Ich, Zwöf Uhr Mittags und der Zug nach Hadleyville

12.11.2015 - 09:30 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Gary Cooper in Zwölf Uhr MittagsArthaus/Kinowelt
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Ein Klassiker des Western-Genres mit Gary Cooper in der Hauptrolle. Zwölf Uhr Mittags kündigt seinen Showdown schon im Titel an und spitzt ihn im Film überragend zu. Damit hat Fred Zinnemanns Film mein Herz für Klassiker schon sicher.

In dem kleinen Städtchen Hadleyville passiert eigentlich nicht allzu viel Aufregendes. Will Kane, gespielt von Gary Cooper, war bis vor Kurzem noch Marshal des Örtchens. Nun hat er aber die Quäkerin Amy Kane (Grace Kelly) geheiratet und ihr zuliebe seinen Posten aufgegeben. Er will mit ihr die Stadt verlassen. Allerdings erhält Kane kurz zuvor eine Nachricht. Frank Miller (Ian MacDonald), ein Verbrecher, den er vor einigen Jahren hinter Gitter gebracht hat, ist nun wieder auf freiem Fuß. Miller will seine neu gewonnene Freiheit nutzen, um Hadleyville einen Besuch abzustatten. Natürlich nicht zum Vergnügen, nein, er will sich am Marshal rächen. Der ist zerrissen zwischen dem Zugeständnis an seine Frau, die Stadt zu verlassen, und der eigenen Verantwortung. Denn Kane will nämlich nicht sein ganzes Leben vor Miller davonlaufen. Also bleibt er, um sich zu stellen. Allerdings warten bereits einige aus Millers Bande am Bahnhof der Stadt. Kane sucht Beistand bei seinen alten Freunden, findet ihn aber nicht, und um Zwölf Uhr mittags kommt der Zug, in dem Miller sitzt.

Will Kane auf sich gestellt

Warum ich Zwölf Uhr Mittags mein Herz schenke

Mit Zwölf Uhr mittags greift Regisseur Fred Zinnemann gekonnt die Essenz des Westernfilms auf und entwickelt daraus seinen ganz eigenen Film. Es ist der Showdown, um den sich alles dreht. Anders allerdings als beim Italowestern beabsichtigt er nicht, den Zuschauer gleich mit der grimmigen Gewalt zu überfallen. Zinnemann stellt den finalen Konflikt bereits zu Beginn in Aussicht und lässt seine Figuren erbarmungslos auf ihn zu steuern. Der Zug mit Frank Miller an Bord wird um Zwölf Uhr in dem Städtchen eintreffen. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Für diese Zuspitzung muss er nun nichts weiter tun, als die Zeit laufen zu lassen. Will Kane, ein respektierter und geschätzter Bewohner der Stadt, sucht alle auf, die ihm im bevorstehenden Kampf zur Seite stehen könnten. Selbst Leute, die eigentlich in seiner Schuld stehen, weisen ihn ab. Nur ein Junge und ein Krüppel wollen ihm helfen. Am Ende steht er fast allein da. Seine Schutzbefohlenen haben ihm im Stich gelassen. Allein dieser grandios simple Handlungsentwurf macht Zwölf Uhr Mittags zu einem der spannendsten Western aller Zeiten.

Das Ehepaar Kane

Warum auch andere Zwölf Uhr Mittags lieben werden

Wessen Herz für Western schlägt, der kann sich diesem Klassiker eigentlich gar nicht verweigern. Und wer die ersten Schritte macht, sich dem Faszinosum Western zu nähern, dem sei Zwölf Uhr Mittags wärmstens ans Herz gelegt. Die Stärke des Films liegt nicht in seiner ausladenden Erzählung, sondern in der Konzentration. Alles richtet sich auf diesen bevorstehenden, unausweichlich näher rückenden Konflikt. Dabei entsteht eine Atmosphäre und Spannung, die geradezu greifbar wird. Ausgedehnte Prärie-Panoramen, stürmende Indianer-Stämme und alle Gewehre der verdammten siebten Kavallerie hätten keine stimmungsvollere Westernatmoshpäre schaffen können.

Der Showdown bahnt sich an.

Warum Zwölf Uhr Mittags die Jahrzehnte überdauern wird

Ich wage zu behaupten, der Film aus dem Jahre 1952 hat die sechs Dekaden seit seiner Entstehung sehr erfolgreich überdauert. Als Film, aber auch als Erinnerung an dunkle Stunden der US-Innenpolitik. Damals mit vier Oscars ausgezeichnet, inklusive einem für Gary Cooper, erhitzte der Film dennoch die Gemüter. Aber nicht, weil man sich nicht über die Qualität des Films einig war. Die Kritik war ein Politikum. Während der McCarthy-Ära wurde der Drehbuchautor des Films, Carl Foreman, als Kommunist diffamiert. Er erhielt deshalb zwischenzeitlich Berufsverbot und musste ein Jahr nach Veröffentlichung von Zwölf Uhr Mittags nach England ins Exil und schrieb von dort aus unter Pseudonym Drehbücher. Fünf Mal wurde er für den Oscar nominiert und erhielt ihn posthum auch einmal. John Wayne, seines Zeichens nicht nur Western-Legende, sondern auch glühender Patriot, schimpfte den Film unamerikanisch, fand aber sonderbarerweise bei der Oscarverleihung einige lobenden Worte für ihn. Ein deutlicher Bruch zwischen künstlerischer und politischer Wahrnehmung wurde bei Zwölf Uhr Mittags erkennbar. In dieser Hinsicht ist zwölf Uhr Mittags nicht nur ein hervorragender Film, der durch ihm eigene Qualität besticht, er ist ein Zeitzeugnis, an dem die prekäre politische Situation für die Künstler und Linken der USA in den 50er Jahren deutlich wird.

Habt ihr auch ein Herz für Zwölf Uhr Mittags?

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