Nach zwei Jahren Haft in Israel wird in Der verlorene Sohn der terrorismusverdächtige Islamkonvertit Rainer Schröder (Kostja Ullmann) nach Deutschland abgeschoben. Rainer sucht Unterschlupf bei seiner Mutter, der Handballtrainerin Stefanie Schröder (Katja Flint), die nach dem Tod des Vaters Rainers jüngeren Bruder Markus (Ben Unterkofler) alleine großzieht. Auch wenn man Rainer nach seiner Rückkehr keinerlei Kontakte zur radikalen islamistischen Szene nachweisen kann, wird er vom Verfassungsschutz offen überwacht. Mit einer Klage vor einem Landesgericht gelingt es Stefanie, dass Rainers Überwachung eingestellt wird. Rainer findet eine Arbeit die ihm gefällt, er gliedert sich in die Familie ein, alles scheint gut. Aber dann muss Stefanie auf grausame Weise erkennen, dass sie sich getäuscht hat…
Laut Charlotte Funke in der Berliner Zeitung traut sich Der verlorene Sohn einiges. “Zum Beispiel, den Konvertiten Rainer nicht als Opfer der gesellschaftlichen Umstände zu zeigen. Er wird observiert, ja. Seine Rückkehr macht Schlagzeilen, auch das. Der Verfassungsschutz klebt ihm an den Fersen, der Arbeitgeber will ihn rausschmeißen. Aber er ist eben auch eindeutig ein Radikaler, der dem Phänomen des fundamentalistischen Konvertiten vollauf entspricht. … Der Film kann nicht erklären, warum ein junger Mann Islamist wird, und er versucht es auch gar nicht. Was sich in Rainers Innern abspielt, wird höchstens angedeutet.”
Gekonnt spielt der “leise Thriller” (Regisseurin Nina Grosse) laut Sven Sokowitz in der taz “mit Vorurteilen und möglicherweise allzu voreiligen Schlussfolgerungen der Zuschauer und bietet widersprüchliche Hinweise auf Rainers innere Verfasstheit und seine Absichten. Wie der 26-jährige Kostja Ullmann diesen verhärteten, undurchschaubaren Rainer spielt, ist beeindruckend – vor allem, weil dem Hamburger ja trotz einiger guter Rollen in Qualitätsfilmen ein allzu luftig-leichtes Sonnyboy-Image anhaftet.”
Die besondere Stärke, die Verzahnung des Familiendramas mit dem politischen Radikalismus, zeigt sich am nachdrücklichsten im Kleinen: So lobt Rainer Tittelbach im Tagesspiegel das Drama Der verlorene Sohn. “Katja Flints Körper, ihr Gesicht sind Projektionsfläche der emotionalen Geschichte. Ihr Spiel beeindruckt durch eine tiefe Wahrhaftigkeit. Und bei Kostja Ullmann überrascht die große Konzentration, die Ruhe, mit der er seinen deutschen Moslem spielt. Die Reduktion auf die Zeichen der Beziehung, die schwelende Aggression zwischen den Brüdern, der Zusammenprall von westlicher Spaßkultur und toleranzlosem Fundamentalismus, die Käfigsituation im Reihenhaus, die zunehmende Distanz, aber auch „das graue, merkwürdig unbehauste Hannover-Deutschland“, wie es Nina Grosse nennt – das alles macht aus Der verlorene Sohn auch noch vier Jahre nach den Sauerland-Bombern einen wichtigen, sehr nachhaltigen Fernsehfilm.”
Der verlorene Sohn wird heute Abend um 20.15 Uhr auf der ARD ausgestrahlt. Wenn ihr euch mit für den islamistischen Terroristen in deutschen Wohnzimmern interessiert, dann schaut doch in unser Fernsehprogramm, um euch einen anderen Film auszuwählen.