Blödes Wetter! Zu warm/schwül/kalt/unbeständig… Das haben wohl einige diese Woche schon wieder hören müssen. Wie es auch kommt, es ist immer falsch. Diese chronischen Temperatur-Nörgler können uns mal Götz von Berlichingen. Zum Aufhänger dieses Beitrags haben sie aber glücklicherweise noch nicht gebracht.
Der Aufreger der Woche handelt vielmehr von Marketingtricksereien, kontroversen Filmen, Überinterpretation und -fürsorge.
Kalkulierte Kontroverse
Vor wenigen Tagen konntet ihr den Red-Band-Trailer zu Runaway Girl bewundern. Chloë Grace Moretz spielt darin die 13-jährige Luli, die ihr schäbiges Zuhause verlässt, um Richtung Westen zu gehen. Auf dem Weg trifft sie den Meth-Junkie Eddie, der ein Auge auf die Minderjährige wirft. Soweit ist die Story nicht ungewöhnlich, durch die Darstellung einer Teenagerin als Objekt der Begierde jedoch durchaus kontrovers. Doch auch das wäre ein kalkulierbarer Skandal, wie wir nicht erst seit Lolita oder Taxi Driver wissen. Diese beiden Filme gelten als Klassiker, auch wenn (oder gerade weil) sie ein Tabuthema behandeln. Stanley Kubrick oder Martin Scorsese mussten wohl einiges an Kritik einstecken, aber sie spielten mit offenen Karten und taten nie so, als ob sie einen Film für Teenies gemacht hätten. Dass dies bei Runaway Girl eben nicht der Fall ist, diskutiert Sandie Angulo-Chen in ihrem Text, der diese Woche auf moviefone.com veröffentlicht wurde.
Falsche Zielgruppe = schlechtes Vorbild?
Dabei geht es nicht darum, dass Regisseur Derick Martini einen falschen Eindruck erwecken wollte, sondern um eine gewisse Marketingstrategie, die auf die Jugendlichen abzielt, die von Schauspielerinnen wie Chloë Grace Moretz Fan geworden sind, da sie sie beispielsweise in Hugo Cabret gesehen haben. Mit dem Bild ihrer Rolle in diesem Film im Kopf gehen die Teens ins Kino und sehen ihren Star als mit einer Waffe hantierenden Ausreißer, der sich auch noch mit abnormer Sexualität auseinandersetzen muss. Das ist alles andere als ein gutes Vorbild. Aber auch ein Grund, ein Fass aufzumachen? Wohl kaum. Trotz aller Werbung – auch wenn sie absichtlich eine unpassende Zielgruppe anvisiert – ist es immer noch Aufgabe der Eltern, sich kundig zu machen, welche Filme ihre Kinder sich angucken. Dass Marketingmenschen keinen sozialen Auftrag erfüllen, sollte jeder kapiert haben. In gleichem Maße stellt sich die Frage, inwieweit ein kontroverses Road-Movie die Seelen Jugendlicher negativ beeinflusst oder sie gar zur Nachahmung animiert. Das soll keineswegs bedeuten, dass Teens sich solche Filme unbedingt ansehen sollen, aber es ist davon auszugehen, dass die Wirkung eines Dramas mit vermeintlich höherem Anspruch nicht allzu stark ist.
Botschaft über Botschaft
Dennoch gibt es einige Menschen, die jeden Film auf Herz und Nieren prüfen, um eine ihrer Meinung nach nicht vertretbare Aussage herauszufiltern, die scheinbar einen irreparablen Schaden bei unbedarften Gemütern anrichten könnten. Wer hätte gedacht, dass Der Lorax die liberale Botschaft des Präsidenten transportiert? Oder dass Schneewittchen anti-feministisch ist, da sie bei den Zwergen zu putzen anfängt?
Auch Sandie Angulo-Chen kommt zu dem Schluss, dass die Kirche im Dorf gelassen werden sollte. Zweifelsohne ist die Taktik der Marketingabteilungen manchmal unsauber, aber nicht alles oder jeder hat einen bedeutenden Einfluss auf Teenager. Und wenn Eltern doch dieser Meinung sind, dann müssen sie ihren Erziehungsauftrag ernst nehmen. Es ist ja nicht so, dass es heutzutage keine Möglichkeit gäbe, sich hinreichend zu informieren. Und wenn ein Jugendlicher sich doch einmal einen solchen Film reinzieht, gibt es ja immer noch die Möglichkeit, mit ihm darüber zu sprechen und ihm zu helfen, das Gesehene richtig einzuordnen.