Gebeutelte Kinderseelen in Das weiße Band

10.07.2012 - 15:00 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Der Pastor ermahnt zur Aufrichtigkeit
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Der Pastor ermahnt zur Aufrichtigkeit
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Dank des WDR könnt ihr heute Abend Kultur pur genießen: Michael Hanekes Cannes-Sieger Das weiße Band thematisiert vor dem Hintergrund des ersten Weltkrieges die Frage, wodurch Menschen empfänglich werden für radikale Ideologien.

Der österreichische Regisseur Michael Haneke, der insgesamt sechs Mal zu den internationalen Filmfestspielen von Cannes eingeladen wurde, gehört zu den Lieblingen dieses Festivals: 2001 erhielt er hier den Großen Preis der Jury für seine Romanadaption Die Klavierspielerin, 2005 sackte er dank Caché den Preis für die Beste Regie ein und erst vor wenigen Wochen bekam er bei den 65. Filmfestspielen die Goldene Palme für sein Drama Liebe. Mit diesem Hauptpreis wurde außerdem bereits 2009 sein Schwarz-Weiß-Film Das weiße Band – Eine deutsche Kindergeschichte prämiert, der als deutsch-österreichisch-französisch-italienische Koproduktion entstand und in Cannes seine Premiere feierte. Heute Abend könnt ihr euch selbst von Michael Hanekes Regietalent überzeugen und euch seine beklemmende Parabel auf das autoritäre Vorkriegsdeutschland zu Gemüte führen.

Eine protestantische, patriarchalisch geführte Gemeinde im Norden des deutschen Kaiserreichs wird kurz vor Beginn des ersten Weltkrieges von mysteriösen Zwischenfällen heimgesucht: Der Dorfarzt (Rainer Bock) fällt vom Pferd und kommt dabei fast ums Leben, erst später mehren sich Gerüchte, dass ein über den Weg gespannter Draht dafür verantwortlich war. Dann stirbt auch noch die Frau eines Bauern bei einem ungewöhnlichen Arbeitsunfall im Sägewerk. Der fahrlässige Umgang mit den Sicherheitsvorkehrungen wird dem adligen Gutsherren des Dorfes (Ulrich Tukur) zur Last gelegt und kurz darauf wird sein kleiner Sohn schwer misshandelt, auch seine Scheune geht in Flammen auf. Ist hier etwa ein Rachefeldzug im Gange? Die Attentate auf die Familie des Barons nehmen nicht ab, aber auch die Polizei scheint machtlos gegenüber dem ins Dorf eingekehrten Bösen. Unter den Dorfbewohnerin wächst dementsprechend das Misstrauen und keiner von ihnen ist mehr vor Anschuldigungen sicher. Erst der idealistische Dorflehrer (Christian Friedel) kommt allmählich den schockierenden Zusammenhängen auf die Spur.

Das weiße Band – Eine deutsche Kindergeschichte wurde für die Oscar-Verleihung 2010 als deutscher Beitrag für die Kategorie Bester fremdsprachiger Film eingereicht und erhielt auch eine Nominierung, am Ende ging Hanekes bildgewaltiges Werk aber leer aus. Sein Film überzeugt vor allem durch die herausragenden Leistungen von Ulrich Tukur, Rainer Bock und Burghart Klaußner als Pastor sowie den starken Kinderdarstellern. Wie Michael Haneke selbst in einem Interview betonte, ging es ihm bei seiner Parabel außerdem nicht darum, einen Film über die Wurzeln des deutschen Faschismus zu drehen: Überall, wo es Unterdrückung, Demütigung, Unglück und Leid gibt, ist der Boden bereitet für jede Art von Ideologie. Deshalb ist das ‘Das weiße Band’ auch nicht als Film über den deutschen Faschismus zu verstehen. Es geht um ein gesellschaftliches Klima, das den Radikalismus ermöglicht. Das ist die Grundidee.

Was: Das weiße Band – Eine deutsche Kindergeschichte (2009)
Wann: 23:15 Uhr
Wo: WDR

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