Mein Regie-Liebling des Jahres - Ridley Scott

28.12.2012 - 10:22 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Ridley Scott - Mein Regie-Liebling des Jahres
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Ridley Scott - Mein Regie-Liebling des Jahres
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Es gab dieses Jahr einige bessere Filme als Prometheus, aber kein Werk, das den Zustand des aktuellen Blockbuster-Kinos so verkörpert wie der Science Fiction-Film. Nicht nur deswegen ist Ridley Scott mein Regie-Liebling 2012.

Eigentlich ist eine Würdigung des Regisseurs im Falle von Prometheus – Dunkle Zeichen zu kurz gegriffen. Der Film liefert zwar die visuelle Pracht, die wir spätestens seit Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt und Blade Runner mit dem Regisseur Ridley Scott assoziieren. Die Drehbuchautoren Jon Spaihts und Damon Lindelof sowie all die Anzugträger, die im Laufe der Produktion ihren Einfluss auf den Film ausübten, haben zweifellos ebenso Anteil an jenen Merkmalen, die Prometheus in eines der faszinierendsten Kinoerlebnisse 2012 verwandelten. Andererseits ist das Alien-Prequel der spannendste Ridley Scott-Film seit Black Hawk Down und bevor ich wieder zehn Jahre auf ein interessantes Werk des Briten warte, küre ich ihn sicherheitshalber zu meinem Regie-Liebling 2012.

Es lässt sich viel schreiben über Prometheus, wenn der Tag lang ist, aber eines würde mir nie über die Lippen kommen, namentlich, dass der Film perfekt ist. Doch wer braucht schon Perfektion? Ein paar in sich stimmigere Blockbuster landeten dieses Jahr auf der Leinwand, doch keiner konnte mich derart fesseln wie der neue Film von Ridley Scott. Manche überzeugten beim ersten Sehen und fielen später in sich zusammen (Marvel’s The Avengers), andere entschwanden fix aus der Erinnerung (John Carter – Zwischen zwei Welten) oder schafften es nicht einmal hinein (The Dark Knight Rises, The Amazing Spider-Man). Die Suche nach den Ursprüngen der Menschheit aber blieb sowohl in ihren großen als auch ihren lächerlichen Momenten haften.

Mittlerweile habe ich Prometheus drei Mal gesehen. Während andere Filme bei Zweitsichtungen gewinnen oder verlieren, ‘durchleide’ ich bei dem Sci Fi-Blockbuster jedes Mal das selbe Auf und Ab. Von Szene zu Szene schwanke ich zwischen Hass und Liebe, Abscheu und Bewunderung, möchte ich die Filmemacher wahlweise für ihre absurden Entscheidungen schütteln und vor ihnen niederknien. Eines bewirkt Prometheus bei mir allerdings nie: Desinteresse. Denn Prometheus wartet mit einigen der dümmsten Figurenentscheidungen des Jahres auf, brilliert allerdings auch mit phänomenalen Szenen, die sich förmlich in mein Gedächtnis gebrannt haben (der Kaiserschnitt, Davids erster Kontakt). Mit voller Kraft voraus stürzt sich das Abenteuer der Elizabeth Shaw (Noomi Rapace) in ein Brainstorming der großen Fragen der Menschheit, wirft dafür allerhand Symbolik zusammen mit viel angedeuteter Alien-Mythologie und ein bisschen Fan-Service in den Drehbuch-Topf, um ein Hohelied auf Neugier und Entdeckerlust zu singen; zwei Elemente, die im an Effekten übersättigten Blockbuster-Kino sehnlichst vermisst werden.

Blockbuster-Kino ist Prometheus durch und durch. Die doppelbödige Thematisierung von 3D im Film selbst findet sich wie selbstverständlich neben der Bewunderung von Schauwerten. Philosophische Diskussionen über die Beziehung von Schöpfer und Geschöpf wechseln sich mit altbackenen Genre-Versatzstücken ab, die teils wie eine Parodie der Struktur von Alien wirken. In gewisser Weise ist Prometheus deswegen die ultimative Verkörperung von Hollywoods obsessiver Beziehung zu seinen Klassikern. Der Film ist ein Prequel par excellence, das sein Vorbild sogar in jenen Komponenten imitiert, die mit den 30 inzwischen vergangenen Jahren und vor allem dem angestiegenen Budget gar nicht mehr vereinbar sind. Er ist ein großangelegter Hochglanz-Sci Fi-Actioner, der wie jenes unförmige Alien in Shaws Leib aus einem Horror-Kammerspiel mutiert. Die vorletzte Szene könnte zudem als Sinnbild für ein Hollywood-Kinojahr gelten, das sich ganz im Sinne unserer Heldin unfähig zeigt, einen Schlusspunkt unter die Geschichte zu setzen, stets weiter strebt von Abenteuer zu Abenteuer, Sequel zu Sequel, Reboot zu Reboot, als würde in Stillstand und Reflexion der (kommerzielle) Tod lauern.

Kurz vor seinem 75. Geburtstag hat Ridley Scott – ob willentlich oder nicht, ist nebensächlich – gemeinsam mit seinem Team ein Werk gedreht, das unter all diesen widersprüchlichen Antrieben beinahe zusammenbricht. Zuzuschauen, wie Prometheus in seinen zwei Stunden Laufzeit den eigenen kreativen Chestburst zu verhindern sucht, war trotzdem eine meiner größten Freuden des Kinojahres.

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