlich haben sich die „Pushpa“-Macher am Kannada-Megahit „K.G.F.: Chapter 1“ orientiert und konnten dessen Überraschungs-Erfolg an den pan-indischen Kinokassen sogar übertreffen, schaffen es aber nicht, die herausragende eskapistische Filmkunst-Comic-Durchgeknalltheit des Jetzt-schon-Klassikers zu erreichen. Trotz etlicher Mängel und in Anbetracht so vieler anderer, schlechterer Masala-Actionfilme, ist und bleibt „Pushpa: The Rise - Part 1“ ganz knapp sehenswert. Jetzt heißt es warten auf „Pushpa: The Rule - Part 2“.

Und Abschließend merkt euch eines:
Pushpa doesn't mean Blossom,
it means FIRE!

Kino-Trailer:
https://www.youtube.com/watch?v=Q1NKMPhP8PY
Amazon-Prime-Video-Trailer:
https://www.youtube.com/watch?v=HJQftJ9oO9k
Audio Jukebox:
https://www.youtube.com/watch?v=tt2EXP9iuNU
Filmplakat:
https://media1.fdncms.com/cltampa/imager/u/slideshow/12539036/pushpa-1.jpg
Panoramaplakat:
https://pbs.twimg.com/media/E8kVyhUUYAQ-Nc5?format=jpg
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Einordnung: Telugu Cinema (= Tollywood/II)
Genre-Ausrichtung: Masala-Gangsteraction-Holzschmuggler-Epos
Musical-Song-Tanz-Nummern: ja (5)

Community-Meinung zu Pushpa: The Rise - Part 1