Frauenpower satt in Twilight Eclipse

16.07.2010 - 10:15 Uhr
Twilight Eclipse
Concorde
Twilight Eclipse
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Wie schon beim Kinostart von New Moon im November letzten Jahres hatte ich auch beim Kinostart von Twilight Eclipse das Ohr an den Massen. Dieses Mal war es ganz anders.

Wer sich von Euch erinnert: Im November 2009 unternahm ich einen Selbstversuch, um das Twilight-Phänomen zu ergründen. Ich schaute mir New Moon – Bis(s) zur Mittagsstunde an und schrieb über die Mädchen, die vor mir in der Kinoreihe nicht aus dem Schwärmen herauskamen. Dieses Feldexperiment wollte ich auch bei Eclipse – Biss zum Abendrot fortsetzen. Gesagt, getan: Also habe ich für die moviepilot-Feldforschung gleiche Bedingungen geschaffen und am Kinostarttag eine Nachmittagsvorstellung im selben Kino wie im November besucht. Dieses Mal bei Twilight Eclipse war aber alles ganz anders.

Zunächst war das Kino fünfmal so voll wie vor einem halben Jahr. Saßen im November 2009 etwas 30 Mädchen und Frauen vor der Leinwand, waren es gestern über 100 Besucher. Verblüfft stellte ich fest, dass Jungs sich in die Kinosessel pflanzten und so gar keine Probleme damit hatten, einen der größten Mädchen-Schwarm-Filme des neuen Jahrtausends zu sehen. Allerdings kamen sie nicht in Rudeln, sondern einzeln an der Hand ihrer Freundinnen und es taucht natürlich die Frage auf, wer da wen zu was überredet hat. Neben den Jungs gab es auch ziemlich kleine Mädchen, die eigentlich besser in Hanni & Nanni gepasst hätten, aber bei Twilight Eclipse ihre ersten Erfahrungen mit Vampiren und Werwölfen sammeln durften.

Zudem durfte gelacht werden. Ja – Twilight Eclipse bietet mehrere Stellen, an dem das Publikum herzlich lachte. Das verblüffte mich dann doch, denn New Moon – Bis(s) zur Mittagsstunde nahm sich in seinem Leiden und Opfern derart ernst, so dass kein Platz für Humor war. Dieses Mal gibt es den einen oder anderen, wenn auch etwas hölzernen Dialog, der selbstironisch auf das Twilight-Universum und die konservative Grundhaltung blickt.

Nicht nur das Publikum hat sich etwas verändert, auch das Zuschauen bei den Twilight-Filmen selbst. Vor einem halben Jahr bei New Moon – Bis(s) zur Mittagsstunde kicherten die Mädchen ungeniert und jauchzten, wenn es ganz romantisch wurde. Dieses Mal gab es gar nicht so viel Romantik zu sehen und zu spüren. Nur einmal erhob sich im Kinosaal ein “Ah” und “Oh”, als – Vorsicht, Spoiler! – Jacob der Bella seine Liebe gestand. Das entzückte die Zielgruppe dann doch, obwohl der junge Mann vor mir etwas verzweifelt auf dem Hosenboden hin und her rutschte.

Der hat nämlich – wenn wir mal den Grundtenor von Twilight Eclipse beleuchten – nichts zu lachen. Im Twilight-Universum haben die Frauen das Sagen. Mögen die Vampire noch soviel beißen, die Werwölfe noch soviel bellen und beide Spezies sich um das Menschenkind Bella balgen: die Dominanz des weiblichen Geschlechts ist in jeder Szene präsent. Da rächt sich die eine Vampirin, weil ihr Freund getötet wurde; da manipuliert eine Vampirin ihren männlichen Kollegen, um eine Armee aufzubauen; da entscheidet eine Vampirin, sich nicht in einen Krieg zu mischen und ihre männlichen Familienmitglieder trotten hinterher oder Bella küsst, wen und wann sie will. Frauen – so sagt es Twilight Eclipse – sind nicht die gefühlsbetonten Wesen, die sich einem romantischen Gefühl hingeben oder aus purem Instinkt handeln. Frauen im Twilight-Universum entscheiden rational und vernünftig, und machen sich den Mann dabei zunutze.

Soviel Frauenpower habe ich in Twilight Eclipse nun doch nicht erwartet. Um den jungen Mann im Kinosessel vor mir wird mir angst und bange.

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