Ich beschäftige mich später damit!

05.09.2010 - 09:00 Uhr
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75 Jahre alt wird Didi heute und ist fast schon in Vergessenheit geraten. Zu Unrecht: Dieter Hallervorden hat jahrzehntelang die deutsche Unterhaltungskultur geprägt und dem politischen Kabarett ein Gesicht gegeben.

“Ich brauche mehr Details!” oder “Schreiben Sie’s auf, ich beschäftige mich später damit!” – Wer diese Sprüche noch nicht kennt (diese beiden stammen aus Didi – Der Doppelgänger), hat ein gutes Stück (west)deutscher Unterhaltungskultur verpasst. Heute wird Dieter Hallervorden 75 Jahre alt. Grund genug für uns, sein Werk Revue passieren zu lassen!

Didi ist gewissermaßen ein Star der 1980er-Jahre. 1935 in Dessau geboren, erlebte er den Zweiten Weltkrieg, lernte Victor Klemperer während seines Studiums an der Berliner Humboldt-Universität kennen und floh 1958 nach West-Berlin. Dort absolvierte er ein Zusatzstudium an der Freien Universität. Später folgten diverse Jobs – unter anderem als Gärtner oder Bierfahrer – bis er beschloss, Schauspieler zu werden. Leider sahen das die Schauspielschulen anders: Didi wurde von der Max-Reinhardt-Schauspielschule sowie vom renommierten Berliner Kabarett Die Stachelschweine abgelehnt. Und was machte Didi? Er gründete Die Wühlmäuse, ein Kabarett, das schnell mindestens ebenso erfolgreich lief wie Die Stachelschweine. Noch heute ist Dieter Hallervorden dort als Direktor tätig.

Im deutschen Fernsehen avancierte Didi in den 1980ern zum Star. Allerdings war er bereits 1970 im äußerst sehenswert Das Millionenspiel zu sehen, in welchem er einen Mann spielt, der eine Millionen Mark erhält, wenn er einen Tag vor Mördern fliehen kann, die ein Fernsehsender auf ihn aufgesetzt hat. Reality-TV im Makabersten also. Komödien mit albernen Titeln wie Darf ich Sie zur Mutter machen? ließ Didi jedoch auch nicht außen vor. Natürlich musste Didi auch singen: Die 70er zwangen einen Comedian gewissermaßen dazu, sich wie Peter Alexander aufzuführen. Aus seinen Songs wie Du, die Wanne ist voll oder der ABBA-Parodie Super-Dudler entwickelte sich jedoch die Figur des tollpatschigen Didis, die uns ab 1975 mit Nonstop Nonsens eine der erfolgreichsten deutschen Fernsehformate und ab 1980 eine Serie von Didi-Filmen bescherte, über die die Deutschen lauthals vor ihren Bildschirmen lachten.

Zur eigens konzipierten Fernsehserie Nonstop Nonsens, in der Didi schliesslich immer auftrat, schalteten pro Folge bis zu 30 Millionen Zuschauer ein. Ein Erfolg sondergleichen, von dem heutige Programmchefs nur träumen können? 50 Prozent Marktanteil? Didi schaffte das locker. Und so folgte auch eine Reihe von Didi-Filmen, in denen Hallervorden immer wieder den gutbürgerlichen Deutschen auf die Schippe nahm: Didi – Und die Rache der Enterbten, Didi auf vollen Touren, Didi – Der Experte..

Für manche nervtötend, avancierte die Figur des Didi schnell zu einer Kultfigur. Doch Hallervorden mochte sich keinesfalls darauf ausruhen, erfand sich immer wieder neu. Das politische Karabett rief. Nicht nur bei den Wühlmäusen, auch in Soloprogrammen und am Theater zeigte Hallervorden seine spitze Zunge. “Die Bilanz der Grünen ist mega-positiv: Die Atomkraftwerke laufen weiter, der Doppelpaß ist erst mal vom Tisch und die Bundeswehr steht kurz vor Kampfeinsätzen. Das hätte Helmut Kohl auch nicht besser hingekriegt!” oder “Manche Politiker muss man behandeln wie rohe Eier. Und wie behandelt man rohe Eier? Man haut sie in die Pfanne” – die Zuschauer feierten ihn zu einem der beliebtesten deutschen Bühnenkünstler hoch. Vor allem die Grünen mussten ein ums andere Mal einen Seitenhieb von Hallervorden einstecken. “Die SPD hat hundert Jahre gebraucht, um alle ihre Werte zu verraten – das können die Grünen doch nicht so locker in zwanzig Jahren schaffen!”

Leider dauerte des bis 1994, dass er auch im Fernsehen als politischer Kabarettist eingesetzt wurde. 1994 startete im Ersten Hallervordens Spott-Light. Die Zuschauer jedoch schalteten nach wie vor in die alten Sketche ein, die immer wieder an Feiertagen wiederholten wurden. Schnuffi, schnuffi, schneuf oder Ich bin der schönste Mann in unserer Mietskaserne blieben unschlagbar. Verkaufen ließ sich Hallervorden jedoch nicht: Als er 1996 Verstehen Sie Spaß? übernahm, krachte es zwischen ihm und dem Ersten – er kündigte. Sein Gesicht wollte er nicht herhalten für eine Sendung, die man besser machen könnte, so Hallervorden. Zwei Auszüge aus seiner TV-Karriere könnt ihr euch hier ansehen:

Didi bei Wetter Dass – So war Fernsehn 1984

Aus Didi der Doppelgänger – “Ich brauche mehr Details!”

Mittlerweile feierte Hallervorden bereits sein 50jähriges Bühnenjubiläum und lebt abwechselnd in Berlin und auf einer bretonischen Insel. Doch ruhig wird’s trotzdem nicht um den deutschen Entertainer. Erst kürzlich hat er das Berliner Schlosstheater übernommen, welches bald öffnen wird. Also, wer nach der DVD eines Didi-Films gerne wissen möchte, was noch alles hinter diesem Ausnahmekünstler steckt: Ab in die Hauptstadt und zu den Wühlmäusen oder ins Schlosstheater. Es wird sich lohnen.

Happy Birthday, Didi!

Und was sagt ihr zu Dieter Hallervorden?

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