Ich, das Boot und die gnadenlose See

23.09.2014 - 08:50 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Das Boot
Constantin Film
Das Boot
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Eine Welle an Begeisterung durchströmte die deutschen Kinos, als Wolfgang Petersen 1981 Das Boot auf die große Leinwand brachte und damit zu internationalem Erfolg gelangte. Ein Film, der durch faszinierende Kulissen und einer Menge Authentizität mein Herz im Sturm erobert hat.

Deutsche U-Boote waren lange Zeit ein gefürchteter Gegner, unsichtbar lauerten die Stahlkolosse unter der Wasseroberfläche auf die hilflose Beute, um ihre tödliche Fracht schlussendlich abzusetzen. Dabei war jeder Torpedo, der sein Ziel mit großer Wucht traf, ein schmerzhafter Stich in die wichtige Nachschub-Linie der Alliierten. Doch im Verlauf des Krieges erkannten die Widersacher die Gefahr aus der Tiefsee und begannen, den U-Booten kräftig einzuheizen: Die Jäger wurden zu Gejagten.

Das Boot erzählt die Geschichte von Leutnant Werner (Herbert Grönemeyer), der als Kriegsberichterstatter im Auftrag der deutschen Propaganda eine Feindfahrt der U-96 begleiten soll. Allerdings muss auch er schnell feststellen, dass solch ein Ausflug auf hoher See wenig mit den heroischen Darstellungen des Nazi-Regimes gemein hat. Enge, stickige Luft und schweißtreibende Arbeit bestimmen den Alltag der Crew. Ohne Feindberührung schippert das Boot unter der Führung des namenlosen Kaleun (Jürgen Prochnow) gemächlich über den Atlantik und Langeweile macht sich unter der Besatzung breit. Leutnant Werner, dem es sichtlich schwer fällt, sich mit den Bedingungen unter Deck zu arrangieren, knipst derweil weiter eifrig Fotos, um der Führung im Anschluss von einer tapferen Jagd berichten zu können. Jedoch erkennt nicht jeder der Besatzung die Wichtigkeit seiner Aufgabe und mancher verleiht seinem Unmut darüber Ausdruck, indem ihm ein schmutziger Lumpen mitten ins Gesicht geworfen wird. Diese Disziplinlosigkeit ist aber schnell vergessen, als plötzlich ein britischer Zerstörer die Route des U-96 kreuzt und nach einer misslungenen Torpedoattacke selbst zum Angriff bläst. Totenstille auf der Brücke, während 100 Meter über ihnen die bedrohlichen Schraubengeräusche des Kreuzers scheinbar immer näherkommen. Dann plötzlich eine heftige Explosion, gefolgt von einer noch stärkeren - Wasserbomben! Die Lichter flackern hektisch und die Crew wird heftig durchgewirbelt, als die immense Druckwelle auf den kühlen Stahl des massiven Rumpfes trifft. Minutenlange Ungewissheit folgt dem schrecklichen Bombardement, bis klar ist, die Außenhülle hat standgehalten und kein Meerwasser dringt durch die zahlreichen Rohre im Inneren. Die Mannschaft wischt sich den Schweiß von der Stirn, nochmal Glück gehabt. Doch der Angriff soll erst der Anfang einer noch viel gefährlicheren Mission sein.

Warum ich Das Boot mein Herz schenke

Die beiden Weltkriege gehören zu den grausamsten Ereignissen der noch jungen Geschichte der Menschheit. Doch neben all dem Horror und Grauen führen derartig bedrohliche Geschehnisse auch immer dazu, dass der Mensch bis an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit getrieben wird. Ausgeklügelte Radar-Technologie, überlegende U-Boote und die grausamen V2-Raketen, die später die Reise zum Mond möglich machten, sind alles Erfindungen aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges - traurig nur, dass es dafür einen globalen Konflikt brauchte. Ich selbst bin leicht für Technik zu begeistern und schnell fasziniert von der Leistungsfähigkeit unseres Verstandes. Regisseur Wolfgang Petersen schafft es mit seinem Untersee-Thriller gleichzeitig diese Begeisterung in mir zu wecken - immerhin taucht das Boot im Film bis zu 280 Meter tief, ohne vom immensen Druck einfach zerquetscht zu werden - und dabei vergisst Petersen gleichzeig den Mensch in diesem schrecklichen Konflikt nicht. Soldaten, die nach anfänglichem Übermut schnell von der unbarmherzigen Realität eingeholt werden und fernab ihrer Liebsten täglich ums Überleben ringen. Realitätsferne Militärs, die eine gefährliche Feindfahrt für eine romantischen Bootsfahrt halten und eine Propaganda, die einen nahenden Sieg predigt, während die Alliierten jeden Tag weiter vorrücken. All das fasst Das Boot wunderbar in einem authentischen Streifen zusammen, der auf subtile Weise den bedrückenden Alltag auf hoher See detailgetreu schildert - fast als wäre man selbst an Bord.

Warum ihr Das Boot lieben werdet

Das Boot kostete seinerzeit unglaubliche 32 Millionen Mark und ist damit, selbst nach heutigen Maßstäben, eine der kostspieligsten deutschen Produktionen aller Zeiten. Kein Wunder also, dass der Film über die gesamte Laufzeit mit hochwertigen Kulissen und guten Effekten protzen kann. Die unzumutbare Hygiene, der Gestank und das bedrohliche Knirschen der fragilen Metallhaut, wenn der äußere Druck immer weiter steigt, sind für den Zuschauer nahezu greifbar. Jede Explosion schüttelt nicht nur die Crew ordentlich durch, sondern sorgt auch auf der Couch für reichlich Unbehagen. Der Film überzeugt also durchweg auf der Thriller-Ebene und weiß jederzeit zu unterhalten. Auf der anderen Seite ist er zu jeder Sekunde aber auch eine Aufarbeitung der Vergangenheit und zeigt uns ein Bild des Grauens, ohne dabei zu übertreiben oder in billigen Patriotismus abzugleiten. Eine glaubwürdige Reise zurück in ein dunkles Kapitel unserer Historie, die niemand verpassen sollte. 

Warum Das Boot die Jahrzehnte überdauern wird

Das Boot ist nicht nur ein herausragender Thriller, sondern vielmehr ein Zeitzeuge gebannt auf Film. Als eine Adaption des gleichnamigen Romans des ehemaligen Kriegsberichterstatters Lothar-Günther Buchheim, der mit seinem Buch seine eigene Erfahrungen aus dem Zweiten Weltkrieg verarbeitet, ist der Film äußerst nahe an der Realität und vermittelt das ungeschönte Bild einer gefährlichen Feindfahrt inmitten des Atlantiks. Ein Stück Geschichte also, welches hervorragend für die große Leinwand adaptiert wurde. Des Weiteren schafft es Petersen das Geschehen durchweg spannend zu inszenieren und beeindruckt mit rasanten Sprints durch die engen Gänge des U-Bootes und imposanten Aufnahmen der stürmischen See. Ein Meilenstein des deutschen Kinos und ein Film, der durchaus unterhält, aber auch mahnend den Finger hebt.

Torpedos, das Stück für 20.000 Mark, und was wir brauchen ist für 50 Pfenning alter Draht!

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