Francis Ford Coppola - Reise ins Herz der Finsternis

07.04.2014 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Francis Ford Coppola
American Zoetrope
Francis Ford Coppola
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Das heutige Geburtstagskind hat uns viele Filmperlen beschert, etwa die Pate-Trilogie, Bram Stokers Dracula und Der Dialog. Welchen anderen Klassiker ich favorisiere, erfahrt ihr in dieser Gratulation.

Mittlerweile scheint der Name Coppola allgegenwärtig in Hollywood zu sein und für Qualität zu stehen, egal ob Sofia, Nicolas Kim, Roman, Christopher, Marc oder seit neuestem Gia. Überall mischt ein oder eine Coppola mit. Dieser Artikel ist viel zu kurz, um der großen Familie gerecht zu werden und außerdem hat Francis Ford Coppola heute Geburtstag. Diesem Anlass entsprechend gelten die folgenden Zeilen meinem Lieblings-Coppola. Denn die New Hollywood-Ikone hat mir und vielen anderen Filmfans bedeutende Klassiker geschenkt. Es scheint eine Mammutaufgabe zu sein, nicht nur ihm, sondern auch euch Lesern gerecht zu werden, immerhin könnte ich mit den Seiten über sein Œuvre eine Bibliothek füllen. Trotzdem hoffe ich, dass die eine oder andere Hintergrundinformation vielleicht für ein Aha-Erlebnis sorgen kann oder ihr zumindest Spaß beim Lesen habt oder ihr euch nochmal den Film anschaut: Apocalypse Now.

Ikonen treffen aufeinander
Als der besoffene und mit einer Lebenskrise kämpfende Martin Sheen während der Sequenz zu Beginn des Films überraschenderweise einen Spiegel zerschlug, stark blutete und schließlich auf den Regisseur losging (mehr Method Acting geht nicht), wollten die am Set Anwesenden den Take abbrechen. Doch Francis Ford Coppola entschied sich dafür, die Kamera laufen zu lassen. Apocalypse Now war ihm wichtiger als seine körperliche (er nahm 45 kg ab) und psychische Unversehrtheit und so behielt Martin Sheen auch trotz eines später erlittenen Herzinfarkts die Rolle des Captain Willard. Statt an ihm und der dicken (40 kg Übergewicht) und unvorbereiteten (Joseph Conrads Literaturvorlage nicht gelesen) Diva Marlon Brando zu verzweifeln, machte er aus der Not eine Tugend und überwand nicht nur Widerstände, sondern nutzte deren kreatives Potential: Die schattenreichen Szenen mit Marlon Brando verstärken den Wahnsinn des abtrünnigen Colonel Kurtz und kaschieren zugleich die Kor­pu­lenz des Ausnahmedarstellers. Kaum zu glauben, aber wahr: Francis Ford Coppola nahm sich die Zeit, ihm persönlich das Buch Herz der Finsternis vorzulesen.

Ohne Geld kein Film
Die Dreharbeiten verzögerten sich aus verschiedenen Gründen immer wieder. Ein Taifun zerstörte die Requisiten und meistens standen entweder die Crew oder einzelne Schauspieler unter dem Einfluss bewusstseinserweiternder Substanzen. Letztendlich dauerten die Drehs auf den Philippinen und in der Dominikanischen Republik statt geplanten sechs Wochen unglaubliche 16 Monate und sprengten dementsprechend das Budget. Francis Ford Coppola sah sich gezwungen, sein eigenes Vermögen einzubringen. Er riskierte im Dschungel seine bürgerliche Existenz (seine Ehe eingeschlossen) und den Ruf.

Film als Leidenschaft und der Regisseur als Leidender
Apocalypse Now erzählt eine Geschichte des Wahnsinns. Dieser Wahnsinn entspricht dem Chaos, von dem der steinige Weg zum fertigen Film geprägt war. Die Liste der Schwierigkeiten, mit denen Francis Ford Coppola zu kämpfen hatte, ist genauso lang wie der Stammbaum seiner Familie kompliziert. Wie konnte er, obwohl alles und jeder gegen ihn zu arbeiteten schien, ein solches Meisterwerk auf die Leinwand bringen? Auch wenn Francis Ford Coppola bei den Dreharbeiten im philippinischen Dschungel mehrfach damit drohte, sich umzubringen, stellte er den Film jederzeit über seine Person. Das ist und war ein wesentliches Merkmal herausragender Künstler. Weil das (Lebens-)Werk den/die Schaffende/n überdauert, sind einige von ihnen dazu bereit, sich für eine Vision aufzuopfern. Dementsprechend ist Apocalypse Now] nicht nur ein Kommentar zu Vietnam, zum Krieg oder zu menschlichen Abgründen im Allgemeinen. Es ist vor allem ein Kommentar zum Filmemachen selbst. Eine wahrhaftige und nicht nur vermeintliche Leidenschaft, das steckt schon im Begriff, erfordet eben auch eine gewisse Leidensfähigkeit und manchmal sogar einen Hang zur Selbstzerstörung.

Vorbildfunktion
Glücklicherweise ist uns das Geburtstagskind trotz der harten Dreharbeiten als Persönlichkeit und Regisseur erhalten geblieben. Zugegeben, er kämpft sich mittlerweile nicht mehr mit Macheten durch die Wildnis und trägt keine körperlichen Auseinandersetzungen mit seinen Hauptdarstellern mehr aus. Doch können bestimmt noch viele Jungspunde in Hollywood was von ihm lernen. Sie sollten auf den Greenscreen pfeifen und mal wieder in den Dschungel gehen. Das würde bestimmt dem ein oder anderen CGI-Süchtigen gut tun.

Francis Ford Coppola ist halt ein Meister seines Fachs und zu seinem 75. Geburtstag gratuliere ich ihm herzlichst!
(Für Coppola-Interessierte, die sich nach mehr Hintergrundinfos zu Apocalypse Now sehnen, kann ich die erwähnte Dokumentation Reise ins Herz der Finsternis sehr empfehlen)

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