Mommy - Kritik & Analyse

17.11.2014 - 00:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Mommy - Kritik & Analyse zum neuen Film von Xavier Dolan
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Mommy - Kritik & Analyse zum neuen Film von Xavier Dolan
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Unser Filmanalytiker beschäftigt sich heute mit dem neusten Werk von Xavier Dolan und erklärt uns warum dieser Film zwar gut ist, aber dennoch für ihn eine Enttäuschung.

Xavier Dolan gehört zu den interessantesten Kinokünstlern unserer Zeit. Als sein erster Film, I Killed My Mother, in die Kinos kam, wollte man nicht glauben, dass dies wirklich das Debüt eines 18-jährigen, noch völlig unbekannten Kanadiers sein soll. Auch die weiteren drei Filme überzeugten durch ihre Kunstfertigkeit, ihren Formwillen und eine sinnliche Intensität, wie sie viel zu selten im Gegenwartskino zu erleben ist.

Diese Filme hatten was zu sagen, aus ihnen sprach die Kraft der Kunst. Voller sprühender Einfälle und mit viel Mut zu schönen Bildern werden sich diese vier Filme ihren Platz in der Filmgeschichte gesichert haben. Nicht frei von Neid warfen viele Kritiker Dolan vor, er betreibe einen wohlfeilen Ästhetizismus, das Pathos seiner Bilder sei nervend und überhaupt seien diese Filme zu schön. Fast scheint es, als habe man regelrecht Angst vor der Schönheit und letztlich vor der Kunst, weshalb gerade spröde veristische Filme mit realpolitischer Botschaft bei Filmfestivals so beliebt sind. Dass auch im schönen Schein die Wahrheit liegen kann, will man nicht wahrhaben. Das Pathos, vor dem sich heute so viele scheuen, birgt natürlich eine große Gefahr und nirgends kann man das besser studieren, als in Dolans neuem Film Mommy, der leider ziemlich missglückt ist. Pathos als formelhaftes (so besonders im Barock verwendetes) Mittel kann eine Transzendenz erzeugen, bei der die substantielle Wahrheit auf der Oberfläche (und nicht unter ihr) selbst zum Vorschein kommt. Davon lebten bislang die Filme von Xavier Dolan.

Doch nun hat der Regisseur das Pathos mit dem Pathetischen vermischt, in den Dialogen viel Sentiment hinzugegeben und so nur Eindeutigkeit und Durchschaubarkeit produziert, sodass die 140 Filmminuten bedauerlicherweise sehr beliebig werden. Wo Dolan sonst kontrastiv und kontrapunktisch arbeitete, da wird jetzt bestätigend untermalt – mit dem Ergebnis, dass Mommy auf den ersten Blick zwar wie ein wilder Independent-Film aussieht, schon dank des 5:4 Formates wie Kunst daherkommt, tatsächlich aber die Fortsetzung des Hollywood-Kitsches mit anderen Mitteln ist.

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