Kaum eine Serie schlägt in Deutschland aktuell so große Wellen wie Maxton Hall - Die Welt zwischen uns. Die 2. Staffel ist vor wenigen Tagen bei Amazon Prime Video zu Ende gegangen und hat die Liebesgeschichte von Ruby (Harriet Herbig-Matten) und James (Damian Hardung) an dem titelgebenden Elite-College auf dramatische Weise weitererzählt.
Auch wenn Maxton Hall Millionen von Menschen weltweit vor die Bildschirme zieht, wird das Format von Fans auf den sozialen Medien vielfach kritisiert: Toxische Beziehungen, zu viele Intrigen und stereotype Rollenbilder sind nur ein paar der Diskussionspunkte. Lassen wir diese unübersehbaren, aber schon viel besprochenen Dornen im Auge für einen Moment links liegen, eröffnet sich ein weiteres Problem: und zwar die Länge – beziehungsweise Kürze – der Staffeln.
Maxton Hall verschiebt sein größtes Problem immer eine Staffel weiter
Staffel 1 und 2 haben jeweils sechs Folgen erhalten. Schon in der 1. Staffel wirkte das für die vielen Entwicklungen der Serie recht kurz, die teils von einer Szene zur anderen übers Knie gebrochen wurden – und schließlich dazu führten, dass das Finale von Mona Kastens Romanvorlage Save Me abwich: Anstatt das Buchende mit James' Betrug in Folge 6 zu integrieren, wurde dies auf den Anfang von Staffel 2 geschoben.
Diese Entscheidung hat in Staffel 2 nun einen Rattenschwanz, denn auch das Ende der Romanvorlage Save You wurde nicht mehr in der aktuellen Season inkludiert. Stattdessen müssen wir bis Staffel 3 auf die Enthüllung warten, die James in das große Fotodrama involviert. Auch wenn hier von den Serienschöpfern um Martin Schreier dramaturgisch intentional gehandelt wurde, um einen größtmöglichen Cliffhanger zu generieren , schleicht sich dadurch ein klares Problem in die Serie: Dass sechs Folgen pro Staffel schlicht und ergreifend nicht reichen, um die von Kasten geschaffene Geschichte würdig zu erzählen.
Das äußert sich nicht nur in Bezug auf die jeweiligen Staffelenden: Auch über die Folgen hinweg geraten immer wieder Handlungselemente und Figuren in den Hintergrund, denen eigentlich mehr Zeit und Tiefe gebührt. So beginnt Staffel 2 mit James' Betrug, darauf folgt die Enthüllung vor Ruby um den Tod seiner Mutter. Kurze Zeit später begegnen sich Ruby und James in Maxton Hall schon wieder und müssen für die Organisation der Spendengala an einem Strang ziehen.
Sie kommen sich in Windeseile wieder näher, die Spendengala beginnt, Mortimer (Fedja van Huêt) bringt einen Keil zwischen die beiden, ändert seine Meinung in einer Folge gefühlt fünfmal um 180 Grad – und lässt dann bis zum Ende nicht locker: Verlorene Stipendien, Bäckereien, Testamente und ein Schulverweis sind in kürzester Zeit die Folge.
Die wilde Achterbahnfahrt der Gefühle von Ruby und James findet sich so auf die völlig falsche Weise in der rasenden Handlung wieder, die viele einzelne Schock-Momente vor einem langsamen Aufbau mit mehr emotionaler Tiefe priorisiert.
Maxton Hall Staffel 3 braucht mehr Raum für Tiefe – und mehr Episoden
Werfen wir dazu einen Blick auf die vielen Nebenfiguren, zeigt sich das Problem noch deutlicher: Hier sticht zunächst etwa Rubys Schwester Ember (Runa Greiner) aus dem Ensemble hervor, die bei der Spendengala die Chance bekommt, sich von einer völlig neuen Seite zu zeigen. Doch so schnell Embers großer Moment bei der Spendengala gekommen war, so schnell war er auch wieder zu Ende.
Andere Figuren, denen in Staffel 1 dagegen schon ein paar starke Momente gewidmet wurden, geraten in Staffel 2 in den Hintergrund: So auch Alistair (Justus Riesner), dessen zerrüttete Beziehung zu seinem draufgängerischen Bruder in Folge 4 zu wenig ergründet wird, als dass wir wirklich mit ihm mitfühlen können.
Von den wenigen Neuzugängen der Staffel ganz zu schweigen: James' Tante Ophelia (Dagny Dewath) wird zu Beginn der Staffel groß eingeführt und droht Familiengeheimnisse der Beauforts ans Licht zu bringen. Doch glänzt Ophelia dann erstmal mit strahlender Abwesenheit, bis sie im Staffelfinale nochmal einen kurzen Auftritt bekommt. Für den wichtigsten Neuling der Staffel ist das einfach zu wenig – auch wenn ihr dann sicherlich endlich in Staffel 3 eine größere Rolle zuteil wird.
Doch kann Staffel 3, die die Serie offiziell abschließen wird, einem großen Maxton Hall-Finale überhaupt gerecht werden, wenn es in diesem Tempo weitergeht? Die Befürchtung lautet mit Blick in die Vergangenheit: Nein. Und mit der Verschiebung des Save You-Endes ist dieses Problem präsenter als je zuvor. Es bleibt nur zu hoffen, dass die kürzlich abgeschlossenen Dreharbeiten auf eine oder zwei Episoden mehr als nur sechs ausgelegt wurden. Denn ansonsten läuft die Serie Gefahr, die Fans mit ihrem Finale bitter enttäuscht zurückzulassen.
