Maskierte Mörder mit scharfen Klingen im Giallo

08.07.2013 - 08:50 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
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Diese vierteilige Minireihe widmet sich der vielfältigen filmischen Subkultur Italiens. Entlang des schmalen Grats zwischen Arthouse und Trash nähern wir uns Sadisten, Menschenfressern und Untoten. Zum Einstieg begrüßen uns an dieser Stelle zunächst die maskierten Mörder des Giallofilms.

Cineasten assoziieren die italienische Filmindustrie oftmals automatisch mit Namen wie Luchino Visconti, Federico Fellini, Michelangelo Antonioni und Pier Paolo Pasolini. Abseits des neorealistisch geprägten Nachkriegskinos entstammt dem Mittelmeerstaat ein spannender Kanon an Genreproduktionen, denen leider oftmals von vornherein keinerlei künstlerische Ambition zugestanden wird. Um derartige Vorurteile zu relativieren, widmet sich diese Artikelreihe dem italienischen Schmuddelfilm, der eindrucksvoll zwischen Arthouse und sleaziger Exploitationware changiert. Im Fokus steht hierbei das Horror- und Thrillerkino der 1960er bis 1980er Jahre.

Den Auftakt unserer Expedition durch die aufregende kinematographische Subkultur Italiens bildet – zugegebenermaßen persönlichen Präferenzen geschuldet – der Giallo. Jene Filmströmung besitzt ihre Wurzeln in einer Serie von kostengünstig produzierten Kriminalromanen, welche der italienische Mondadori Verlag seit 1929 in leuchtend gelben (ital. giallo) Einbänden veröffentlicht. Diese Bücher beinhalteten anfangs lediglich Übersetzungen von Autoren wie Raymond Chandler, Arthur Conan Doyle und Agatha Christie. Durch die einsetzenden Importbeschränkungen unter Diktator Mussolini geriet jedoch die Einfuhr ausländischer Romane – das sprichwörtliche Fundament der Giallo-Reihe – ins Stocken. Zunächst schlossen italienische Autoren die entstandene Marktlücke, indem sie unter englischen Pseudonymen vergleichbare Kriminalgeschichten, respektive Gialli, schrieben. Erst in späteren Jahren entwickelte sich daraus eine eigenständige, lokal verankerte Tradition, die fortan auf eine derartige Maskerade verzichtete. Fernab dieser literarischen Wurzeln steht der Begriff Giallo heutzutage als Synonym für italienische Kriminalfilm-Produktionen, die einen bestimmten Kanon an Thriller- und Horrorelementen bedienen. (kinoeye.org)

Zunächst stellt sich die Frage nach den konstituierenden Merkmalen eines reinrassigen Giallos. Im Zentrum der Geschichten standen zumeist grausame Mordserien, die im Gewand einer klassischen Whodunit-Erzählung daherkamen. Sowohl die Identität als auch die Motive des Killers blieben hierbei für den Betrachter bis zum Schluss im Verborgenen. Die bewusste Bildgestaltung ermöglichte es dem Regisseur natürlich, Informationen äußerst selektiv an den Zuschauer weiterzugeben, sodass die finsteren Gesellen ungesehen agieren konnten. Um trotzdem nicht auf die visuelle Präsenz des Missetäters zu verzichten, entwickelte sich bereits recht früh ein hartnäckig wiederkehrender Dresscode. Schwarze Handschuhe (Terror in der Oper, My Dear Killer), Kopfbedeckungen (Strip for the Killer – Die Nacht der blanken Messer), Mäntel (Blutige Seide) sowie Masken (Die Säge des Teufels) avancierten zu Markenzeichen des Killers. Jener konnte im filmischen On agieren, ohne an Anonymität einzubüßen. Bedingt durch den typischen Aufbau der Geschichten erhielt der Zuschauer bis zum Schluss den kontinuierlichen Impuls, eigene Überlegungen bezüglich Täter und Motiv mit einfließen zu lassen. Die zu enträtselnden Beweggründe erwiesen sich dabei als mannigfaltig und reichten von niederen Motiven wie Habgier (Frauen bis zum Wahnsinn gequält ) bis hin zu psychopathologischen Ursachen (Terror in der Oper).

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