Nachdem er in der Firmenlotterie gewonnen hat, wird Caleb ( Domhnall Gleeson. ) aus der synthetisch-blauen Enge seiner Bürowelt geholt und inmitten der erdrückenden Weite und Wucht massiven grauen Fels und grünem Wald ausgesetzt. Der unscheinbare Angestellte wirkt hier in seinem Anzug ungefähr so deplaziert, wie sein Smartphone nutzlos ist. Hier soll er eine Woche an der Seite seines mysteriösen Arbeitgebers Nathan verbringen. Mitten in der Wildniss hat sich der eine Art Superschurken-Geheimversteck errichtet, um ungestört Forschungen an KIs, Cybogrs mit menschenähnlichem Bewusstsein, zu betreiben.Nathan, von Oscar Isaac als vor Sex strotzender Kraftmensch, der sich nachts vollaufen lässt und morgens mit grünem Tee regeneriert, angelegt, ist der Gott seines kleinen Imperiums, Caleb, wie sich herausstellt, lediglich eine Art Adam, der mit der Schöpfung konfrontiert werden soll: Ava (Alicia Viander) eine faszinierend-irritierende Mischung aus Porzellanpuppe, Cyborg und Kind-Frau. In mehreren Sitzungen soll Caleb sie dem Turing-Test unterziehen, um so herauszustellen, wie täuschend echt ihr menschliches, aus gehackten Smartphones konstruiertes, Bewusstsein ist. Dabei werden sie von Nathan aus Gott-Position beobachtet. Niemand ist zur Gänze was er vorgibt zu sein in Alex Garlands Thriller und schon bald verschieben sich die Positionen bis nicht mehr klar ist was echt, was fake, wer Puppenspieler und wer programmierbar ist. Zwischen Nathan, Caleb und Ava entwickelt sich ein Dreiecks-Schachspiel, in dem gewinnt wer den anderen am Besten einzuschätzen vermag.
Für sich genommen ist Ex machina ein Film den man mögen kann. Er berauscht mit einer dichten, metaphorischen Bildsprache: Die Kamera wandert gemächlich Wasserfälle hinauf wie um die Unüberwindlichkeit der Natur zu demonstrieren. Nathans Geheimversteck ist eine Kombination aus harten, kalten Linien zwischen denen vereinzelte Pflanzen ebenso verloren wirken, wie die gezielt verteilten Kunstwerke an den Wänden. Avas Körper schimmert blau und silbern, ist fragil und zugleich erotisch und Alicia Vikander, nicht umsonst auch als Tänzerin bekannt, weiß ihn so einzusetzen, dass sie sich irgendwo im Mittelfeld zwischen Spieluhr-Figur und Stripperin bewegt. Caleb taucht in die Bekanntschaft zu ihr ebenso ein, wie in die massiven, sandsteinfarbenen Tunnel durch die Nathan seine Entwicklungen noch etwas mehr von der Außenwelt abzuschirmen versucht. Von Anfang an entsteht der Eindruck, in ein Gefängnis zu blicken und Garland verdichtet den Verdacht geschickt durch Kleinigkeiten wie eine gesprungene Scheibe hier, dröhnend-anschwellende Musik dort und natürlich verwirrende kryptische Anspielungen, die schließlich jeden klassischen Thriller ausmachen.
Dies ist wohl der eine Vorwurf, den man dem Film machen könnte: Er ist so klassisch, dass er fast ins Theaterfach abrutscht. Die Einstellungen sind, gemessen an den gelungenen digitalen Leistungen, ausgesprochen konventionell und auch Caleb ist ein schon so oft gesehener Charakter, dass man fast keine Lust hat auf seiner Seite zu sein - nicht unbedingt das beste feature für den Held der Geschichte. Schade, denn es gibt einige wenige Momente, etwa wenn er beginnt die eigene Menschlichkeit anzuzweifeln, in denen spielt Domhnall Gleeson seine Figur so intensiv, dass man fast alles andere vergessen möchte. Hierüber letztlich rettet sich der ganze Film denn wohl auch immer wieder - über starke Momente, gelegentlich sogar trockenen nie deplazierten Humor und solide schauspielerische Leistung. Letzteres gilt ganz besonders für Oscar Isaac, der seinen Nathan äußerlich cool und lässig spielt, doch hinter dem buschigen Hipster-Bart liegen reglose Züge und kalte Augen. Man möchte glauben, dass er der Bösewicht ist. Dann wieder, wenn er betrunken ist, wird er so verletzlich, dass man fast Mitleid haben könnte und sich fragt, ob er nicht doch das Opfer sein könnte.
Ex machina ist ein durchaus sehenswerter Film, man kann es aber ebenso gut lassen und statt dessen Blade runner gucken, Frankenstein lesen oder sich vielleicht Pedro Almodóvars Die Haut, in der ich wohne ansehen. Besonders mit letzterem hat Garlands Erstling unheimlich viel gemein: Das Pygmalion-Thema, den Voyeurismus, die Fetischisierung die den starrenden Männern zum Verhängnis wird, nur zieht Almodóvar die Sache um einiges konsequenter durch während Garland, das ist eigentlich das Hauptproblem, eine Menge anreißt aber auch sehr viel in Vorhersehbarkeit und Banalität verpuffen lässt. Die Intelligenz des Plots liegt dabei vielleicht tiefer als man meinen möchte, nämlich weniger in den leider kaum überraschenden Wendungen als in der Frage nach Schöpfer, Geschöpf,Marionette und Puppenspieler. Nicht umsonst spielt der Titel zwar auf den Theaterbegriff deus ex machina (ein Gott taucht auf und sorgt für eine überraschende Wendung im unlösbar scheinenden Konflikt) an, lässt dabei die Gottposition jedoch offen. Das gefällt ganz gut, trotzdem verschenkt sich der Film auch jede Menge, etwa indem er die derzeit brandheißen Debatten um den gläsernen Menschen anreißt, sie aber nicht konsequent zu Ende führt. Indem er zu viele Themen anfängt, aber keines ganz ausreifen lässt.
Wer Alex Garlands Thriller sehen will, wird sich ohne Zweifel gut unterhalten, vielleicht sogar zufrieden sehen, denn der Film hat seine Momente. Eine Offenbarung, filmisch oder hinsichtlich gängiger Debatten ist er jedoch nicht und insofern vielleicht verschenktes Potential.