Meine ersten 10 Stunden mit Assassin's Creed: Syndicate

22.10.2015 - 12:59 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Assassin's Creed: Syndicate
Ubisoft
Assassin's Creed: Syndicate
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Assassin's Creed: Syndicate ergänzt eines der bekanntesten Franchises überhaupt um einen neuen Teil und schickt uns ins industrielle London. Nach meinen ersten 10 Stunden musste ich leider in meine Couch beißen und erkläre euch gerne, wieso.

Acht Jahre ist es her, als ich mit Altair zum ersten Mal aufbrauch und nach einer waghalsigen Kletterpartie den höchsten Turm Jerusalems erklommen hatte: Zu meinen Füßen breitete sich die mittelalterliche Weltstadt aus während sich die Kamera langsam um den Assassinen drehte. Bis heute hoffe ich auf eine Rückkehr dieser Magie, wenn Ubisoft mir Jahr für Jahr ein neues, zunehmend schnell dahingeschriebenes Kapitel über Meuchelmörder und Templer auf den Tisch knallt.

Nun steckte ich all meine Hoffnungen in Assassin's Creed: Syndicate: Die Entwickler hatten doch sicherlich aus den Fehlern des Vorgängers Assassin's Creed Unity gelernt und den Tapetenwechsel von Paris nach London genutzt, noch einmal von vorne anzufangen? Alles besser zu machen?

Während ich für ein ausführliches Review noch länger den Kopf in die Fabrikanlagen Londons stecken werde, möchte ich hier bereits meine Eindrücke aus den ersten 10 Stunden mit dem Spiel schildern — und warum Syndicate für mich endgültig das letzte Kapitel des Meuchelmörders sein könnte.

Auf den ersten Blick verliebt

Eines hat das Franchise über die Jahre hinweg sicherlich nicht verlernt, vielmehr aber perfektioniert: Die Selbstdarstellung als Spiel, das euch in eine gigantische, akkurat nachgestellte Stadt der Weltgeschichte steckt, wo Aufträge und verschiedene Möglichkeiten zum Zeitvertreib an jeder Ecke auf euch warten. Der Schauplatz des industriellen London bietet hierfür die hervorragend geeignete, kontrastreiche Kulisse: Hellgelb glühende Raffinerie-Öfen wechseln sich mit hübscher Wohlstadt-Idylle ab. Auf der Themse ziehen zahlreiche Schiffe idyllisch ihre Runden, während in den Problemzonen der Stadt Kinder um ein Stück Brot kämpfen: Das gigantische London von Assassin's Creed: Syndicate lebt und atmet.

Auch die Charaktere, die euch das Spiel nach und nach vorstellt, müssen sich nicht hinter der abwechslungsreichen Stadtkulisse verstecken: Ebenso Frauen wie Männer begegnen uns als mächtige Bandenanführer oder Verbündete, während wir selbst die Kontrolle über die Zwillinge Jacob und Evie übernehmen dürfen. Die Tatsache, dass auch Figuren mit Migrationshintergründen und entsprechender Synchonisierung gehäuft auftauchen, macht Syndicate zu einem sehr modernen Spiel, das sich vor keiner ethnischen Gruppe unter fadenscheinigen Begründungen verschließt. Hut ab, Ubisoft!

Auf die Liebe folgt Ernüchterung, oder: "OH GOTT, SO VIEL BLUT!"

Herrje, Assassin's Creed: Syndicate ist brutal. Sehr brutal.

Versteht mich nicht falsch: Ich verstehe sehr gut, dass das blutige Geschäft durchaus zur Jobbeschreibung eines Meuchelmörders gehört und auch ich gehöre sicherlich nicht zu den Pazifisten unter den Spielern. Allerdings wirkte es auf mich zunehmend verstörend, wenn als unauffällige Attentate geplante Angriffe plötzlich auf Knopfdruck in Exekutionen ausarten, die die Anatomie des Opfers auf phantasievolle Art und Weise in Knetmasse verwandeln.

Es macht in dieser Spielwelt keinen Sinn, wie betont brutal sich beide Protagonisten durch unbewaffnete Bandenmitglieder schlachten, während das deutlich vereinfachte und an Langweile grenzende Kampfsystem uns auch noch dazu ermuntert.

Eigentlich lernen wir im Laufe der Geschichte und dank der Biographien, dass Jacob der Haudrauf-Athlet ist, während Evie eigentlich eher als kluger Kopf des Duos heimlich vorgeht. Im Spiel selbst ist allerdings von dieser Rollenaufteilung nicht mehr viel zu sehen und so schnetzelt ihr euch gedankenlos durch die englische Hauptstadt. Damit verzichtet Syndicate großzügig auf jede Notwendigkeit, schleichend vorzugehen und verwandelt stattdessen seine Stadt in eine riesige Arena. Das Verkaufsargument "Gewalt ist geil!" sorgt kurzfristig zwar für Aufmerksamkeit (selbst ein Trailer über den Biologen Darwin kommt nicht ohne explodierende Stadtviertel aus), zieht langfristig aber den Spielspaß weit in den Keller.

Auch die Geschichte selbst mag nicht so recht an Geschwindigkeit aufnehmen: Nach 10 Stunden habe ich noch immer das Gefühl, im Schritttempo über die Landstraße des Plots zu wackeln, während ich in über Jahre auswendig gelernter Routine Stadtbezirk um Stadtbezirk von bösen Buben befreie. Und irgendwas mit Templern war da auch noch, aber die Rückkehr der diffusen Parallelhandlung in der Moderne verwehrt mir bisher jeden Durchblick.

Ich werde in den nächsten Tagen noch viel, viel Zeit mit Jacob und Evie verbringen und euch von meinen Eindrücken berichten. Bis dahin allerdings überreiche ich euch einen Ersteindruck voller gemischter Gefühle, die mich ernsthaft daran zweifeln lassen, ob Assassin's Creed: Syndicate wirklich sein Geld wert ist.

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