Der Gewinner des diesjährigen Schweizer Filmfestivals ist das mexikanische Sozialdrama Parque Vía des 32jährigen Regisseurs Enrique Rivero. In seinem Leinwanddebüt erzählt der Regisseur die Geschichte des alternden Indio Beto, der seit Jahrzehnten als Hausmeister einer alten reichen Dame in Mexiko-Stadt arbeitet und sich in der Villa von der Außenwelt abgeschlossen hat. Als die Besitzerin das Haus verkaufen will, muss sich Beto erstmals wieder der grausamen Realität der Millionenstadt aussetzen. Das Kunststück des Jungregisseurs bestand laut Auffassung der Jury darin, das persönliche, anrührende Schicksal eines alternden Mannes zu erzählen und gleichzeitig brisante, gesellschaftskritischen Themen des modernen mexikanischen Alltags aufzunehmen.
In zwölf Sparten zeigte das vom 6. bis 16. August veranstaltete Filmfestival mehr als 400 internationale Beiträge. 18 Filme waren beim 61. Filmfestival in Locarno in den Wettbewerb um den Hauptpreis getreten. Darunter konnten fünf mit deutscher Beteiligung gedrehte internationale Koproduktionen auf den mit 90.000 Schweizer Franken (rund 56.000 Euro) dotierten Goldenen Leoparden hoffen. Zwei deutsche Produktionen wurden zwar vor einem Publikum von 8000 Zuschauern aufgeführt und erhielten Lob: Der Berlin-Techno-Film Berlin Calling von Hannes Stöhr und Nordwand von Philipp Stölzl. Jedoch gingen beide deutsche Produktionen leer aus.
Die deutsch-polnische Koproduktion Bad Boys – Harte Jungs erhielt den Spezialpreis der Internationalen Jury, der auch dani levy angehörte. Julia Jentsch übernimmt darin die Rolle einer Deutschen, in die sich ein Tscheche während des Zweiten Weltkrieges verliebt. Alle weiteren Filme unter deutscher Beteiligung gingen leer aus.
Der israelische Regisseur Amos Gitai erhielt einen Ehrenleopard für sein Lebenwerk.Der Raimondo-Rezzonico-Preis für Verdienste um das unabhängige Kino geht an die US-Produzentin Christine Vachon, die 1999 Boys don’t Cry zu einem Erfolg des Indepentkinos machte. Den Excellence-Award erhielt Hollywood-Star Anjelica Huston. Eine umfangreiche Retrospektive widmete sich dem italienischen Regisseur Nanni Moretti.
Locarno definiert sich schon immer als “Panorama des zeitgenössischen Autorenkinos” und läutet den europäischen Festivalherbst ein, der sich mit den Filmfestspielen in Venedig ab dem 27. August fortsetzen wird.