Legend of Tarzan, oder wie man Gorillakacke auf Film bannt

12.05.2018 - 09:00 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
Ja, bei dem Drehbuch würde ich auch rennen...
Warner Bros./moviepilot
Ja, bei dem Drehbuch würde ich auch rennen...
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Was kommt dabei raus, wenn man eine der am häufigsten verfilmten Geschichten unbedingt noch einmal raushauen möchte, und dabei auf Sinn, Nachforschungen und anderes, lästiges Gedöns verzichtet? Ein Film der frappant dem ähnelt, womit Affen gerne mal werfen...

Tarzan... Da fallen dir bestimmt so viele ikonische Namen und Filme ein. Johnny Weissmuller, Pierre Brice, Greystoke, sogar ein gar nicht mal SO umwerfend guter Disney-Tarzan kommt dir da bestimmt in den Sinn. Nicht? Na, es wird auf jeden Fall nicht diese Ausgeburt des Drehbuchdschungels sein, die endlich den merkwürdigen Gedanken zu Grabe getragen haben sollte, dass Prädikate von ominösen, angeblichen Ahnunghabern irgendwas bedeuten!

Und dennoch hat sich Thorwalez, unser Kommentator der Woche, todesmutig dem dampfenden Gorillahaufen Legend of Tarzan gestellt - denn ein Film mit Alexander Skarsgård, Christoph Waltz und Margot Robbie KANN doch gar nicht SO schlecht sein! Oh, hast du ne Ahnung...

Der Kommentar der Woche von Thorwalez zu Legend of Tarzan

Prädikat: besonders wertvoll (Deutsche Film- und Medienbewertung)

Ich habe nie verstanden nach welchen Kriterien diese Auszeichnung vergeben wird, und nun bin ich noch verwirrter. Denn der Film war so ziemlich das Gegenteil von dem, was ich mir unter einem wertvollen Beitrag zur Filmlandschaft vorstelle.

Dabei fängt er sogar sehr stimmungsvoll an. Die Einleitung ist düster und mit der kleinen Exkursion in die Kolonialgeschichte des Kongos scheint man eine gewisse Ernsthaftigkeit anzustreben. Ok, der Hinterhalt in gerademal knöchelhohem Wasser war schon ne harte Nummer, aber was soll's. Sah cool aus und wenn der Film sich nicht noch so einen Lapsus erlaubt, dann wird das schon.

Der in der Wildnis aufgewachsene Lord Greystoke, oder auch Tarzan genannt, lebt seit 8 Jahren inmitten der englischen Adelsgesellschaft und soll abermals in den Kongo. Zu Publicity-Zwecken oder so. Ist auch egal. Doch bevor es losgeht, muss man noch ein paar lahme Rückblenden aus seiner Dschungel-Vergangenheit über sich ergehen lassen, welche die klassische Tarzan-Geschichte ansatzweise nacherzählen. Gut, die kennt vielleicht nicht jeder und deswegen muss man da halt jetzt durch. Die Gorillas und sämtliche andere Tiere sind zwar saumäßig animiert und verhalten sich wie bekloppte Zirkuspaviane, aber wenn der Film sich nicht noch so einen Lapsus erlaubt, dann wird das schon.

Dass Tarzan aus der Wildnis stammt, erkennt man übrigens daran, dass er zu Hause im Garten gerne mal barfuß auf seinen Lieblingsbaum klettert. Also geht es auf nach Afrika, zusammen mit Frau Jane, die eigentlich zu Hause bleiben sollte und einem Typen namens George Washington Williams (gespielt von dem alterslosen Samuel L. Jackson). Dort angekommen wandert der kleine Trupp durch eindrucksvolle Savannenlandschaften zu einem befreundeten Eingeborenendorf. Moment! Savanne? Ich dachte, Tarzan wuchs im Urwald auf. Kein Problem, denn wenige Meter neben der immertrockenen Savanne befindet sich der immergrüne dichte Regenwald. Vermutlich erklärt dieser Umstand auch, wieso Tarzan mit den Mitgliedern eines Löwenrudels schmusen kann, ohne gefressen zu werden (was man bei Gorillas nicht alles lernt). Was für ein Blödsinn, aber wenn der Film sich nicht noch so einen Lapsus erlaubt, dann wird das schon.

Nachdem Tarzan sich im Dschungel einen Faustkampf mit einem 500 kg-Silberrücken geliefert hat und man sich einen Witz über Klöten lecken anhören durfte, geht man wieder ins Eingeborenendorf in der Savanne und wird Zeuge, wie Christoph Waltz mit seinen belgischen Söldnern die Bewohner abschlachtet. Und obwohl Jackson mindestens zwanzig von den Widerlingen mit seinen historischen Schießeisen umnietet, gelingt es ihnen, Jane zu entführen.
Apropos Christoph Waltz... hat der eigentlich mal eine Klausel unterschrieben, dass er bis an sein Lebensende nur Variationen von Hans Landa spielen darf? Vor einigen Jahren fand ich den ja echt super, doch mittlerweile scheint er nur noch das Klischee von sich selbst zu bedienen. Aber drauf geschissen. Bietet der Film halt einen mittlerweile recht klischeehaften Bösewicht, aber wenn der Film sich nicht noch so einen Lapsus erlaubt, dann wird das schon.

So langsam tritt der Film aufs Gas und die Ungereimtheiten häufen sich. Seien es Nilpferde, die wie Haifische durchs Wasser zischen um Jane zu fressen, oder Gorillas, die sich wie aufgeputschte Gibbons durch den Urwald hangeln. Haben die Macher sich nicht mal vorab informiert, wie sich die gezeigten Wildtiere eigentlich verhalten? Oder zumindest mal eine Folge Expeditionen ins Tierreich geguckt? Offensichtlich nicht mal das. Das aber nur am Rande, denn spätestens als sich Tarzan und seine Freunde mit kilometerlangen, offensichtlich aus dem Himmel wachsenden Lianen auf einen fahrenden Zug hangeln, Tarzan in einem Truppenwaggon eine Kompanie Soldaten mit einem Arm durch Decken und Wände haut, und sich die Landschaft schon wieder innerhalb eines Lidschlages von Dschungel in Savanne verwandelt, dämmert es einem. Das wird nix mehr.

Und schlimmer noch: Der Film verwandelt sich in der letzten halben Stunde in ein Panoptikum von Skurilitäten, Absurditäten und waschechter Idiotien. Ein mit Hilfe von Gorillas, Löwen und Samuel L. Jackson organisierte Gnu-Stampede (Tarzan reitet übrigens auf einem Gnu) überrennt den belgischen Handelsposten. Belgische Söldner werden von Gnus zertrampelt, von Löwen gefressen und von Gorillas geboxt. Bleibt nur noch Christoph Waltz auf seinem Flussdampfer. Tarzan schwimmt wie ein Otter (was man nicht alles lernt, wenn man von Gorillas großgezogen wurde) auf das Schiff zu und kämpft mit Waltz. Als er aber von dem belgischen Bösewicht besiegt wird schafft er es noch heldenhaft, aus letzter Kraft zu brummen und zu grummeln. Verdutzt fragt Waltz nach dem Grund für die seltsamen Geräusche in Angesicht des beinahe sicheren Todes. "Das war ein Balzruf, lol!" Und zack, schwimmen zwanzig Krokodile vom Balzruf angelockt zum Dampfer und fressen den Bösewicht (und zwar nur den Bösewicht). Aber nur fressen reicht nicht, das Schiff explodiert natürlich auch noch.

Wer hat sich das nur ausgedacht und dafür auch noch 180 Millionen Dollar durch den Schornstein geblasen? Prädikat: Besonders wertvoll!!!!!!

Der Originalkommentar schwingt sich übrigens hier von Liane zu Liane.

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