Jahr: 2011
Genre: Pop, Christmas
Singles: Mistletoe
Wen, um alles in der Welt, sollte ein Weihnachtsalbum von Justin Bieber ansprechen? Egal ob vor oder nach dem Stimmbruch: alleine die Kombination ist schon derartig paradox und abstrus, dass das Resultat, welches dabei herauskam, von Haus aus nicht gut funktionieren konnte. Zu Biebers neu erworbenem großen Adamsapfel passt die Weihnachtathematik so gut wie Essig in Schokolade und wenn Bieber über Synthesizer und Trapbeats schmachtet kommt genauso viel Weihnachtsstimmung auf wie in der Toilette aus Trainspotting - Neue Helden. Und das ist noch durchaus wohlwollend gemeint.
Womit verbinden wir Weihnachten? Harmonie, Wärme, Weihnachtsbäume, Zimt, die Farben Rot und Grün, Glühwein, Apfel, Nuss und Mandelkern, und und und. Wir haben viele Assoziation, die uns das Fest der Liebe zu einer gemütlichen und besinnlichen Zeit machen, auch, wenn man selbst nicht an den religiösen Hintergrund glaubt. Bereits seit etlichen Jahrzehnten sind Weihnachtsalben bekannter Musiker ein großer Verkaufsschlager. Und ich muss sagen: daran ist nichts verkehrt. Gerade in der Adventzeit ist man doch kitschig eingestellt und Musik, die man normalerweise als Guilty Pleasure abstempeln würde, spielt stolz und laut im Haus. Von Klassikern wie Frank Sinatra über die schnulzenhaften Eskapaden einer Sarah Connor - es ist alles erlaubt.
Und dann kommt ER. Bewaffnet mit einem Smartphone und schneidiger Frisur hat er beschlossen, dem Christmas-Boom ordentlich Swag zu verleihen. So wird das viel zu altmodische "Little Drummer Boy" kurzerhand in eine Rapnummer feat. Busta Rhymes verwandelt. Klassiker um Klassiker wird neu angestrichen, bis man die Fassade nur mehr schemenhaft erkennt. In etwa so, als würde man den Eiffelturm abreißen und ein billiges Einkaufszentrum mit ein paar schlecht besuchten Ramschläden drüber bauen. Und auch die Neukompositionen sind nicht wirklich stimmungsvoller: auf "Fa La La" unterliegt das Weihnachtsfest einer Metamorphose zur Boyband-Bühne.
Da fehlt jegliches Feingefühl. Bieber versucht, über die Festtagssongs mit seinem Publikum zu flirten und übersieht dabei, dass Weihnachtslieder so ziemlich das Unerotischste sind, was man sich vorstellen kann. Und vielleicht bin ich ja altmodisch und verklemmt, aber sollte man die wohlige Wärme in dieser Jahreszeit nicht eher im Herzen statt im Schoß verspüren und sich die achso romantischen Songs (und verdammt, kann Bieber die gut interpretieren, jetzt, wo seine Stimme die nötige Tonlage erreicht hat) nicht für den Frühling oder Sommer bewahren?
"Under the Mistletoe" macht zu sehr auf cool oder aber "unwiderstehlich", um in der Weihnachtszeit gehört zu werden... aber wann hört man unter dem Jahr schon ein Weihnachtsalbum (wenn man nicht gerade eine Review dazu schreibt)?
Tracklist:
1. Only Thing I Ever Get for Christmas
2. Mistletoe
3. The Christmas Song (Chestnuts Roasting on an Open Fire)
4. Santa Claus in Coming to Town
5. Fa La La
6. All I Want for Christmas is You
7. Drummer Boy
8. Christmas Eve
9. All I Want is You
10. Home for Christmas
11. Silent Night