Die blutige & erotische Saga der Borgias

08.05.2012 - 08:50 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Die Borgias
Showtime
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Morgen erscheint die erste Staffel zur Showtime-Serie Die Borgias auf DVD/Blu-ray. Für mich ein Anlass, der History-Serie mein Herz zu schenken. Machiavellismus wurde nie verständlicher, spannender und unterhaltsamer dargeboten.

Wer immer sich den Untertitel für die TV-Serie Die Borgias – Sex. Macht. Mord. Amen. aus dem Hause Showtime hat einfallen lassen, wollte wohl besonders reißerisch sein. Dabei sind gar nicht soviel Blut und Brüste zu sehen. Die History-Serie ist trotzdem oder gerade deswegen sehenswert, weshalb sie heute Mein Herz für Serie geschenkt bekommt.

Soviel Autorität und Machtstreben hat wohl keine andere TV-Serie zu bieten. Verständlich, denn immerhin spielt einer jener Männer die Hauptrolle, der einst für das Buch “Der Fürst” (erschienen 1513) von Niccolo Machiavelli Pate stand und dem Begriff Machiavellismus als Vorbild diente. Damit wird eine rücksichtslose Machtpolitik bezeichnet, die die Erhaltung eines Machtgefüges über alles stellt, sich von keinerlei moralischen Bedenken, etwa eingehaltenen Normen und rechtlichen Grenzen, einschränken lässt. Die Rede ist von Cesare Borgia, der in den Beschreibungen von Machiavelli seinen Ruf für alle Zeiten wegbekommt: Er wird als außerordentlich kaltherzig beschrieben und seine Taten zeugen von brutaler Skrupellosigkeit.

Der Zweck heiligt die Mittel
Vielleicht hat aber nur einer etwas aufgeschrieben, was er so sehen wollte, denn der Cesare Borgia in der TV-Serie Die Borgia – sehr gut gespielt von François Arnaud – hat einiges mehr zu bieten, als das einfache Böse-Schema erlaubt. Der will nämlich seine Familie, Mutter wie Schwester, Vater wie Brüder vor allem Übel bewahren, ist machtlos gegenüber seiner Heiligkeit, seinem päpstlichen Vater, stellt sich auch ab und zu gegen ihn und ist in seinem Handeln ganz ein Kind seiner Zeit. Alles, was den Borgias an Schlechtigkeit nachgesagt wird, machen andere ebenso, etwa die Sforzas oder die Medicis: Der Zweck heiligt eben die Mittel … das jedenfalls ist das Credo des Machiavellismus.

Erstaunlicherweise hält sich der Sex- bzw. Nacktheitsfaktor in der Showtime-Serie in Grenzen. Wir bekommen – in abgespeckter Version und natürlich fiktionalisiert – die Hintergründe der Familie Borgia serviert. Im Mittelpunkt steht Rodrigo Borgia (Jeremy Irons), der in der ersten Folge der ersten Staffel zu Papst Alexander VI. wird, gegen den Willen zahlreicher Kardinäle und mithilfe einiger fauler Tricks. Dabei ist der Brite hervorragend – abgründig, skrupellos, machtbesessen. Das Darsteller-Ensemble überzeugt bis in die kleinste Nebenrolle und trägt einmal mehr zum Quotenerfolg der Showtime-Serie bei.

Viel Atmosphäre, aber etwas clean
Alles, was zu Renaissance-Zeiten üblich war, wird präsentiert: Es wird vergiftet, erdolcht, stranguliert, gemeuchelt, verraten und verkauft. Auch hier heiligt der Zweck die Mittel, den Quote wird eben damit gemacht. Intrigen, Bestechungen und Mord sind an der Tagesordnung und die Papstschaft des Borgias ist gekennzeichnet von Manipulationen und Machtmissbrauch. Seine Nachkommen sind ganz der Vater und fallen nicht weit vom Stamm. Dabei ist es meines Erachtens relativ egal, ob die historischen Fakten zu 100 Prozent stimmen, denn die Atmosphäre der Zeit wird mehr als deutlich.

Was wir in Die Borgias zu sehen bekommen, ist eine Welt der Renaissance, die farbenprächtig, sauber und irgendwie clean wirkt. Eher an die aus der gleichen Serien-Schmiede kommende TV-Serie Die Tudors – statt an Rom – angelegt, wird hier ein höfisches Leben präsentiert, dass sich zwar durch Intrigen und Kabale, Liebe und Sex, Krieg und Blut definiert, aber in der Darstellung ganz dem Familien-Entertainment verhaftet ist. Wenn ich der Showtime-Serie etwas vorwerfen kann, dann, dass die Düsternis der Zeit, die etwa ein Hieronymus Bosch so gekonnt auf die Leinwände brachte, fehlt. Sogar die Pestopfer in Neapel sind noch pittoresk in Szene gesetzt, Dreck und Schmutz gibt es nicht, selbst in der Krankheit sind die Menschen noch irgendwie ansprechend, alles wirkt wie ein Gemälde für die Galerie. Das Licht fällt auch immer sehr schön.

Aber wer Die Borgias schaut – und aktuell ist Staffel 1 in Deutschland auf DVD erschienen, wird Staffel 2 in den USA im Fernsehen gezeigt und Staffel 3 ist bereits in Angriff genommen – kann sich die eine oder andere Abitur-Geschichtsstunde zum italienischen Mittelalter sparen. Das ist doch wahrlich eine Leistung, bei der der Zweck die Mittel heiligt. Oder?

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