Christopher Lee - Geschöpfe der Nacht & sinistre Bösewichte

26.08.2013 - 19:01 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Christopher Lee
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Oftmals gelang es Christopher Lee durch sein nuancenreiches Spiel, auch den größten Misanthropen nicht zur bloßen Karikatur verkommen zu lassen. Lest die Hommage eines movepiloten an den Star.

“Ich spiele keine Monster, ich spiele Menschen!”

Dieser Satz stammt von einem Schauspieler, der so häufig wie kaum ein zweiter Geschöpfe der Nacht oder sinistre Bösewichte verkörperte. Vordergründig betrachtet waren es die Monster, die ihm zum Ruhm verhalfen, waren diese nun Ausgeburten der Phantasie oder Menschen, hinter deren Fassade sich Abgründe auftaten. Oftmals gelang es ihm durch sein nuancenreiches Spiel, auch den größten Misanthropen nicht zur bloßen Karikatur verkommen zu lassen. Bisweilen hegten die Zuschauer sogar eine unterschwellige Sympathie für seine Figuren, denn unter der rauen Oberfläche schlummerte nicht selten die gequälte Seele eines Verlorenen, der nach Erlösung strebte.

Sir Christopher Frank Carandini Lee, geboren 1922 in London, zählt zweifellos in mehrfacher Hinsicht zu den Größten seines Fachs, was nicht nur seiner Physiognomie, er misst immerhin stattliche 1,96 m, geschuldet ist. Neben der Schauspielerei betätigt sich Christopher Lee als Autor, Synchronsprecher und Sänger, er besitzt eine klassische Gesangsausbildung und hat unlängst sogar an einem “Heavy Metal” (!) Projekt mitgewirkt. Darüber hinaus nimmt er sich immer wieder Zeit, um als Botschafter für das Kinderhilfswerk UNICEF zu werben.

Außergewöhnlich bodenständig gibt er sich, antwortet noch immer professionell aufgeräumt auf die tausendste Frage einfallsloser Journalisten nach seiner Vergangenheit als Horrorstar. Starallüren sind ihm fremd und seine nunmehr seit 50 Jahren währende, skandalfreie Ehe ist wahrlich keine Selbstverständlichkeit. Nein, diesem in Interviews so sympathisch wirkenden, mit einem Hauch britischer Noblesse ausgestatteten, Schauspieler würde man auf den ersten Blick kaum zutrauen, dass sich in seiner Filmvita überwiegend Leinwandschurken der übelsten Sorte tummeln würden. Das tiefe Timbre seiner Stimme scheint jedoch prädestiniert dafür zu sein, dunklen Charakteren die richtige “Tonlage” zu verleihen. Mit Vorliebe spielte er bösartige, manchmal bemitleidenswerte Charaktere, ob nun Frankensteins Monster, Dracula, die Mumie oder Dr. Fu Manchu. Wahlweise auch Sadisten, Hexenjäger, Sektenführer, böse Zauberer oder größenwahnsinnige Schurken. Das Repertoire an Bösewichten schien unerschöpflich zu sein, wenngleich es ihn mit ähnlich großer Inbrunst auch auf die Seite der “Guten”, etwa als Sherlock Holmes, verschlug.

Christopher Lee agierte in seiner langen Karriere, beginnend in den späten 40er Jahren bis hinein in die Gegenwart, in knapp 300 Filmen und gilt damit als meistbeschäftigter Schauspieler der Welt. Sein ausgewiesenes Sprachtalent, er spricht 8 Sprachen, ermöglichte es Christopher Lee, nahezu in ganz Europa drehen zu können. In “Frankensteins Fluch” spielte er 1957 die Rolle des Monsters, der Film wurde ein Kassenhit und nur kurze Zeit später ergatterte Lee die Rolle, die ihn sprichwörtlich über Nacht “unsterblich” machen sollte. Als “Dracula” avancierte er zum Genrestar und drehte bis in die 70er Jahre hinein insgesamt 23 Filme für die produzierenden Hammer-Studios.

Heute könnte man Christopher Lee etwas despektierlich als den ewigen “Dracula”-Darsteller bezeichnen, spielte er die Rolle doch insgesamt achtmal. Eine Reduktion Christopher Lees auf eben jenen Charakter würde dem Lebenswerk des Kosmopoliten jedoch nicht gerecht werden. Seinen größten Wunsch konnte sich der leidenschaftliche Tolkin-Verehrer, den Lee übrigens persönlich kannte, erst 2001 im reifen Alter von 80 Jahren mit der Rolle des Saruman in Peter Jacksons “Ringe”-Trilogie erfüllen.

Christopher Lee als Star zu bezeichnen, würde seiner Person sicherlich nicht gerecht werden. Schon eher würde es der Begriff “Leinwandlegende” auf den Punkt bringen. Nicht im Sinne eines auf einen Sockel gehobenen, angestaubten Denkmals, das sich auf den Meriten der Vergangenheit ausruht, obwohl niemand Christopher Lee dies ernsthaft verübeln könnte. Vielmehr möchte ich mit diesem Begriff meiner Bewunderung Ausdruck verleihen, denn Lee sucht trotz der Mühsal des Alters noch immer neue Herausforderungen und hat sich dabei stets seine jugendliche Neugier und Aufgeschlossenheit erhalten. Mögen viele seiner Filme auch als belanglos oder gar schlecht gelten, dies sieht er übrigens selbst so, werden auch die schlechtesten seiner Werke alleine durch seine Präsenz aufgewertet. Ein größeres Lob kann man für einem Schauspieler, der Höhen und Tiefen seines Berufs erlebte, kaum aussprechen.

Auf seine Lebensleistung kann der 2009 von der Queen zum Ritter geschlagene Sir Christopher im nunmehr 91. Lebensjahr voller Stolz zurückblicken. Ich würdige mit diesen Zeilen vor allen Dingen den Menschen Christopher Lee. Einen Vollblutschauspieler, jemandem dem das Spiel stets wichtiger erschien als das Geld, das er dafür erhielt. Einmal wurde er mit der Frage konfrontiert, warum er so oft Dracula gespielt hätte. Er antwortete, dass ohne ihn die anderen Schauspieler und Mitarbeiter der Produktion arbeitslos geworden wären und er sich deshalb immer wieder überreden ließ. Dieses kleine Beispiel sagt viel über den Charakter eines Menschen aus, der sich selbst nie so wichtig nahm und sich stets als Teil des Ganzen verstand.

Mit einem Zitat von ihm möchte ich schließen:
“Es ist erstaunlich: Je älter ich werde, umso mehr Rollenangebote erhalte ich. Ich werde Filme drehen, so lange ich lebe”.

Lieber Sir Christopher, du bist wie ein edler, alter Wein. Je mehr er reift, desto besser wird er. Möge es dir vergönnt sein, lange gesund zu bleiben und die Filmfreunde in aller Welt noch mit einigen Filmen zu erfreuen.


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