Star Trek darf sich zurecht ein Phänomen nennen, auch wenn das Wort häufig zu inflationär genutzt wird. Seit 1966 gehört die Serie von Gene Roddenberry, zusammen mit ihren Spin-Offs, Computergames, Büchern, Kinofilmen und Rollenspielen zur Popkultur. Doch bei allem Erfolg blieb Star Trek, im Gegensatz zu Matrix und Star Wars, dabei immer ein Spielplatz für Nerds, für Geeks, für echte Fans. Der ganz große Durchbruch in den echten Mainstream blieb Kirk und Co. immer verwehrt.
Vielleicht lag dies daran, dass Star Trek – oder Raumschiff Enterprise, wie die Serie in Deutschland zunächst hieß – immer zu komplex war, um sich auf eine simple Formel bringen zu lassen. Star Trek war Science-Fiction in all seinen erzählerischen Freiheiten, aber dank des TV-Formats, auch mit all seinen Einschränkungen. Die Fernsehbudgets ließen selten das große Spektakel, die epische Erzählweise zu, statt Action mussten Story und Dialoge und Kreativität das Interesse wecken und fesseln.
Die Macher erkannten dies schon bald und machten aus dieser Herausforderung eine Stärke der Serien. Schon die erste Serie war, auch wenn man ihr die hemdsärmliege Cowboyattitüde (schließlich sollte Star Trek sowas wie “Wagon Train” im Weltraum sein) noch anmerkte, in vielen Dingen überraschend progressiv. Es ging oft um mehr als nur Unterhaltung. Der Anspruch, auf metaphorische Weise große Themen zu verhandeln, prägte auch viele der Nachfolgeserien, insbesondere die Next Generation unter Jean-Luc Picard und den düstersten Spin-Off “Deep Space 9”.
Rassismus, Religionskonflikte, Terrorismus, gesellschaftliche Unruhen, Überwachung, Drogenkonsum, Intoleranz, Folter, Kriegstrauma, blinder Gehorsam, Sklaverei, Ausbeutung, Vergewaltigung… die Liste der relevanten Themen, die Star Trek oftmals überraschend differenziert bearbeitete, ist lang.
Ein häufig verlauteter Satz ist, dass Star Trek immer dann am besten war, wenn er sich auf Inhalte konzentrierte statt auf Science Fiction, wenn allegorische Geschichten mit starken Charakteren erzählt wurden. Ein Stärke, die sich nicht ohne Probleme aufs Kino übertragen lässt, wie sich auch im Erfolg und der Qualität der bisherigen Star-Trek-Kinofilme zeigt. Neben herausragenden Streifen wie Star Trek II: Der Zorn des Khan, Star Trek VI – Das unentdeckte Land und Star Trek VIII – Der erste Kontakt gab es auch viel Mittelmaß sowie richtige Flops. Nicht ganz ohne Grund herrschte nach Star Trek IX – Der Aufstand und Star Trek – Nemesis erstmal eine lange Pause, denn beide Filme galten nicht gerade als Glanzstücke der Reihe.
Was im TV in serieller Form funktioniert, ist im Kino eine Stolperfalle, denn Kino lebt von großen Bildern, vom Spektakel – insbesondere dann, wenn es um Science Fiction geht. Doch die Balance zwischen Spektakel und Inhalt ist eine schwierige: Die Konzessionen an die leichter verständliche Kinodramaturgie, die Vereinfachungen und Stringenz fordert, wo sich eine Serie ganze Staffeln Zeit nehmen darf, sind nicht leicht mit dem Geist von Star Trek zu vereinbaren.
Vielleicht war das der Grund, warum Star Trek – trotz seines Erfolges und seiner ergebenen Anhängerschaft – immer noch den Hauch des Nerdigen mit sich herumschleppte, warum es nie so leicht zugänglich war wie simpel gestrickte Blockbuster. Bei Star Trek musste man zuhören und nur dann funktionierte die Serie – das konnten auch bewusst simpler gehaltene Franchise-Ableger wie “Voyager” oder der mit einem Country-Song startende “Back to the roots”-Versuch Enterprise nie wirklich ändern.
Die besten Trek-Stories werden längst schon von den Fans erzählt. Fan Serien wie The New Voyages (bei der etliche alte Trek-Schauspieler mitmachen) oder Hidden Frontier setzten inhaltlich neue Maßstäbe, auch wenn sie vom Aufwand noch nicht mit den “Originalen” mithalten konnten. Unterdessen wurde die Entscheidung um einen neuen offiziellen Film oder eine neue Serie immer wieder verschoben.
Vielleicht nahmen die Entscheider bei Paramount deswegen Sonys Befreiungsschlag mit dem Bond-Reboot James Bond 007 – Casino Royale erleichtert und sehr aufmerksam zur Kenntnis. Radikal war dort alles über Bord geworfen worden, was die Bond-Serie charakterisierte: Stil, Gadgets, Humor, überlebensgroße Schurken. Es entstand ein Bond für all jene, die mit dem klassischen Bond nicht viel anfangen konnten, ihn als altmodisch und zu unrealistisch ansahen. Ein klarer Schnitt. Das Konzept ging auf und neue Bond wurde zum Riesenhit. Ein guter Impuls, auch dem wertvollen, aber leicht dahin dümpelnden Trek-Franchise wieder einen Schupps zu geben, denn nur mit remasterten-Editionen der alten Serien war auf lange Sicht auch kein Geld zu verdienen.
Warum sollte ein Reboot nicht auch für Star Trek klappen. Ein deutlicher Schnitt, ein Neubeginn. Hatten bei Enterprise noch alle Fans über die katastrophale Continuity mosern dürfen, würde ein Reboot alle Kritik im Ansatz ersticken. Dies würde kein Star Trek werden, wie es die Zuschauer kannten, sondern eine neue Geschichte. Mit dem Fokus auf Action, auf Spektakel, das auch ohne jedes Vorwissen funktionieren würde.
J.J. Abrams hat dieses Konzept mit Star Trek jetzt umgesetzt. Wir dürfen gespannt sein, ob die Vorablorbeeren gerechtfertigt sind und wie die Fans auf ein Star Trek für Leute, die mit Star Trek nie besonders viel anfangen konnten, reagieren.
Das Satiremagazin The Onion hat sich des Themas schon einmal mit entsprechend ironischem Unterton angenommen und macht sich gehörig über die Behäbigkeit des klassischen Trek-Franchise lustig:
Wie steht ihr zu Reboots und was ist eure Einstellung zu Star Trek? Seid ihr Trekkies, Gelegenheitsgucker oder habt ihr mit Spock und Co. gar nichts am Hut?
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