Better Call Saul - Staffel 3, Episode 1 im Recap

12.04.2017 - 10:40 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Better Call Saul - Staffel 3, Episode 1: MabelAMC
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Die 3. Staffel von Better Call Saul beginnt mit einem Knall und geht dabei die meiste Zeit ganz wortlos vonstatten. In Mabel bekommen wir ein Update zum aktuellen Stand der Dinge und Jonathan Banks darf als Mike den größten Eindruck hinterlassen.

Wie könnte die 3. Staffel von Better Call Saul besser beginnen als mit der zarten Stimme von Nancy Sinatra, die lebensfroh von Sugar Town  singt. "I got some troubles, but they won't last. I'm gonna lay right down here in the grass. And pretty soon all my troubles will pass." So lauten die ersten Textzeilen des Songs, der 1966 veröffentlicht wurde und in Verbindung mit den schwarzweißen Bildern des Openings eine zwiespältige Atmosphäre provoziert. Die tristen Flash-Forwards mit Jimmy McGill (Bob Odenkirk), der in einer Shopping Mall dem Job mit dem geringstmöglichen Maß an Verantwortung nachgeht, wie es Kevin Spacey als Lester Burnham umschreiben würde, sind seit der 1. Staffel fester Bestandteil der Serie. Sie künden von einer Charakterentwicklung, über die wir uns alle im Klaren sind: Eines Tages wird Jimmy McGill als Saul Goodman enden. Nach all der Zeit tut es dennoch im Herzen weh, diesen ersten Minuten der 3. Staffel zu folgen.

Vorerst sitzt der Protagonist der Geschichte jedoch niedergeschlagen auf einer Bank, isoliert von all den Menschen um ihn herum, die Spaß haben oder sich sorgenlos ihren Nachmittag vertreiben. Als ein junger Ladendieb seinen Weg passiert und sich in einer Fotokabine versteckt, bleibt Jimmy geradezu das Sandwich im Hals stecken, so überfordert ist er mit der Situation, in die sich kurz darauf zwei Gesetzeshüter einschalten. In Detailaufnahmen veranschaulicht Serienschöpfer Vince Gilligan, der diese Better Call Saul- Episode inszenierte und zusammen mit Peter Gould das Drehbuch schrieb, effektiv Jimmys Gewissenskonflikt, in dessen Kopf gerade womöglich tausend Szenarien herumschwirren, wie dieser Tag wohl enden wird. Schlussendlich bleibt er aber wie versteinert sitzen und deutet lediglich stumm mit einem Finger auf die Fotokabine, ehe er den Mut aufbringt und wie ein Wahnsinniger versucht, den Verrat gegenüber dem jungen Mann wieder gutzumachen.

Better Call Saul - Staffel 3, Episode 1: Mabel

Unsicherheit und Zweifel herrschen in diesem Prolog - von Nancy Sinatras unbeschwerter Welt ist keine Spur zu entdecken. All die Sorgen, Ängste und Probleme, die Jimmy beschäftigen, werden sich nicht eines Tages in Wohlgefallen auflösen. Die düsteren Wolken am Horizont, die später buchstäblich in einer Szene aufziehen und von den - mit Sicherheit verheerenden - Entwicklungen dieser Staffel künden, werden nicht so schnell wieder verschwinden. Auf einmal überschlägt sich alles und Jimmy klappt bewusstlos zusammen. Doch vor was fürchtet sich der ehrgeizige Anwalt so sehr, dass ihm selbst das Leben in "Shoo-shoo, shoo-shoo, shoo-shoo Sugar Town" zum Verhängnis wird? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, springt Vince Gilligan wieder in die Gegenwart der Geschichte und liefert uns in einer Reihe ruhiger Szenen ein kurzes Update zum Status quo der einzelnen Figuren. Vieles ist passiert, das nicht vergessen werden darf.

Zuerst wäre da Chuck (Michael McKean), Jimmys älterer Bruder, der sich einmal mehr als finsterer Antagonist dieser Serie offenbart, wenngleich zuerst die Illusion von Harmonie herrscht. Gemeinsame Erinnerungen lassen die McGill-Brüder an einen Ort zurückkehren, an dem die Welt noch in Ordnung war oder zumindest so klein, dass die vorherrschende Hässlichkeit unmöglich den Schein des Schönen trüben konnte. Spätestens seit dem Finale der 2. Staffel von Better Call Saul sollte jedoch klar sein, dass zwischen Jimmy und Chuck ein Konflikt herrscht, der so tief in ihrer Beziehung verwurzelt ist und durch die jüngsten Ereignisse zusätzlich befeuert wurde, dass es in absehbarer Zeit keine friedliche Versöhnung zwischen den beiden gibt. Außerdem ist mittlerweile der Mesa Verde Bank & Trust-Fall an Kim (Rhea Seehorn) übergegangen und Chuck besitzt weiterhin die Aufnahmen von Jimmys Geständnis, obgleich ihm Howard (Patrick Fabian) eine Lektion in puncto Gültigkeit vor Gericht erteilt.

Der Auftakt der 3. Staffel von Better Call Saul fängt dabei perfekt dieses gespaltene Gefühl von absoluter Sicherheit und dem katastrophalen Notstand ein. Irgendwie liegen alle Karten auf dem Tisch und trotzdem kommen die einzelnen Mitspieler dieses intriganten Spiels nicht so richtig zum Zug, da sich die kleinsten Details als verhängnisvolle Stolpersteine im großen Bild entpuppen. Es sind genau die Details, von denen nicht einmal Jimmy gedacht hätte, dass sie ihn eines Tages noch einmal einholen würden. Als jedoch Captain Bauer (Brendan Fehr) an seine Tür klopft, läuft es ihm eiskalt den Rücken hinunter: Der Abgesandte vom Militär meldet sich wegen Jimmys Werbespot zu Wort, für den er unter falschen Angaben und Behauptungen ein Flugfeld der U.S. Air Force inklusive B-29-Bomber in Beschlag genommen hatte. Was anfangs wie der einfallsreiche Streich eines Schlitzohrs wirkte, hat plötzlich ganz andere, richtig bittere Züge angenommen.

Better Call Saul - Staffel 3, Episode 1: Mabel

Mit dieser Wendung trifft Vince Gilligan den Lebensabschnitt, in dem sich Jimmy gerade befindet, perfekt auf den Punkt: Zwei Staffeln lang konnte er mehr oder weniger ungestraft davonkommen. Nun holt ihn seine Vergangenheit jedoch zunehmend ein - allerdings nicht in Form der großen Vergehen, sondern all der Kleinigkeiten, über die er sich anno dazumal keine Gedanken gemacht hat. Dabei sollte das unangekündigte Auftauchen von Captain Bauer keine Überraschung sein, sind es doch all die winzigen Details (Stichwort: Regenbogen), die Vince Gilligans Arbeit schon immer auszeichnen. Was in Breaking Bad anfing, hat er mittlerweile in Better Call Saul perfektioniert: Wohlüberlegte Bildkompositionen und akzentuierte Schnitte mit sekundierender oder konträrer Musik: Jede einzelne Einstellung in Better Call Saul erzählt mehr über die Serie und ihre Figuren, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Der Schlüssel liegt allerdings im ruhigen wie entspannenden Erzählfluss verborgen.

Better Call Saul besitzt wenige der reißerischen Elemente von Breaking Bad und hat im Verlauf der letzten zwei Jahre ein eigenwilliges Tempo entwickelt, wie es aktuell in kaum einer anderen Serie zu sehen ist. Gemütlich demonstriert uns der Staffelauftakt diesen Umstand im Rahmen eines Subplots, der sich um Mike (Jonathan Banks) dreht und der in jeder anderen Serie womöglich innerhalb weniger Minuten und einer kurzen Montage abgehandelt worden wäre. In Better Call Saul darf das Schicksal eines Peilsenders aber gerne auch zum Kern des Geschehens avancieren, wenn sich der ehemalige Polizist auf die Suche nach jener unbekannten Person begibt, die ihn zuletzt davon abgehalten hat, Hector Salamanca (Mark Margolis) um die Ecke zu bringen. Vince Gilligan erschafft hier große Momente, die völlig ohne Worte auskommen und darüber hinaus einen schönen Gegenpol zu Jimmys Handlungsstrang in dieser Episoden schaffen, denn Mike vergisst kein einziges Detail.

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