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Poesie ist der Tod

02.11.2014 - 21:18 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
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Tom Diander
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Ich war sehr skeptisch dieser Serie gegenüber eingestellt. Hannibal ist Anthony Hopkins. Ich durfte mich jedoch überzeugen lassen. Mads Mikkelsen ist Hannibal.

Endlich habe ich beide Staffeln der Horror-Drama Serie Hannibal durch gefiebert. Fazit: Bin süchtig. Ein hypnotischer Sog, dem ich mich schwer entziehen kann. Obwohl der Gore-Gehalt doch schon ganz schön knackig ist. In Hannibal wird nicht gekleckert. Die Leinwand wird regelrecht mit roter Farbe übergossen.

Ein Fest für Cineasten. In Hannibal werden die Sinne betört. Da wäre zum einen die stimmungsvolle Musik. Manchmal nur ein leises Trommeln, das zunehmend bedrohlicher wird und dein Herz langsam auf Rhythmus trimmt. Audiovisuell ein Meisterwerk. Das Drehbuch ist köstlich. Bedeutungsschwanger und psychologisch clever ausgearbeitet. Es ist ein Ohrenschmaus, dem Doktor zuzuhören. Die Schauspieler verleihen ihren Rollen eine Tiefe, die in den Kinofilmen nicht möglich wäre.

Allen voran Hugh Dancy, der seinem Will Graham eine zerbrechliche als auch schwer gespaltene Aura verleiht. Die mal berührt, zwischenzeitlich nervt und zuletzt sogar ängstigt.

Mads Mikkelsen ist so eine Sache für sich.
Er spielt hier so komplett anders gegen den Strich, als man es aus dem Kino-Hannibal kennt. Er schenkt uns keine AHA-Effekte, wie sie in der ebenfalls genialen Serie Bates Motel immer mal wieder einfließen. In Bates Motel werden ganz bewusst Erinnerung an Hitchcocks Psycho wach gerufen.

Mads Mikkelsen verwährt uns jeden Vergleich. Seine Interpretation des Serienmörders mit dem besonderen Geschmack ist fern jeder Kopie. Er spielt Dr. Lector zurückhaltend, höflich. Er gestattet dem Zuschauer Sympathien für seine Figur, die über einfache Effekthascherei hinaus geht. Mads Mikkelsen gibt seinem Hannibal eine mysteriöse wie gefährliche Ausstrahlung. Es ist nie so ganz klar, ob Hannibal alles von langer Hand geplant oder ob er einfach nur die Schachfiguren auf dem Brett verteilt hat.

Es ist wie bei einem Bühnenstück. Dem er souffliert. Er manipuliert, schlägt Haken, ist dabei so gemein, nett, freundlich, dass man ihm alle Morde, die er verübt haben soll, verzeiht. Ich schreibe bewusst, verübt haben soll. Denn seine Taten werden meist gar nicht gezeigt. Während uns Will Graham als FBI-Profiler seine ganze kaputte Psyche offenbart, lässt uns Hannibal im Dunkeln tappen. Bei fast allem, das er tut. Bis zum finalem Schluss-Akkord, wo er uns verblüfft, schockiert und doch wieder in die Arme nimmt. Mads Mikkelsen ist irre gut als Hannibal. Ich bin schwer begeistert.

Fredricka Lounds ohne Witz: Schöner Einfall aus dem schmierigen Reporter eine rothaarige Hyäne zu machen.

Laurence Fishburne ist Jack Crawford. Irgendwo hab ich gelesen, dass er nicht so gut beim Publikum ankommt. Kein Schimmer, was es an ihm zu meckern gibt. Der Handlungsstrang um ihn und seiner Frau war mir zwar ziemlich egal, aber er spielt seine Rolle klasse. Er stört mich nicht die Bohne.

Dr. Alana Bloom geht mir eigentlich in jeder Folge auf die Eier. Sie ist nicht nur blind, sondern auch ein großes Jammer-Becken. Da diese Depri-Rolle aber perfekt von Will Graham eingenommen wird, braucht es da keinen weiteren Trauerkloß. Wohlgemerkt, an Caroline Dhavernas liegt meine Ablehnung nicht. Und in der letzten Folge der zweiten Staffel bin ich ja dann doch wieder ganz bei ihr.

Scully
Gillian Anderson spielt Dr. Bedelia Du Maurier. Geiler Name. Sie ist Dr. Lectors Therapeutin. Ja, auch so'n Serien-Killer legt sich mal zwischendurch auf die Couch. In Staffel 3 soll Anderson mehr Screen-Time bekommen. Das freut mich sehr. Denn ich liebe ihre Stimme. Perfekte Besetzung...Ich könnte jetzt noch so weiter machen und alle durch die Bank über den grünen Klee loben. Bryan Fuller, dem Drehbuchautoren, die Füße mit Bananen-Öl einreiben. Aber ich denke, ich habe meine Begeisterung für Hannibal durchaus vermitteln können.

Das Psycho-Duell zwischen Dr. Hannibal Lector und seinem Patienten Will Graham ist ein Nerven zerschneidend spannendes Katz-und-Maus-Spiel. Mehr darf ich gar nicht darüber schreiben, ohne hemmungslos zu spoilern. Und es juckt gewaltig in den Fingern.

Hannibal ist meine ganz persönliche Empfehlung für alle Thriller- und Horror- Fans. Wer die Roman-Vorlage von Thomas Harris mochte oder die Filme rund um Das Schweigen der Lämmer feiern kann, dem lege ich ans Herz, sich auf den Serien-Hannibal einzulassen. Denn in der NBC-Serie werden so manche Ereignisse aus Roter Drache verändert oder erweitert. Die zweite Staffel, die in Deutschland erst mal nur im Pay-TV ausgestrahlt wird, ist sogar noch ein Ticken geiler als die erste.
Das Warten auf den dritten Gang hat begonnen.

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