Obwohl gleich zu Beginn der Pilot-Episode von Animals. das vertraute HBO-Logo über den Bildschirm flimmert, fühlt man sich kurze Zeit später an anarchische Animationsserien erinnert, wie sie derzeit eher auf Adult Swim oder Comedy Central zu finden sind. Tatsächlich scheint sich Animals. nicht so recht ins Repertoire des US-amerikanischen Pay-TV-Sender einzugliedern, der momentan in erster Linie durch aufwendig produzierte Blockbuster-Serien à la Game of Thrones von sich reden macht. Dazu kommt der Umstand, dass HBO seit der Absetzung von The Life & Times of Tim vor vier Jahren keine einzige Animationsserie mehr im Programm hatte - wie ein Fremdkörper wirkt nun die Präsenz von sprechenden Tieren im animierten Gewand. Dennoch lohnt es sich, einen Blick auf das eigenwillige Format zu werfen, das bereits vor über einem Jahr im Rahmen des Sundance Film Festivals seine Premiere feierte.
Wenn die Tiere zu Menschen und die Menschen zu Tieren werden
Nachdem die ersten zwei Episoden das Publikum beim Sundance Film Festival in Utah dermaßen begeisterten, nahm sich HBO der bis dahin unabhängig produzierten Serie an und bestellte gleich eine zweite Staffel. Als Vermittler zwischen den Fronten fungierten Jay Duplass und Mark Duplass, die einerseits mit ihrer Produktionsfirma das von Phil Matarese und Mike Luciano initiierte Projekt förderten, andererseits mit ihrer kurz zuvor gestarteten Dramedy-Serie Togetherness erste Erfahrungen auf HBO gesammelt hatten. Dieser Independent-Ursprung ist Animals. in jeder Sekunde anzumerken, alleine die Prämisse lässt die Nischenausrichtung erahnen - von dem deprimierend-bissigen Tonfall der Pilot-Episode ganz zu schweigen. So fördert das Konzept der sprechenden Tiere alles andere außer Niedlichkeiten zutage, regelrecht hässlich ist die Welt, in der sich die Geschehnisse von Animals. ereignen.
Da wäre zum Beispiel gleich die erste Sequenz der Pilot-Episode, namentlich Rats, die New York City einem dystopischen Moloch gleichend in Szene setzt. Zwei Ratten, eine introvertiert, eine extrovertiert, beobachten einen Mann und eine Frau beim Sex. Während sie sarkastisch den Geschlechtsakt kommentieren, gehen sie gemeinsam die Abendplanung durch. Ob die schüchterne Ratte auch zur Party kommt? Und wer kreuzt mit welchem Geschenk auf? Das Prinzip ist klar: Die Tiere kämpfen mit jenen Problemen, die eigentlich der menschliches Spezies vorbehalten sind, während sich im Hintergrund zwei Exemplare des Homo sapiens mit animalischer Freude hemmungslos vergnügen. Als würden die zwei Ratten auf YouTube ein witziges Menschenvideo schauen - mit der bösen Pointe, dass der Mann offensichtlich dermaßen übertreibt, dass die Frau kurze Zeit später tot auf dem Boden liegt. Die Ratten sind kurz irritiert, widmen sich dann aber wieder ihrem eigentlichen Gespräch, ohne weitere Worte über den bizarren Vorfall zu verschwenden.
Ein grauer Albtraum der Hässlichkeit - und trotzdem muss man lachen
Im Gegensatz zur Netflix-Produktion BoJack Horseman gehen Mensch und Tier bei HBO kein gegenseitiges Verhältnis ein, denn die Beziehungen in Animals. sind vorzugsweise einseitig, was ebenfalls auf der angekündigten Party deutlich wird. Hier verschwinden die Menschen komplett von der Bildfläche und eine mehr oder weniger feierwütige Rattenbande hat das Sagen. Wer schon wie viele Kinder gemacht hat, ja, damit kann geprahlt werden. Die introvertierte Ratte kann bei den Sprüchen ihres besten Freundes allerdings nicht mithalten: Sie ist noch Jungfrau und jeder Versuch, zu den coolen Jungs zu gehören, endet in einem peinlichen Desaster. Animals. läuft in diesen Momenten gerne auf die unangenehme Stille hinaus und bringt generell wenig Empathie für die einzelnen Figuren mit. Ein bisschen Arschloch steckt in jedem der Tiere, manche lassen es in aller Dreistigkeit raushängen, andere kompensieren es in passiv aggressiven Reaktionen. Nur wenige trauen sich überhaupt, Partei für die Vernunft zu ergreifen. Sollten sie es trotzdem tun, werden sie von der Gesellschaft sofort bestraft.
An diesem Punkt wird Animals. schwer greifbar, denn es fehlt - trotz gleicher Probleme und Sorgen - jegliche Identifikationsmöglichkeit mit den Figuren. Phil Matarese und Mike Luciano haben das überspitzte Porträt einer Welt geschaffen, deren Bewohner sich ununterbrochen anfeinden und gegenseitig ins Verderben stürzen. Dementsprechend fies fällt auch der Humor der Pilot-Episode aus - egal ob sich die Situationskomik in der Absurdität des Geschehens auflöst oder eine anfangs unscheinbare Randbemerkung zum grausig-witzigen Schlag in die Magengrube mutiert. Dass Animals. polarisiert, sollte spätestens ab dieser Stelle niemanden mehr überraschen. Sehr schnell werden die Regeln von Animals. erklärt, sodass schon nach wenigen Minuten klar sein dürfte, ob die Serie gefällt oder nicht. Wir dürfen auf alle Fälle gespannt sein, wie sich das - auch in seiner Gestaltung - unkonventionelle Format auf HBO entwickelt, und, ob die derbe Herangehensweise auch beim nächstes Mal noch Spaß macht.